Mandanteninformation für Vereine



November 2021


  • Zweckgebundene Spende kann anzuerkennen sein

    Wer eine Spende tätigt, die an einen bestimmten Zweck gebunden ist, kann diese grundsätzlich als Sonderausgaben absetzen. Eine Zweckbindung als solche ist nicht schädlich für den Sonderausgabenabzug.


    Hintergrund

    Die Klägerin machte in ihrer Einkommensteuererklärung einen Spendenabzug aufgrund einer Zahlung von 5.000 EUR an den Tierschutzverein V geltend. Die Steuerpflichtige war ehrenamtlich für V tätig und kümmerte sich um die dort untergebrachten Hunde. Dabei war ihr ein Schäferhund besonders ans Herz gewachsen. Bei ihm handelte es sich um ein sog. Problemtier, das nach einigen gescheiterten Vermittlungsversuchen nicht mehr ohne Weiteres vermittelbar war. Die Klägerin hielt es daher für sinnvoll, den Hund auf Dauer in der gewerblichen Tierpension P unterzubringen. Die Klägerin erklärte sich bereit, die für die Unterbringung erforderlichen Mittel von 5.000 EUR zu übernehmen. V erteilte der Klägerin eine Zuwendungsbestätigung über eine Sachzuwendung im Wert von 5.000 EUR.

    Das Finanzamt lehnte den begehrten Spendenabzug für die 5.000 EUR ab. Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.


    Entscheidung

    Die Revision der Klägerin war dagegen erfolgreich. Zur Begründung führt der Bundesfinanzhof aus: Zuwendungen in Form von Spenden und Mitgliedsbeiträgen zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke können als Sonderausgaben abgezogen werden. Voraussetzung für den Abzug ist, dass sie an einen begünstigten Empfänger geleistet werden.

    Dass die Klägerin bestimmt hat, die Spende in konkreter Art und Weise zur Unterstützung des Schäferhundes zu verwenden, steht einem Spendenabzug an sich nicht entgegen. Eine Zweckbindung als solche ist nicht schädlich. Denn eine tatsächliche Verwendung im Rahmen seiner steuerbegünstigten Zwecke kann der begünstigte Empfänger unabhängig davon sicherstellen, ob er den genauen Einsatz der Spende selbst bestimmt oder einer Vorgabe des Spenders folgt, da er eine zweckgebundene Spende nicht annehmen muss. Bei ihm verbleibt das Letztentscheidungsrecht darüber, ob und wie er im konkreten Einzelfall seine steuerbegünstigten Zwecke fördern möchte.

    Bei zweckgebundenen Spenden ist die Unentgeltlichkeit zwar besonders sorgfältig zu prüfen. Der für einen Spendenabzug ebenfalls erforderliche Unentgeltlichkeit steht eine Zweckbindung nicht per se entgegen. Diese kann auch bei einer Verpflichtung zur konkreten Unterstützung eines einzelnen Tieres gegeben sein. Die Bestimmung eines konkreten Verwendungszwecks durch den Zuwendenden ist nicht spendenschädlich.

    Allein der Umstand, dass in einer Zuwendungsbestätigung für eine Geldzuwendung irrig angegeben wird, es handele sich um eine Sachzuwendung, steht dem Abzug der Zuwendung nicht entgegen.



Juli 2021


  • Ausländische Stiftung: Wann entspricht die Satzung den Gemeinnützigkeitsanforderungen?

    Die Satzung einer ausländischen Stiftung muss Festlegungen enthalten, die mit der deutschen Mustersatzung vergleichbar sind. Sie muss also nicht in vollem Umfang den Anforderungen entsprechen.


    Hintergrund

    Die Klägerin ist eine Stiftung nach österreichischem Recht und mit Sitz in Österreich. Sie ist von den österreichischen Behörden als gemeinnützig anerkannt. Die Klägerin verfügte auch über Vermögen in Deutschland. Deshalb beantragte sie beim zuständigen Finanzamt einen Feststellungsbescheid, um sich die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit im Inland bestätigen zu lassen.

    Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Auch wenn eine beschränkt steuerpflichtige Körperschaft grundsätzlich das Feststellungsverfahren offensteht, erfüllt die Klägerin jedoch nicht die satzungsmäßigen Voraussetzungen. Insbesondere war der Satzungszweck nicht hinreichend bestimmt. Auch erfüllte die Satzung der Klägerin nicht die Voraussetzungen, die nach der Mustersatzung zu erfüllen sind. Darüber hinaus wurde nicht festgelegt, dass die Klägerin nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt. Auch sei keine hinreichende Klärung für den Fall der Auflösung getroffen worden. Gegen den abgelehnten Antrag wehrte sich die Klägerin mit der Klage vor dem Finanzgericht.


    Entscheidung

    Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht verpflichtete das Finanzamt zum Erlass eines Feststellungsbescheids. Zunächst stellte das Gericht fest, dass das Feststellungsverfahren auch auf beschränkt Steuerpflichtige Anwendung findet. Nach dem Rechtstypenvergleich war die Klägerin als Körperschaft nach deutschem Rechtsverständnis anzusehen. Zudem erfüllte die Satzung auch die Voraussetzungen und war deshalb als gemeinnützig anzusehen. Hierbei erfolgte die Prüfung allein nach deutschen Maßstäben. Ob die Körperschaft nach ausländischem Recht gemeinnützig ist, war hier unerheblich.

    Aufgrund der unionsrechtlichen Grundfreiheiten kann nicht gefordert werden, dass die Satzung in vollem Umfang den Anforderungen der deutschen Mustersatzung entspricht. Vielmehr war es ausreichend, dass die Satzung materiell vergleichbare Festlegungen enthält. Dies war hier der Fall.

  • Steuerbegünstigung eines Vereins: Welche Voraussetzungen muss die Satzung erfüllen?

    Die Satzung eines Vereins muss hinsichtlich des steuerbegünstigten Zwecks bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Insbesondere muss die Art der Steuerbegünstigung ausdrücklich festgelegt werden.


    Hintergrund

    Ein im Vereinsregister eingetragener Verein beantragte beim Finanzamt die Feststellung nach § 60a AO, dass die satzungsmäßigen Voraussetzungen eingehalten sind.

    Das Finanzamt entsprach dem Antrag nicht, weil die Satzung keine Bestimmung enthielt, dass ein gemeinnütziger Zweck ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird. Ferner entsprach die Auflösungsbestimmung der Satzung nicht der sich aus der Mustersatzung und dem Gesetz ergebenden Vorgaben. Darüber hinaus ließ sich der Satzung nicht entnehmen, welchen gemeinnützigen Zweck der Verein verfolgen möchte. Die Information über politische, steuerrechtliche und juristische Fehlentwicklungen stellte keinen ausdrücklich in § 52 Abs. 2 AO genannten Zweck dar.


    Entscheidung

    Die Klage des Vereins hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen der Steuerbegünstigung zu Recht abgelehnt hat. Der Verein hat demnach keinen Anspruch auf einen positiven Feststellungsbescheid nach § 60a AO.

    Die Steuervergünstigung wird gewährt, wenn sich aus der Satzung ergibt, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, dass dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52-55 AO entspricht und dass er ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird. Die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung müssen so genau bestimmt sein, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuervergünstigungen gegeben sind. Zudem muss die Satzung die Festlegungen der sog. Mustersatzung enthalten. Danach sind die Mitglieder bzw. Gesellschafter einer gemeinnützigen Körperschaft verpflichtet, dass sie ausdrücklich und wortwörtlich die Art der Steuerbegünstigung festlegen.

    Weil im vorliegenden Fall die Satzung nicht im Wortlaut die Festlegung enthielt, dass der Verein zur Erreichung der Steuerbegünstigung "gemeinnützige" Zwecke verfolgt, schied eine positive Feststellung nach § 60a AO aus.



April 2021


  • Wann ist die Tätigkeit einer gemeinnützigen GmbH umsatzsteuerpflichtig?

    Nimmt eine gemeinnützige GmbH die allgemeinen Interessen der Gesellschafter wahr, stellt dies keine der Mehrwertsteuer unterliegende Tätigkeit dar. Das gilt zumindest dann, wenn die Tätigkeit der GmbH den einzelnen Gesellschaftern nur mittelbar zugutekommt.


    Hintergrund


    Die A-Kirche und der B-Verein, der die Z-Kirche repräsentiert, gründeten im Jahr 1998 die gemeinnützige X-gGmbH. Die X sollte mit journalistischen Mitteln den Verkündungsauftrag der Kirche erfüllen und belieferte gegen eine geringe "Schutzgebühr" rund 15 Tageszeitungen mit Meldungen aus dem Leben der Kirche. Im Übrigen wurde der Finanzbedarf der X durch Zuwendungen der kirchlichen Gesellschafter gedeckt. Die Zuwendungen glichen die Personal- und Sachkosten der X aus. Ein Gewinn entstand nicht.


    Die X ging davon aus, dass sie keine steuerbaren Leistungen an ihre Gesellschafter oder an Dritte erbrachte. Sie behandelte die Zuwendungen deshalb als nicht steuerbare Zuschüsse. Sie erklärte folglich nur die Leistungen an die Tageszeitungen zum ermäßigten Steuersatz. Die auf ihre Eingangsleistungen entfallende Vorsteuer zog sie in voller Höhe ab.


    Das Finanzamt war dagegen der Ansicht, dass die Zuwendungen der Gesellschafter Entgelte für steuerpflichtige Medienleistungen der X waren. Auf diese war der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Deshalb setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer entsprechend höher fest.


    Auch das Finanzgericht meinte, dass ein steuerbarer Leistungsaustausch vorlag, und wies die Klage ab.


    Entscheidung


    Der Bundesfinanzhof dagegen hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies den Fall an das Finanzgericht zurück.


    Es könnte sich um steuerfreie Dienstleistungen eines selbstständigen Personenzusammenschlusses (gGmbH) an seine gemeinnützigen Mitglieder (A, B) gegen genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten ohne Wettbewerbsverzerrung handeln. Ein Personenzusammenschluss dürfte nach Ansicht des Bundesfinanzhofs vorliegen. Auch erscheint es als nicht ausgeschlossen, dass die Leistungen der X an ihre Mitglieder erfolgen, die insoweit nicht Steuerpflichtige sind, als sie den Verkündigungsauftrag der Kirchen erfüllen, und die Leistungen auch deren gemeinsamen Interessen dienen.


    Möglicherweise handelt es sich um steuerfreie Leistungen einer Einrichtung ohne Gewinnstreben an ihre Mitglieder zu religiösen Zwecken gegen einen satzungsgemäß festgelegten Beitrag. Das Finanzgericht hat dazu allerdings nicht festgestellt, ob und welche gesonderte Vereinbarung die Gesellschafter von den Gesellschaftern getroffen wurde.


    Ungeklärt ist auch die Frage, ob X tatsächlich steuerbare Leistungen erbracht hat. Nach der Auffassung des EuGH sind die Wahrnehmung der allgemeinen Interessen der Mitglieder durch eine Vereinigung keine der Mehrwertsteuer unterliegende Tätigkeiten, da sie nicht in der entgeltlichen Lieferung von Gegenständen oder Erbringung von Dienstleistungen bestehen. Dementsprechend hat der EuGH entschieden, dass Tätigkeiten der Außenwerbung einer politischen Partei, die die Verbreitung ihrer Anschauungen als politische Organisation bezweckt, nicht als wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen sind. Ob diese Rechtsprechung vorliegend zu einer anderen Beurteilung führt, weil das "allgemeine Interesse der Mitglieder" in der Verbreitung christlicher Wertvorstellungen und ethischer Positionen bestehen könnte, hat das Finanzgericht nicht erörtert und den Sachverhalt nicht anhand dieser Grundsätze geprüft.


    Die entsprechenden Feststellungen werden im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein.


März 2021


  • Versagung der formellen Satzungsmäßigkeit: Rechtsschutzmöglichkeiten?

    Wenn eine steuerbegünstigte Körperschaft die Feststellung der Satzungsmäßigkeit beantragt, damit sie Zuwendungsbestätigungen ausstellen kann, ist einstweiliger Rechtsschutz nur durch eine einstweilige Anordnung möglich. Eine Aussetzung der Vollziehung kommt nicht in Betracht.


    Hintergrund


    Der Verein beantragte nach einer Änderung der Satzung aus dem Jahr 2019 die gesonderte Feststellung, ob der eingetragene Verein mit dem Zweck der Erforschung von Staat und Politik die satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erfüllt. Gegen die Ablehnung dieses Antrags legte der Verein Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab.


    Der beim Finanzgericht gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hatte dagegen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass der Ablehnungsbescheid ein der Aussetzung der Vollziehung zugänglicher vollziehbarer Verwaltungsakt war. Bei summarischer Betrachtung war die formelle Satzungsmäßigkeit (Gemeinnützigkeit) erfüllt.


    Gegen diesen Beschluss legte das Finanzamt die Beschwerde zum Bundesfinanzhof ein.


    Entscheidung


    Die Beschwerde hatte Erfolg, der Bundesfinanzhof lehnte den Antrag des Vereins auf Aussetzung der Vollziehung ab. Nach Ansicht der Richter war einstweiliger Rechtsschutz nicht durch Aussetzung der Vollziehung, sondern durch einstweilige Anordnung zu gewähren.


    Die Abgrenzung der beiden Rechtsschutzarten richtet sich danach, welche Klage in einem Hauptsacheverfahren zu erheben wäre. Im Verfahren der Anfechtungsklage ist vorläufiger Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung zu gewähren. Bei einer Verpflichtungsklage ist dagegen eine einstweilige Anordnung zu erlassen. Die Anfechtungsklage dient der Abwehr hoheitlicher Eingriffe, während die Verpflichtungsklage auf Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts gerichtet ist.


    Dementsprechend ist im vorliegenden Fall eine einstweilige Anordnung geboten. Denn mit dem Antrag auf Feststellung der Satzungsmäßigkeit zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen erstrebt die Körperschaft – wie in der Situation einer Verpflichtungsklage – eine ihr bislang nicht zustehende Begünstigung.


    Im Streitfall verfolgte der Verein das Ziel, einstweiligen Rechtsschutz zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen zu erlangen. Er begehrt somit hilfsweise eine Erweiterung seines Rechtskreises und macht ein Verpflichtungsbegehren geltend. Vorläufiger Rechtsschutz ist daher durch einstweilige Anordnung zu gewähren. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung war demnach unzulässig. Allerdings ist über den hilfsweise gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung noch nicht entschieden. Dies erfordert tatsächliche Feststellungen zu den Voraussetzungen. Diese Feststellungen nachzuholen ist Aufgabe des Finanzgerichts. Der Bundesfinanzhof verwies daher die Sache an das Finanzgericht zurück.

  • Warum eine allgemeine politische Betätigung nicht gemeinnützig ist

    Ein eigenständiger gemeinnütziger Zweck liegt nicht vor, wenn auf politische Willensbildung und öffentliche Meinung Einfluss genommen werden soll.


    Hintergrund


    Der Attac-Trägerverein verfolgt nach seiner Satzung u.a. diese Ziele: Förderung von Bildung, Wissenschaft, Forschung, des Schutzes der Umwelt, des Gemeinwesens, der Demokratie und der Solidarität (unter besonderer Berücksichtigung der ökonomischen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Globalisierung) sowie der Völkerverständigung und des Friedens. Der Verein ist nach seiner Satzung zudem "in Trägerschaft des Netzwerks" Attac tätig.


    Das Finanzamt sah den Verein nicht als gemeinnützig an. Im ersten Rechtsgang hatte das Finanzgericht die Gemeinnützigkeit im Hinblick auf die Volksbildung (§ 52 Abs. 2 Nr. 7 AO) und die Förderung des demokratischen Staatswesens (Nr. 24) noch bejaht. Nachdem der Bundesfinanzhof dieses Urteil aufgehoben hatte, wies das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang wies die Klage ab, da die Aktivitäten des Attac-Netzwerks dem Trägerverein zuzurechnen sind.


    Entscheidung


    Die Revision hatte keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die allgemeine politische Betätigung nicht gemeinnützig ist.


    Die Einflussnahme auf die politische Willensbildung und die Gestaltung der öffentlichen Meinung kann nur dann begünstigt sein, wenn diese Tätigkeit konkret der Verfolgung eines der in § 52 Abs. 2 AO ausdrücklich genannten Zwecke dient. Eine derart dienende Einwirkung muss gegenüber der unmittelbaren Förderung des steuerbegünstigten Zwecks in den Hintergrund treten. Die Tagespolitik darf nicht im Mittelpunkt der Tätigkeit der Körperschaft stehen. Die Beschäftigung mit politischen Vorgängen muss im Rahmen dessen liegen, was das Eintreten für die steuerbegünstigten Ziele und deren Verwirklichung erfordert. Die Einflussnahme auf die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung darf gegenüber dem begünstigten Zweck nur dienenden Charakter haben.


    Eine Erweiterung des sich aus § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 und Nr. 24 AO ergebenden Begriffs der politischen Bildung dahingehend, dass die Einflussnahme auf die politische Willensbildung in frei gewählten Politikfeldern eigenständig begünstigt ist, ist ausgeschlossen. Andernfalls würde § 52 Abs. 2 AO faktisch um den dort nicht angeführten Zweck der Einflussnahme auf die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung ergänzt.


November 2020


  • Anerkennung einer Gemeinnützigkeit: Es gelten strenge Kriterien

    Ist ein Verein politisch aktiv, kann er nicht wegen Förderung der Bildung gemeinnützig sein. Denn die eigenständige Verfolgung politischer Zwecke steht im Widerspruch zum Gemeinnützigkeitsrecht.


    Hintergrund


    Der Verein erstrebte nach seiner Satzung die Förderung von Bildung, Wissenschaft, Forschung, Demokratie und Solidarität unter besonderer Berücksichtigung der Auswirkungen der Globalisierung. Dies sollte durch Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit sowie das Veranstalten von Konferenzen und Bildungsarbeit erreicht werden. Der Verein führte seit seiner Gründung eine Vielzahl von Aktivitäten durch. Neben Informationsveranstaltungen wurden insbesondere Kampagnen zu verschiedenen politischen Themen durchgeführt. Diese betrafen u. a. den Abbau von Steuervorteilen für Kapitalgesellschaften, die erbschaftsteuerliche Behandlung von Vermögen, die Mehrwertsteuerentlastung von Hotels, die Einführung einer Vermögensteuer usw.


    Das Finanzamt war der Ansicht, dass der Verein nicht gemeinnützig ist, da er nach seiner tatsächlichen Geschäftsführung politische Ziele verfolgte. Das Finanzgericht kam zu einer gegenteiligen Auffassung. Die Entscheidung wurde jedoch vom Bundesfinanzhof wieder aufgehoben, sodass sich erneut das Finanzgericht mit der Frage der Gemeinnützigkeit des Vereins beschäftigen musste.


    Entscheidung


    Das Finanzgericht folgte nun der Rechtsauffassung des Finanzamts. Zwar war die Satzung des Vereins dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Allerdings entsprach die tatsächliche Geschäftsführung des Vereins nicht den Grenzen, die das Gemeinnützigkeitsrecht setzt. Eine eigenständige Verfolgung politischer Zwecke steht im Widerspruch zum Gemeinnützigkeitsrecht. Dies darf weder Gegenstand der Satzung noch der tatsächlichen Geschäftsführung sein.


    Eine Abgrenzung zwischen der Verschaffung von politischer Bildung und einer politischen Einflussnahme kann im Einzelfall schwierig sein. Die Durchführung der verschiedenen Kampagnen sah das Finanzgericht aber als politische Einflussnahme an und nicht als Verschaffung politischer Bildung. Der Bundesfinanzhof ging in seiner Rechtsprechung, an die das Finanzgericht gebunden ist, diesbezüglich von einem engen Begriff der Bildung aus.


Oktober 2020


  • Vereinnahmung von Hafengeldern durch einen Bootsverein: Welcher Umsatzsteuersatz gilt?

    Überlässt ein Bootsverein Liegeplätze gegen Entgelt, fällt dies hinsichtlich der Umsatzsteuer unter den Regelsteuersatz. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes kommt nicht in Betracht.


    Hintergrund


    Der gemeinnützige Verein zur Förderung des Segel- und Motorwassersports unterhält in seinem Hafen Liegeplätze. Diese stehen Gästen gegen Entgelt zur Verfügung. Der Verein unterwarf die Einnahmen dem ermäßigten Steuersatz, das Finanzamt wandte jedoch den Regelsteuersatz an. Das Finanzgericht war der Ansicht, dass die Überlassung von Bootsliegeplätzen nicht mit der Vermietung von Campingflächen, die nur ermäßigt besteuert werden, gleichzusetzen ist. Gegen das Urteil legte der Verein Revision ein.


    Der Bundesfinanzhof setzte das Revisionsverfahren aus und legte die Frage dem Europäischen Gerichtshof vor. Dieser urteilte jedoch ablehnend. Damit konnte der Bundesfinanzhof nun über die anhängige Revision des Vereins entscheiden.


    Entscheidung


    Der Bundesfinanzhof entschied, dass gegen die Regelbesteuerung für die Überlassung von Bootsliegeplätzen keine gleichheitsrechtlichen Bedenken bestanden, und wies die Revision als unbegründet zurück.


    Die Überlassung von Bootsliegeplätzen wird von der nationalen Steuersatzermäßigung für die "kurzfristige Vermietung von Campingflächen" nicht umfasst. Eine Wasserfläche ist keine Campingfläche. Diese Beurteilung ergibt sich auch aus dem Unionsrecht (Art. 98 Abs. 2 i. V. m. Anhang III Nr. 12 MwStSystRL). Denn die Vermietung von Bootsliegeplätzen ist dort nicht enthalten. Auch soll die Vermietung von Bootsliegeplätzen in erster Linie das sichere Festmachen der Boote am Liegeplatz ermöglichen.


    Die Vermietung von Campingplätzen und Wohnwagenplätzen einerseits und die Vermietung von Bootsliegeplätzen andererseits erfüllen zudem unterschiedliche Zwecke. Denn Boote, wie sie im vorliegenden Fall genutzt wurden, dienen nicht hauptsächlich als Beherbergungsorte. Wegen dieser unterschiedlichen Zweckrichtung stehen die Dienstleistungen nicht miteinander in Wettbewerb. Damit liegt ein hinreichender Differenzierungsgrund für eine unterschiedliche Behandlung vor. Der Neutralitätsgrundsatz ist nicht verletzt.


    Eine Begünstigung als gemeinnützige Einrichtung kam ebenfalls nicht in Betracht. Die Steuerermäßigung gilt nämlich nicht, wenn der Zweckbetrieb in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer steht. Das war bei den von dem Verein ausgeführten Beherbergungsumsätzen der Fall.