Mandanteninformation für
Steuerrecht Unternehmer
Jahreswechsel 2021/2022
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1. Anpassungen bei durchschnittssatzbesteuerten Land- und Forstwirten
Erhebliche Veränderungen werden sich ab dem 1.1.2022 im Bereich der Land- und Forstwirtschaft ergeben, soweit die Land- und Forstwirte bisher die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG angewendet hatten.
Hintergrund
Durch das Jahressteuergesetz 2020 ist zum 1.1.2022 eine Einschränkung des Anwendungsbereichs der Durchschnittssatzbesteuerung eingeführt worden. Da die Regelung – Anwendung eines Sondersteuersatzes und Pauschalierung der Vorsteuer in gleicher Höhe – nach Auffassung der EU-Kommission im Ergebnis zu einer Subvention geführt hat, wurde die Anwendungsmöglichkeit auf Land- und Forstwirte beschränkt, deren Gesamtumsatz nach § 19 Abs. 3 UStG 600.000 EUR im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat.
Zur Prüfung der Gesamtumsatzgrenze von 600.000 EUR dürfen nicht nur die Umsätze aus der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit herangezogen werden. In den Gesamtumsatz sind alle Umsätze einzubeziehen, die der jeweilige Unternehmer realisiert. Erzielt z. B. ein Landwirt neben seinen Umsätzen aus der Landwirtschaft noch Einkünfte aus einer gewerblich betriebenen Photovoltaikanlage, sind diese Umsätze seines einheitlichen Unternehmens zusammenzurechnen.
Das ändert sich ab 1.1.2022
Der Durchschnittssatz für Pauschallandwirte beträgt derzeit 10,7 %. Ab dem Jahr 2022 sind es nur noch 9,5 %.
Zukünftig wird durch die Änderung des § 24 Abs. 1 UStG der Durchschnittssatz jährlich automatisch auf den jeweils aktuellen Wert angepasst.
Hinweis
Das Gesetzgebungsverfahren zur Anpassung des Durchschnittssteuersatzes ist derzeit noch nicht abgeschlossen, der Bundesrat muss dem Gesetz, das der Bundestag am 18.11.2021 verabschiedet hatte, am 17.12.2021 noch zustimmen.
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2. Corona-Wirtschaftshilfen werden bis Ende März 2022 verlängert
Die bisher bis Jahresende befristete Überbrückungshilfe III Plus und die Neustarthilfe für Soloselbstständige werden bis Ende März 2022 verlängert.
Das ändert sich
Unternehmen, die im Rahmen der Corona-Pandemie besonders schwer und von Schließungen betroffen sind, erhalten zusätzlich zur Fixkostenerstattung im Rahmen der verlängerten Überbrückungshilfe III Plus (= "Überbrückungshilfe IV"), einen zusätzlichen Eigenkapitalzuschuss. Dieses Instrument gab es bereits in der Überbrückungshilfe III und der Überbrückungshilfe III Plus. Es soll aber in der Überbrückungshilfe IV angepasst und verbessert werden, sodass insbesondere Unternehmen, die von der Absage von Advents- und Weihnachtsmärkten betroffen sind – etwa Schausteller, Marktleute und private Veranstalter – eine erweiterte Förderung erhalten.
Überbrückungshilfe IV
Die neue Überbrückungshilfe IV ist weitgehend deckungsgleich mit der laufenden Überbrückungshilfe III Plus. Grundlegende Antragsvoraussetzung ist weiterhin ein durch Corona bedingter Umsatzrückgang von 30 % im Vergleich zum Referenzzeitraum 2019. Der maximale Fördersatz der förderfähigen Fixkosten betrage 90 % bei einem Umsatzrückgang von über 70 %. Auch die förderfähigen Kostenpositionen bleiben weitgehend unverändert. Damit besteht weiterhin die Möglichkeit, aufgrund von Maßnahmen nicht verkäufliche Saisonware zu berücksichtigen.
So können weiterhin auch die Kosten für Miete, Pacht, Zinsaufwendungen für Kredite, Ausgaben für Instandhaltung, Versicherungen usw. geltend gemacht werden. Modernisierungs- oder Renovierungsausgaben sind künftig keine Kostenposition mehr.
Beihilferechtlichen Höchstgrenzen erhöht
Insgesamt werden die beihilferechtlichen Höchstgrenzen um 2,5 Mio. EUR erhöht. Damit sind maximal, unter Berücksichtigung aller beihilferechtliche Vorgaben, über alle Programme hinweg 54,5 Mio. EUR Förderung pro Unternehmen und Unternehmensverbund möglich. Der maximale monatliche Förderbetrag liegt weiterhin bei 10 Mio. EUR.
Verbesserter Eigenkapitalzuschuss
Unternehmen, die pandemiebedingt besonders schwer von Schließungen betroffen sind, erhalten einen zusätzlichen modifizierten und verbesserten Eigenkapitalzuschuss zur Substanzstärkung.
Wenn sie durchschnittlich im Dezember 2021 und Januar 2022 einen durch Corona bedingten Umsatzeinbruch von mindestens 50 % aufweisen, können sie in der Überbrückungshilfe IV einen Zuschlag von bis zu 30 % auf die Fixkostenerstattung erhalten.
Für Schausteller, Marktleute und private Veranstalter von abgesagten Advents- und Weihnachtsmärkten beträgt der Eigenkapitalzuschuss 50 %. Sie müssen einen Umsatzeinbruch von mindestens 50 % im Dezember 2021 nachweisen.
Fristverlängerung
Mit der Verlängerung der Hilfen selbst werden auch die Fristen verlängert. Anträge für die laufende Überbrückungshilfe III Plus können bis zum 31.3.2022 gestellt werden. Für die Einreichung der Schlussabrechnung für die bereits abgelaufenen Hilfsprogramme (Überbrückungshilfe I – III, November- und Dezemberhilfe) wird die Frist bis zum 31.12.2022 verlängert.
Neustarthilfe 2022
Ebenfalls fortgeführt wird die Neustarthilfe für Soloselbständige. Mit der Neustarthilfe 2022 können Soloselbständige weiterhin pro Monat bis zu 1.500 EUR an direkten Zuschüssen erhalten, insgesamt für den verlängerten Förderzeitraum also bis zu 4.500 EUR.
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3. Künstlersozialabgabe 2022: Abgabesatz bleibt weiter stabil
Unternehmen, die künstlerische oder publizistische Leistungen in Anspruch nehmen und verwerten, müssen unter bestimmten Voraussetzungen die Künstlersozialabgabe bezahlen. 2022 bleibt der Abgabesatz stabil.
Das gilt ab 1.1.2022
Der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung wird jährlich mit der Künstlersozialabgabe-Verordnung festgelegt. Seit dem 1.1.2018 beträgt der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung 4,2 %. Und auch im Jahr 2022 bleibt der Abgabesatz weiterhin unverändert bei 4,2 %.
Hintergrund
Über die Künstlersozialversicherung werden derzeit mehr als 190.000 selbstständige Künstlerinnen und Künstler sowie Publizistinnen und Publizisten als Pflichtversicherte in den Schutz der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung einbezogen. Die selbstständigen Künstler und Publizisten tragen, wie abhängig beschäftigte Arbeitnehmer, die Hälfte ihrer Sozialversicherungsbeiträge. Die andere Beitragshälfte wird durch einen Bundeszuschuss (20 %) und durch die Künstlersozialabgabe der Unternehmen (30 %), die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten, finanziert. Die Künstlersozialabgabe wird als Umlage erhoben. Der Abgabesatz wird jährlich für das jeweils folgende Kalenderjahr festgelegt. Bemessungsgrundlage sind alle in einem Kalenderjahr an selbstständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte.
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4. Minijob: Umlage U1 sinkt ab 2022
Das Umlageverfahren bei Krankheit (U1) wurde geschaffen, um gerade kleineren und mittleren Betrieben zu helfen. Es soll die finanzielle Belastung für Aufwendungen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auffangen. Zum 1.1.2022 ändert sich der Umlagesatz U1 bei Minijobs.
Hintergrund
Minijob-Arbeitgeber sind nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) verpflichtet, ihren Minijobbern bei Arbeitsunfähigkeit infolge
• unverschuldeter Krankheit oder
• einer medizinischen Vorsorge- bzw. Rehabilitationsmaßnahme
das Arbeitsentgelt für mindestens 6 Wochen in ungeminderter Höhe fortzuzahlen.
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht nicht für die ersten 4 Wochen der Beschäftigung. In dieser Zeit erhalten krankenversicherungsfreie Minijobber im Gegensatz zu mehr als geringfügig beschäftigten krankenversicherungspflichtigen Arbeitnehmenden auch kein Krankengeld von der Krankenkasse.
Das ändert sich zum 1.1.2022
Zum 1.1.2022 senkt die Arbeitgeberversicherung der KBS den Umlagesatz U1. Diese sinkt von 1,0 auf 0,9 %. Auch die Umlage U2 sinkt zum 1.1.2022.
Die geänderten Umlagesätze sind erstmalig bei der Beitragsabrechnung für den Monat Januar 2022 zu berücksichtigen. Die neuen Umlagebeträge sind im Beitragsnachweis für diesen Monat auszuweisen.
Hinweis
Wenn der Minijob-Zentrale ein Dauer-Beitragsnachweis vorliegt, werden die Umlagebeträge U1 und U2 automatisch angepasst. Insoweit sind Arbeitgeber nur dann aufgefordert, einen neuen Beitragsnachweis-Datensatz zu übermitteln, wenn sich die Höhe des Arbeitsentgelts ändert, auf das die Abgaben entfallen. Wenn der Minijob-Zentrale bei einem vorliegenden Dauer-Beitragsnachweis ein SEPA-Basislastschriftmandat vorliegt, werden die Abgaben im Januar 2022 in richtiger Höhe eingezogen. Arbeitgeber, die selbst überweisen, müssen den Überweisungsbetrag anpassen.
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5. Minijob: Umlage U2 sinkt ab 2022
Minijobberinnen haben bei Beschäftigungsverboten während der Schwangerschaft Anspruch auf Fortzahlung ihres Arbeitsentgelts. Dem Arbeitgeber werden diese Kosten im Umlageverfahren erstattet. Zum 1.1.2022 sinkt der Umlagesatz.
Hintergrund
Die Teilnahme am "Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Mutterschaft (U2)" ist für alle Arbeitgeber unabhängig von der Betriebsgröße verpflichtend. Die Arbeitgeber werden durch das Ausgleichsverfahren vor hohen Belastungen aufgrund des durch Mutterschaft bedingten Ausfalls von Arbeitnehmerinnen geschützt.
Das ändert sich ab 1.1.2022
Der Umlagesatz zur U2 sinkt ab 1.1.2022 von 0,39 % auf 0,29 % des Arbeitsentgelts. Der Erstattungssatz beträgt unverändert 100 %. Auch der Umlagesatz zum Erstattungsverfahren bei Krankheit (U1) sinkt zum 1.1.2022.
Die geänderten Umlagesätze sind erstmalig bei der Beitragsabrechnung für den Monat Januar 2022 zu berücksichtigen. Die neuen Umlagebeträge sind im Beitragsnachweis für diesen Monat auszuweisen.
Hinweis
Wenn der Minijob-Zentrale ein Dauer-Beitragsnachweis vorliegt, werden die Umlagebeträge U1 und U2 automatisch angepasst. Insofern sind Arbeitgeber nur dann aufgefordert, einen neuen Beitragsnachweis-Datensatz zu übermitteln, wenn sich die Höhe des Arbeitsentgelts ändert, auf das die Abgaben entfallen. Wenn der Minijob-Zentrale bei einem vorliegenden Dauer-Beitragsnachweis ein SEPA-Basislastschriftmandat vorliegt, werden die Abgaben im Januar 2022 in richtiger Höhe eingezogen. Arbeitgeber, die selbst überweisen, müssen den Überweisungsbetrag anpassen.
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6. Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG): Was gilt ab 2022?
Der Gesetzgeber will die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Familienunternehmen in der Rechtsform einer KG oder OHG verbessern. Dies soll durch die Einführung einer Optionsmöglichkeit zur Körperschaftsteuer erreicht werden. Doch es gibt auch noch weitere Änderungen im Bereich der Besteuerung von Gesellschaften.
Kern der geplanten Änderungen
Nach dem Gesetz sollen alle Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften erstmals für den VZ (Veranlagungszeitraum) 2022 beantragen können, künftig wie eine Körperschaft besteuert zu werden. Unverändert wird die zivilrechtliche Haftung der Gesellschafter für die geschuldete Körperschaft- und Gewerbesteuer bleiben. Zusätzlich ist auch ein Rückweg vorgesehen – die Rückoption zur Besteuerung als Personengesellschaft.
Option zur Körperschaftsteuer
Für die Option zur Körperschaftsteuer für Personengesellschaften ist ein Antrag erforderlich. Wird diese Möglichkeit gewählt, findet ein sog. Wechsel des Besteuerungsregimes statt. Für alle Ertragsteuern (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer) und auch verfahrensrechtlich erfolgt eine vollständige Gleichstellung mit einer Kapitalgesellschaft. Auswirkungen gibt es auch bei der Grunderwerbsteuer.
Keine Auswirkungen ergeben sich für die Erbschaftsteuer.
Der Optionsantrag ist unwiderruflich. Die Option muss noch vor Beginn des Wirtschaftsjahres gestellt werden, ab welchem eine Besteuerung nach dem Körperschaftsteuergesetz erfolgen soll. Der Antrag ist beim für die Besteuerung der Personengesellschaft örtlich zuständigen Finanzamt zu stellen.
Der Antrag wirkt sich zugleich auf die Besteuerung der Gesellschafter aus. Damit ist ein mehrheitlicher Gesellschafterbeschluss erforderlich, der allerdings mindestens 75 % der abgegebenen Stimmen bedarf.
Erstmals kann ein Antrag auf Option zur Körperschaftsbesteuerung für den VZ 2022 gestellt werden. Der Antrag ist nicht zustimmungsbedürftig, sodass die Finanzverwaltung keine Möglichkeit hat, eine Option abzulehnen.
Der Antrag muss nach einem amtlich vorgeschriebenen Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelt werden. Auch muss der Antrag spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres beim für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte zuständigen Finanzamt eingegangen sein. In formeller Hinsicht kann der Antrag wirksam bereits im Jahr 2021 gestellt werden.
Ein Antrag auf Option zur Körperschaftsbesteuerung kann von allen Gesellschaften gestellt werden, die auch für einen tatsächlichen Formwechsel in Frage kommen würden. Das gilt damit für die OHG, die KG einschließlich einer GmbH & Co. KG sowie für die PartG. Vom Optionsrecht ausgeschlossen werden damit Einzelunternehmen, GbR aber auch Investmentfonds im Sinne des InvStG.
In sachlicher Hinsicht umfasst die Option die Besteuerung nach dem Einkommen. Für eine optierende Gesellschaft werden folglich alle Regelungen im KStG, EStG, UmwStG, InvStG, AStG sowie im Zerlegungsgesetz Anwendung finden, soweit diese für Körperschaften gelten.
Soweit Normen nur für ausdrücklich bezeichnete Kapitalgesellschaften gelten, finden diese für eine optierende Gesellschaft keine Anwendung. Auch Tatbestandsmerkmale, die nur von einer echten Kapitalgesellschaft erfüllt werden können, gelten für eine optierende Gesellschaft nicht.
In rechtlicher Hinsicht gilt der Übergang zur Körperschaftsbesteuerung als Formwechsel. Deshalb sind für den optionsbedingten Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft die Regelungen in §§ 20 ff. UmwStG analog anzuwenden. Es liegt damit grundsätzlich ein Veräußerungsvorgang vor; die übernehmende Gesellschaft gewährt für das eingebrachte Betriebsvermögen neue Gesellschaftsanteile als Gegenleistung.
Auf Ebene der Gesellschafter ist zu beachten, dass die bisherigen Mitunternehmer durch die Option steuerlich zu Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft werden. Dies mit allen weiteren steuerlichen Folgen.
Mit der Option wird auch eine Möglichkeit zur Rückoption geschaffen. Auch eine Rückoption ist nur vor Beginn eines Wirtschaftsjahres möglich; eine Rückwirkung ist ausgeschlossen. Der Antrag ist bei dem für die Besteuerung als Körperschaft örtlich zuständigen Finanzamt zu stellen.
Für eine Rückoption ist keine zeitliche Mindestverweildauer als optierte Gesellschaft vorgesehen, sodass bereits nach einem Jahr ein Wechsel zurück möglich ist.
Die Rechtsfolgen sind, dass die Gesellschaft ab dem folgenden Wirtschaftsjahr steuerlich wieder als Personengesellschaft besteuert wird; dies gilt entsprechend auch für ihre Gesellschafter. Bisher thesaurierte Gewinne gelten mit der Rückoption als ausgeschüttet und sind von den Gesellschaftern zu versteuern.
Die Rückoption gilt – wie zuvor die Option – als Formwechsel, verbunden mit allen Gestaltungs- und Wertansatzmöglichkeiten.
Eine Rückoption wird automatisch (ohne Antrag) ausgelöst, sobald die Voraussetzungen entfallen. Das ist z. B. der Fall, wenn aus einer OHG oder KG eine GbR wird.
Währungskursschwankungen
Mit im Gesetz enthalten ist auch ein steuerlich anerkannter Betriebsausgabenabzug für Verluste aus Währungskursschwankungen im Zusammenhang mit Gesellschafterdarlehen bzw. bei Inanspruchnahmen von Sicherheiten für Darlehensforderungen. Die bisher vorzunehmende Hinzurechnung bei der Einkommensermittlung wird erstmals für nach dem 31.12.2021 eintretende währungskursbedingte Gewinnminderungen nicht mehr gelten.
Mehr- und Minderabführungen
Bei einer körperschaftsteuerlichen Organschaft werden die steuerlichen Ausgleichsposten für Mehr- und Minderabführungen durch ein einfacheres System ersetzt – die sog. Einlagelösung.
Solche aktiven oder passiven Ausgleichsposten sind immer dann erforderlich, wenn der an den Organträger auf der Grundlage des Ergebnisabführungsvertrags abgeführte handelsbilanzielle Gewinn vom Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft abweicht und die Ursache der Abweichung in der organschaftlichen Zeit begründet ist.
Künftig führen organschaftliche Minderabführungen zu einer Einlage durch den Organträger in die Organgesellschaft. Sind Mehrabführungen der Organgesellschaft an den Organträger gegeben, stellen diese eine Einlagenrückgewähr dar – die sog. Einlagelösung.
Auf Ebene des Organträgers erhöht bzw. mindert sich in der Steuerbilanz der Beteiligungsansatz für die Organgesellschaft. Dies erfolgt jedoch – anders als bei den organschaftlichen Ausgleichsposten – nicht im Verhältnis der Beteiligungsquote, sondern jeweils in voller Höhe. Zeitlich werden die organschaftlichen Minder- bzw. Mehrabführungen zum Ende des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft berücksichtigt.
Auf Ebene der Organgesellschaft sind damit korrespondierende Änderungen im Zusammenhang mit dem steuerlichen Einlagekonto verbunden. Für organschaftliche Mehrabführungen wird ein Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto eingeführt, sodass organschaftliche Mehrabführungen zu keinen Beteiligungserträgen führen. Ferner ist vorgesehen, dass organschaftliche Mehrabführungen das steuerliche Einlagekonto vorrangig vor anderen Leistungen mindern.
Die Änderungen sollen erstmals auf Mehr- bzw. Minderabführungen nach dem 31.12.2021 anzuwenden sein.
Bisherige Ausgleichsposten
Um keine 2 Systeme parallel zu führen, ist vorgesehen, dass bisher beim Organträger noch bestehende Ausgleichsposten aus früheren Jahren in dem Wirtschaftsjahr aufzulösen sind, das nach dem 31.12.2021 endet. Folglich erhöhen aktive Ausgleichsposten den steuerbilanziellen Beteiligungsbuchwert für die Organgesellschaft, passive Ausgleichsposten mindern diesen Wertansatz in der Steuerbilanz.
Im Fall, dass ein passiver Ausgleichsposten die Summe aus aktivem Ausgleichsposten und dem Buchwert der Beteiligung übersteigt, ergibt sich in Höhe des übersteigenden Betrags ein Beteiligungsertrag. Dieser Beteiligungsertrag ist zu versteuern – je nach Rechtsform des Organträgers entweder nach dem Teileinkünfteverfahren bzw. nach § 8b KStG. Anstelle der Versteuerung soll es ein Wahlrecht geben, wonach der Beteiligungsertrag in eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage eingestellt und über 10 Jahre verteilt werden kann. Für den jährlichen Auflösungsbetrag erfolgt dann ebenfalls eine Versteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren bzw. nach § 8b KStG.
Das Wahlrecht zur Bildung einer Gewinnrücklage im Zusammenhang mit der Ersetzung der Ausgleichspostenmethode wird durch die organschaftliche Einlagelösung erweitert: Ein Wahlrecht besteht nicht nur dem Grunde, sondern nun auch der Höhe nach.
Kommt es im 10-jährigen Zeitraum zu einer Veräußerung der Beteiligung an der Organgesellschaft, wird die verbleibende Rücklage in vollem Umfang gewinnerhöhend aufgelöst. Einer Veräußerung der Organgesellschaft gleichgestellt wird u. a. die Umwandlung der Organgesellschaft in eine Personengesellschaft oder auf eine natürliche Person, die verdeckte Einlage der Beteiligung oder die Auflösung der Organgesellschaft.
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7. Reiseleistungen bei der Umsatzsteuer
Bei der Ausführung von Reiseleistungen nach § 25 UStG sind zum Jahreswechsel 2021/2022 verschiedene Punkte zu beachten.
Das ändert sich ab 1.1.2022
Bis 31.12.2021 konnte der Unternehmer die Bemessungsgrundlage statt für jede einzelne Leistung entweder für Gruppen von Leistungen oder für die gesamten innerhalb des Besteuerungszeitraums erbrachten Leistungen ermitteln (§ 25 Abs. 3 Satz 3 UStG). Durch das Gesetz zur weiteren Förderung der Elektromobilität ist diese Regelung zum 1.1.2022 aufgehoben worden.
Aufgrund eines Vertragsverletzungsverfahrens vor dem EuGH war durch das Gesetz zur weiteren Förderung der Elektromobilität zum 18.12.2019 klargestellt worden, dass die Sonderregelungen für die Reiseleistungen auch (zwingend) in B2B-Fällen zur Anwendung kommen. Die Finanzverwaltung hat dies zum Anlass genommen, die Verwaltungsanweisungen umfassend zu überarbeiten. In diesem Zusammenhang ist eine allgemeine Nichtbeanstandungsregelung aufgenommen worden, nach der der Unternehmer für bis zum 31.12.2021 ausgeführte Umsätze die bisherigen Verwaltungsanweisungen weiterhin anwenden kann. Die neuen Grundsätze sind deshalb (zwingend) erst ab dem 1.1.2022 anzuwenden.
Hinweis
Als Reiseleistungen nach § 25 UStG ist nicht nur die übliche Durchführung von (Pauschal-)Reisen zu verstehen. Da ab 2022 auch zwingend B2B-Sachverhalte unter § 25 UStG fallen, kann dazu z. B. auch die Organisation eines Betriebsausflugs durch eine Konzernmutter für organschaftlich nicht verbundene Konzerngesellschaften gehören, soweit dafür Reisevorleistungen (z. B. Beförderungsleistung, Unterbringung, Verpflegung, Unterhaltung) von Dritten in Anspruch genommen werden. In diesem Fall muss nur die Marge der Besteuerung unterworfen werden, für die Reisevorleistungen ergibt sich aber kein Vorsteuerabzug.
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8. Steuervergütung für Europäische Einrichtungen
Es soll eine unionsrechtliche Vorgabe zur Steuervergütung für Europäische Einrichtungen in § 4c UStG eingeführt werden.
Das ändert sich ab 1.1.2022
Bestimmte, abschließend aufgeführte Europäische Einrichtungen sollen die Umsatzsteuerbeträge für an sie ausgeführte Leistungen vergütet bekommen, wenn sich dies entweder aus dem Vertrag über die Europäische Union bzw. den Regelungen aus dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ergibt oder es sich um Leistungsbezüge in Wahrnehmung der der Einrichtung übertragenen Aufgaben zur Reaktion auf die COVID-19-Pandemie handelt, soweit diese Leistungen nicht für eigene entgeltliche Leistungen verwendet werden. Für die Vergütung soll das Bundeszentralamt für Steuern zuständig sein.
Hinweis
Diese Festlegung für Europäische Einrichtungen soll inhaltlich entsprechend in § 5 Abs. 1 Nr. 8 und Nr. 9 UStG zur Befreiung bei der Einfuhrumsatzsteuer eingeführt werden.
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9. Verdeckter Preisnachlass im Kfz-Handel
Die Übergangsregelung bezüglich der Behandlung von verdeckten Preisnachlässen im Zusammenhang mit sog. Streckengeschäften im Gebrauchtwagenhandel endet zum 1.1.2022.
Hintergrund
Nach der Rechtsprechung des BFH ermittelt sich die Bemessungsgrundlage bei einem Tausch anhand des subjektiven Werts, der der erhaltenen Leistung beigemessen wird. Die Finanzverwaltung hatte aufgrund dieser Rechtsprechung die bisherigen Regelungen zum verdeckten Preisnachlass im Kfz-Handel abgeschafft, beanstandet es aber für alle vor dem 1.1.2022 ausgeführten Leistungen nicht, wenn noch die bisherigen Rechtsfolgen zum verdeckten Preisnachlass angewendet werden.
Das ändert sich ab 1.1.2022
Für Umsätze ab dem 1.1.2022 gelten die geänderten Regelungen in Abschn. 10.5. Abs. 4 UStAE. Abs. 5 wird aufgehoben.
Nimmt ein Kraftfahrzeughändler beim Verkauf eines Fahrzeugs einen Gebrauchtwagen in Zahlung und leistet der Käufer i. H. d. Differenzbetrags eine Zuzahlung, liegt ein Tausch mit Baraufgabe vor. Zum Entgelt des Händlers gehört neben der Zuzahlung auch der subjektive Wert des in Zahlung genommenen Fahrzeugs.
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10. Verlängerung der Absenkung des Steuersatzes für Gastronomieumsätze
Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen wird bis Ende 2022 verlängert.
Hintergrund
Seit dem 1.7.2020 galt aufgrund des (ersten) Corona-Steuerhilfegesetzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen in der Zeit vom 1.7.2020 bis 30.6.2021 der ermäßigte Steuersatz. Ausdrücklich davon ausgenommen ist aber die Abgabe von Getränken, hier kommt weiterhin der Regelsteuersatz zur Anwendung.
Das ändert sich
Aufgrund der sich über den 30.6.2021 hinaus erstreckenden Auswirkungen der Corona-Pandemie ist durch das Dritte Corona-Steuerhilfegesetz die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes bis zum 31.12.2022 verlängert worden.
Hinweis
Die Finanzverwaltung hat ihre schon im Jahr 2020 für Pauschalangebote getroffenen Vereinfachungsregelungen bezüglich der befristeten Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für die Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen verlängert. Bei Kombiangeboten, die sowohl Speisen als auch Getränke zu einem Pauschalpreis beinhalten (z. B. Buffet, All-Inclusive-Angebote), wird es nicht beanstandet, wenn der auf die Getränke entfallende Entgeltanteil mit 30 % des Pauschalpreises angesetzt wird.
Dezember 2021
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Differenzbesteuerung: Wer trägt die Beweislast?
Im Rahmen der Differenzbesteuerung trägt der Wiederverkäufer bezüglich des Vorlieferanten die Darlegungs- und Beweislast. War der letzte Halter von angekauften Pkw nicht mit der Person des Verkäufers identisch, kann der Wiederverkäufer nur dann Vertrauensschutz geltend machen, wenn er weitere Prüfungsmaßnahmen vorgenommen hat.
Hintergrund
Der Kläger war Pkw-Händler. Im Jahr 2014 unterwarf er einen Großteil der Ankäufe der Differenzbesteuerung. Der Kläger kaufte regelmäßig Fahrzeuge "zu günstigen Preisen" ein. Diese resultierten nach Ansicht des Finanzamts daraus, dass viele in der Kfz-Branche auftretende "Privatverkäufer" tatsächlich nicht registrierte Händler waren. Der Kläger hätte beim Ankauf erkennen müssen, dass die Personen der Verkäufer nicht mit den letzten Halterdaten übereingestimmt haben. Daraus hätte er den Schluss ziehen müssen, dass der jeweilige Verkäufer als Händler tätig gewesen war, wenn ihm keine Verkaufsvollmacht des letzten Halters vorgelegen habe. Beim Kraftfahrt-Bundesamt waren die vom Kläger erfassten Fahrgestellnummern nicht im Inland zugelassen. Das Finanzamt unterwarf daher die Fahrzeugverkäufe anteilig der Regelbesteuerung.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass die Differenzbesteuerung gem. § 25a UStG hier nicht anwendbar war. Die Differenzbesteuerung setzt u.a. voraus, dass für den eingekauften Gegenstand der Verkäufer die Umsatzsteuer nicht schuldete, Kleinunternehmer nach § 19 Abs. 1 UStG oder ein Unternehmer ist, der mit Differenzbesteuerung verkauft hat. Da dies vorliegend offengeblieben ist, wirkt sich dies zu Lasten des Klägers aus.
Der Wiederverkäufer trägt die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen für seine Vorlieferanten vorliegen. Die Besteuerung der Differenz zwischen Ein- und Verkaufspreis nach §25a UStG ist im Vergleich zur regulären Besteuerung des vollen Verkaufspreises eine für Wiederverkäufer günstige Sonderregelung, die nur unter bestimmten Voraussetzungen zur Anwendung kommen soll.
Für den Nachweis, dass private Vorlieferanten vorlagen, reichen die bei privaten Kfz-Verkäufen typischerweise genutzten Musterkaufverträge nicht aus. Auch war in den betreffenden Fällen der jeweilige Verkäufer nicht mit dem letzten Halter des Fahrzeugs identisch. Deshalb ist von einem Zwischenverkauf des Fahrzeugs von einer Privatperson an einen Händler auszugehen. Insoweit hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass die Händler entweder als Kleinunternehmer gehandelt oder ihrerseits die Differenzbesteuerung vorgenommen haben.
Zwar darf einem Unternehmer, der weder wusste noch wissen konnte, dass sein Umsatz in eine vom Lieferer begangene Steuerhinterziehung einbezogen war, das Recht auf Vorsteuerabzug oder auf Anwendung der Differenzbesteuerung nicht versagt werden. Liegen jedoch Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten oder Steuerhinterziehung vor, ist der Wiederverkäufer verpflichtet, über seine Vorlieferanten Auskünfte über deren Zuverlässigkeit einzuholen.
Im vorliegenden Fall liegt jedoch keine schützenswerte Vertrauensgrundlage vor. Denn der Kläger stand mit seinen Ankäufern nicht in einer langjährigen Geschäftsbeziehung. Vielmehr handelte sich um einmalige Geschäftsbeziehungen mit dem Kläger unbekannten Personen. Insoweit hätte der Kläger für jede Lieferung überprüfen müssen, ob der Lieferer die Differenzbesteuerung tatsächlich angewandt hat. Vielmehr dürfte es sich bei dem betreffenden Verkäufer um einen Händler handeln, der seine Händlereigenschaft zum Zwecke einer Steuerhinterziehung verschleierte.
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Gehört Schwimmunterricht zum steuerbefreiten Schulunterricht?
Der Schwimmunterricht in einer Schwimmschule stellt keine von der Umsatzsteuer befreite Schulungsleistung dar. Damit legt der Europäische Gerichtshof die Befreiungsnorm des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL weiterhin eng aus.
Hintergrund
Die Steuerbefreiung für Schulungsleistung ist in § 4 Nr. 21 UStG geregelt (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und Buchst. j MwStSystRL). Wann können solche Leistungen von der Umsatzsteuer befreit sein? Über diese Frage wird seit längerer Zeit gestritten.
Entscheidung
Der Europäische Gerichtshof hat den Schwimmunterricht in einer Schwimmschule nicht als steuerfreie Leistung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL eingeordnet. Der Schwimmunterricht in einer Schwimmschule ist ein spezialisierter, punktuell erteilter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt.
Nicht entscheidend ist seine Wichtigkeit und das im Allgemeininteresse liegende Ziel des Unterrichts. Das Gericht bleibt daher bei der eher restriktiven Anwendung der Steuerbefreiung für Schulungsleistungen, wobei besonders auf den Gesamtkontext zu achten ist, in dem die Schulungsleistung erfolgt.
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Investitionsabzugsbetrag: Was passiert bei Betriebsaufgabe im Folgejahr?
Die Nutzungsvoraussetzungen des Investitionsabzugsbetrags sind auch dann erfüllt, wenn der Betrieb im Jahr nach der Anschaffung des begünstigten Wirtschaftsguts aufgegeben wird. Das Wirtschaftsgut muss im Aufgabejahr also nicht für ein volles Kalenderjahr, sondern lediglich während des mit der Betriebsaufgabe endenden Rumpfwirtschaftsjahres betrieblich genutzt werden.
Hintergrund
Die X betrieb im Jahr 2014 ein gewerbliches Einzelunternehmen mit Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung. In ihrer Gewinnermittlung für 2012 hatte sie einen Investitionsabzugsbetrag als Betriebsausgabe für einen Pkw abgezogen. Im Mai 2014 erwarb sie den Pkw. Im Juli 2015 gab sie ihren Betrieb auf.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Investitionsabzugsbetrag rückgängig zu machen ist, weil der Betrieb vor dem Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung folgenden Wirtschaftsjahres aufgegeben wurde. Der Pkw war damit vor Ablauf der Mindestnutzungsdauer aus dem Betrieb ausgeschieden.
Das Finanzgericht gab der Klage statt. Die Betriebsaufgabe war nicht als Verletzung der Nutzungsfrist anzusehen. Das Wirtschaftsjahr 2015 endete mit der Betriebsaufgabe im Juli 2015 vorzeitig. Bis dahin lag die betriebliche Nutzung vor. Das Rumpfwirtschaftsjahr war ein vollständiges Wirtschaftsjahr.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof schloss sich dem Urteil des Finanzgerichts an. Die Nutzungsvoraussetzung ist in Fällen der Betriebsaufgabe im Jahr nach der Anschaffung oder Herstellung auch dann erfüllt, wenn das Wirtschaftsgut nicht für ein volles Kalenderjahr betrieblich genutzt wird.
Bei Gewerbetreibenden, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln, ist zwar das Wirtschaftsjahr das Kalenderjahr. Dieser Grundsatz wird aber durch § 8b EStDV ergänzt. Danach umfasst das Wirtschaftsjahr einen Zeitraum von 12 Monaten. In bestimmten Fällen darf es einen Zeitraum von weniger als 12 Monaten umfassen (Rumpfwirtschaftsjahr).
Die Heranziehung des § 8b EStDV für den Begriff des Wirtschaftsjahres entspricht der Rechtsprechung zur früheren Ansparabschreibung und zum Gewinnzuschlag nach § 7g EStG a.F. Diese gilt hinsichtlich der Heranziehung des § 8b EStDV unverändert auch für den Investitionsabzugsbetrag fort. Dem Gesetzgeber war die Rechtsprechung zum Begriff des Wirtschaftsjahres im Rahmen des § 7g EStG a.F. bekannt. Er hat aber davon abgesehen, die Nutzung über einen Zeitraum von vollen 12 Monaten vorauszusetzen. Auch der grundsätzliche Normzweck des § 7g EStG ist unverändert geblieben.
Der Bundesfinanzhof musste die Sache an das Finanzgericht zurückverweisen. Denn das Finanzamt hat sich lediglich mit der zeitlichen Komponente der Nutzungsvoraussetzung befasst. Es fehlen Feststellungen dazu, ob X den Pkw im Nutzungszeitraum ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt hat.
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Montage von Photovoltaikanlagen: Keine Umkehr der Steuerschuldnerschaft
Der Einbau von Auf-Dach-Photovoltaikanlagen als Betriebsvorrichtungen "in" ein Gebäude und damit "in" ein Bauwerk ist weder eine Werklieferung noch eine Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient.
Hintergrund
Der Kläger vertreibt und montiert Photovoltaikanlagen, thermische Solaranlagen sowie sonstige umweltfreundliche Techniken. Das Finanzamt kürzte ihm gesondert in Rechnung gestellte Vorsteuerbeträge für den Bezug von Auf-Dach- Photovoltaikanlagen, weil es sich nach Ansicht des Finanzamts um "Bauleistungen" handelte und damit die Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG anzuwenden war. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage.
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass der Kläger die den streitgegenständlichen Vorsteuerbeträgen zugrunde liegenden Eingangsleistungen ausschließlich zur Montage und Installation von Auf-Dach-Photovoltaikanlagen bei seinen Kunden bezogen hat. Zwar schuldet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer, wenn er Unternehmer ist, der Werklieferungen oder sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, erbringt.
Jedoch wurden vom Kläger keine "Bauleistungen" an Bauwerken erbracht. Nach Ansicht des Finanzgerichts gehören Betriebsvorrichtungen nicht zu den Bauwerksbestandteilen. Sie dienen einem gegenüber dem Bauwerk eigenständigen Zweck und haben keine Funktion für das Bauwerk, sondern sind dort lediglich angebracht. Die durch den Kläger an seine Kunden gelieferten und montierten Auf-Dach-Photovoltaikanlagen gehören – anders als dachintegrierte Photovoltaikanlagen – auch nicht zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes. Solche Anlagen sind für die Zweckerfüllung des Gebäudes ohne jede Bedeutung.
Deshalb ist der Einbau von Betriebsvorrichtungen in ein Gebäude und damit in ein Bauwerk im Hinblick auf die eigenständige Betriebsfunktion der Betriebsvorrichtungen weder eine Werklieferung noch eine Leistung i. S. v. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient. Deshalb haben die Vorleistenden hier zutreffend die gesetzlich geschuldete Steuer in ihren Rechnungen ausgewiesen, welche der Kläger zu Recht als Vorsteuer abgezogen hat.
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Vermietungsumsätze: Voraussetzungen einer Option zum Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung
Bei einer Vermietung kann die Option zur Umsatzsteuer auch ausgeübt werden, wenn die Absicht besteht, das Grundstück zu einem späteren Zeitpunkt teilweise zur Ausführung steuerfreier Umsätze zu verwenden. Dies gilt zumindest dann, wenn das Grundstück tatsächlich noch zur Ausübung steuerpflichtiger Umsätze verwendet wird.
Hintergrund
Die Klägerin betreibt ein Bauunternehmen auf einem gemieteten Grundstück. Der Eigentümer des Grundstücks hat bei der Vermietung an die Klägerin auf die Umsatzsteuerfreiheit verzichtet.
In den Jahren 2015 und 2016 führte die Klägerin tatsächlich nur umsatzsteuerpflichtige Umsätze aus. Am 23.10.2015 hatte sie einen Architekten mit der Planung von 2 Mehrfamilienhäusern mit jeweils 6 Wohneinheiten auf einem anderen Grundstück beauftragt. Insoweit bestand die Absicht, die Häuser selbst zu errichten und anschließend an Privatpersonen zu Wohnzwecken zu veräußern.
Dies nahm das Finanzamt zum Anlass, bereits in den Jahren 2015 und 2016 die Option des Vermieters der Klägerin als unzulässig zu beurteilen und der Klägerin den Vorsteuerabzug aus den Miet- und Pachtrechnungen zu versagen.
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass der Verzicht auf Steuerbefreiung bei der Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken zulässig ist, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.
Die Absicht der Klägerin, das Grundstück zu einem späteren Zeitpunkt teilweise zur Ausführung steuerfreier Ausgangsumsätze zu verwenden, steht der wirksamen Ausübung der Option in den Jahren 2015 und 2016 nicht entgegen. Eine Auslegung dahingehend, dass im Fall der Vermietung der Verzicht auf die Steuerbefreiung voraussetzt, dass der Leistungsempfänger sowohl die Mietsache tatsächlich zur Ausübung vorsteuerunschädlicher Ausgangsumsätze verwendet als auch die Absicht hegt, zukünftig keine vorsteuerschädlichen Umsätze auszuführen, findet weder im Wortlaut noch in der Systematik der Regelung Halt.
Die Regelung des § 9 Abs. 2 UStG knüpft im Fall einer grundsätzlich steuerfreien Vermietung die Behandlung der Umsätze durch den vermietenden Unternehmer als steuerpflichtig an eine weitere Voraussetzung. Entweder muss der Leistungsempfänger die Vermietungsleistung zur Ausführung vorsteuerunschädlicher Umsätze verwenden oder er muss, wenn es an einer tatsächlichen Verwendung für Ausgangsumsätze fehlt, beabsichtigen, die Eingangsleistung für vorsteuerunschädliche Umsätze zu verwenden.
Demnach ist die Ausübung der Option nicht nur im Fall der tatsächlichen Verwendung der Mietsache für vorsteuerunschädliche Umsätze möglich, sondern darüber hinaus auch für den Fall, wenn noch keine tatsächliche Verwendung stattfindet, dass eine solche Verwendung beabsichtigt ist.
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Wann liegt gewerblicher Goldhandel vor?
Ein gewerblicher Goldhandel liegt vor, wenn kurzfristig in erheblichem Umfang Gold umgeschlagen wird. Die Betriebsstätte, der der gesamte Unternehmensgewinn zuzurechnen ist, liegt im Zweifel am Ort der Geschäftsleitung.
Hintergrund
Im Jahr 2007 wurde eine Personengesellschaft englischen Rechts in der Rechtsform der General Partnership von einer inländischen OHG mit einer Beteiligung von 98 % gegründet. Beteiligt waren auch die im Inland wohnhaften Eheleuten RB und AB mit einer Beteiligung von jeweils 1 %. RB war Geschäftsführer der Partnership. RB und AB waren die Gesellschafter der OHG. Im Jahr 2017 wurde von der Partnership ein Büroraum in England angemietet. Zur Durchführung der geschäftlichen Aktivitäten hielt sich RB wiederholt in England auf. Die Partnership hat im Jahr 2007 mehrere An- und Verkäufe von Gold vorgenommen und dabei zur Finanzierung mit einer Bank einen Kreditvertrag abgeschlossen. Infolge des im Jahr 2007 getätigten Kaufs von Gold ergab sich ein Verlust, der nach DBA in Deutschland als steuerfrei erklärt wurde. Das Finanzamt folgte dem nicht, da die Partnership nicht gewerblich, sondern vermögensverwaltend tätig gewesen sei.
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass die Einkünfte aus der Unternehmenstätigkeit der Partnership als gewerblich zu qualifizieren sind. Sie werden nach dem DBA ausschließlich in England besteuert und unterfallen im Inland lediglich dem Progressionsvorbehalt. Die Betätigung der Partnership ist ein Gewerbebetrieb aufgrund der Anzahl der Goldgeschäfte. Gleichzeitig wurden erhebliche Fremdmittel zur Finanzierung eingesetzt. Die gewerblichen Einkünfte der Partnership sind vollumfänglich einer in Großbritannien belegenen Betriebsstätte in Form des angemieteten Büros zuzuordnen. Der Betriebsstättenbegriff des DBA-GB knüpft vor allem an die feste Geschäftseinrichtung an. Der Büroraum wurde auch regelmäßig von RB zu betrieblichen Zwecken aufgesucht, sodass er dem Unternehmen der Partnership diente.
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Zum Ausscheiden eines Gesellschafters und Abfindungsansprüchen Dritter
Entsteht aufgrund des Ausscheidens eines Gesellschafters aus einer KG ein Abfindungsanspruch und ist dieser höher als der Wert des auf den fortsetzenden Gesellschafter übergegangenen Anteils der KG, wird kein negativer Wert des Erwerbs als Schenkung auf den Todesfall bei dem fortsetzenden Gesellschafter berücksichtigt, selbst wenn der fortsetzende Gesellschafter zugleich Erbe des ausgeschiedenen Gesellschafters ist.
Hintergrund
A war zusammen mit seinen 3 Geschwistern und der Mutter M zu jeweils 20 % Gesellschafter einer KG. Der Gesellschaftsvertrag sah vor, dass ein Gesellschafter bei seinem Tod aus der Gesellschaft ausscheidet und die KG ohne seine Erben fortgesetzt wird. Den Erben stand ein Abfindungsanspruch zu.
Dementsprechend erhöhte sich nach dem Tod der M im Jahr 2012 die Anteilsquote der 4 fortsetzenden Gesellschafter auf je 25 %. Den 4 Gesellschaftern stand als Erben nach M gegen die KG eine Abfindung von 2.000.000 EUR zu. Der Wert des Gesellschaftsanteils der M wurde durch Feststellungsbescheid auf 1.200.000 EUR festgesetzt.
A beantragte den Ansatz eines negativen Erwerbs in Höhe von ./. 200.000 EUR (Anteilswert 1.200.000 EUR ./. abzüglich Abfindung 2.000.000 EUR = ./. 800.000 EUR : 4).
Das Finanzamt und auch das Finanzgericht lehnten dies ab.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entschied, dass der Abfindungsanspruch als Erwerb von Todes wegen zu berücksichtigen ist. Ein negativer Erwerb ist nicht anzusetzen.
Bestimmt der Gesellschaftsvertrag, dass die Gesellschaft beim Tod eines Gesellschafters unter den übrigen Gesellschaftern mit der Folge einer Anwachsung fortbestehen soll, kann bei den fortsetzenden Gesellschaftern eine Schenkung auf den Todesfall vorliegen. Denn als Schenkung auf den Todesfall gilt auch der auf dem Ausscheiden beruhende Übergang des Anteils auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft, soweit der Wert des Anteils Abfindungsansprüche Dritter übersteigt.
Der gesetzliche Wortlaut ist insoweit eindeutig. Er erfasst die objektive Bereicherung, wenn der Wert des anwachsenden Anteils den Abfindungsanspruch übersteigt. Ist der Abfindungsanspruch höher als der Wert des Anteils, wird kein negativer Wert berücksichtigt. Das gilt auch für den Fall, dass die fortsetzenden Gesellschafter zugleich Erben des ausgeschiedenen Gesellschafters sind. Der Wortlaut bringt mit der Formulierung "übersteigen" zum Ausdruck, dass nur ein positiver Wert des Erwerbs steuerbar sein soll.
Der BFH lehnt eine erweiternde Auslegung für Fälle ab, in denen die fortsetzenden Gesellschafter zugleich Erben des durch Tod ausgeschiedenen Gesellschafters sind. Auch in diesen Fällen entspräche es nicht der Zielsetzung der Vorschrift, einen negativen Erwerb zu berücksichtigen, der mit anderen positiven Erwerben von Todes wegen zu verrechnen wäre und zu einer Reduzierung der Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer der Erben führte. Für eine unterschiedliche Behandlung des Erwerbs, je nachdem, ob jemand "nur" als Gesellschafter erwirbt oder zugleich Erbe des ausscheidenden Gesellschafters ist, besteht keine Grundlage. Dem Gesetzgeber kam es erkennbar nicht auf die Erbenstellung an.
Hiervon ausgehend konnte die negative Differenz konnte beim übrigen Erwerb von Todes wegen des A nicht steuermindernd berücksichtigt werden.
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Zur Umsatzsteuer-Berichtigung nach Scheingeschäften
Macht der Rechnungsempfänger den Vorsteuerabzug geltend, muss der bei einem unberechtigten Steuerausweis geschuldete Steuerbetrag berichtigt werden, und zwar für den Zeitraum, in dem der Rechnungsempfänger die Vorsteuer zurückerstattet. Die Zeitpunkte des Berichtigungsantrags und der Rechnungsberichtigung sind insoweit unerheblich.
Hintergrund
X ist Insolvenzverwalter der H. H hatte in den Jahren 2006 bis 2008 der A-KG Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis über einvernehmlich nicht erbrachte Leistungen erteilt. Die A-KG nahm hieraus den Vorsteuerabzug in Anspruch.
Das für die A-KG zuständige Betriebstätten-Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug. Die sich hieraus ergebende Steuerrückforderung wurde von der A-KG noch im Jahr 2010 beglichen. Im Jahr 2011 berichtigte X die erteilten Rechnungen und beantragte, die Umsatzsteuer 2011 aufgrund der Korrekturbeträge aus den Jahren 2006 und 2007 herabzusetzen.
Das Finanzamt ging von einem bereits im Jahr 2010 entstandenen Berichtigungsanspruch aus und rechnete den Erstattungsbetrag mit anderen Steuerrückständen auf. Im Jahr 2014 beantragte X, den Steuerminderungsanspruch bei der Umsatzsteuer 2011 unter der Massesteuernummer festzusetzen. Das Finanzamt stimmte dem nicht zu.
Das Finanzgericht wies die Klage ab.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entschied, dass der Steuerbetrag nicht für das Jahr 2011, sondern bereits für das Jahr 2010 zu berichtigen war.
Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Voraussetzung ist, dass der Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt wurde oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt wurde. Ist der unberechtigte Steuerausweis als Vorsteuerabzug in einer für den Rechnungsempfänger ergangenen Steuerfestsetzung berücksichtigt worden, ist die Berichtigung für den Zeitraum der Rückzahlung der Vorsteuer durch den Rechnungsempfänger an sein Finanzamt vorzunehmen.
Nicht entscheidend ist der Zeitpunkt, zu dem der Rechnungsaussteller den Antrag auf Berichtigung stellt. Dies ergibt der eindeutige gesetzliche Wortlaut.
Im vorliegenden Fall ist die Gefährdungslage durch Rückzahlung des Vorsteuerabzugs an das Finanzamt bereits im Jahr 2010 beseitigt worden. Damit kommt eine Berichtigung für das Jahr 2011 nicht in Betracht. Wegen der Anknüpfung an den Zeitraum, in dem die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist, konnte offenbleiben, ob an die Steuerberichtigung weitere Voraussetzungen zu stellen sind. Auch auf die Fragen, ob eine Rechnungsberichtigung erforderlich ist oder ob auf eine Rückzahlung durch den Rechnungsempfänger an den Rechnungsaussteller abzustellen ist, kam es daher nicht an.
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Zu Teilwertabschreibungen auf unbesicherte Konzerndarlehen
§ 1 AStG verlangt keine Gewinnverlagerung ins Ausland. Es genügt, dass Deutschland als Ansässigkeitsstaat bei fremdunüblichen Bedingungen eine Einkünftekorrektur vornimmt.
Hintergrund
Die A, eine inländische Kapitalgesellschaft, war an in- und ausländischen Gesellschaften beteiligt. Die A und mit ihr verbundene Organgesellschaften gewährte verschiedenen nachgeordneten, in Frankreich und den USA ansässigen Gesellschaften unbesicherte Darlehen. Diese Darlehen schrieb A gewinnmindernd ab.
Außerdem übertrug die A Wirtschaftsgüter zu Buchwerten auf eine maltesische Tochterkapitalgesellschaft und brachte die Anteile an dieser Gesellschaft ebenfalls zu Buchwerten im Rahmen einer Kapitalerhöhung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine weitere in Malta ansässige Kapitalgesellschaft ein.
Das Finanzamt rechnete die Gewinnminderungen aufgrund der Teilwertabschreibungen außerbilanziell wieder hinzu und erhöhte den Bilanzansatz für die übertragenen Wirtschaftsgüter. Die Klage hatte überwiegend Erfolg.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof verwies die Sache zurück an das Finanzgericht. Die Teilwertabschreibungen der Darlehen und der Buchwertansatz der auf die maltesische Tochtergesellschaft übertragenen Wirtschaftsgüter sind außerbilanziell zu korrigieren.
A machte gegen die Gewinnkorrektur geltend, dass die Wertminderung der Darlehen nicht zu einer Gewinnverlagerung ins Ausland führt, da ihr keine korrespondierende Gewinnerhöhung bei den ausländischen Tochtergesellschaften gegenüber steht. Dem widerspricht der Bundesfinanzhof. Denn § 1 AStG verlangt keine Gewinnverlagerung ins Ausland. Es genügt, dass Deutschland als Ansässigkeitsstaat bei fremdunüblichen Bedingungen eine Einkünftekorrektur vornimmt (unabhängig von einem rechtsgeschäftlichen Verzicht auf die uneinbringliche Forderung).
Nach der bisherigen Rechtsprechung ist für die gewinnmindernde Forderungsausbuchung nicht auf die Zahlungsunfähigkeit der ausländischen Tochtergesellschaften, sondern vorrangig auf den Sicherungsverzicht abzustellen. Durch diesen Verzicht hat A ihren Rückzahlungsanspruch an die wirtschaftliche Entwicklung der Tochtergesellschaften geknüpft. Eine solche "Vermischung der Vermögensrisiken" wäre im Falle der Einräumung werthaltiger Sicherungsrechte nicht eingetreten.
Die Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG wird durch die DBA USA bzw. Frankreich nicht ausgeschlossen. Der Bundesfinanzhof hat seine Rechtsprechung zur Sperrwirkung der dem Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk nachgebildeten abkommensrechtlichen Vorschriften inzwischen aufgegeben. Das Tatbestandsmerkmal der "vereinbarten Bedingungen" im Falle der Darlehensgewährung ist nicht allein auf den vereinbarten Zinssatz (im Sinne einer Preiskorrektur) beschränkt. Der Fremdvergleichsgrundsatz gestattet vielmehr (allgemein) eine Einkünftekorrektur bei fremdunüblichen Vereinbarungen oder Bedingungen.
Die Prüfung anhand des Fremdvergleichs ist bei verbundenen Gesellschaften nicht bereits aufgrund des sog. Rückhalts im Konzern entbehrlich. Der "Konzernrückhalt" beschreibt lediglich den Rahmen der Unternehmensverflechtung und die Üblichkeit, innerhalb eines Konzerns Kreditansprüche nicht wie unter Fremden abzusichern. Eine fremdübliche (werthaltige) Besicherung des Rückzahlungsanspruchs (Einstandsverpflichtung) kann allein in den Einflussnahmemöglichkeiten des beherrschenden Gesellschafters auf den Darlehensnehmer nicht gesehen werden. Die Fremdüblichkeit hängt damit davon ab, ob auch ein fremder Dritter das Darlehen unter gleichen Bedingungen ausgereicht hätte. Entsprechend darf das Fehlen einer einzelnen "Bedingung", hier die fehlende Besicherung, nicht unmittelbar dazu führen, dass eine hierdurch veranlasste Einkünfteminderung unter § 1 AStG fällt.
Geschäftsbeziehung ist jede schuldrechtliche Beziehung, die keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist. Entscheidend ist daher, ob der Übertragung der Wirtschaftsgüter von A auf die maltesische Tochtergesellschaft eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung zugrunde liegt. Dazu ist das für die maltesische Tochtergesellschaft geltende maltesische Recht heranzuziehen. Das Finanzgericht hat jedoch zur Änderung der materiellen Gesellschafterstellung der Tochtergesellschaft keine Feststellungen getroffen.
November 2021
- Außenprüfung: Wann und wie eine andere Finanzbehörde beauftragt werden darf
Beauftragt das zuständige Finanzamt ein anderes Finanzamt mit der Durchführung einer Außenprüfung, handelt es sich hierbei um eine Ermessensentscheidung.
Hintergrund
Der Kläger ist selbstständiger Steuerberater. Das für ihn zuständige Finanzamt J beauftragte das Finanzamt U, beim Kläger eine Außenprüfung durchzuführen. Finanzamt U erließ eine Prüfungsanordnung. Der Kläger begründet seine Klage insbesondere damit, dass nicht ersichtlich ist, warum gerade das Finanzamt U mit der Prüfung beauftragt wurde. Im Bezirk dieses Finanzamts betreut er deutlich mehr Mandate als in den umliegenden Finanzämtern. Die Beauftragung gerade des Finanzamts U muss seiner Ansicht nach im Rahmen des Ermessens gewürdigt werden.
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass die Beauftragung des Finanzamts U mit der Durchführung der Außenprüfung durch das Finanzamt J ermessensfehlerhaft war.
Sowohl der Erlass einer Prüfungsanordnung als auch die Entscheidung, eine andere Finanzbehörde mit der Außenprüfung zu beauftragen, ist eine Ermessensentscheidung. Das Finanzamt J übte vorliegend zwar sein Entschließungsermessen, eine andere Finanzbehörde mit der Außenprüfung zu beauftragen, fehlerfrei aus.
Allerdings stellte das Finanzamt J keine Erwägungen dazu an, aus welchen Gründen gerade das Finanzamt U mit der Durchführung der Außenprüfung beauftragt wurde. Im Rahmen dieses Auswahlermessens hätten die Umstände des Falls gewürdigt werden müssen. Zu den hier zu berücksichtigenden Umständen könnten die räumliche Nähe, die Zugehörigkeit des zu prüfenden Steuerpflichtigen zu einem Unternehmensverbund oder Konzern oder die Anwesenheit besonders geschulter Bediensteter im zu beauftragenden Finanzamt gehören.
- Erbauseinandersetzung und GbR-Gründung: Sind Gründungskosten als Sonderwerbungskosten abziehbar?
Wird im Rahmen einer Erbauseinandersetzung eine neue Gesellschaft gegründet, können damit in Zusammenhang stehende Aufwendungen sofort abziehbare Sonderwerbungskosten darstellen.
Hintergrund
Eine Erbengemeinschaft vermietete mehrere Eigentumswohnungen und erzielte daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im Testament der Verstorbenen war angeordnet, dass einige der Eigentumswohnungen in eine neu zu gründendem GbR einzubringen sind. Eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft war ausgeschlossen. Davon abweichend regelte jedoch die Erbengemeinschaft, dass die Immobilien in eine neu zu gründende Bruchteilsgemeinschaft eingebracht werden und dass eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zulässig sein sollte. Ein Beteiligter, der die Kosten u.a. für den Notar übernommen hatte, wollte diese als Werbungskosten geltend machen. Das Finanzamt lehnte den Abzug als Sonderwerbungskosten ab, da die Aufwendungen das Ziel hatten, die Miterbengemeinschaft auseinanderzusetzen. Dagegen wendet sich der Beteiligte mit seiner Klage.
Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, dass auch bei einem unentgeltlichen Erwerb anfallende Aufwendungen als Anschaffungsnebenkosten zu werten und im Wege der AfA abziehbar sind. Da im vorliegenden Fall jedoch die Aufwendungen für die Erbauseinandersetzung mit anschließender Neugründung einer Gemeinschaft der Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus Vermietung dienten, kommt ein sofortiger Abzug als Werbungskosten in Betracht. Die Gründungskosten hatten nicht primär einer Erbauseinandersetzung gedient, sondern der Überführung der Wirtschaftsgüter aus dem Verbund der Erbengemeinschaft und hälftigen Miteigentumsanteile in einen einheitlichen Verbund der neuen Bruchteilsgemeinschaft. Ein Werbungskostenabzug scheidet jedoch insoweit aus, als die Aufwendungen auf ein nicht zur Vermietung anstehendes Objekt sowie ein zu eigenen Wohnzwecken eines Beteiligten genutztes Objekt entfallen.
- Geldwäschegesetz und Transparenzregister: Was Steuerberater wissen müssen
Die Reform des Geldwäschegesetzes und Änderungen bei den Regelungen zum Transparenzregister bringen u.U. neue Sorgfalts- und Meldepflichten mit sich. Steuerberater und Mandanten müssen einiges wissen und beachten. Hier ein Überblick über die wichtigsten Neuerungen.
Steuerberater als Verpflichtete
Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte gehören zum Personenkreis der Verpflichteten i. S. d. Geldwäschegesetzes. Dies gilt für Steuerberater unverändert. Neu einbezogen wurden die in § 4 Nr. 11 StBerG genannten Vereine. Darüber hinaus wurde der Kreis der Verpflichteten aus dem Finanz- und Nichtfinanzbereich neu definiert.
Allgemeine Sorgfaltspflichten
Zu den allgemeinen Sorgfaltspflichten gehören u. a. die Identifizierung des Vertragspartners sowie die Abklärung, ob der Vertragspartner für einen wirtschaftlich Berechtigten handelt mit der ggf. notwendigen Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten oder die Einholung und Bewertung von Informationen über den Zweck und über die angestrebte Art der Geschäftsbeziehung. Auch ist stets in Erwägung zu ziehen, ob es sich bei dem Mandanten um ein Familienmitglied oder um eine nahestehende Person handelt.
Vereinfachte Sorgfaltspflichten
Die Regelungen, wonach in bestimmten Fällen vereinfachte Sorgfaltspflichten angewendet werden können, gelten unverändert fort. Zum Zweck der Identifizierung erhobene Angaben sind stets zu überprüfen. Wie bisher zulässig sind sonstige Dokumente, Daten oder Informationen, "die von einer glaubwürdigen und unabhängigen Quelle stammen und für die Überprüfung geeignet sind". Steuerberater dürfen vereinfachte Sorgfaltspflichten "im Hinblick auf Kunden, Transaktionen und Dienstleistungen oder Pro-dukte" anwenden, für die "nur ein geringes Risiko der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung besteht".
Können Steuerberater die vereinfachten Sorgfaltspflichten anwenden, dürfen sie "den Umfang der Maßnahmen, die zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten zu treffen sind, angemessen reduzieren" sowie die Identitätsprüfung auf Basis sonstiger geeigneter Dokumente durchführen. Das bedeutet, dass nicht zwingend z.B. ein amtlicher Ausweis verlangt werden muss. Zur Abwägung, ob im Einzelfall die allgemeinen Sorgfaltspflichten vom Umfang der durchzuführenden Maßnahmen entsprechend reduziert werden können, sind die in Anlage 1 des GwG aufgeführten "Faktoren für ein potenziell geringeres Risiko" heranzuziehen.
Verstärkte Sorgfaltspflicht
Steuerberater müssen zusätzlich zu den allgemeinen Sorgfaltspflichten verstärkte Sorgfaltspflichten erfüllen, wenn sie im Rahmen der Risikoanalyse oder im Einzelfall unter Berücksichtigung der in den Anlagen 1 und 2 genannten Risikofaktoren feststellen, "dass ein höheres Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung bestehen kann". Ein höheres Risiko in Verbindung mit der Anwendung verstärkter Sorgfaltspflichten ergibt sich von Gesetzes wegen regelmäßig bei politisch exponierten Personen als Geschäftspartner. Verstärkte Sorgfaltspflichten sind u. a. "angemessene Maßnahmen" zur Klärung der Herkunft der Vermögenswerte, "die im Rahmen der Geschäftsbeziehung oder der Transaktion eingesetzt werden" sowie die verstärkte und kontinuierliche Überwachung der betreffenden Geschäftsbeziehung.
Risikomanagement und Risikoanalyse
Steuerberater müssen über ein "wirksames Risikomanagement" verfügen, das "im Hinblick auf Art und Umfang ihrer Geschäftstätigkeit angemessen ist". Das Risikomanagement muss eine Risikoanalyse nach § 5 GwG sowie interne Sicherungsmaßnahmen nach § 6 GwG umfassen. Zu letzterem gehören u. a. die "Ausarbeitung von internen Grundsätzen, Verfahren und Kontrollen in Bezug auf" den Umgang mit Geldwäscherisiken und Kundensorgfaltspflichten oder die Erfüllung der Meldepflichten usw. Die zu erstellende Risikoanalyse ist zu dokumentieren, regelmäßig zu überprüfen und ggf. zu aktualisieren und der Aufsichtsbehörde auf Verlangen zur Verfügung zu stellen.
Bargeldgeschäfte
Es gelten folgende Bargeldgrenzen bzw. es sind die allgemeinen Sorgfaltspflichten nach dem GwG zu erfüllen:
• bei der Vermittlung von Kaufverträgen und Vermittlung von Miet- oder Pachtverträgen bei Transaktionen mit einer monatlichen Miete oder Pacht i. H. v. mindestens 10.000 EUR
• bei Transaktionen über Kunstgegenstände und sonstige Güter im Wert von mindestens 10.000 EUR
• bei Transaktionen über hochwertige Güter bei Barzahlungen (z. B. bei Edelmetallkauf) über mindes-tens 2.000 EUR.
Meldung von Geldwäscheverdachtsfällen
Steuerberater müssen der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) alle Verdachtsmel-dungen für Geldwäsche übermitteln. Der FIU sind Meldungen grundsätzlich in elektronischer Form zu übermitteln. Hierzu stellt die FIU den Verpflichteten die Webanwendung "goAML" als Meldeportal zur Verfügung. Steuerberater können nach einmaliger Registrierung und anschließender Prüfung und Bestätigung durch die FIU auf verschlüsseltem Weg Meldungen abgeben und mit der FIU über eine in goAML integrierte Mailbox kommunizieren. Das amtliche Meldeformular mit dazugehörigem Merkblatt ist im Internet abrufbar.
Transparenzregister: Meldepflichten für Steuerberater und deren Mandanten
Der Bundesanzeiger-Verlag führt das sog. Transparenzregister (www.transparenzregister.de). Ziel dieser Einrichtung ist die Veröffentlichung von Angaben über wirtschaftlich Berechtigte von nahezu allen juristi-schen Personen, Vermögensmassen und weiteren Rechtsgestaltungen, u. a. auch von Stiftungen und Trusts.
Die Regelungen zum Transparenzregister wurden durch das Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz zum 1.8.2021 umfassend überarbeitet und an geltendes EU-Recht angepasst. Zentraler Reformpunkt ist die Umwandlung des Transparenzregisters vom Auffangregister zum Vollregister. Zudem wurde der Katalog der meldepflichtigen Tatbestände erweitert. Seit dem 1.8.2021 sind auch sog. Share Deals, also Anteilsvereinigungen meldepflichtig. Nach der vom Bundesverwaltungsamt vertretenen Auffassung besteht außerdem bereits bei einer Verhinderungsbeherrschung (jeweils 50-prozentige Gesellschaftsanteile bei 2 Gesellschaftern) oder einer Sperrminorität eine Meldepflicht zum Transparenzregister.
Zum 1.8.2021 ist die Mitteilungsfiktion entfallen. D. h., dass eine Mitteilungspflicht an das Transparenzregister nicht mehr dadurch entfällt, dass Angaben über den/die wirtschaftlich Berechtigten aus anderen Registern (Handelsregister, Partnerschaftsregister, Genossenschaftsregister, Vereinsregister, Unternehmensregister) entnommen werden können.
Definition "wirtschaftlich Berechtigte"
Als wirtschaftlich Berechtigte gelten natürliche Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle eine juristische Person oder Vermögensmasse steht oder auf deren Veranlassungen Handlungen jeglicher Art durchgeführt werden. Als wirtschaftlich Berechtigte gilt außerdem jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 % der Kapitalanteile einer juristischen Person hält, mehr als 25 % der Stimmrechte kontrolliert oder auf vergleichbare Weise, etwa durch Absprachen, Kontrolle ausübt.
Wenn keine natürliche Person als wirtschaftlich Berechtigte ermittelt werden kann, muss der Steuerberater den gesetzlichen Vertreter, geschäftsführenden Gesellschafter oder Partner der entsprechenden Institution melden. Ob sich der wirtschaftlich Berechtigte im Ausland befindet oder in Deutschland, ist für die Meldepflicht unerheblich.
Übergangsvorschriften
Für bisher nicht eintragungspflichtige Gesellschaften in der Rechtsform der Aktiengesellschaft, der Europäischen Gesellschaft und der Kommanditgesellschaft auf Aktien gilt eine Übergangsfrist für die Nachmeldungen bis zum 31.3.2022. Gesellschaften in den Rechtsformen GmbH, Genossenschaft, Europäische Genossenschaft oder Partnerschaft müssen ihren Meldepflichten bis zum 31.12.2022 nachkommen.
Eingetragene Vereine sind von einer Meldepflicht an das Transparenzregister ausgenommen. Für diese erstellen die registerführenden Stellen die entsprechenden Meldungen. Die registerführenden Stellen melden die in das Vereinsregister einzutragenden Daten an das Transparenzregister. Gemeldet werden alle Mitglieder des Vorstands des eingetragenen Vereins.
Weiterhin sind von der Meldepflicht ausgenommen:
• Nicht eingetragene Vereine,
• Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR),
• Stille Gesellschaften,
• Erbengemeinschaften (soweit keine Geschäftsanteile in der Erbmasse sind).
Meldepflichten für Stiftungen und Trusts
Einer Meldepflicht unterliegen neben privaten Stiftungen und Familienstiftungen auch gemeinnützige Stiftungen. Meldepflichtig sind die Organe solcher Stiftungen, Stifter und alle Begünstigten. Hinsichtlich der Meldepflicht des Namens des Stifters gilt nach h. M. der Grundsatz, dass dieser nur dann meldepflichtig ist, wenn er auch zum Kreis der Begünstigten gehört.
Nicht nur Verwalter von Trusts mit Wohnsitz in Deutschland, sondern auch Trustees sind in die Meldepflicht einbezogen, die außerhalb der Europäischen Union ihren Wohnsitz oder Sitz haben, wenn sie für den Trust eine Geschäftsbeziehung in Deutschland aufnehmen oder Eigentum an einer im Inland gelegenen Immobilie erwerben.
Auch die Umbenennung oder Auflösung eines Trusts ist meldepflichtig. Bezüglich der wirtschaftlichen Berechtigter eines Trusts tritt die Trustees Einholungs-, Aufbewahrungs- und Aktualisierungspflichten bezüglich der meldepflichtigen Daten. Trustees müssen die Daten der registerführenden Stelle unverzüglich zur Eintragung in das Transparenzregister mitteilen.
Datenübermittlung an das Transparenzregister
Meldungen an das Transparenzregister können ausschließlich elektronisch übermittelt werden (www.transparenzregister.de). Das Transparenzregister wird vom Bundesanzeiger Verlag verwaltet. Voraussetzung dafür ist eine Registrierung.
Einsichtnahme in das Transparenzregister
Es besteht ein öffentlicher Zugang zum Transparenzregister. "Allen Mitgliedern der Öffentlichkeit" ist eine Einsichtnahme zu gestatten. Allen im Transparenzregister gespeicherten wirtschaftlich Berechtigten wurde ein Auskunftsrecht gegenüber der registerführenden Stelle eingeräumt. Diese können Auskunft über die erfolgten Einsichtnahmen (Einsichtnahmen der Öffentlichkeit) verlangen. Steuerberatern als nach dem Geldwäschegesetz Verpflichtete wird ein Datenzugang gewährt, wenn sie der registerführenden Stelle darlegen, dass die Einsichtnahme zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten erfolgt.
Einholen eines Registrierungsnachweises
Steuerberater müssen als geldwäscherechtlich Verpflichtete vor neuen Geschäften mit mitteilungspflichtigen Vereinigungen bzw. bei Begründung einer Rechtsgestaltung nach § 21 GwG einen Registrierungs-nachweis oder Auszug der über das Transparenzregister zugänglichen Daten einholen.
Bußgelder und Sanktionen
Einfache Verstöße gegen die Meldepflichten können mit einer Geldbuße bis zu 150.000 EUR, bei leichtfertiger Begehung mit einer Geldbuße bis zu 100.000 EUR, im Übrigen mit einer Geldbuße bis zu 50.000 EUR geahndet werden. Für besonders schwerwiegende Fälle reicht der Bußgeldkatalog bis 5 Mio. EUR oder 10 % vom Gesamtumsatz der juristischen Person oder der Personenvereinigung, die ihre Meldepflichten verletzt hat.
- Glühweinstand und Kurbetrieb: Liegt ein einheitlicher Betrieb gewerblicher Art vor?
Unterhält eine Gemeinde einen Kurbetrieb und betreibt sie einen von ihr zu Werbezwecken betriebenen Verkaufsstand, können diese Betriebe gleichartige Betriebe gewerblicher Art sein. Eine Zusammenfassung als einheitlicher Betrieb gewerblicher Art ist damit möglich.
Hintergrund
Eine Kurort-Gemeinde unterhielt einen Regiebetrieb "Kurbetrieb". Darüber hinaus unterhielt sie auf dem Weihnachtsmarkt einer anderen Gemeinde einen Glühweinstand. Der Gewinn daraus wurde vom Finanzamt als "Betrieb gewerblicher Art Glühweinstand" der Besteuerung unterworfen. Mit ihrer Klage macht die Gemeinde geltend, dass der Glühweinstand kein eigenständiger Betrieb gewerblicher Art ist. Vielmehr war dort vor allem Werbung für den Kurbetrieb und den Tourismus unternommen worden. Doch selbst wenn 2 Betriebe gewerblicher Art vorliegen sollten, könnten diese zusammengefasst und damit der Gewinn mit dem Verlust des Kurbetriebs verrechnet werden.
Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Klage statt. Zwar ergaben sich aus den Verkäufen auf dem Weihnachtsmarkt erhebliche Gewinne. Trotzdem kann u. U. dennoch eine Zusammenfassung mit dem Kurbetrieb erfolgen und damit ein einheitlicher Betrieb gewerblicher Art besteuert werden. Entscheidend war, dass die Gemeinde den Glühweinstand mit dem Werbeziel, Touristen auf den Kurort aufmerksam zu machen, unterhalten hatte. Tatsächlich wurde dort für den Fremdenverkehr Werbung gemacht, insbesondere wurden Prospekte verteilt, ein Gewinnspiel veranstaltet und ein Weihnachtsbaum gespendet. Darüber hinaus war es dem Kurbetrieb als Regiebetrieb rechtlich nicht erlaubt, einen Verkaufsstand zu betreiben, allein mit dem Ziel, einen Gewinn zu erwirtschaften und mit privaten Gewerbebetrieben im Wettbewerb zu stehen.
Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art möglich, wenn sie gleichartig sind oder einander ergänzen. Auch wenn zwischen mehreren Betrieben nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht, kann eine Zusammenfassung erfolgen. Eine solche Gleichartigkeit der beiden Betriebe gewerblicher Art bejahte das Finanzgericht im vorliegenden Fall.
- Schadensersatzleistung als Sonderbetriebseinnahme steuerpflichtig?
Erhält ein Mitunternehmer eine Schadensersatzleistung aus einer Prospekthaftung, ist diese steuerpflichtig. Dabei kann ein Veräußerungsgewinn oder ein laufender Sonderbetriebsgewinn vorliegen.
Hintergrund
Der Kläger war als Kommanditist an der gewerblich tätigen A-GmbH & Co. KG (A-KG) beteiligt. Diese Beteiligung hatte ihm die B-AG vermittelt. Dabei war ein Fondsprospekt verwendet worden, den die C-GmbH erstellt hatte. Der Kläger erstritt Schadensersatzleistungen gegen die C-GmbH wegen fehlerhafter Angaben in dem Fondsprospekt. Der Schadensersatz wurde dem Kläger Zug um Zug gegen Abtretung seiner sämtlichen Ansprüche aus der Beteiligung an der A-KG zugesprochen. Daraufhin fertigte der Kläger zufolge eine Abtretungsanzeige hinsichtlich seiner Anteile an der A-KG und sandte diese an die C-GmbH. 2011 wurde die Löschung der A-KG in das Handelsregister eingetragen.
Das Finanzamt erließ für die A-KG einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb für das Streitjahr 2010. Für den Kläger stellte es dabei einen Sonderbetriebsgewinn fest. Dabei ging es u.a. von Sonderbetriebseinnahmen in Höhe der Schadensersatzleistung aus. Der Kläger vertrat dagegen die Ansicht, dass der erhaltene Schadensersatz nicht einkommensteuerbar war.
Das Finanzgericht gab dem Kläger recht. Die Leistung war auf Grundlage einer Schädigung gezahlt worden, die noch vor Begründung der Mitunternehmerstellung erfolgte. Die Schadensersatzleistung war nicht steuerbar, da sie unter keine der Einkunftsarten des EStG fiel.
Entscheidung
Die Revision des Finanzamts hatte Erfolg. Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Das Finanzgericht war rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der dem Kläger gewährte Schadensersatz außerhalb des einkommensteuerbaren Bereichs lag.
Erhält ein Mitunternehmer eine Leistung zum Ersatz eines Schadens, ist die erhaltene Leistung als Sonderbetriebseinnahme zu behandeln, wenn das schadenstiftende Ereignis mit der Stellung als Mitunternehmer zusammenhängt. Dementsprechend sind Schadensersatzleistungen, die ein Mitunternehmer auf Grundlage einer Prospekthaftung erhält, durch seine Beteiligung an der Mitunternehmerschaft veranlasst.
Erhält der Mitunternehmer eine Schadensersatzleistung aus Prospekthaftung Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung an der Personengesellschaft, stehen der Anspruch des Mitunternehmers auf Schadensersatzleistung und der Anspruch des Schadensersatzverpflichteten auf Übertragung der Gesellschaftsanteile wirtschaftlich in einem vergleichbar engen Zusammenhang wie im Fall einer Veräußerung der Anteile durch den Mitunternehmer an den Schadensersatzverpflichteten. Deshalb ist der Vorgang ebenso zu behandeln wie die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils.
Erhält der Mitunternehmer die Schadensersatzleistung aus Prospekthaftung Zug um Zug gegen die Abtretung von Ansprüchen, die nicht der Übertragung der Beteiligung selbst entsprechen, kann dadurch ein laufender Sonderbetriebsgewinn entstehen. Auch in diesem Fall liegt ein Veräußerungsgeschäft vor, denn die Übertragung (Abtretung) soll nicht unentgeltlich erfolgen und der Übertragende erhält mit der Übertragung vom Übertragungsempfänger Leistungen. Aus diesem Vorgang entsteht allerdings ein laufender Sonderbetriebsgewinn und kein Veräußerungsgewinn, da Gegenstand der Übertragung kein Mitunternehmeranteil ist.
Die bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts reichen nicht aus, um zu entscheiden, ob Gegenstand des zivilgerichtlichen Urteils die Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz Zug um Zug gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung selbst war oder zur Zahlung Zug um Zug gegen die Abtretung von Ansprüchen, die nicht der Übertragung der Beteiligung selbst entsprechen, und ob der Kläger die entsprechende Leistung im Streitjahr bereits tatsächlich erbracht hat. Diese Feststellungen muss das Finanzgericht nachholen.
- Steuererklärung: Wann auf die elektronische Übermittlung verzichtet werden kann
Auf Antrag des Steuerpflichtigen kann das Finanzamt auf eine elektronische Übermittlung der Steuererklärung verzichten. Dies gilt insbesondere dann, wenn dem Steuerpflichtigen die elektronische Erklärungsabgabe wirtschaftlich oder persönlich nicht zumutbar ist.
Hintergrund
Die Klägerin ist eine GmbH und erzielt seit 2013 keine nennenswerten Umsätze. Im Jahr 2019 erwirtschaftete sie einen Verlust von 256 EUR. Ausweislich ihrer Bilanz verfügte sie am 31.12.2019 im Wesentlichen über ein Guthaben von rund 20.000 EUR. Die Klägerin reichte die Steuererklärungen für 2019 per Telefax beim Finanzamt ein. Eine elektronische Übermittlung der Erklärungen war nicht möglich, da sie nicht über die erforderlichen Einrichtungen verfügte und wegen der Ertragslage war es auch nicht möglich, solche anzuschaffen.
Das Finanzamt lehnte den Antrag der Klägerin, die Steuererklärungen papierförmig abgeben zu dürfen, ab. Es war der Ansicht, dass keine wirtschaftliche Unzumutbarkeit gegeben war, weil die Klägerin elektronisch erstellte Schreiben und auch die Steuererklärungen an das Finanzamt faxen konnte. Die Erklärungen könnten zudem über das Elster-Online-Portal kostenlos an das Finanzamt übermittelt werden. Wegen des Bankguthabens war die Beschaffung der erforderlichen Hard- und Software auch zumutbar.
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass die Klägerin einen Anspruch darauf hat, dass das Finanzamt auf die elektronische Übermittlung der Steuererklärungen verzichtet. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann auf die elektronische Übermittlung verzichtet werden. Einem entsprechenden Antrag ist zu entsprechen, wenn die unbillige Härte darin besteht, dass dem Steuerpflichtigen die elektronische Erklärungsabgabe wirtschaftlich oder persönlich nicht zumutbar ist. Diesbezüglich besteht für das Finanzamt kein Ermessensspielraum.
Im vorliegenden Fall war die elektronische Übermittlung der Steuererklärungen aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar, weil die Kosten für die Schaffung und Erhaltung der technischen Voraussetzungen zur elektronischen Abgabe der Steuererklärungen in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis mehr zu dem Betrieb der Klägerin standen. Bei den Zumutbarkeitserwägungen muss unberücksichtigt bleiben, ob die Klägerin unentgeltlich auf etwa bei ihrem Geschäftsführer oder bei einem befreundeten Unternehmen vorhandene Technik zurückgreifen kann. Zu berücksichtigen ist nicht nur der Aufwand, der für die Einrichtung, sondern auch für die Unterhaltung der Datenfernübertragungsmöglichkeit erforderlich wäre. Daneben fallen zusätzlich zu den Kosten für die Anschaffung eines PC bzw. eines Notebooks sowie evtl. erforderlicher Zusatzgeräte zzgl. deren Wartung, auch die Kosten für etwa erforderliche Software und die Unterhaltung eines Internetzugangs an. Hierfür wären schätzungsweise mindestens 1.500 EUR erforderlich.
Oktober 2021
- Aktive Rechnungsabgrenzungsposten: Bildung auch bei geringfügigen Beträgen?
Auch bei geringfügigen Beträgen müssen aktive Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden. Eine Pflicht zur Bildung nur bei wesentlichen Fällen lässt sich weder dem Grundsatz der Wesentlichkeit noch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entnehmen.
Hintergrund
X ermittelte seine Gewinne durch Betriebsvermögensvergleich. Nach einer Außenprüfung erhöhte das Finanzamt u. a. die aktiven Rechnungsabgrenzungsposten. X hatte für verschiedene vorausgezahlte zeitraumbezogene Aufwendungen keine aktiven Rechnungsabgrenzungsposten gebildet. Es handelte sich um Versicherungsbeiträge, Aufwendungen für Werbeanzeigen und Kraftfahrtsteuer-Zahlungen. Insgesamt waren es rund 20 Positionen im Bereich zwischen 12 EUR und 400 EUR und jährliche Beträge von insgesamt zwischen rund 1.300 EUR und 1.500 EUR.
Das Finanzgericht gab der Klage statt. Wegen der geringen Bedeutung müssten keine Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof widersprach dem Finanzgericht und entschied, dass weder aus dem Grundsatz der Wesentlichkeit noch aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz das Recht folgt, in Fällen von geringer Bedeutung auf eine periodengerechte Gewinnermittlung zu verzichten.
Das Gesetz regelt in § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG für Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen, ein abschließendes Aktivierungsgebot. Schon nach dem Gesetzeswortlaut hat der Steuerpflichtige insoweit kein Wahlrecht. Da es dem Sinn und Zweck der Gewinnermittlung entspricht, den vollen Gewinn zu erfassen, kann es nicht im Belieben des Steuerpflichtigen stehen, sich durch Nichtaktivierung von Wirtschaftsgütern, die handelsrechtlich aktiviert werden dürfen, ärmer zu machen, als er ist. Bilanzierungswahlrechte im Steuerrecht würden auch nicht im Einklang mit dem Grundsatz der Gleichheit der Besteuerung stehen.
Das HGB verzichtet in bestimmten Fällen auf den Ausweis unwesentlicher Positionen (z. B. bei der Bildung von Durchschnittswerten). Auch das EStG zeigt, z. B. bei der Sofortabsetzung von geringwertigen Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 2 EStG, dass ein periodengerechter Ausweis entbehrlich sein kann. Für ein Wahlrecht im Rahmen des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG hätte es aber einer gesetzlichen Regelung bedurft. Der Gedanke des § 6 Abs. 2 EStG kann nicht auf die Bildung von RAP übertragen werden. Zum einen sind diese nicht als Wirtschaftsgut zu qualifizieren. Zum anderen wird mit der Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter (neben der Vereinfachung) auch der weitere Zweck der Verbesserung der Selbstfinanzierung der Unternehmen verfolgt. Dieser Förderzweck des § 6 Abs. 2 EStG wurde vom Gesetzgeber nicht in § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG aufgenommen.
Letztlich steht der Aufwand bei der Rechnungsabgrenzung in Fällen von geringer Bedeutung nicht außer Verhältnis zur Verbesserung des Einblicks in die Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens. Für die (zeitraumbezogene) Berechnung der Höhe der Rechnungsabgrenzungsposten nach den Verhältnissen der noch ausstehenden Gegenleistung zur gesamten Leistung sind keine Schwierigkeiten ersichtlich. Stehen die Werte der Rechnungsabgrenzungsposten eindeutig fest, sind sie auch in die Bilanz aufzunehmen, selbst wenn sie einen verhältnismäßig geringen Betrag aufweisen. Außerdem kann es bei einer Vielzahl nicht berücksichtigter, geringfügiger aktiver Rechnungsabgrenzungsposten durchaus insgesamt zu einer bedeutenden Verzerrung der Vermögens- und Ertragslage kommen.
- Bareinzahlungen auf ein betriebliches Konto: Mittelherkunft ist anzugeben
Verschweigt der Betriebsinhaber bezüglich einer Bareinzahlung auf ein betriebliches Konto die Identität der leistenden Person, darf das Finanzamt den entsprechenden Betrag als Betriebseinnahme behandeln.
Hintergrund
Die Klägerin betreibt u. a. eine Finanz- und Vermögensberatung. Im Februar 2017 zahlte sie einen Betrag von insgesamt 70.000 EUR in bar auf ihr betriebliches Konto in 2 Teilbeträgen ein. Auf Nachfrage des Finanzamts über die Herkunft der Mittel gab sie an, dass es sich um ein Darlehen eines im Ausland ansässigen zukünftigen Ehepartners handelte. Dieser besaß nach Angaben der Klägerin in seinem Heimatland absoluten Schutz seiner Identität und Privatsphäre, sodass sie aus Gründen des Identitätsschutzes keine weiteren Auskünfte erteilen kann.
Das Finanzamt behandelte die Bareinzahlungen als unversteuerte Einkünfte und setzte deshalb bei der Einkommensteuerveranlagung sonstige Einkünfte i. H. v. 70.000 EUR an. Dagegen wehrte sich die Klägerin vor dem Finanzgericht.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht beanstandete den Ansatz des Betrags von 70.000 EUR als Einnahme nicht. Handelt es sich um einen im Ausland ansässigen Darlehensgeber, kann auf dessen Benennung nicht verzichtet werden. Insoweit trifft die Klägerin eine erhöhte Mitwirkungspflicht.
Darüber hinaus war zu berücksichtigen, dass ein Steuerpflichtiger bei der Einzahlung von Mitteln auf ein betriebliches Konto bei der Prüfung der Frage, ob steuerpflichtige Einnahmen oder nicht steuerpflichtige Vermögenszugänge (insbesondere Darlehen oder Einlagen) vorliegen, wegen der von ihm selbst hergestellten Verbindung zwischen Privat- und Betriebsvermögen verstärkt zur Mitwirkung verpflichtet sei.
Deshalb war davon auszugehen, dass es sich bei den unaufgeklärten Kapitalzuführungen um nicht versteuerte Betriebseinnahmen der Klägerin aus ihrem Einzelunternehmen handelte. Keine Rolle spielte, dass das Finanzamt den Betrag bei den sonstigen Einkünften erfasste, denn die Höhe des Gesamtbetrags änderte sich durch die Erfassung des Betrags als gewerbliche Einkünfte nicht.
- Betriebsprüfung: Anforderung von Unterlagen muss bestimmt und verhältnismäßig sein
Fordert das Finanzamt einen Steuerpflichtigen zu Beginn einer Außenprüfung auf, einen Datenträger "nach GDPdU" zur Verfügung zu stellen, ohne dies näher zu spezifizieren, ist dies rechtswidrig.
Hintergrund
Die Rechtsanwalts-Partnerschaftsgesellschaft P ermittelte ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung. Das Finanzamt erließ für den Zeitraum 2012 bis 2014 gegenüber P eine Prüfungsanordnung. Zusammen mit der Prüfungsanordnung bat der Prüfer zu Beginn der Betriebsprüfung um "die Überlassung eines Datenträgers nach GDPdU" (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen nach dem BMF-Schreiben v. 16.7.2001, BStBl 2001 I S. 415).
Das Finanzgericht entschied, dass der Verweis auf die GDPdU für die Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit hinsichtlich Verwertung und Speicherung von Daten in zeitlicher und örtlicher Hinsicht nicht ausreicht und gab der Klage der P statt.
Entscheidung
Das Finanzamt hatte mit seiner Revision keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Aufforderung des Finanzamts bereits mangels hinreichender Begrenzung des Umfangs des beabsichtigten Zugriffs auf die Daten der P rechtswidrig war. Selbst wenn man der Aufforderung den Inhalt beimessen würde, dass das Finanzamt mittels des Datenträgers nur auf gem. § 147 Abs. 1 AO aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtige Unterlagen und Daten der P zugreifen will, ist die Aufforderung unverhältnismäßig und rechtswidrig. Denn sie enthält keine Beschränkung, dass der überlassene Datenträger vom Prüfer nur in den Geschäftsräumen der P oder in den Diensträumen des Finanzamts ausgewertet werden darf.
Die Aufforderung des Finanzamts, Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger für eine Außenprüfung zur Verfügung zu stellen, ist ein anfechtbarer Verwaltungsakt. Wie der Regelungsgehalt zu verstehen ist, bestimmt sich danach, wie der Adressat den Inhalt des Verwaltungsakts nach dessen objektivem Sinngehalt unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen durfte.
Die Aufforderung zur Überlassung des Datenträgers musste von der P dahin verstanden werden, dass das Finanzamt mittels des Datenträgers unbegrenzt auf alle elektronisch gespeicherten Unterlagen zugreifen wollte. Damit überschreitet die Aufforderung die Prüfungsbefugnis des Finanzamts nach § 147 Abs. 6 AO und ist demnach rechtswidrig. Denn der Umfang der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht nach § 147 Abs. 1 AO und damit zugleich der Umfang der Zugriffsbefugnis des Finanzamts nach § 147 Abs. 6 AO ist auf Unterlagen begrenzt, die zum Verständnis und zur Überprüfung der steuergesetzlichen Aufzeichnungspflichten von Bedeutung sind. Eine hinreichende Begrenzung der Aufforderung ergibt sich nicht aus dem Verweis auf die GDPdU. Daraus lässt sich nicht mit der gebotenen Klarheit erkennen, dass das Finanzamt nur die Überlassung derjenigen Datenbestände verlangt hat, für die ihm eine Zugriffsbefugnis zusteht.
Die Aufforderung zur Datenträgerüberlassung ist zudem unverhältnismäßig. Denn das Finanzamt beabsichtigte mittels der Datenüberlassung, auch außerhalb der Geschäftsräume der P und der Dienststelle - etwa auf den Dienstlaptops der Außenprüfer - auf die Daten der P zuzugreifen und diese auszuwerten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es jedoch, die Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung der geschützten Daten von Berufsgeheimnisträgern zu berücksichtigen und zu verhindern, dass die Daten außerhalb der Geschäftsräume des Steuerpflichtigen oder der Diensträume der Finanzverwaltung in fremde Hände geraten können. Auch die Vorgaben der nunmehr geltenden GoBD genügen insoweit nicht, da sie nicht dazu verpflichten, die Daten nicht ohne Zustimmung des Steuerpflichtigen außerhalb der Geschäftsräume des Steuerpflichtigen und des Finanzamts auszuwerten.
- Ist der Betrieb von Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünften umsatzsteuerfrei?
Betreibt eine GmbH für Länder und Kommunen eine Flüchtlingsunterkunft, kann dies von der Umsatzsteuer befreit sein. Das gilt auch für den Betrieb einer kommunalen Obdachlosenunterkunft.
Hintergrund
Die X-GmbH bewirtschaftete im Jahr 2014 eine Vielzahl von Unterbringungseinrichtungen für Flüchtlinge, Aussiedler und Obdachlose. Dabei handelte es sich sowohl um Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge in kommunaler Trägerschaft als auch um Erstaufnahmeeinrichtungen verschiedener Bundesländer sowie um eine städtische Obdachlosenunterkunft. Die GmbH verantwortete die Ausstattung, Reinigung und personelle Besetzung der Unterkünfte sowie die soziale Betreuung der untergebrachten Personen. Die GmbH wurde aufgrund vertraglicher Vereinbarung mit dem jeweiligen Träger der Unterkunft (Bundesländer, Städte und Landkreise) tätig. Für ihre Leistungen erhielt sie Zahlungen, die sich nach der Zahl der betreuten Personen oder nach einem Pauschalbetrag bemaßen. Die GmbH wies in ihren Rechnungen keine Umsatzsteuer aus.
Das Finanzamt behandelte die Umsätze als umsatzsteuerpflichtig. Die dagegen gerichtete Klage der GmbH hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg. Dieses entschied, dass die GmbH eine einheitliche, komplexe sonstige Leistung eigener Art erbringt, die weder nach nationalem noch nach Unionsrecht steuerbefreit ist.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof sah dies anders und bejahte die Steuerbefreiung nach Unionsrecht. Denn - entgegen der Auffassung des Finanzgerichts - fehlt es nicht an der Anerkennung der GmbH als Einrichtung mit sozialem Charakter i. S. v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL.
Die Befreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG greift nicht, da die GmbH keine Grundstücke an die Träger der Unterkünfte überlässt und auch gegenüber den dort untergebrachten Personen keine steuerfreien Vermietungsleistungen erbringt. Die von der GmbH erbrachten Leistungen sind auch nicht nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. l UStG steuerbefreit. Denn sie sind nicht mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbunden. Ebenso wenig sind die von der GmbH erbrachten Leistungen nach § 4 Nr. 18 UStG befreit. Denn die GmbH ist weder ein amtlich anerkannter Verband der freien Wohlfahrtspflege noch einem solchen Verband als Mitglied angeschlossen.
Die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL knüpft an leistungs- und an personenbezogene Voraussetzungen an: Es muss sich um eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen handeln, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen erbracht werden, die von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit im Wesentlichen sozialem Charakter anerkannt worden sind.
Der Betrieb von Flüchtlingsunterkünften ist eine derartige Dienstleistung. Das von der GmbH erbrachte Leistungsbündel stellt eine einheitliche Leistung in Gestalt des Betriebs der jeweiligen Unterkunft dar. Gegen die Steuerbefreiung spricht nicht, dass allgemeine Geschäftsführungs- und Verwaltungsleistungen nicht zu den eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen zählen. Denn die Betreiberleistungen der GmbH gehen über allgemeine Geschäftsführungs- und Verwaltungsleistungen hinaus. Sie umfassen auch die Ausstattung und Reinigung der Räumlichkeiten, die soziale Unterstützung der Flüchtlinge sowie die personelle Besetzung der Unterkünfte.
Die Aufstellung der Regeln, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann, obliegt dem innerstaatlichen Recht. Zu den maßgeblichen Gesichtspunkten gehören: das Bestehen spezifischer Vorschriften der sozialen Sicherheit, das Gemeinwohlinteresse, ähnliche Anerkennung für andere Steuerpflichtige und die Übernahme der Kosten durch Krankenkassen oder durch andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit, insbesondere, wenn die privaten Wirtschaftsteilnehmer vertragliche Beziehungen zu diesen Einrichtungen unterhalten.
Die Anerkennung der GmbH folgt zum einen aus den spezifischen für sie geltenden Vorschriften (Flüchtlingsaufnahmegesetze) und zum anderen aufgrund der Kostentragung durch die öffentliche Hand (Kommunen und Länder). Ferner dient die GmbH dem Gemeinwohlinteresse. Denn aus dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums folgen Sozialstandards im Asylverfahren, zu denen auch eine angemessene Unterkunft gehört. Die danach bestehende Anerkennung der GmbH im Bereich der Flüchtlingsunterkünfte wirkt auch für die gleichartigen Leistungen der GmbH beim Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtung und der Obdachlosenunterkunft.
- Ist die Mitverpachtung von Betriebsvorrichtungen steuerpflichtig?
Ist nur die eigenständige Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen steuerpflichtig oder auch die Vermietung als Nebenleistung im Rahmen einer steuerfreien Gebäudeverpachtung? Diese Frage hat der Bundesfinanzhof dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt.
Hintergrund
X verpachtete in den Jahren 2010 bis 2014 Stallgebäude zur Putenaufzucht mit für diesen Zweck dauerhaft eingebauten Vorrichtungen und Maschinen. Zugrunde lag ein einheitliches Entgelt, das nicht auf die Überlassung des Stalls einerseits und Vorrichtungen und Maschinen andererseits aufgeteilt war.
X ging davon aus, dass die Verpachtung insgesamt umsatzsteuerfrei ist. Das Finanzamt vertrat dagegen der Ansicht, dass das Pachtentgelt aufzuteilen ist. 20 % entfielen auf die Vorrichtungen und ist insoweit umsatzsteuerpflichtig.
Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass es sich bei der Verpachtung der Vorrichtungen lediglich um eine Nebenleistung zu der Verpachtung des Gebäudes handelte. Die Verpachtung ist auch insoweit steuerfrei, als sie auf die Überlassung der Vorrichtungen entfällt.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof legt die Frage der Steuerpflicht der Mitverpachtung der Betriebsvorrichtungen dem Europäischen Gerichtshof vor.
Nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL ist die "Vermietung und Verpachtung von Grundstücken" steuerbefreit. Hiervon ist die "Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen" ausgenommen.
Im Streitfall liegt eine insgesamt steuerfreie Verpachtung vor. Als Gebäude wird der Stall von der Steuerfreiheit erfasst. Für die Betriebsvorrichtungen gilt dies ebenfalls, da die Pacht einer Immobilie mit Betriebsvorrichtungen eine einheitliche Leistung mit der Verpachtung der Immobilie als Hauptleistung darstellt.
Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL schließt die "Vermietung" von auf Dauer eingebauten Betriebsvorrichtungen von der Steuerbefreiung aus. Selbst wenn die Regelung nur den Fall der Vermietung, nicht auch den der Verpachtung erfassen sollte, ist zu beachten, dass die Mitgliedstaaten zu weiteren Ausnahmen von der Befreiung ermächtigt werden. Das nationale Recht ordnet die Steuerpflicht der Verpachtung von Betriebsvorrichtungen durch § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG an. Es stellt sich dann die Frage, ob der auf der Grundlage von Art. 135 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL angeordneten Steuerpflicht der Charakter eines Aufteilungsgebots zukommt oder ob diese Steuerpflicht gegenüber der Einheitlichkeit der Leistung nachrangig ist.
Für die Auslegung von Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL gibt es 2 Möglichkeiten: Vorrang der Einheitlichkeit der Leistung oder Gebot der Aufspaltung in einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Teil.
Zum einen könnte ein Vorrang gegenüber Art 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL bestehen. Die Folge des Vorrangs der Einheitlichkeit wäre, dass sich die Anwendung von Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL auf die Fälle beschränkt, in denen die Überlassung der Vorrichtungen eigenständig und damit ohne Zusammenhang mit einer weitergehenden Gebäude- oder Grundstücksüberlassung erfolgt.
Gegen die Einbeziehung der Überlassung von Betriebsvorrichtungen in die Steuerbefreiung der Grundstücksvermietung unter dem Gesichtspunkt der unselbstständigen Nebenleistung könnte sprechen, dass die Verpachtung von Vorrichtungen im Widerspruch zum "passiven Charakter" der Vermietung des Grundstücks steht. Denn die Überlassung von Maschinen und Vorrichtungen erfordert (aktive) geschäftlicher Tätigkeiten (Aufsicht, Unterhaltung). Die Vermietung des Grundstücks könnte daher keine ausschlaggebende Dienstleistung darstellen. Dementsprechend könnte Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL dahingehend auszulegen sein, dass die Überlassung der Vorrichtungen und Maschinen nicht passiv erfolgt, sondern durch die Aufrechterhaltung des betriebsbereiten Zustands geprägt ist, woraus sich die Steuerpflicht auch für den Fall der einheitlichen Leistung erklären könnte.
- Keine Gewerbesteuer auf sog. Rendering-Leistungen von Architekten
Zum freiberuflichen Tätigkeitsspektrum eines Architekten gehört nicht nur die gestalterische, technische und wirtschaftliche Planung von Bauwerken. Aber auch das Visualisieren von Architekturprojekten zählt als eigenständige gestalterische Planungsleistung mittlerweile dazu.
Hintergrund
Eine aus 2 Architekten bestehende GbR betrieb ein sog. Rendering-Büro zur Visualisierung von Architekturprojekten. Die hieraus erzielten Einkünfte erklärten die Gesellschafter als solche aus freiberuflicher Tätigkeit. Dagegen stufte das Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung die Tätigkeit als gewerblich ein und erließ entsprechende Feststellungsbescheide. Hiergegen wehren sich die Gesellschafter mit ihrer Klage.
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass Visualisierungsleistungen als eigenständige gestalterische Planungsleistungen anzusehen sind, wenn der Architekt regelmäßig im Entwurfsstadium mit in die Projektentwicklung eingebunden ist. Das beinhaltet insbesondere Detailplanungen hinsichtlich Fassadenmaterial, Fenster, Treppen, Farbgebung und Formfindung. Dabei muss es nicht nur um die Ausführung einer fremden Planung gehen und nicht nur von anderen erdachte Entwürfe übernommen und dargestellt werden. Auch eigene gestalterische Elemente im Architekturbereich können mit einfließen. Dies war hier der Fall. Beide Gesellschafter waren Architekten und wurden im Hinblick auf ihre Visualisierungstätigkeiten bereits frühzeitig in die Planungen der von den Bauherren beauftragten Architekten miteinbezogen und waren dadurch auch im gestalterischen Teil tätig. Damit lagen nach Ansicht des Finanzgerichts freiberufliche Tätigkeiten vor, keine gewerblichen.
Zum freiberuflichen Tätigkeitsspektrum eines Architekten gehört nicht nur die gestalterische, technische und wirtschaftliche Planung von Bauwerken. Aber auch das Visualisieren von Architekturprojekten zählt als eigenständige gestalterische Planungsleistung mittlerweile dazu.
Hintergrund
Eine aus 2 Architekten bestehende GbR betrieb ein sog. Rendering-Büro zur Visualisierung von Architekturprojekten. Die hieraus erzielten Einkünfte erklärten die Gesellschafter als solche aus freiberuflicher Tätigkeit. Dagegen stufte das Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung die Tätigkeit als gewerblich ein und erließ entsprechende Feststellungsbescheide. Hiergegen wehren sich die Gesellschafter mit ihrer Klage.
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass Visualisierungsleistungen als eigenständige gestalterische Planungsleistungen anzusehen sind, wenn der Architekt regelmäßig im Entwurfsstadium mit in die Projektentwicklung eingebunden ist. Das beinhaltet insbesondere Detailplanungen hinsichtlich Fassadenmaterial, Fenster, Treppen, Farbgebung und Formfindung. Dabei muss es nicht nur um die Ausführung einer fremden Planung gehen und nicht nur von anderen erdachte Entwürfe übernommen und dargestellt werden. Auch eigene gestalterische Elemente im Architekturbereich können mit einfließen. Dies war hier der Fall. Beide Gesellschafter waren Architekten und wurden im Hinblick auf ihre Visualisierungstätigkeiten bereits frühzeitig in die Planungen der von den Bauherren beauftragten Architekten miteinbezogen und waren dadurch auch im gestalterischen Teil tätig. Damit lagen nach Ansicht des Finanzgerichts freiberufliche Tätigkeiten vor, keine gewerblichen.
- Wenn das Finanzamt eine Zuständigkeitsvereinbarung aufhebt
Hebt das Finanzamt eine Zuständigkeitsvereinbarung auf, bedarf es dafür keiner Zustimmung des Steuerpflichtigen.
Hintergrund
A ist Arbeitgeber mit seiner Betriebsstätte im Bezirk des Finanzamts A. Bis 2001 war seine Ehefrau E bei diesem Finanzamt A beschäftigt. Deswegen hatten das Finanzamt A und das Finanzamt B auf Anregung der Eheleute im Jahr 1994 eine Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO abgeschlossen, nach der das Finanzamt B für die Personen- und Betriebssteuern der Eheleute und damit auch für die Lohnsteuer zuständig war.
Nachdem die E ihr Angestelltenverhältnis beim Finanzamt A beendet und der mit dem Besteuerungsverfahren betraute Amtsträger gewechselt hatte, teilte das Finanzamt B den Eheleuten im Jahr 2013 mit, dass der Grund für die Zuständigkeitsvereinbarung entfallen und § 27 AO nicht mehr anwendbar war. Demgemäß teilte das Finanzamt A dem A u. a. für Zwecke der Lohnsteuer-Anmeldung eine auf das Finanzamt A lautende Steuernummer zu.
Die Eheleute waren mit dem Zuständigkeitswechsel nicht einverstanden. In den Jahren 2014 und 2015 forderte das Finanzamt A den A mehrfach auf, die Lohnsteuer-Anmeldungen dem Finanzamt A in elektronischer Form zu übermitteln. Trotzdem gab A die Lohnsteuer-Anmeldungen weiterhin ausschließlich beim Finanzamt B ab, und zwar für die Zeiträume Februar bis Juni 2015 nicht elektronisch, sondern auf von A erstellten Formularen. Das Finanzamt B leitete die eingereichten Unterlagen an das Finanzamt A weiter. Dieses schätzte auf dieser Grundlage die Lohnsteuer für die Anmeldezeiträume Februar bis Juni 2015 und setzte Verspätungszuschläge fest.
Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage ab und entschied, dass die Zuständigkeitsvereinbarung durch die Erklärungen der beiden Finanzämter mit Wirkung ab Juli 2014 entfallen war. Die in Papierform und nicht elektronisch eingereichten Lohnsteuer-Anmeldungen waren nicht gültig. Das Finanzamt B durfte daher die Verspätungszuschläge festsetzen.
Entscheidung
Die Revision des A hatte keinen Erfolg, denn der Bundesfinanzhof bestätigte das Finanzgerichtsurteil.
Anders als der Abschluss einer Zuständigkeitsvereinbarung ist für die Aufhebung die Zustimmung des Steuerpflichtigen nicht erforderlich. Das in § 27 AO für den Abschluss verankerte Zustimmungserfordernis wurde eingefügt, um den Steuerpflichtigen vor willkürlichen Vereinbarungen zu schützen und um dem Grundsatz des gesetzlichen Richters zu genügen. Denn die Zuständigkeit des Finanzgerichts knüpft an die Zuständigkeit der Finanzbehörde an. Durch die Aufhebung einer bestehenden Zuständigkeitsvereinbarung wird jedoch keine neue Zuständigkeit geschaffen. Es erfolgt lediglich die Rückkehr zur gesetzlich vorgesehenen örtlichen Zuständigkeit.
Mit der Beendigung der Beschäftigung der E beim Finanzamt A und dem Wechsel des mit dem Besteuerungsverfahren des A betrauten Amtsträgers sind die Gründe für den Abschluss der Zuständigkeitsvereinbarung entfallen. A konnte daher nicht darauf vertrauen, dass die Vereinbarung Bestand haben würde.
A hat die Lohnsteuer-Anmeldungen Februar bis Juni 2015 nicht in der gebotenen elektronischen Form beim Finanzamt A eingereicht. Er ist damit seiner Anmeldungs-Verpflichtung nicht nachgekommen, sodass das Finanzamt zur Festsetzung von Verspätungszuschlägen berechtigt war. Die Nichtabgabe der Lohnsteuer-Anmeldungen ist nicht entschuldbar. Denn das Finanzamt A hatte den A auf die Pflicht zur Abgabe nunmehr beim Finanzamt A hingewiesen. A war auch in der Lage, die Anmeldungen elektronisch einzureichen.
September 2021
- Bestechungsgelder: Abzugsverbot gilt nur bei Vorsatz
Bestechungsgelder dürfen nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. Dieses Abzugsverbot greift jedoch nur, wenn auch der subjektive Tatbestand der Bestechung erfüllt ist, also der Steuerpflichtige vorsätzlich handelte.
Hintergrund
Die A-KG u. Co. KG fertigte und vertrieb Druckplatten. Bei der Lieferung an französische Abnehmer stellte sie höhere Preise als tatsächlich vereinbart in Rechnung (Überfakturierung). Die Abnehmer beglichen die überhöhten Beträge. Die KG zahlte in Höhe des "Up-Lift" eine "Provision" an die Schweizer C-AG und verbuchte die Zahlungen als Betriebsausgaben. Grundlage war ein zwischen der KG und der C abgeschlossener Agenturvertrag. Der "Up-Lift" war in den Rechnungen der KG nicht erkennbar. Das Finanzamt ging davon aus, dass C aufgrund einer weiteren Vereinbarung die Provisionen an Unteragenten oder Unterkommissionäre weiterleiten sollte. Der C hätten 10 % der Provisionen als Honorar zugestanden. Die verbleibenden 90 % waren nach der Schweizer "50/50-Regel" besteuert und dann nach Anweisungen der KG weitergeleitet worden.
Das Finanzamt forderte die KG auf, die tatsächlichen Empfänger der Provisionszahlungen zu benennen. Nachdem die KG diesem Benennungsverlangen nach Ansicht des Finanzamts nicht nachgekommen war, verweigerte es den Abzug der Zahlungen als Betriebsausgaben. Zudem wertete das Finanzamt sie als Bestechungsgelder im ausländischen Wettbewerb.
Das Finanzgericht entschied, dass für die Nichtabziehbarkeit der objektive Tatbestand der Bestechung genügt, und wies die Klage ab.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof urteilte entgegen der Auffassung des Finanzgerichts, dass auch der subjektive Tatbestand der Bestechung erfüllt sein muss.
Der Tatbestand der Bestechung setzt voraus, dass einem Angestellten oder Beauftragten eines Betriebs ein Vorteil für eine künftige unlautere Bevorzugung versprochen oder gewährt wird. Angestellter ist, wer in einem mindestens faktischen Dienstverhältnis zum Geschäftsherrn steht und dessen Weisungen unterworfen ist, soweit er Einfluss auf die geschäftliche Betätigung des Betriebs nehmen kann. Beauftragter ist, wer, ohne Angestellter oder Inhaber zu sein, aufgrund seiner Stellung im Betrieb berechtigt und verpflichtet ist, auf Entscheidungen des Betriebs unmittelbar oder mittelbar Einfluss zu nehmen. Der Betriebsinhaber wird für seinen eigenen Betrieb vom Tatbestand nicht erfasst.
Der Bundesfinanzhof verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Dieses muss folgende Punkte aufklären, da die bisherigen Feststellungen nicht ausreichen:
Das Abzugsverbot greift nur, soweit es sich um Betriebsausgaben handelt. Daran könnte es hier fehlen, soweit Gelder nicht an die Inhaber der französischen Firmen weitergeleitet, sondern beim Gesellschafter-Geschäftsführer der KG verblieben wären. Für den Fall, dass die von der KG gelieferten Produkte von anderen Unternehmen nicht hätten geliefert werden können, hätte insoweit kein Wettbewerb bestanden und damit auch kein Konkurrent benachteiligt werden können. Damit lägen die Voraussetzungen des § 299 Abs. 2 StGB nicht vor.
Unklar geblieben ist auch, ob die angeblichen Empfänger, an die C die Gelder weitergeleitet haben soll, als Angestellte oder Beauftragte – und nicht etwa als Inhaber – eines geschäftlichen Betriebs anzusehen sind.
Fraglich ist auch, ob die Nichtberücksichtigung der Aufwendungen auf die unterbliebene Empfängerbenennung gestützt werden kann. Denn der KG-Geschäftsführer hatte umfangreiche Ausführungen zu den an französische Kunden gezahlten Überprovisionen gemacht. Das Finanzamt war dagegen der Meinung, dass die KG dem Benennungsverlangen nicht nachgekommen war. Das Finanzgericht war diesen Widersprüchen nicht nachgegangen und hat von seinem Ermessen daher keinen Gebrauch gemacht.
- Blockheizkraftwerk: Umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage bei selbst produzierter Wärme
Wird selbst produzierte Wärme aus einem Blockheizkraftwerk unentgeltlich abgegeben, ist bei der Ermittlung deren umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage auf den Einkaufspreis für die selbst produzierte Wärme abzustellen.
Hintergrund
Die Klägerin ist eine KG, die eine Biogasanlage mit angeschlossenem Blockheizkraftwerk betreibt und damit Strom und Wärme produziert. Der im Blockheizkraftwerk erzeugte Strom wird entgeltlich an den Netzbetreiber geliefert.
Zur Nutzung der im Blockheizkraftwerk produzierten Wärme schloss die Klägerin im Oktober 2006 mit der E-GmbH einen Wärmeabnahmevertrag über die Lieferung von Wärme für Raumheizung und Warmwasser für die an das Wärmenetz angeschlossenen Gebäude zum Preis von 0,03 EUR/kWh (netto). Ein weiterer Teil der im Blockheizkraftwerk produzierten Wärme wurde ab dem Jahr 2012 auf der Grundlage eines Versorgungsvertrags durch eine im Jahr 2011 gegründete beteiligungsidentische Schwestergesellschaft der Klägerin über eine Gasleitung an die G-GmbH geliefert. Die im Blockheizkraftwerk produzierte Wärme wurde in den landwirtschaftlichen Betrieben und den Privathäusern der Gesellschafter A und C sowie in den Vermietungsobjekten von A eingesetzt. Die Gesellschafter der Klägerin verfügten über eigene Ölheizungsanlagen, die jedoch nicht betrieben wurden. Ein Anschluss an die örtliche Erdgasleitung wäre jederzeit mit einem finanziellen Aufwand von 5.000 EUR bis 6.000 EUR, in dem die Anschaffung eines neuen Brenners eingeschlossen ist, möglich gewesen.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Wärmeabgabe an die Gesellschafter als unentgeltliche Wertabgabe anzusehen ist. Aufgrund des Fehlens eines Marktpreises ermittelte es die Bemessungsgrundlage dafür durch Ansatz des fiktiven Einkaufspreises, da die Gesellschafter der Klägerin die Wärme ohne erheblichen Aufwand auch alternativ mit eigenen Heizungsanlagen hätten erzeugen können. Der fiktive Einkaufspreis wiederum wurde auf Grundlage der Heizölpreise aus den vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie veröffentlichen Energiedaten berechnet. Der so ermittelte fiktive Einkaufspreis lag deutlich über dem von der Klägerin präferierten Ansatz des marktüblichen Entgelts (0,03 EUR/kWh), der sich aus den Wärmelieferungen der Klägerin an die E- und die G-GmbH ergab.
Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Klägerin teilweise Recht. Die Bemessungsgrundlage für die streitige Wärmeabgabe an die Gesellschafter richtete sich nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG, also nach dem Einkaufspreis bzw. subsidiär nach den Selbstkosten. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei der Wärmeabgabe um eine entgeltliche Lieferung handelt oder um eine unentgeltliche Wertabgabe. Die Wärmeabgabe ist mit dem Einkaufspreis von 0,03 EUR/kWh zu bemessen.
Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach dem Einkaufspreis für die mit einem Blockheizkraftwerk produzierte Wärme wird für zulässig erachtet, wenn dieser am Markt angeboten wird. Da die Klägerin die Wärme zum Preis von 0,03 EUR/kWh u. a. an die E-GmbH veräußert hat, war dieser Preis als Marktpreis heranzuziehen. Durch den Ansatz des Marktpreises für die selbst produzierte Wärme wird der Unternehmer quasi so behandelt, als habe er die Wärme bei sich selbst eingekauft.
Allerdings stellt der vom Stromnetzbetreiber gezahlte KWK-Bonus (0,02 EUR/kWh für die im Blockheizkraftwerk produzierte Wärme) entgegen der Auffassung der Klägerin kein Entgelt von dritter Seite für die Lieferung von Wärme an die Gesellschafter dar und ist damit nicht auf den fiktiven Einkaufspreis anzurechnen. Dies begründet sich aus der gesetzlichen Regelung im EEG, wonach der KWK-Bonus als Entgelt der Lieferung des in der Biogasanlage gewonnenen Stroms einzuordnen ist.
- Flutkatastrophe in Deutschland: Diese Steuererleichterungen gibt es für Flutopfer
Nach der Flutkatastrophe, die Teile von Deutschland im Juli getroffen hat, haben die Finanzverwaltungen der betroffenen Bundesländer Katastrophenerlasse herausgegeben. Danach können Hochwasseropfer zahlreiche steuerliche Unterstützungsmaßnahmen in Anspruch nehmen.
Hintergrund
Um die durch die Unwetter Mitte Juli entstandenen beträchtlichen Schäden durch Hochwasser zu mildern bzw. die finanziellen Belastungen für die Betroffenen tragbar zu machen, wurden viele steuerliche Maßnahmen beschlossen, mit denen unbillige Härten vermieden werden sollen. Das sind u. a.:
• Stundung von Steuerzahlungen,
• Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen,
• Herabsetzung von Vorauszahlungen,
• erleichterte Spendennachweis,
• steuerbegünstigte Zuwendungen,
• entschuldbarer Verlust von Buchführungsunterlagen,
• Sonderabschreibungen im Betriebsvermögen,
• Rücklagenbildung für Ersatzbeschaffung,
• sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen,
• Sonderregeln für Land- und Forstwirte,
• steuerfreie Arbeitgeberzahlungen,
• mögliche Arbeitslohnspende,
• Abzug von außergewöhnlichen Belastungen,
• Grundsteuererlass durch die Gemeinden.
Hier einige Regelungen im Detail:
Stundung, Vollstreckung sowie Vorauszahlungen
Wer unmittelbar und erheblich von Unwetterschäden betroffen ist, kann eine Stundung für zu zahlende Steuern bis längstens 31.1.2022 erhalten. An die Stundungsanträge sind keine strengen Anforderungen zu stellen und im Regelfall wird auf Stundungszinsen verzichtet. Zudem wird auch eine Anpassung der Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer gewährt.
Die großzügige Handhabung kann für Stundungs- bzw. Anpassungsanträge für bis zum 31.10.2021 fällig werdende Steuern beibehalten werden.
Für Betroffene soll zudem bis 31.1.2022 für bis zum 31.10.2021 fällig werdende Steuern von Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen werden. Die in der Zeit vom 1.7.2021 bis 31.1.2022 verwirkten Säumniszuschläge sind zu erlassen.
Nachweis von Spenden
Als Nachweis der Zuwendungen, die bis zum 31.10.2021 zur Hilfe in Katastrophenfällen auf ein eingerichtetes Sonderkonto eingehen, genügt der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts (z. B. Kontoauszug). Bei vergleichbaren Spenden über ein Treuhandkonto eines Dritten genügt als Nachweis eine auf den jeweiligen Zuwendenden ausgestellte Zuwendungsbestätigung des Zuwendungsempfängers.
Verlust von Buchführungsunterlagen
Sind durch das Schadensereignis Buchführungsunterlagen und sonstige Aufzeichnungen vernichtet worden oder verloren gegangen, werden daraus steuerlich keine nachteiligen Folgerungen gezogen. Der Verlust der Unterlagen soll zeitnah dokumentiert werden, damit er nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht werden kann.
Wiederaufbau von Gebäuden und Sonderabschreibungen
Oftmals werden Aufwendungen zum Wiederaufbau ganz oder teilweise zerstörter Gebäude Erhaltungsaufwand darstellen. Liegen Herstellungskosten vor, werden Sonderabschreibungen für den Wiederaufbau von Betriebsgebäuden gewährt. Im Wirtschaftsjahr der Fertigstellung und in den beiden folgenden Wirtschaftsjahren (Begünstigungszeitraum) sind insgesamt bis zu 30 % Sonder-AfA möglich.
Das gilt auch für die Ersatzbeschaffung beweglicher Anlagegüter. Hierbei sind im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung und in den beiden folgenden Wirtschaftsjahren (Begünstigungszeitraum) sogar Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten möglich.
Beides mal muss mit der Ersatzherstellung oder Ersatzbeschaffung jedoch bis zum Ablauf des dritten dem Wirtschaftsjahr des schädigenden Ereignisses folgenden Wirtschaftsjahres begonnen worden sein. Zudem sind die Vorschriften für Sonderabschreibungen nach § 7a Abs. 1, 2 und Abs. 4 bis 8 EStG zu beachten.
Ersatzbeschaffung und Rücklagen
Es ist möglich, für die Ersatzbeschaffung unbeweglicher und beweglicher Anlagegüter in besonders begründeten Ausnahmefällen bereits in Wirtschaftsjahren vor der Ersatzherstellung bzw. Ersatzbeschaffung eine Rücklage zu bilden. Zugelassen wird dies bei außergewöhnlich hohen Teilherstellungskosten oder Anzahlungen oder wenn die Zulassung von Sonderabschreibungen nicht ausreicht, um die Finanzierung der Maßnahmen zur Beseitigung der Schäden sichern. Die Rücklage darf zusammen 30 % bzw. 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht übersteigen. Die Rücklage ist gewinnerhöhend wieder aufzulösen, sobald für die betreffenden Wirtschaftsgüter Sonderabschreibungen vorgenommen werden können; bei Baumaßnahmen jedoch spätestens am Schluss des 4. auf den Beginn der Baumaßnahme folgenden Wirtschaftsjahres.
Sonderabschreibungen und Rücklagen bis max. 600.000 EUR
Die Gewinnminderung durch Sonderabschreibungen und Bildung von Rücklagen darf insgesamt höchstens 600.000 EUR betragen und im einzelnen Jahr nicht mehr als 200.000 EUR. Höhere Beträge bedürfen der Zustimmung des BMF.
Erhaltungsaufwendungen
Aufwendungen für die Wiederherstellung beschädigter Betriebsgebäude und beschädigter beweglicher Anlagegüter werden ohne nähere Prüfung als Erhaltungsaufwand anerkannt. Dies gilt bei einer innerhalb von 3 Jahren begonnenen Wiederherstellung. Für Gebäude sollen die Aufwendungen zudem nicht höher als 70.000 EUR liegen; ansonsten ist eine Prüfung des Einzelfalls erforderlich. Erhaltungsaufwand liegt zudem nur insoweit vor, als die Aufwendungen erhaltene Entschädigungen übersteigen und keine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Absetzungen (AfaA) vorgenommen wird.
Sofern Aufwendungen die Beseitigung von Hochwasserschäden am Grund und Boden betreffen, können diese sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden. Darunter fallen auch Hofbefestigungen und Wirtschaftswege.
Unabhängig davon kann Erhaltungsaufwand größeren Umfangs auf Antrag gleichmäßig auf 2 bis 5 Jahre verteilt werden.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Auch für den Wiederaufbau von ganz oder teilweise zerstörten vermieteten Gebäuden im Privatvermögen gelten Billigkeitsmaßnahmen. Für Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden an Gebäuden und am Grund und Boden ist ohne nähere Prüfung der Werbungskostenabzug als Erhaltungsaufwand möglich, wenn der Betrag von 70.000 EUR nicht überstiegen wird. Hierbei ist von den Gesamtkosten vor Abzug von Entschädigungen auszugehen. Beim Abzug als Erhaltungsaufwand sind Entschädigungen mindernd zu berücksichtigen und es darf keine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) vorgenommen werden. Höhere Aufwendungen können auf 2 bis 5 Jahre verteilt werden.
Mit der Wiederherstellung von Gebäuden und der Beseitigung von Schäden am Grund und Boden muss bis zum Ablauf des 3. Kalenderjahres nach dem schädigenden Ereignis begonnen werden.
Lohnsteuer
Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer können nach R 3.11 LStR steuerfrei sein. Dabei müssen die Voraussetzungen in R 3.11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 LStR nicht vorliegen. Beträge sind bis 600 EUR im Jahr steuerfrei; höhere Unterstützungszahlungen erfordern nach den Einkommens- und Familienverhältnissen des Arbeitnehmers zu wertenden besonderen Notfall. Dies wird im Regelfall bei diesen Hochwasserschäden zu bejahen sein.
Vom Arbeitgeber können auch steuerfreie Zinszuschüsse und Zinsvorteile bei Darlehen zur Unterstützung seiner Arbeitnehmer genutzt werden; dies unabhängig von der Laufzeit des Darlehens. Einzige Voraussetzung ist, dass das Darlehen die Schadenshöhe nicht übersteigt. Bei längerfristigen Darlehen sind Zinszuschüsse und Zinsvorteile insgesamt nur bis zur Höhe des Schadens steuerfrei. Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen und dabei auch die Schädigung durch das Hochwasser zu dokumentieren.
Leisten Arbeitnehmer eine sog. Arbeitslohnspende (Verzicht auf Teile des Arbeitslohns oder eines angesammelten Wertguthabens) zugunsten einer Beihilfe des Arbeitgebers an vom Hochwasser betroffene Arbeitnehmer des Unternehmens oder zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto, dann stellen diese Lohnteile keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Auch dies ist im Lohnkonto aufzuzeichnen. Für die ohne Lohnversteuerung gebliebene Arbeitslohnspende entfällt beim Arbeitnehmer dann jedoch ein Abzug als Spende.
Außergewöhnliche Belastungen
Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung oder die Beseitigung von Schäden an dem eigen genutzten Wohneigentum können als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Unerheblich hierbei ist eine nicht bestehende Elementarschadensversicherung.
- Gewerbesteuer: Der Begriff der Wohnungsbauten ist eng auszulegen
Die erweiterte Kürzung kann für Wohnungsbauten in Anspruch genommen werden. Das sind Gebäude, die ausschließlich Wohnzwecken dienen. Nicht erfasst sind jedoch gemischt genutzte Gebäude.
Hintergrund
X verwaltete Wohnungen, gewerbliche und sonstige Einheiten sowie Garagen und Stellplätze, die sich alle in ihrem Eigentum befanden. Daneben verwaltete sie 3 fremde Einheiten. Davon entfielen 18,5 %, 2 % bzw. 6 % der Nutzfläche nicht auf Wohnungen.
Das Finanzamt versagte die sog. erweiterte Kürzung, da die gemischt genutzten fremden Verwaltungseinheiten keine Wohnungsbauten i. S. d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG darstellten.
Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Auch die Revision des X vor dem Bundesfinanzhof scheiterte. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die erweiterte Kürzung zu versagen ist, wenn ein Unternehmen neben eigenem Grundbesitz gemischt genutzte Grundstücke bzw. Gebäude betreut.
Denn § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfasst mit dem Begriff "Wohnungsbauten" nur Gebäude, die ausschließlich Wohnzwecken dienen. Gemischt genutzte Gebäude werden nicht erfasst.
Dafür spricht bereits der Wortlaut. So handelt es sich bei dem Begriff "Wohnungsbauten" um den Plural von "Wohnbau", worunter man Wohngebäude bzw. den Wohnungsbau versteht. Der Bezug zur Schaffung von Wohnraum spricht dafür, dass sich auch der Begriff "Wohnungsbauten" nur auf Objekte bezieht, die ausschließlich aus Wohneinheiten bestehen.
Auch die systematische Auslegung spricht dafür, dass gemischt genutzte Gebäude nicht unter den Begriff "Wohnungsbauten" fallen. Eine vergleichbare Regelung wie für Eigentumswohnungen, die zu mehr als 66 2/3 % Wohnzwecken dienen, hat der Gesetzgeber für einen unschädlichen Anteil an gewerblicher Nutzung für Wohnungsbauten nicht getroffen. Einen allgemeinen Grundsatz, dass der Begriff "Wohnungsbauten" in bestimmtem Umfang auch eine gewerbliche Nutzung umfasst, gibt es nicht.
Insbesondere aufgrund des eindeutigen Wortlauts sowie außerdem wegen Fehlens einer planwidrigen Gesetzeslücke ist eine analoge Anwendung auf die Betreuung von gemischt genutzten Gebäuden ausgeschlossen. Auch der Gleichheitsgrundsatz gebietet das nicht. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich frei, tatbestandliche Voraussetzungen und Erfordernisse zu normieren, die erfüllt sein müssen, um in den Genuss einer steuerlichen Vergünstigung zu gelangen. Dass er seinen danach grundsätzlich weiten Ermessensspielraum bei der Festlegung von steuerlichen Vergünstigungen missbraucht hat, indem er gemischt genutzte Gebäude nur dann als kürzungsunschädlich ansieht, wenn ihre Errichtung und Veräußerung als Teileigentum in Verbindung mit der Errichtung und Veräußerung von Eigentumswohnungen steht, nicht aber auch dann, wenn sie Gegenstand einer (Bewirtschaftungs-)Betreuung sind, ist nicht ersichtlich.
- Ist die Wahl der EÜR bei Bilanzierungspflicht nach ausländischem Recht möglich?
Besteht nach ausländischen gesetzlichen Vorschriften eine Buchführungs- und Bilanzierungspflicht, ist das Wahlrecht bezüglich der Gewinnermittlungsart ausgeschlossen.
Hintergrund
Die GbR1 und die GbR2 waren Kommanditistinnen der in Luxemburg ansässigen Personengesellschaft C, die einen Goldhandel betrieb. Die C entsprach einer GmbH u. Co. KG nach deutschem Recht. Die C war nach luxemburgischem Recht zur Erstellung einer Bilanz verpflichtet. Für die Besteuerung der Gesellschafter im Inland erstellte C daneben Einnahmen-Überschussrechnungen, aus denen für das Jahr 2011 ein Verlust und für das Jahr 2012 ein Gewinn ergab.
Das Finanzamt stellte ursprünglich originär gewerbliche und damit nach DBA-Lux steuerfreie Einkünfte fest, die im Inland dem Progressionsvorbehalt unterlagen. Später ging es davon aus, dass C originär vermögensverwaltend tätig gewesen war und im Inland nur aufgrund gewerblicher Prägung gewerbliche Einkünfte erzielt hatte. Aufgrund der gewerblichen Prägung stellte das Finanzamt steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe der Bilanzergebnisse fest. Die Feststellung steuerfreier, dem Progressionsvorbehalt unterliegender Einkünfte wurde dagegen versagt.
Das Finanzgericht entschied, dass C entgegen der Ansicht des Finanzamts originär gewerbliche Einkünfte erzielt hatte. Diese unterlagen der luxemburgischen Besteuerung und waren im Inland als steuerfreie Progressionseinkünfte zu behandeln.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Zwar ist auch der Bundesfinanzhof der Ansicht, dass im vorliegenden Fall nach dem DBA steuerfreie Einkünfte vorliegen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen. Die Feststellungen des Finanzgerichts, dass C zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich verpflichtet war, reichten jedoch nicht aus.
Die Wahl zwischen Einnahmen-Überschussrechnung und Betriebsvermögensvergleich steht nur Steuerpflichtigen zu, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften Bücher führen und regelmäßige Abschlüsse machen müssen. Das Bestehen einer gesetzlichen Buchführungs- und Abschlusspflicht sperrt daher die Möglichkeit der Einnahmen-Überschussrechnung.
Auch ausländische Buchführungs- und Abschlusspflichten können zu dieser Sperre führen.
Für die Sperrwirkung müssen die ausländischen Gesetze sowohl eine Buchführungs- als auch eine Abschluss- und damit Bilanzierungspflicht normieren. Die Buchführungspflicht muss mit einer Abschlusserstellungspflicht einhergehen. Eine bloße Buchführungspflicht nach ausländischem Recht reicht nicht aus. Vielmehr ist eine laufende Buchführungspflicht erforderlich, mit der eine Abschlusspflicht einhergeht. Die Abschlusspflicht muss darauf gerichtet sein, eine Grundlage für den Betriebsvermögensvergleich zu liefern, also eine Pflicht zur Aufstellung einer Bilanz beinhalten.
Für die Ausübung des Wahlrechts durch eine ausländische Personengesellschaft gelten die Regeln für den Inlandsfall entsprechend. Danach ist die tatsächliche Handhabung der Gewinnermittlung maßgeblich. Das bedeutet: Führt die Personengesellschaft tatsächlich Bücher im Ausland und stellt sie dort tatsächlich einen Abschluss nach ausländischem Recht auf, ohne auch eine Einnahmen-Überschussrechnung zu erstellen, ist das Wahlrecht zugunsten des Betriebsvermögensvergleichs ausgeübt. Will die ausländische Personengesellschaft zur Ermittlung der nach dem DBA steuerfreien Progressionseinkünfte dagegen die Einnahmen-Überschussrechnung wählen, muss das Wahlrecht entsprechend ausgeübt werden, bevor im In– oder Ausland ein Betriebsvermögensvergleich erfolgt. Das ist regelmäßig der Fall, wenn bei dem inländischen Finanzamt eine Gewinnermittlung nach Einnahmen-Überschussrechnung eingereicht wird, bevor der ausländischen Steuerverwaltung ein Betriebsvermögensvergleich zugeleitet wird.
Das Finanzgericht hat zu den für C geltenden Buchführungs- und Abschlusspflichten keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Es fehlt eine Darstellung zum luxemburgischen Recht. Bei Bejahung der Pflicht nach luxemburgischem Recht wäre die Einnahmen-Überschussrechnung gesperrt. Bei Verneinung wäre zu prüfen, ob die C bereits vor Einreichung der Einnahmen-Überschussrechnung erstellte Abschlüsse vorgelegt hat.
- Kauf eines Hotelappartements: Was beim Vorsteuerabzug zu beachten ist
Wer ein Hotelappartement kauft, um es umsatzsteuerpflichtig zu vermieten, kann den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen, wenn das Appartement dem Unternehmensvermögen zugeordnet ist. Dies kann auch durch Option im notariellen Kaufvertrag geschehen.
Hintergrund
Die Klägerin, eine Ehegatten-GbR, erwarb mit Vertrag vom 22.9.2015 ein eingerichtetes Hotelappartement mit Pkw-Stellplatz, um es zu vermieten. Das Appartement wurde zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses renoviert, die Renovierungsarbeiten waren Ende des Jahres 2017 abgeschlossen. Im Kaufvertrag optierten Verkäufer und Käufer einvernehmlich zur Umsatzsteuerpflicht. Steuerschuldner war danach die Käuferin als Leistungsempfängerin.
Die GbR reichte Ende des Jahres 2017 Umsatzsteuerjahreserklärungen für 2015 bis 2017 ein, in denen sie u. a. Vorsteuerbeträge geltend machte. Das Finanzamt war jedoch der Auffassung, dass die Klägerin zumindest für die Jahre 2015 und 2016 keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug hat, da sie das Appartement nicht rechtzeitig ihrem Unternehmen zugeordnet hatte. Denn laut Vermietungsvertrag hatte die Klägerin die Möglichkeit, die Wohnung bis zu maximal 5 Wochen im Jahr selbst zu mieten. Da die Gesellschafter der Klägerin von diesem Recht Gebrauch machen würden, sei das Appartement von Anfang an auch anteilig für unternehmensfremde, nämlich private Zwecke der Gesellschafter genutzt worden bzw. bestand eine entsprechende Absicht. Für teilweise privat verwendete Gegenstände ist jedoch eine rechtzeitige Zuordnung zum Unternehmensvermögen zwingend erforderlich. Dies hätte bis zum 31.5. des Folgejahres erfolgen müssen.
Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Klägerin Recht und kam zu dem Schluss, dass die Klägerin insbesondere auch schon vor der Vermietung als Unternehmerin handelte und beabsichtigte, in den Jahren 2015 und 2016 das erworbene Hotelappartement ausschließlich für steuerpflichtige Ausgangsumsätze zu verwenden. Diese Absicht bestand bereits seit Erwerb der Immobilie, denn die Klägerin hatte sich im notariellen Kaufvertrag verpflichtet, den Kaufgegenstand in vollem Umfang dem Unternehmen zuzuordnen. Die Eigenanmietung des Hotelappartements stellte keine "private Nutzung" dar, da die Gesellschafter für diese Zeit eine Betriebskostenpauschale pro Tag zahlen mussten. Die kurzfristige Überlassung des Hotelappartements durch die Klägerin an ihre Gesellschafter ist zudem nach § 4 Nr. 12 Buchst. a Satz 2 UStG steuerpflichtig, da sie Beherbergungszwecken dient.
Es lag dagegen keine gemischte Nutzung (unternehmerisch und privat) vor, weil die Klägerin stets beabsichtigt hatte, das Hotelappartement ausschließlich, auch hinsichtlich der Überlassung an ihre Gesellschafter, unternehmerisch, also entgeltlich zu nutzen. Abgesehen davon war die beim Erwerb von gemischt genutzten einheitlichen Gegenständen notwendige zeitnahe Zuordnungsentscheidung getroffen worden, obwohl die Steuererklärungen nicht bis zum 31.5. des Folgejahres eingereicht worden waren.
Die Entscheidung, das Hotelappartement dem Unternehmen zuzuordnen, traf die Klägerin nämlich bereits bei ihrer Anschaffung. Dies ergibt sich aus dem Inhalt des Kaufvertrags, wonach die Klägerin als Käuferin im Hinblick auf die vom Verkäufer beabsichtigte Option zur Steuerpflicht garantierte, den Kaufgegenstand in vollem Umfang ihrem Unternehmen im umsatzsteuerlichen Sinn zuzuordnen. Auf eine spätere Dokumentation gegenüber der Finanzverwaltung kam es dann nicht mehr an.
- Wann ist ein englisches College gemeinnützig?
Unterliegt ein englisches College, das in Deutschland Vermietungseinkünfte erzielt, einer Stiftungsaufsicht, die in ihren wesentlichen Belangen der deutschen Stiftungsaufsicht vergleichbar ist, ist das Fehlen von Satzungsbestimmungen zur Vermögensbindung unschädlich. Das College kann deshalb trotzdem von der Körperschaftsteuer befreit sein.
Hintergrund
Das englische College wurde 1555 als "immerwährendes Kollegium des Studiums der Wissenschaften, der heiligen Theologie und der Philosophie wie der guten Künste" mit königlicher Erlaubnis, also einem "Royal Patent", errichtet. Das College ist Alleingesellschafter einer Ltd. (Tochtergesellschaft). Diese betreibt ein Gasthaus und führt ihre Gewinne an das College ab. Darüber hinaus ist das College Eigentümerin eines Wohn- und Geschäftsgrundstücks in Berlin, aus dem es im Jahr 2007 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte. Für diese setzte das Finanzamt Körperschaftsteuer fest.
Dagegen klagte das College erfolgreich vor dem Finanzgericht. Mit seiner Revision rügte das Finanzamt, dass weder die Satzung noch die tatsächliche Geschäftsführung auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke gerichtet sind.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts zurück. Das College dient sowohl seiner Satzung als auch seiner tatsächlichen Geschäftsführung nach gemeinnützigen Zwecken und ist daher von der Körperschaftsteuer befreit.
Das College erzielte aus der Vermietung seines inländischen Grundstücks in Berlin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die als inländische Einkünfte der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegen. Es handelt sich um ein Körperschaftsteuer-Subjekt, da das College einer Stiftung nach deutschem Recht entspricht.
Der Satzungszweck und die Art ihrer Verwirklichung sind hinreichend bestimmt. Die Gemeinnützigkeit ergibt sich aus der Gründungsurkunde des Jahres 1555 (Studium der Wissenschaften, Theologie, Philosophie, Künste). Damit ergibt sich aus der Satzung die Förderung von Wissenschaft und Forschung sowie der Religion. Aus den Statuten des Colleges ergibt sich ferner hinreichend bestimmt, wie diese Zwecke verwirklicht werden sollen (Lehre, Forschung, Vergabe von Stipendien).
Das College verfolgt seine gemeinnützigen Ziele selbstlos. Es hat keine Mitglieder, an die gemeinnützigkeitsschädlich Gewinne ausgeschüttet werden könnten. Die Vergütungen für die Verwaltung und für die Lehrtätigkeit sind keine Zuwendungen, da sie einer Angemessenheitskontrolle unterliegen.
Das College verfolgt seine gemeinnützigen Zwecke (Lehre und Forschung) unmittelbar durch die bei ihm angestellten Mitarbeiter. Dass das College ausschließlich steuerbegünstigte und keine anderen Zwecke verfolgt, hat das Finanzgericht durch Auslegung des "Royal Patents" unter Beachtung des historischen Kontextes festgestellt.
Soweit die Satzung des Colleges keine Regelungen darüber enthält, was mit dem College-Vermögen im Fall einer Auflösung geschehen soll, ist dies im vorliegenden Fall unschädlich. Denn für Stiftungen, die vor dem 19.12.2006 errichtet wurden, galt eine Ausnahme vom Erfordernis der satzungsmäßigen Vermögensbindung, wenn diese einer "staatlichen Aufsicht" unterliegen. Hier trifft dies zu, da die Befugnisse der "Charity Commission" im Wesentlichen mit der deutschen Stiftungsaufsicht vergleichbar sind.
Die tatsächliche Geschäftsführung entspricht den satzungsmäßigen Vorgaben. Die Beteiligung an der Ltd. "Gaststätte" begründet keinen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, sondern hält sich im Rahmen der steuerfreien Vermögensverwaltung. Auch die Vermietung des Grundbesitzes in Berlin stand in einem unmittelbaren Bezug zu der gemeinnützigen Tätigkeit. Die Mittel aus den Überschüssen der Vermögensverwaltung und damit auch die aus der Vermietung wurden unmittelbar für die satzungsmäßigen Zwecke eingesetzt.
Da das College seine förderungswürdigen Zwecke außerhalb von Deutschland verwirklicht, setzt die Steuerbegünstigung zusätzlich den Inlandsbezug voraus. Dieser liegt vor, wenn natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland gefördert werden. Davon ist vorliegend auszugehen, da das College auch Studenten aus Deutschland ausbildet und ein studentisches Austauschprogramm eingerichtet hat.
- Warum auch Kleinstunternehmer zur Einreichung einer E-Bilanz verpflichtet sein können
Auch Kleinstbetriebe müssen ihre Bilanz grundsätzlich elektronisch übermitteln – es sei denn, dies wäre persönlich und wirtschaftlich unzumutbar. Ein finanzieller Aufwand i. H. v. 40 EUR hält der Bundesfinanzhof jedoch für zumutbar.
Hintergrund
Die Klägerin ist eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft (UG), die sog. Internetplattformen betreibt. Gesellschafter-Geschäftsführer ist ein Rechtsanwalt, der von der UG kein Gehalt erhält. Die UG reichte Steuererklärungen und Bilanzen für die Jahre 2011 bis 2016 in Papierform ein. Für 2017 und 2018 übermittelte sie die Steuererklärungen elektronisch, die Bilanz und die GuV dagegen weiterhin in Papierform.
Für das Jahr 2018 forderte das Finanzamt die UG auf, Bilanz und GuV elektronisch einzureichen. Dagegen wandte die UG ein, dass die elektronische Einreichung ihr persönlich und wirtschaftlich unzumutbar war. Insbesondere hielt sie den Erwerb einer entsprechenden Software für 40 EUR pro Jahr bzw. die Inanspruchnahme eines externen Dienstleisters für nicht zumutbar.
Das Finanzgericht konnte in der Aufforderung zur Abgabe elektronischer Erklärungen keine unbillige Härte erkennen und wies die Klage ab.
Entscheidung
Auch vor dem Bundesfinanzhof hatte die UG keinen Erfolg. Dieser entschied, dass ein Aufwand von 40 EUR für die elektronische Übermittlung nicht unzumutbar war.
Die UG als Variante der GmbH ist eine Kapitalgesellschaft, die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich ermittelt. Innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen ist die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung von Daten an die Finanzverwaltung verfassungsgemäß. Das betrifft auch die Pflicht zur Schaffung der dafür erforderlichen technischen Voraussetzungen auf eigene Kosten, z. B. für ein Eingabegerät sowie die dazu erforderliche Software. Diese Mittel müssen entgegen der Auffassung der Klägerin von der Finanzverwaltung nicht kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
Eine persönliche Unzumutbarkeit erfordert, dass die UG nach den individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten der für sie handelnden Personen nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen. Daran fehlt es hier, denn die UG übermittelt ihre Steuererklärungen elektronisch. Selbst wenn der Geschäftsführer persönlich nicht in der Lage wäre, eine kostenlose Software zu nutzen, da diese zu komplex sei, gäbe es für die UG andere Möglichkeiten zur Nutzung der Datenfernübertragung.
Eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit liegt vor, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre. Dieser liegt hier nicht vor. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist ein finanzieller Aufwand i. H. v. 40 EUR pro Jahr für die elektronische Übermittlung bzw. für eine entsprechende Buchhaltungssoftware auch bei einem Kleinstunternehmen kein erheblicher finanzieller Aufwand. Der Betrag ist auch unter Berücksichtigung einer Bilanzsumme von 16.277 EUR, von Gewinnrücklagen von 3.810 EUR, Umsatzerlösen von 2.648 EUR und einem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von 660 EUR nicht unverhältnismäßig, zumal er gewinnmindernd zu berücksichtigen ist. Da die UG bereits über die EDV-Ausstattung verfügte, fielen insoweit auch keine weiteren Kosten an.
- Zur Bewertung eines Supermarktes mit nicht tragenden Sichtschutzdecken
Zieht ein Lebensmittelmarkt Sichtschutzdecken ein, die nicht tragend sind, wird der Raum oberhalb dieser Decken in die Berechnung des Gebäudewerts einbezogen. Insoweit liegt kein "nicht ausgebauter Dachraum" vor.
Hintergrund
Bei einem eingeschossigen Lebensmittelselbstbedienungsmarkt mit integriertem Einzelshop (Backshop) waren nicht tragende Sichtschutzdecken eingezogen worden. Diese waren unterhalb der Stellen der Außenwände, auf denen das Dach aufliegt (Ringanker des Gebäudes), eingebaut. Die Klägerin will den umbauten Raum nur bis zur lichten Höhe der Räume – d. h. vom Fußboden des Verkaufsraums bis zu den in unterschiedlicher Höhe eingezogenen Sichtschutzdecken – erfassen, weil es sich darüber hinaus um nicht ausgebauten Dachraum im Sinne der DIN 277(1934) handelt.
Das Finanzamt hat jedoch den umbauten Raum von den Sichtschutzdecken bis zum Ringanker in die Berechnung des Rauminhalts des Gebäudes einbezogen. In ihrer Klage wird von der Klägerin geltend gemacht, dass der gesamte umbaute Raum von der Oberfläche der abgehängten Decke bis zum oberen Dachabschluss als "nicht ausgebaut" nicht in die Berechnung des Rauminhalts einbezogen wird.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Zu Recht hat das Finanzamt den umbauten Raum oberhalb der eingezogenen Sichtschutzdecke bis zur Unterkante des Dachaufbaus (Ringanker) in die Berechnung des Gebäudewerts einbezogen. Maßgeblich für die Abgrenzung des Dachraums vom übrigen Baukörper ist dabei auf die Stellen abzustellen, auf denen der Dachaufbau aufliegt.
Unter Zugrundelegung der DIN-Norm 277 ist das Gericht der Auffassung, dass der Raum zwischen der Oberfläche der abgehängten Decke und den Stellen der Außenmauern, auf denen das Dach aufliegt, kein "nicht ausgebauter Dachraum" ist, der anderenfalls nach der DIN 277 (1934) nicht in den Rauminhalt des Gebäudes einzurechnen wäre.
August 2021
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Materielle und immaterielle Wirtschaftsgüter: Unterschiede nicht gleichheitswidrig
Bei der Herstellung materieller und immaterieller Wirtschaftsgüter kommt es zu einer unterschiedlichen gewerbesteuerrechtlichen Behandlung der Miet-/Pachtzinsen. Dies verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Hintergrund
Die X-GmbH stellt Kino- und TV-Filme her. Die Filme werden in rund 30 Tagen als Einzelprojekte gedreht. Die benötigten Räumlichkeiten und Gegenstände (Technik, Requisiten usw.) mietet X an und gibt sie nach der Produktion an den Vermieter zurück.
Das Finanzamt ging davon aus, dass der Gewerbeertrag um die Mietzahlungen zu erhöhen war. X wandte ein, dass es sich wegen der kurzfristigen Anmietung nicht um fiktives Anlagevermögen, sondern um Umlaufvermögen handelte.
Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Unterschiede bei der Herstellung materieller und immaterieller Wirtschaftsgüter nicht gleichheitswidrig sind. Gegen die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das gilt auch bei der Herstellung immaterieller Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Damit scheiterte auch die Revision des X.
Die Gewerbesteuer ist eine in erster Linie auf den Ertrag des Gewerbebetriebs gerichtete Objektsteuer. Sie ist als solche verfassungsgemäß. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insbesondere nicht gegen die Hinzurechnung von Mieten für bewegliche Wirtschaftsgüter oder Immobilien.
Miet- und Pachtaufwendungen können die Herstellungskosten eines materiellen Wirtschaftsguts erhöhen und sind dann zu aktivieren mit der Folge, dass die Aufwendungen den Gewinn nicht gemindert haben und die Hinzurechnung unterbleibt. Anders ist es bei selbst hergestellten immateriellen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Da für diese wegen des Aktivierungsverbots kein Aktivposten angesetzt werden kann, mindern die dafür angefallenen Miet- und Pachtaufwendungen den Gewinn, sodass sie entsprechend hinzugerechnet werden.
Die Aktivierung führt bei der Herstellung eines materiellen Wirtschaftsguts zu einem höheren Gewerbeertrag und insoweit zu einer Benachteiligung gegenüber der Herstellung eines immateriellen Wirtschaftsguts. Die Herstellung materieller Wirtschaftsgüter ist indes vorteilhafter, wenn das Wirtschaftsgut vor dem Bilanzstichtag aus dem Betriebsvermögen ausscheidet. Denn dann unterbleibt sowohl die Neutralisierung der in die Herstellungskosten einzubeziehenden Miet- und Pachtaufwendungen aufgrund der Aktivierung als auch die Hinzurechnung. Bei der Herstellung immaterieller Wirtschaftsgüter mindert sich der Gewinn entsprechend um die Miet- und Pachtaufwendungen, diese werden dann jedoch hinzugerechnet. Diese Benachteiligung der X kommt somit nur in Betracht, soweit die von ihr hergestellten Filme zu ihrem Anlagevermögen gehören und vor dem Bilanzstichtag aus ihrem Betriebsvermögen ausscheiden.
Der Bundesfinanzhof verneint für diesen Fall eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Denn es genügt, wenn sich die Hinzurechnungsvorschriften folgerichtig in das Konzept einer ertragsorientierten Objektsteuer einfügen lassen. Für den vorliegenden Fall handelt es sich um eine nicht gleichheitswidrig belastende konsequente Folge des grundsätzlich vorteilhaften Aktivierungsverbots.
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Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG): Ein Überblick
Der Gesetzgeber will die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Familienunternehmen in der Rechtsform einer KG oder OHG verbessern. Dies soll durch die Einführung einer Optionsmöglichkeit zur Körperschaftsteuer erreicht werden. Doch es gibt auch noch weitere Änderungen im Bereich der Besteuerung von Gesellschaften.
Kern der geplanten Änderungen
Nach dem Gesetz sollen alle Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften erstmals für den VZ 2022 beantragen können, künftig wie eine Körperschaft besteuert zu werden. Unverändert wird die zivilrechtliche Haftung der Gesellschafter für die geschuldete Körperschaft- und Gewerbesteuer bleiben. Zusätzlich ist auch ein Rückweg vorgesehen – die Rückoption zur Besteuerung als Personengesellschaft.
Option zur Körperschaftsteuer
Für die Option zur Körperschaftsteuer für Personengesellschaften ist ein Antrag erforderlich. Wird diese Möglichkeit gewählt, findet ein sog. Wechsel des Besteuerungsregimes statt. Für alle Ertragsteuern (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer) und auch verfahrensrechtlich erfolgt eine vollständige Gleichstellung mit einer Kapitalgesellschaft. Auswirkungen gibt es auch bei der Grunderwerbsteuer.
Keine Auswirkungen ergeben sich für die Erbschaftsteuer.
Der Optionsantrag ist unwiderruflich. Die Option muss noch vor Beginn des Wirtschaftsjahres gestellt werden, ab welchem eine Besteuerung nach dem Körperschaftsteuergesetz erfolgen soll. Der Antrag ist beim für die Besteuerung der Personengesellschaft örtlich zuständigen Finanzamt zu stellen.
Der Antrag wirkt sich zugleich auf die Besteuerung der Gesellschafter aus. Damit ist ein mehrheitlicher Gesellschafterbeschluss erforderlich, der allerdings mindestens 75 % der abgegebenen Stimmen bedarf.
Erstmals kann ein Antrag auf Option zur Körperschaftsbesteuerung für den VZ 2022 gestellt werden. Der Antrag ist nicht zustimmungsbedürftig, sodass die Finanzverwaltung keine Möglichkeit hat, eine Option abzulehnen.
Der Antrag muss nach einem amtlich vorgeschriebenen Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelt werden. Auch muss der Antrag spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres beim für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte zuständigen Finanzamt eingegangen sein. In formeller Hinsicht kann der Antrag nun wirksam bereits im Jahr 2021 gestellt werden.
Ein Antrag auf Option zur Körperschaftsbesteuerung kann von allen Gesellschaften gestellt werden, die auch für einen tatsächlichen Formwechsel in Frage kommen würden. Das gilt damit für die OHG, die KG einschließlich einer GmbH & Co. KG sowie für die PartG. Vom Optionsrecht ausgeschlossen werden damit Einzelunternehmen, GbR aber auch Investmentfonds im Sinne des
InvStG.
In sachlicher Hinsicht umfasst die Option die Besteuerung nach dem Einkommen. Für eine optierende Gesellschaft werden folglich alle Regelungen im KStG, EStG, UmwStG, InvStG, AStG sowie im Zerlegungsgesetz Anwendung finden, soweit diese für Körperschaften gelten.
Soweit Normen nur für ausdrücklich bezeichnete Kapitalgesellschaften gelten, finden diese für eine optierende Gesellschaft keine Anwendung. Auch Tatbestandsmerkmale, die nur von einer echten Kapitalgesellschaft erfüllt werden können, gelten für eine optierende Gesellschaft nicht.
In rechtlicher Hinsicht gilt der Übergang zur Körperschaftsbesteuerung als Formwechsel. Deshalb sind für den optionsbedingten Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft die Regelungen in §§ 20 ff. UmwStG analog anzuwenden. Es liegt damit grundsätzlich ein Veräußerungsvorgang vor; die übernehmende Gesellschaft gewährt für das eingebrachte Betriebsvermögen neue Gesellschaftsanteile als Gegenleistung.
Auf Ebene der Gesellschafter ist zu beachten, dass die bisherigen Mitunternehmer durch die Option steuerlich zu Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft werden. Dies mit allen weiteren steuerlichen Folgen.
Mit der Option wird auch eine Möglichkeit zur Rückoption geschaffen. Auch eine Rückoption ist nur vor Beginn eines Wirtschaftsjahres möglich; eine Rückwirkung ist ausgeschlossen. Der Antrag ist bei dem für die Besteuerung als Körperschaft örtlich zuständigen Finanzamt zu stellen.
Für eine Rückoption ist keine zeitliche Mindestverweildauer als optierte Gesellschaft vorgesehen, sodass bereits nach einem Jahr ein Wechsel zurück möglich ist.
Die Rechtsfolgen sind, dass die Gesellschaft ab dem folgenden Wirtschaftsjahr steuerlich wieder als Personengesellschaft besteuert wird; dies gilt entsprechend auch für ihre Gesellschafter. Bisher thesaurierte Gewinne gelten mit der Rückoption als ausgeschüttet und sind von den Gesellschaftern zu versteuern.
Die Rückoption gilt – wie zuvor die Option – als Formwechsel, verbunden mit allen Gestaltungs- und Wertansatzmöglichkeiten.
Eine Rückoption wird automatisch (ohne Antrag) ausgelöst, sobald die Voraussetzungen entfallen. Das ist z. B. der Fall, wenn aus einer OHG oder KG eine GbR wird.
Währungskursschwankungen
Mit im Gesetz enthalten ist ein auch steuerlich anerkannter Betriebsausgabenabzug für Verluste aus Währungskursschwankungen im Zusammenhang mit Gesellschafterdarlehen bzw. bei Inanspruchnahmen von Sicherheiten für Darlehensforderungen. Die bisher vorzunehmende Hinzurechnung bei der Einkommensermittlung wird erstmals für nach dem 31.12.2021 eintretende Währungskurs bedingte Gewinnminderungen nicht mehr gelten.
Mehr- und Minderabführungen
Bei einer körperschaftsteuerlichen Organschaft werden die steuerlichen Ausgleichsposten für Mehr- und Minderabführungen durch ein einfacheres System ersetzt - die sog. Einlagelösung.
Solche aktiven oder passiven Ausgleichsposten sind immer dann erforderlich, wenn der an den Organträger auf der Grundlage des Ergebnisabführungsvertrags abgeführte handelsbilanzielle Gewinn vom Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft abweicht und die Ursache der Abweichung in der organschaftlichen Zeit begründet ist.
Künftig führen organschaftliche Minderabführungen zu einer Einlage durch den Organträger in die Organgesellschaft. Sind Mehrabführungen der Organgesellschaft an den Organträger gegeben, stellen diese eine Einlagenrückgewähr dar – die sog. Einlagelösung.
Auf Ebene des Organträgers erhöht bzw. mindert sich in der Steuerbilanz der Beteiligungsansatz für die Organgesellschaft. Dies erfolgt jedoch – anders als bei den organschaftlichen Ausgleichsposten – nicht im Verhältnis der Beteiligungsquote, sondern jeweils in voller Höhe. Zeitlich werden die organschaftlichen Minder- bzw. Mehrabführungen zum Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft berücksichtigt.
Auf Ebene der Organgesellschaft sind damit korrespondierende Änderungen im Zusammenhang mit dem steuerlichen Einlagekonto verbunden. Für organschaftliche Mehrabführungen wird ein Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto eingeführt, sodass organschaftliche Mehrabführungen zu keinen Beteiligungserträgen führen. Ferner ist vorgesehen, dass organschaftliche Mehrabführungen das steuerliche Einlagekonto vorrangig vor anderen Leistungen mindern.
Die Änderungen sollen erstmals auf Mehr- bzw. Minderabführungen nach dem 31.12.2021 anzuwenden sein.
Bisherige Ausgleichsposten
Um keine zwei Systeme parallel zu führen, ist vorgesehen, dass bisher beim Organträger noch bestehende Ausgleichsposten aus früheren Jahren in dem Wirtschaftsjahr aufzulösen sind, das nach dem 31.12.2021 endet. Folglich erhöhen aktive Ausgleichsposten den steuerbilanziellen Beteiligungsbuchwert für die Organgesellschaft, passive Ausgleichsposten mindern diesen Wertansatz in der Steuerbilanz.
Im Fall, dass ein passiver Ausgleichsposten die Summe aus aktivem Ausgleichsposten und dem Buchwert der Beteiligung übersteigt, ergibt sich in Höhe des übersteigenden Betrags ein Beteiligungsertrag. Dieser Beteiligungsertrag ist zu versteuern – je nach Rechtsform des Organträgers entweder nach dem Teileinkünfteverfahren bzw. nach § 8b KStG. Anstelle der Versteuerung soll es ein Wahlrecht geben, wonach der Beteiligungsertrag in eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage eingestellt und über 10 Jahre verteilt werden kann. Für den jährlichen Auflösungsbetrag erfolgt dann ebenfalls eine Versteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren bzw. nach § 8b KStG.
Das Wahlrecht zur Bildung einer Gewinnrücklage im Zusammenhang mit der Ersetzung der Ausgleichspostenmethode wird durch die organschaftliche Einlagelösung erweitert: Ein Wahlrecht besteht nicht nur dem Grunde, sondern nun auch der Höhe nach.
Kommt es im 10-jährigen Zeitraum zu einer Veräußerung der Beteiligung an der Organgesellschaft, wird die verbleibende Rücklage in vollem Umfang gewinnerhöhend aufgelöst. Einer Veräußerung der Organgesellschaft gleichgestellt wird u. a. die Umwandlung der Organgesellschaft in eine Personengesellschaft oder auf eine natürliche Person, die verdeckte Einlage der Beteiligung oder die Auflösung der Organgesellschaft.
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Säumniszuschläge: Ist deren Höhe verfassungsgemäß?
An der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge bestehen keine Zweifel, meint das Finanzgericht Münster. Das gilt auch im Hinblick auf die schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Zweifel bezüglich der Höhe des Zinssatzes bei den Nachzahlungszinsen nach § 233a AO.
Hintergrund
Die Antragstellerin beantragte den Erlass von Säumniszuschlägen. Das Finanzamt erließ diese jedoch nur zur Hälfte aus sachlichen Billigkeitsgründen wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Antragstellerin. Darüber hinaus lehnte es den Antrag ab. Die Antragstellerin bezahlte die ausstehenden Säumniszuschläge vollständig.
In der Folge beantragte die Antragstellerin den Erlass eines Abrechnungsbescheids. Sie trug vor, dass sich die Säumniszuschläge nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Hälfte aus einem Druckmittel und zur Hälfte aus einen Zinsanteil zusammensetzten. Den Zinsanteil hält der Bundesfinanzhof aus sachlichen Billigkeitsgründen regelmäßig nicht für erlasswürdig. Denn dieser entspricht der steuerlichen Verzinsung bei späterer Fälligkeit der Steuer. Die Antragstellerin ist der Ansicht, wenn die Zinshöhe mit 6 % verfassungswidrig hoch sei, müsse dies auch für den Zinsanteil in den Säumniszuschlägen gelten.
Gegen den Abrechnungsbescheid, der die kraft Gesetzes entstandenen Säumniszuschläge und die hierauf entrichteten Zahlungen auswies, legte die Antragstellerin Einspruch ein, der jedoch erfolglos blieb. Den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung lehnte das Finanzamt ebenfalls ab. Die Antragstellerin hat daraufhin Klage erhoben und Aufhebung der Vollziehung beim Finanzgericht beantragt.
Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Antragstellerin Recht und entschied, dass nach summarischer Prüfung ernstliche Zweifel daran bestehen, dass das Finanzamt Säumniszuschläge nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO angesetzt hat.
Die Vorschrift des § 240 AO ist nach Auffassung des Finanzgerichts an sich verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. An der grundsätzlichen Verfassungsgemäßheit der Vorschrift ändert sich auch dadurch nichts, dass inzwischen gegen die Höhe des Zinssatzes bei sog. Nachzahlungszinsen schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel bestehen.
Es gibt jedoch sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken, wenn die Säumniszuschläge wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit des Steuerpflichtigen teilweise zu erlassen sind. Die nicht erlassenen Säumniszuschläge dürften in diesen Fällen im Wesentlichen dem gleichen Zweck wie die Verzinsung dienen. Ob sich die Zweifel an der Vereinbarkeit der nach § 238 Abs. 1 Satz 1 AO festzusetzenden Zinsen auch auf § 240 AO übertragen ließen, wurde in der Rechtsprechung bisher uneinheitlich und noch nicht höchstrichterlich entschieden. In Anbetracht der unterschiedlichen Entscheidungen bestehen im vorliegenden Fall ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der im Abrechnungsbescheid ausgewiesenen Säumniszuschläge, da bei der Antragstellerin eine Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit vorlag.
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Sind Hundezüchter Unternehmer?
Verhält sich ein Hundezüchter beim Verkauf von Hunden aus seiner Zucht wie ein Händler, ist er unternehmerisch tätig. Das gilt auch dann, wenn die Hundezucht ein langjähriges persönlich wichtiges Hobby war.
Hintergrund
Die Klägerin züchtete seit 2011 in ihrem Privathaus Hunde der Rasse C. Sie ist Mitglied des Verbandes Deutscher Hundezüchter, der für die von der Klägerin gezüchtete Rasse eigene Zuchtziele und streng einzuhaltende Vorgaben festlegt. Am 12.1.2017 meldete sie das vorher bei der Gemeinde angemeldete Gewerbe mangels hinreichender Gewinnerzielungsmöglichkeit wieder ab.
Die Umsätze aus dem Verkauf von Hunden betrugen in den Jahren 2011 bis 2016 zwischen 15.000 EUR und 23.000 EUR. Das Finanzamt behandelte diese Umsätze als unternehmerisch. Wegen der Umsatzhöhen der Vorjahre kam für die Jahre 2013, 2015 und 2016 die Kleinunternehmerregelung nicht in Betracht. Gegen die Einordnung als umsatzsteuerliche Unternehmerin wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Umsatzsteuerlicher Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen. Das gilt auch dann, wenn die Absicht, Gewinne zu erzielen, fehlt. Deshalb besteht umsatzsteuerlich keine Bindung an eine evtl. vorliegende ertragsteuerliche "Liebhaberei". Die nachhaltige gewerbliche oder berufliche (wirtschaftliche) Tätigkeit ist von der bloßen privaten Vermögensverwaltung abzugrenzen. Eine unternehmerische Tätigkeit liegt vor, wenn der Betreffende aktive Schritte zum Vertrieb / zur Vermarktung von Gegenständen wie ein Händler unternimmt. Maßgeblich sind u. a. die Dauer und die Intensität des Tätigwerdens, die Höhe der Entgelte, die Beteiligung am Markt, die Zahl der ausgeführten Umsätze und der Kunden, das planmäßige Tätigwerden, die Vielfalt des Warenangebots und das Unterhalten eines Geschäftslokals oder mehrerer Verkäuferkonten. Die Klägerin hat ähnlich wie ein Händler unternehmerisch agiert. Die Klägerin hat sich mit ihrer Hundezucht am allgemeinen Markt beteiligt, indem sie die Hunde teilweise auch gegen Entgelt an Dritte verkaufte.
Die Verkäufe ihrer Hunde waren nicht nur Ausfluss ihres privaten Hobbys. Vielmehr hat die Klägerin allgemein bewährte Vertriebsmaßnahmen z. B. über das Internet ergriffen und dort ihre persönliche Eignung und die Qualität ihrer Hundezucht explizit dargestellt. Schon bei der Planung der Würfe bestand die Absicht, die Welpen zu verkaufen. Hierzu kündigte die Klägerin die bei ihr anstehenden Würfe auf ihrer Internetseite an und machte damit schon zu diesem frühen Zeitpunkt auf in nächster Zeit zum Verkauf stehende Welpen aufmerksam. Schließlich verkaufte sie die Tiere gegen Preise, die für Zuchttiere regelmäßig gezahlt werden. Nach dem im Mehrwertsteuersystem geltenden Neutralitätsprinzip sind Anbieter gleichartiger Waren gleichermaßen mit Umsatzsteuer zu belasten. Vorliegend besteht ein zumindest potenzieller Wettbewerb mit anderen Züchtern.
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Stipendienzahlungen können Sonderbetriebseinnahmen sein
Wird einem Mitunternehmer ein Stipendium gewährt, ist dieses als Sonderbetriebseinnahme zu erfassen. Das gilt insbesondere dann, wenn die durch das Stipendium geförderte Tätigkeit des Mitunternehmers im Rahmen der Mitunternehmerschaft mit deren Mitteln betrieben wird.
Hintergrund
A und B waren jeweils zur Hälfte an einer GbR beteiligt, die sich mit Softwareentwicklung beschäftigte. Im Jahr 2010 hatten sie mit der Universität C jeweils Stipendiatenverträge geschlossen. Danach erhielten sie als Teil des Programms "Existenzgründungen aus der Wissenschaft (EXIST)" für 2010/2011 ein Stipendium. Die Stipendien sollten der Entwicklung einer Software dienen. Dazu sollte von A und B ein Forschungsprototyp der Universität zu einem marktreifen Produkt ausgearbeitet werden.
Die Stipendien sollten den Existenzgründern ermöglichen, sich ganz der Verfolgung und Realisierung der Gründungsidee zu widmen. Sie stellten weder Vergütungen noch Arbeitsentgelt dar, sondern dienten lediglich der Sicherung des Lebensunterhalts und des finanziellen Risikos wegen Krankheit während der Weiterverfolgung der Gründungsidee.
Die Stipendien wurden teils im Jahr 2010, teils im Jahr 2011 an A und B ausgezahlt.
Das Finanzamt ging davon aus, die Stipendien seien als Sonderbetriebseinnahmen zu erfassen, und änderte den Feststellungsbescheid 2010 entsprechend.
Die Klage gegen die Berücksichtigung als Sonderbetriebseinnahmen hatte vor dem Finanzgericht Erfolg, da es nach Ansicht der Finanzrichter an einer Veranlassung der Stipendienzahlungen durch das Gesellschaftsverhältnis fehlte.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Zwar war auch der Bundesfinanzhof der Meinung, dass die Stipendienzahlungen keine Sondervergütungen darstellten, weil die Universität als Stipendiengeberin nicht in einen Leistungsaustausch zwischen A und B einerseits und der GbR andererseits eingeschaltet war. Das Finanzgericht hat jedoch unzutreffend angenommen, dass die Stipendienzahlungen mangels Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auch keine sonstigen Sonderbetriebseinnahmen sein können.
Zu den mitunternehmerischen Einkünften des Gesellschafters einer Personengesellschaft gehören alle Einnahmen und Betriebsausgaben, die ihre Veranlassung in der Beteiligung des Steuerpflichtigen an der unternehmerisch tätigen Personengesellschaft haben. Als Sonderbetriebseinnahmen in diesem Sinne sind auch Einnahmen zu qualifizieren, die ein Mitunternehmer zwar im eigenen Namen, aber mit Unterstützung der Mitunternehmerschaft erzielt.
Dementsprechend ist auch das einem Mitunternehmer gewährte Stipendium als Sonderbetriebseinnahme zu erfassen, wenn die durch das Stipendium geförderte Tätigkeit des Mitunternehmers im Rahmen der Mitunternehmerschaft mit deren Mitteln betrieben wird. Stipendien dienen regelmäßig dazu, den Geförderten bei der Umsetzung eines bestimmten Vorhabens finanziell zu unterstützen. Sie steigern die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Stipendiaten. Bedient sich der so Geförderte als Mitunternehmer der Mitunternehmerschaft, um das geförderte Vorhaben voranzutreiben, ist die Stipendienzahlung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.
Hiervon abweichend hat das Finanzgericht unzutreffend darauf abgestellt, dass die Zahlungen nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst waren, weil die GbR nicht selbst Partei der Stipendiatenverträge war und sich A und B nicht als Mitunternehmer der GbR verpflichtet hatten, das Projekt in der bestehenden GbR weiterzuentwickeln. Daraus folgt jedoch nicht, dass keine Sonderbetriebseinnahmen gegeben sein könnten. Denn die Stipendienzahlungen wären dann als Sonderbetriebseinnahmen zu qualifizieren, wenn A und B die Entwicklung des Projekts zwar in eigenem Namen, jedoch mit Mitteln (insbesondere der technischen Ausstattung) der GbR betrieben hätten.
Dass A und B ihr Vorhaben mit Mitteln der GbR betrieben haben, kann nicht ausgeschlossen werden. Die GbR war bereits erfolgreich im Bereich der Softwareentwicklung tätig. Vor diesem Hintergrund erscheint es durchaus möglich, dass sie das geförderte Projekt in der GbR weiterentwickelt und sich hierzu der Ressourcen der GbR bedient haben. Das Finanzgericht muss deshalb die tatsächlichen Umstände der Umsetzung des geförderten Gründungsvorhabens durch A und B näher aufklären.
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Unterliegt eine Gutachtertätigkeit im Auftrag des MDK der Umsatzsteuer?
Zwar ist es unschädlich, wenn die Leistungen an den Medizinischen Diensts der Krankenversicherung (MDK) erbracht werden, und nicht an die Hilfsbedürftigen. Werden die Kosten jedoch nur mittelbar über den MDK erstattet, fehlt es an der Anerkennung als "Einrichtung mit sozialem Charakter".
Hintergrund
A ist Krankenschwester mit Zusatzausbildung im Bereich der Pflege. Sie erstellte in den Jahren 2012 bis 2014 für den MDK Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten. Ihre Leistungen rechnete der MDK ihr gegenüber ohne Umsatzsteuer-Ausweis ab. A erklärte die Umsätze als steuerfrei, nahm jedoch den Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen in Anspruch.
Das Finanzamt ging davon aus, dass die Gutachtertätigkeit weder nach nationalem noch nach Unionsrecht steuerfrei war und setzte entsprechend Umsatzsteuer fest.
Das Finanzgericht gab der Klage statt. Insbesondere war die Erstellung von Pflegegutachten nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL als "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistung" steuerfrei.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entschied, dass die gutachterlichen Leistungen der A nicht nach nationalem Recht von der Umsatzsteuer befreit sind. Auch kann sich A für die Steuerfreiheit nicht auf das Unionsrecht berufen.
Die Gutachtertätigkeit des MDK und damit auch die Tätigkeit der A dienen als Grundlage für die Feststellung, in welcher Höhe dem Versicherten ein Anspruch auf Kostenersatz nach dem Gesetz über die Pflegeversicherung zusteht. Darin liegt keine Heilbehandlung. Die Begutachtung, ob eine Pflegebedürftigkeit und welcher Pflegegrad besteht, betrifft die Gewährung von Leistungen durch die Pflegekasse, nicht die Therapie. Die Ärzte des MDK sind nicht berechtigt, in die ärztliche Behandlung einzugreifen.
Nach § 4 Nr. 15 UStG und Nr. 15a UStG sind nur die Umsätze der darin genannten Einrichtungen (z. B. der Sozialversicherungsträger bzw. des MDK) steuerfrei. A selbst gehört nicht dazu. Da es sich bei ihren Leistungen nicht um Leistungen zur Betreuung oder Pflege von Personen handelt, ist auch die Steuerfreiheit des § 4 Nr. 16 UStG nicht einschlägig.
Das Leistungsmerkmal "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden" setzt nach Art. 134 Buchst. a MwStSystRL voraus, dass die betreffenden Leistungen für die der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit unterfallenden Umsätze unerlässlich sind. Dieses Unerlässlichkeitserfordernis ist bei den von A erbrachten Gutachterleistungen erfüllt.
Durch Art 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL werden jedoch nicht alle dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten von der Umsatzsteuer befreit, sondern nur diejenigen, die in der Vorschrift einzeln aufgeführt sind. Bei A fehlt es an der Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter. Die nur mittelbare Kostentragung über den MDK genügt insoweit nicht. Soweit der Bundesfinanzhof demgegenüber entschieden hatte, dass es für die Anerkennung bereits ausreicht, dass die Kosten mittelbar (durchgeleitet) von Einrichtungen der sozialen Sicherheit getragen werden, auch wenn keine direkten vertraglichen Beziehungen zum öffentlichen Träger bestehen, ist diese Auffassung nach Ergehen des EuGH-Urteils "Finanzamt D" (EU:C:2020:811) überholt. Das gilt jedenfalls, soweit die mittelbare Kostenübernahme nicht auf einer expliziten Entscheidung einer Einrichtung der sozialen Sicherheit beruht.
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Wann sind Krankentransporte von der Umsatzsteuer befreit?
Dienstleistungen im Bereich des Rettungsdienstes können eng mit der Sozialfürsorge verbunden und damit von der Umsatzsteuerpflicht befreit sein. Das gilt auch für Abrechnungen von Krankentransport- und Rettungsdienstleistungen gegenüber Sozialversicherungsträgern, die ein Rettungsdienst für den Träger des Rettungsdienstes und die anderen Rettungsdienste übernommen hat.
Hintergrund
Der als gemeinnützig anerkannte A-Verband der freien Wohlfahrtspflege ist als Leistungserbringer im öffentlichen Rettungsdienst tätig. Träger des öffentlichen Rettungsdienstes ist der Landkreis. A wickelt die Abrechnung der Rettungsdienstleistungen selbstständig mit den Kostenträgern ab.
Ab 2012 sollte es in jedem Landkreis nur noch eine Abrechnungsstelle geben. Dementsprechend führte A neben der Abrechnung der eigenen Einsätze auch die Abrechnungen der Einsätze für 4 andere Leistungserbringer in den Bereichen Rettungsdienst und Krankentransport gegenüber den Kostenträgern durch. Die Abrechnung des Rettungsdienstes erfolgt ausdrücklich im Auftrag des Landkreises.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Betrieb der Abrechnungsstelle eine gesondert zu beurteilende selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit darstellte, die die Voraussetzungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erfüllt und kein Zweckbetrieb ist. Eine Umsatzsteuer-Befreiung für die Leistungen der Abrechnungsstelle für die anderen Leistungserbringer kam deshalb nicht in Betracht. Davon ausgenommen war die Abrechnung der eigenen Rettungsdienstleistungen.
Das Finanzgericht sah dies ebenso und wies die Klage ab.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass die Abrechnungsleistungen steuerfrei sind. Entgegen dem Urteil des Finanzgerichts erbringt A auch im Hinblick auf die Abrechnungen für andere Leistungserbringer steuerbefreite Leistungen und ist auch insoweit als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt.
Die Steuerbefreiung knüpft an leistungs- und an personenbezogene Voraussetzungen an: Es muss sich um eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen handeln, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen erbracht werden, die von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit im Wesentlichen sozialem Charakter anerkannt worden sind.
Um das Merkmal "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden" zu erfüllen, muss die Leistung jedenfalls für die der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit unterfallenden Umsätze unerlässlich sein. Das ist hier der Fall. Die von A mit seiner Haupttätigkeit erbrachten Leistungen des Krankentransports und der Notfallrettung sind dem Grunde nach begünstigt. Die Abrechnung des A über diese Leistungen ist Teil derselben.
Soweit das Finanzgericht eine eng mit der Sozialfürsorge verbundene Dienstleistung verneint hat, weil A die betreffende Abrechnungsleistung nicht gegenüber dem jeweiligen Hilfsbedürftigen erbracht hat, sondern gegenüber einem anderen Leistungserbringer, widerspricht dies der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs. Denn danach hängt die Steuerbefreiung von Dienstleistungen nicht davon ab, an wen sie erbracht werden. Sie müssen lediglich einen für die Durchführung der Maßnahmen der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit unerlässlichen Schritt darstellen.
Bei dem A-Verband handelt es sich um eine anerkannte Einrichtung mit im Wesentlichen sozialem Charakter. Die Übernahme der Kosten durch die Sozialleistungsträger beruht auf speziellen vertraglichen Grundlagen. Nur auf Verlangen der Sozialleistungsträger hatte es A übernommen, Leistungen auch für dritte Leistungserbringer abzurechnen.
Der Bundesfinanzhof verwies die Sache an das Finanzgericht zurück, da Feststellungen zur Höhe der steuerfreien Umsätze fehlen.
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Zum Vorsteuerabzug bei Vermietung einer kommunalen Mehrzweckhalle mit Parkplatz
Vermietet eine Gemeinde ihre kommunale Mehrzweckhalle mit Parkplatz jeweils kurzfristig, stellt dies eine umsatzsteuerfreie Vermietung dar. Ein teilweiser Vorsteuerabzug ist möglich, wenn die Gemeinde teilweise auf die Steuerbefreiung verzichtet.
Hintergrund
Die Klägerin, eine Gemeinde, hatte eine Halle errichtet. Diese wurde sowohl für Sport- und Übungszwecke als auch für private und sonstige Veranstaltungen jeweils kurzfristig für Tage oder Stunden vermietet. Im Rahmen der Vermietung wurden auch Betriebsvorrichtungen überlassen. Neben der Halle wurde ein öffentlicher Parkplatz errichtet, den die Allgemeinheit ohne Einschränkungen kostenfrei nutzen konnte.
Die Gemeinde machte den vollen Vorsteuerabzug für die gesamte Baumaßnahme geltend. Das Finanzamt dagegen kürzte die Vorsteuern auf 23,4 %. Dieser Anteil entsprach der Vermietungsleistung, für die auf die Umsatzsteuerfreiheit zulässigerweise verzichtet wurde, sowie den Leistungen aus der Überlassung der Betriebsvorrichtungen, die per se umsatzsteuerpflichtig sind. Der anteilige Vorsteuerabzug wurde auch hinsichtlich des Parkplatzes anerkannt. Dieser war nach Ansicht des Finanzamts von der Gemeinde zutreffend ihrem Unternehmen zugeordnet worden. Gegen die Kürzung des Vorsteuerabzugs klagte die Gemeinde vor dem Finanzgericht.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass der Gemeinde der volle Vorsteuerabzug nicht zustand.
Das Finanzamt hatte die Gemeinde zu Recht als Unternehmerin behandelt, weil eine Behandlung als Nichtunternehmerin offenkundig zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Dass die Gemeinde für den Übungs- und Sportbetrieb offenbar kein kostendeckendes Entgelt erhoben hat, steht dieser Behandlung nach Ansicht des Gerichts nicht entgegen, da sie sich im Übrigen markttypisch verhalten habe. Obwohl die Überlassung nur kurzfristig (stunden- bzw. tageweise) erfolgte, handelt es sich um eine umsatzsteuerfreie Vermietung.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Gemeinde keine wesentlichen sonstigen Dienstleistungen, wie etwa gastronomische Zusatzleistungen anbietet und außer dem Hausmeister auch kein Personal zur Verfügung stellt. Bei den mitüberlassenen Betriebsvorrichtungen (z. B. Kücheneinrichtung, Hebebühne, Bühne, Tische, Stühle, Beleuchtung und Technik, Sanitärräume, Geschirr und Besteck) handelt es sich um untergeordnete Nebenleistungen zu der vertraglich vereinbarten Überlassung der Räumlichkeiten. Dass das Finanzamt den Vorsteuerabzug in dem Umfang nicht zugelassen hat, wie die Gemeinde die Halle bzw. Teile davon an Nichtunternehmer bzw. nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer vermietet hat und insoweit nicht optieren konnte, ist nicht zu beanstanden.
Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Tatsache, dass das Finanzamt den anteiligen Vorsteuerabzug für die Herstellungskosten eines der Öffentlichkeit kostenlos zur Verfügung stehenden Parkplatzes zugelassen hat, weil die Errichtung des Parkplatzes bzw. der darauf bestehenden Stellplätze zwingende Voraussetzung für die Baugenehmigung der Mehrzweckhalle waren.
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Zur umsatzsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage bei sog. 0 %- Finanzierungen
Ist die Bemessungsgrundlage aus Warenverkäufen um die vom Verkäufer an ein finanzierendes Kreditinstitut entrichteten Finanzierungsentgelte zu mindern? Nein, entschied der Bundesfinanzhof. Das gilt auch dann, wenn der Unternehmer gegenüber dem Kunden angibt, dass er ihm einen Nachlass in Höhe der Zinsen gewährt.
Hintergrund
Die A betreibt einen Einzelhandel. Sie bietet ihren Kunden eine sog. 0 %-Finanzierung an, bei der die Kunden trotz Ratenzahlung insgesamt nur den Kaufpreis, den sie auch bei einer sofortigen Barzahlung entrichtet hätten, zahlen. Grundlage dieses Angebots ist eine Vereinbarung (Rahmenvertrag) zwischen der X (Muttergesellschaft der A) und einer Bank. Die Bank übernimmt die von X vermittelten Kredite. Die Darlehensverträge werden unmittelbar zwischen den Kunden (Darlehensnehmern) und der Bank geschlossen. Vermittelt A eine 0 %-Finanzierung, ist X zur Zahlung einer "Subvention" (Finanzierungsentgelt) an die Bank verpflichtet. Dazu erfolgt die Auszahlung der Darlehensvaluta an A abzüglich der sog. Subvention.
Die Kaufverträge der A mit ihren Kunden wurden zum Barzahlungsbetrag (Kaufpreis) abgeschlossen. Über diesen Betrag erteilte A gegenüber dem Kunden eine Rechnung, in der der Nettobetrag und die darauf entfallende Umsatzsteuer ausgewiesen waren. Zusätzlich enthielt die Rechnung den Hinweis: "Als Nachlass gewähren wir die seitens der finanzierenden Bank erhobenen Zinsen. Diese belaufen sich auf ... EUR. Vereinbarungsgemäß zahlen wir den als Nachlass gewährten Betrag direkt an die finanzierende Bank. Ein Anspruch auf Barauszahlung des Nachlasses besteht nicht."
In den Abrechnungen zu den Darlehensverträgen zwischen den Kunden und der Bank wurden der Gesamtkaufpreis als Darlehensbetrag und der Jahreszins mit "eff. 0,00 %" angegeben. Die Bank zahlte die jeweilige Darlehensvaluta gekürzt um die Subvention an die A aus.
A ging davon aus, dass die Bemessungsgrundlage um die Subvention zu kürzen war. Das Finanzamt setzte dagegen die Umsatzsteuer nach der ungekürzten Bemessungsgrundlage fest.
Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof schloss sich der Entscheidung des Finanzgerichts an. Das Entgelt als Bemessungsgrundlage für die Lieferung an den Kunden war nicht um den Betrag zu mindern, um den die Bank die Auszahlung der Valuta an die A gekürzt hat.
Der vom Kunden geschuldete Kaufpreis ist die Gegenleistung für die Lieferung der A. Der Kaufpreis bzw. die ungekürzte Darlehensvaluta bildet die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der Lieferung. Über diese Summe vereinbarte der Kunde mit der Bank das von A vermittelte Sonderzinsdarlehen mit einer Auszahlung an A zur Tilgung der Kaufpreisschuld unter Einbehalt der vereinbarten "Subvention". Unerheblich ist, dass der Kunde den vereinbarten Kaufpreis nicht unmittelbar an A, sondern unter Einschaltung der Bank zahlte.
Der Einbehalt hat seinen Rechtsgrund nicht in dem für die Besteuerung allein maßgeblichen Rechtsverhältnis zwischen A und dem Kunden, sondern im Rechtsverhältnis zwischen A und der Bank. Der Kunde schuldete A aufgrund des Kaufvertrags den ungeminderten Barzahlungsbetrag. In diesem Betrag war kein Zins enthalten, auch wenn A dem Kunden in Kaufvertrag und Rechnung jeweils offengelegt hat, in welcher Höhe die finanzierende Bank gegenüber A Zinsen erhob bzw. die "Subvention" einbehielt. Dieser Einbehalt hatte keinen Einfluss auf die Höhe des vom Kunden geschuldeten Kaufpreises, der auch in voller Höhe von der Bank finanziert wurde. Die Tatsache, dass A dem Kunden ein Sonderzinsdarlehen der Bank vermittelte, änderte die Bemessungsgrundlage nicht. Denn die Darlehensvermittlung als Nebenleistung stellt für den Kunden keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel dar, um die Warenlieferung der A als Hauptleistung unter optimalen Bedingungen zu erhalten.
Das gesondert zu betrachtende Leistungsverhältnis zwischen der A und der Bank berührt die Bemessungsgrundlage für die Lieferung der A an den Kunden nicht. Aufgrund des Rahmenvertrags zwischen der A und der Bank war diese bereit, dem Kunden ein Sonderzinsdarlehen einzuräumen und damit für die Bezahlung der Ware zu garantieren. Die Bank erbrachte diese Dienstleistung gegenüber der A gegen Entgelt. Dieses bestand in der vereinbarten "Subvention", die bei Auszahlung der Darlehenssumme von der Bank einbehalten wurde. Diese von der Bank an die A erbrachte steuerfreie Finanzdienstleistung ist Teil eines anderen unabhängigen Geschäftsvorgangs. Dieser Vorgang kann die Bemessungsgrundlage des Kaufs zwischen dem Kunden und der A nicht berühren.
Juli 2021
- In welchem Jahr ist die Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Dezember zu berücksichtigen?
Umsatzsteuervorauszahlungen, die rund um den Jahreswechsel innerhalb eines 10-Tage-Zeitraums geleistet werden, gehören in das Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit. Dass es in der Praxis so einfach dann doch nicht ist, zeigt ein Fall, der vom Sächsischen Finanzgericht entschieden wurde.
Hintergrund
Der Kläger, ein selbstständiger Steuerberater, erklärte in seiner Einkommensteuererklärung 2015 die Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2015 als Betriebsausgabe im Rahmen seiner Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung. Die Voranmeldung hatte er am 4.1.2016 beim Finanzamt eingereicht und zeitgleich die Erlaubnis zum Lastschrifteinzug erteilt. Das Finanzamt zog die Vorauszahlung am 11.1.2016 (Montag) ein. Das Konto des Klägers war hinreichend gedeckt. Nach Auffassung des Finanzamts war der Betriebsausgabenabzug erst für das Jahr 2016 möglich, da sich die Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlung auf den nächstfolgenden Werktag (Montag, 11.1.2016) verschoben hatte und damit außerhalb des 10 Tage-Zeitraums lag.
Entscheidung
Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Die Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember war im Jahr 2015 zu berücksichtigen, weil sowohl der Zahlungszeitpunkt als auch der Fälligkeitszeitpunkt innerhalb "kurzer Zeit" nach Beendigung des Kalenderjahres 2015 lagen. Bei Vorliegen einer Einzugsermächtigung gilt eine wirksam geleistete Zahlung als am Fälligkeitstag entrichtet.
Bei hinreichender Deckung des Kontos gilt die Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung zum Fälligkeitstag auch dann als bewirkt, wenn das Finanzamt die Forderung tatsächlich erst später einzieht. Deshalb ist im vorliegenden Fall die Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres 2015 abgeflossen.
§ 108 Abs. 3 AO, der die Fälligkeit von Fristen unter bestimmten Voraussetzungen auf den Ablauf des nächstfolgenden Werktags schiebt, ist hier nicht anwendbar. Bei der Ermittlung der Fälligkeit ist allein auf die gesetzliche Frist abzustellen, nicht hingegen auf eine mögliche Verlängerung der Frist.
Reaktionen der Finanzverwaltung
Das Urteil ist rechtskräftig. Mittlerweile haben einzelne Länder-Finanzverwaltungen bestätigt, dass bei erteilter Lastschrift-Einzugsermächtigung der Abfluss im Zeitpunkt der Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlung anzunehmen ist, soweit das betreffende Konto im Fälligkeitszeitpunkt eine hinreichende Deckung aufweist (FinMin Schleswig-Holstein, Einkommensteuer-Kurzinformation Nr. 2019/22 v. 20.11.2019; BayLfSt, Verfügung v. 30.1.2020, S 2226.2.1 – 5/14 St 32).
- Korrektur eines Investitionsabzugsbetrag: Was und wie viel darf korrigiert werden?
Ein gewinnmindernd berücksichtigter Investitionsabzugsbetrag kann lediglich punktuell rückgängig gemacht werden. Die spezielle Korrekturvorschrift des § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG ermöglicht keine darüberhinausgehenden Änderungen.
Hintergrund
X war selbstständig tätig. In seiner Einnahmen-Überschussrechnung für das Jahr 2009 hatte er einen Investitionsabzugsbetrag von 15.800 EUR für geplante Investitionen berücksichtigt.
Das Finanzamt veranlagte erklärungsgemäß.
Da die Anschaffung der Wirtschaftsgüter unterblieben war, beabsichtigte das Finanzamt, den Abzugsbetrag von 15.800 EUR für 2009 hinzuzurechnen, d.h. den seinerzeit berücksichtigten Investitionsabzugsbetrag rückgängig zu machen. Anstatt dementsprechend den Gewinn um 15.800 EUR zu erhöhen, verminderte das Finanzamt jedoch im Jahr 2014 versehentlich den Gewinn 2009 um 14.200 EUR und setzte die Einkommensteuer entsprechend niedriger fest.
Im Jahr 2017 bemerkte das Finanzamt den Fehler. Es erließ im Jahr 2017 einen weiteren Einkommensteuer-Änderungsbescheid 2009, in dem es die Einkünfte um 30.000 EUR (14.200 EUR + 15.800 EUR) erhöhte.
Das Finanzgericht entschied, dass § 7g Abs. 3 EStG nur eine auf die Korrektur des seinerzeit gewinnmindernd berücksichtigten Investitionsabzugsbetrags beschränkte Änderung (Erhöhung) der Einkünfte des X von 15.800 EUR gestattete. Die weiter gehende Gewinnerhöhung um 14.200 EUR war dagegen nicht von der Korrekturvorschrift des § 7g Abs. 3 EStG gedeckt.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof bestätigte das Urteil des Finanzgerichts und entschied, dass die Erhöhung der Einkünfte des X – über die Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags von 15.800 EUR hinaus – um weitere 14.200 EUR nicht durch § 7g Abs. 3 EStG gedeckt war. Eine Korrektur nach einer anderen Änderungsvorschrift war nicht mehr zulässig, da Festsetzungsverjährung eingetreten war.
§ 7g Abs. 3 Satz 2 EStG enthält für die Fälle der Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags eine spezielle Korrekturvorschrift für das Abzugsjahr. Die Norm erlaubt die Änderung bestandskräftiger Bescheide nur insoweit, als dies der Rückgängigmachung eines vorgenommenen Abzugs dient. § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG ermöglicht demnach lediglich eine punktuelle Rückgängigmachung des gewinnmindernd berücksichtigten Abzugsbetrags. Die Korrektur ist folglich auf den Umfang des geltend gemachten und berücksichtigten Abzugsbetrags begrenzt (hier 15.800 EUR). Über diesen Rahmen hinausgehende Änderungen (hier 14.200 EUR) können nur vorgenommen werden, wenn diese durch andere Änderungsnormen gedeckt sind.
Einer weiter gehenden Änderung des Einkommensteuer-Bescheids aus 2014 steht der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegen. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheids im Jahr 2017 war die reguläre Festsetzungsfrist, die am 31.12.2014 endete, bereits abgelaufen. Eine Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist, die dem Finanzamt eine weiter gehende Korrektur der Steuerfestsetzung mittels des Änderungsbescheids aus 2017 ermöglichen würde, war nicht ersichtlich. Zwar wurde der Ablauf der Festsetzungsfrist gem. § 7g Abs. 3 Satz 3 EStG gehemmt. Jedoch tritt die Ablaufhemmung nach dieser Vorschrift nur "insoweit" ein, als die Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags betroffen ist. Die Ablaufhemmung wirkt somit nur partiell. Folglich löst sie keine Ablaufhemmung hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs aus und ermöglicht keine weiter gehende Korrektur aufgrund anderer Änderungsvorschriften.
- Lieferung von Strom an Mieter: Umsatzsteuerliche Folgen
Erzeugt ein Vermieter Strom über seine Photovoltaikanlage und liefert er diesen an seine Mieter, handelt es sich bei dieser Stromlieferung umsatzsteuerlich nicht um eine Nebenleistung der Vermietung. Deshalb kann bei einer umsatzsteuerfreien Vermietung bezüglich der Photovoltaikanlage Vorsteuer geltend gemacht werden.
Hintergrund
Der Kläger vermietete ein Mehrfamilienhaus und ein Doppelhaus umsatzsteuerfrei. Auf den Dächern der Objekte ließ der Kläger Photovoltaikanlagen mit Speichern installieren. Der von den Anlagen erzeugte Strom wurde teilweise direkt an die Mieter geliefert und teilweise an Netzbetreiber verkauft. Wenn die Mieter mehr Strom benötigten, bezog der Kläger diesen über Energielieferanten und verkaufte ihn an die Mieter mit einem Gewinnaufschlag weiter.
Bezüglich der Abrechnung mit den Mietern war eine "Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag über Stromversorgung" geschlossen worden. Danach rechnete der Vermieter jährlich über einen Gemeinschaftszähler mit Unterzählern nach der individuellen Verbrauchsmenge ab. Falls ein Mieter den Strom über einen anderen Anbieter beziehen wollte, musste er die Umrüstungskosten für die Zähleranlage tragen.
Das Finanzamt verweigerte dem Kläger den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der Photovoltaikanlagen. Seiner Ansicht nach handelte es sich bei der Stromlieferung des Klägers an die Mieter um eine Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Hauptleistung der Vermietung.
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass dem Kläger das Recht zum Vorsteuerabzug aus der Errichtung der Photovoltaikanlage zustand. Denn die Stromlieferungen stellten keine unselbstständige Nebenleistung zu den umsatzsteuerfreien Vermietungsleistungen des Klägers dar.
Zwar behandelt die Finanzverwaltung sog. Mietnebenkosten (z. B. Wasser und Strom) als unselbstständige Nebenleistungen zur Hauptleistung "Vermietung". Kann der Mieter aber bei Leistungen Lieferanten und/oder Nutzungsmodalitäten auswählen, sind diese grundsätzlich als von der Vermietung getrennt anzusehen.
Dies gilt insbesondere beim Verbrauch von Wasser, Elektrizität oder Wärme. Dieser kann durch die Anbringung von individuellen Zählern kontrolliert und in Abhängigkeit dieses Verbrauchs abgerechnet werden. Die Leistungen, die sich auf diese Gegenstände oder Dienstleistungen beziehen, müssten grundsätzlich als von der Vermietung getrennt angesehen werden.
Im vorliegenden Fall rechnete der Kläger unstreitig die Verbrauchsmenge des Stroms mit seinen Mietern über individuelle Zähler ab. Dies spricht für eine getrennte Lieferung. Auch bestanden individuelle Zusatzvereinbarungen über die Stromlieferung mit vom Mietvertrag abweichenden Kündigungsmöglichkeiten.
Zudem hatten die Mieter die freie Wahl des Stromanbieters, obwohl sie dann erforderliche Umbaukosten tragen mussten. Dies erschwert zwar einen Wechsel des Anbieters, machen einen solchen jedoch nicht unmöglich.
- Separat abgerechnete Hotelleistungen: Aufteilung nach Steuersätzen
Für Hotelübernachtungen gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz. Wird das Frühstück gesondert berechnet, handelt es sich jedoch um eine eigenständige Leistung, die dem Regelsteuersatz unterliegt. Das Gleiche gilt für die Überlassung von Parkplätzen.
Hintergrund
Die Klägerin betreibt ein Hotel mit Restaurant. Die Gäste können zusätzlich zur Übernachtung ein Frühstück bestellen, außerdem wird ihnen ein Parkplatz zur Verfügung gestellt. Für diese Leistungen weist die Klägerin einheitlich den ermäßigten Steuersatz von 7 % aus. Das Finanzamt ist dagegen der Meinung, dass für die Leistungen für Frühstück und Parkplatz der Regelsatz anzusetzen ist.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass das Finanzamt zu Recht eine Aufteilung der Steuersätze vorgenommen hatte. Die Umsatzsteuer ermäßigt sich auf 7 % für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Dies gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind.
Im vorliegenden Fall wäre der Nebenleistungscharakter des Frühstücks nur bei einer einheitlichen Pauschalleistung zu bejahen gewesen, die hier nicht vorlag. Die Klägerin hatte das Frühstück nicht als Pauschalpreis angeboten, sondern die Gäste hatten die Wahl, ob sie die Übernachtung mit oder ohne Frühstück buchen wollten. Für den Fall der Nichtinanspruchnahme des Frühstücks erhielten die Gäste nach Angabe der Klägerin eine Erstattung. Damit liegt nach Ansicht des Gerichts eine selbstständige Leistung vor, aus der sich der unterschiedliche Steuersatz rechtfertigen lässt.
Auch wenn die Klägerin für die Parkplätze keinen gesonderten Preis berechnet hat, gilt insoweit im Ergebnis das Gleiche. Die Einräumung von Parkmöglichkeiten dient nämlich nicht der Vermietung, sondern der Verwahrung der von Hotelgästen mitgeführten Fahrzeuge, sodass kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Übernachtung und der Parkplatzbestellung besteht und nicht von einer einheitlichen Leistung ausgegangen werden kann. Die Übernachtungsmöglichkeit kann auch bei Anreise ohne Auto oder mit dem Auto in Anspruch genommen werden, ohne dass der Gast den von der Klägerin vorgehaltenen Platz nutzt. Zudem kann die Klägerin gar nicht genügend Stellplätze für sämtliche Hotelgäste anbieten, sodass diese auch keinen Anspruch auf einen Parkplatz haben.
Juni 2021
- Altersversorgung im Ehegattenarbeitsverhältnis: Besondere Kriterien bei der Fremdvergleichsprüfung
Sprunghafte Gehaltsanhebungen vor der Entgeltumwandlung, eine "Nur-Pension" oder eine mit Risiko- und Kostensteigerungen für das Unternehmen verbundene Zusage sprechen dafür, dass ein Ehegatten-Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die Altersversorgung des Arbeitnehmer-Ehegatten unangemessen umgestaltet wurde.
Hintergrund
Ehefrau F ist seit dem Jahr 2005 im Betrieb des Ehemanns M angestellt. Ihr Bruttoarbeitslohn betrug 3.100 EUR und wurde im Jahr 2006 auf 4.100 EUR erhöht. Im Jahr 2005 führten die Eheleute ein Zeitwertkonto-Modell ein, nach dem ein Teil des Monatsgehalts der F (2.050 EUR) nicht ausbezahlt, sondern einer Rückstellung zugeführt wurde.
Wegen Zweifeln an der Zulässigkeit des Zeitwertkonto-Modells wurde die Altersvorsorge der F (2.050 EUR/Monat) im Jahr 2009 umgestellt. Von ihrem Gehalt wurden monatlich 1.830 EUR umgewandelt und als Mitgliedsbeitrag des M an die X-Unterstützungskasse gezahlt. Die restlichen 220 EUR zahlte M in eine private Rentenversicherung für F ein.
Das Finanzamt erkannte die Zuwendungen an die Unterstützungskasse nur teilweise i. H. v. 110 EUR pro Monat als abzugsfähig an, da sie nach dem Fremdvergleichs-Maßstab unangemessen waren.
Das Finanzgericht wies die Klage ab, da seiner Ansicht nach private Gründe für die Entgeltumwandlung maßgeblich waren. Indizien dafür waren das hohe Risiko, die Gesamtleistung (bis zu 800.000 EUR) vor bzw. bei Erreichen der Altersrente zu verlieren. Außerdem betrug die Altersversorgung der F mit 63.000 EUR rund das 2,5-Fache ihres Arbeitseinkommens.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entschied, dass Entgeltumwandlungen im Rahmen von Arbeitsverträgen zwischen nahen Angehörigen grundsätzlich einem Fremdvergleich unterliegen. Dabei sind allerdings besondere Maßstäbe zu beachten, die das Finanzgericht jedoch fehlerhaft bestimmt hat. Die Sache wurde daher zur erneuten Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Für Direktversicherungen im Rahmen steuerrechtlich anzuerkennender Ehegatten-Arbeitsverhältnisse hatte der Bundesfinanzhof bereits in einem früheren Fall entschieden, dass in einer teilweisen Umwandlung des angemessenen Arbeitslohns in Direktversicherungsbeiträge keine ungewöhnliche oder unangemessene Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses gesehen werden kann. Da der Aufwand des Arbeitgeber-Ehegatten betragsmäßig unverändert bleibt, ist die echte Barlohnumwandlung im Rahmen eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses steuerlich anzuerkennen. Das gilt für die Beiträge in eine rückgedeckte Unterstützungskasse entsprechend.
Aus den Grundsätzen zu Direktversicherungsbeiträgen folgt ein Regel-Ausnahme-Verhältnis in dem Sinn, dass solche Entgeltumwandlungen grundsätzlich anzuerkennen sind. Sie können nicht als unangemessene Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses angesehen werden und sind nicht am Maßstab der Erdienbarkeit zu prüfen. Dabei betrachtet der BFH (nur) den gegenwärtigen unmittelbaren Veranlassungszusammenhang und sieht als entscheidend an, dass im Zeitpunkt der Entgeltumwandlung der Aufwand des Arbeitgeber-Ehegatten betragsmäßig unverändert bleibt bzw. der Arbeitnehmer wirtschaftlich betrachtet ausschließlich über sein eigenes (künftiges) Vermögen disponiert.
Nach dem vom Bundesfinanzhof bejahten Regel-Ausnahme-Verhältnis müssen für die Annahme, dass durch die Entgeltumwandlung das Arbeitsverhältnis ausnahmsweise ungewöhnlich oder unangemessen umgestaltet wird, besondere Umstände vorliegen. Das kommt in Betracht bei sprunghaften Gehaltsanhebungen im Vorfeld der Entgeltumwandlung, bei Vollumwandlung des Barlohns mit der Folge einer sog. "Nur-Pension" und bei mit Risiko- und Kostensteigerungen für das Unternehmen verbundenen Zusagen.
Derartige besondere Umstände als Hinweise auf die Unangemessenheit liegen im Streitfall jedoch nicht vor. Denn bei der durch Entgeltumwandlung finanzierten Altersversorgung disponiert der Arbeitnehmer (wirtschaftlich betrachtet) über sein eigenes (künftiges) Vermögen. Er kann frei entscheiden, in welchem Umfang er sein Bruttogehalt durch Entgeltumwandlung für eine Altersrente zurücklegt und hierbei eine risikoreiche Versicherung wählt. Unerheblich ist daher auch, ob und aus welchen Gründen er das Risiko des Totalausfalls eingeht.
Mai 2021
- Investitionsabzugsbetrag und langfristige Nutzungsüberlassung
Im Rahmen des Investitionsabzugsbetrags wird ein Wirtschaftsgut auch dann noch ausschließlich betrieblich genutzt, wenn es in dem Betrieb eines Anderen ausschließlich als Werkzeug zur Herstellung von durch den Investor in Auftrag gegebenen Teilen eingesetzt und in der restlichen Zeit dort für den Investor verwahrt wird. Eine langfristige Nutzungsüberlassung liegt in diesem Fall nicht vor.
Hintergrund
Die X-KG hat eine Betriebsstätte im Inland. Im Jahr 2013 benötigte sie Spritzgussformen, die in universelle Spritzgussmaschinen zur Produktion spezieller Kunststoffformteile eingesetzt werden.
X beauftragte die Firma A mit der Planung und Herstellung der Formen. A vergab den Auftrag zur Herstellung der Werkzeuge an einen Subunternehmer in Italien (Y). Die neuen Werkzeuge blieben auch nach dem Eigentumserwerb durch X zunächst bei Y.
Später beauftragte X die Firma B mit der Herstellung der Kunststoffformteile. B beauftragte ihrerseits ein anderes italienisches Unternehmen (Z) mit der Produktion und Lieferung der bestellten Kunststoffformteile nach Deutschland. A und B sorgten dafür, dass Z dafür die erforderlichen Werkzeuge zur Verfügung standen und wiesen deshalb Y an, die Werkzeuge dorthin zu liefern.
X bestellt jährlich einmal die Kunststoffformteile bei B, die diese bei Z herstellen und von dieser liefern lässt. Die Werkzeuge werden dazu für etwa 1 Woche pro Jahr tatsächlich von Z genutzt und in der übrigen Zeit für Folgeaufträge bei Z für X gelagert. Z darf die Werkzeuge nicht anderweitig einsetzen. Sie müssen auf Verlangen der X herausgegeben werden.
X berücksichtigte im Jahr 2012 für die anzuschaffenden Werkzeuge gewinnmindernd einen Investitionsabzugsbetrag. Nach der Anschaffung aktivierte sie die Werkzeuge und nahm die gewinnmindernde Herabsetzung der Anschaffungskosten sowie Sonderabschreibungen vor.
Das Finanzamt ging dagegen davon aus, dass wegen des Verbleibens der Werkzeuge in Italien die Nutzungsvoraussetzungen nicht eingehalten wurden.
Das Finanzgericht gab der Klage statt. Die Richter hielten es für ausreichend, dass das Wirtschaftsgut kurzfristig zurückverlangt werden konnte und damit im Einflussbereich des Betriebs verblieb.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts zurück. Voraussetzung für den Investitionsabzugsbetrag ist, dass das Wirtschaftsgut mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahrs in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird.
Eine langfristige Nutzungsüberlassung, die die Begünstigung ausschließt, liegt vor, wenn das Wirtschaftsgut einem Anderen wie bei einem Miet-, Pacht- oder Leihverhältnisses zur eigenverantwortlichen Nutzung überlassen wird. Dann verliert das Wirtschaftsgut die räumliche Bindung, da der Andere es zu eigenen Zwecken nutzen kann und den Nutzungsüberlassenden von der tatsächlichen Gewalt über das Wirtschaftsgut langfristig ausschließen kann.
Im vorliegenden Fall verblieben die Werkzeuge zwar langfristig, also länger als 3 Monate bei Y bzw. Z. Diese sind aber nicht zu deren Nutzung zu eigenen Zwecken berechtigt. Sie dürfen die Werkzeuge ausschließlich für die Produktion der von der X in ihrem Betrieb benötigten Teile einsetzen. Eine anderweitige Nutzung ist ihnen untersagt und sie sind zur jederzeitigen Herausgabe der Werkzeuge an X verpflichtet. X hat somit immer die Möglichkeit, die tatsächliche Gewalt über die Werkzeuge innerhalb kurzer Zeit wiederzuerlangen. Sie werden zwischen ihrem jeweiligen Einsatz von Y bzw. Z lediglich für X verwahrt, um der X den jeweiligen Transport zu ersparen. Diese Umstände rechtfertigen es, noch von einer Zuordnung der Wirtschaftsgüter zum Betrieb der X auszugehen.
- Keine Hemmung der Festsetzungsfrist bei unwirksamer Prüfungsanordnung
Richtet sich eine Prüfungsanordnung an den falschen Adressaten, ist sie unwirksam. Eine auf Grundlage einer nicht wirksam gewordenen Prüfungsanordnung durchgeführte Außenprüfung hemmt nicht den Ablauf der Festsetzungsfrist.
Hintergrund
Die B-GmbH betrieb in den Jahren 2004 bis 2007 eine Klinik. Mit Ausgliederungs- und Übernahmevertrag vom August 2007 wurde ihr gesamtes Vermögen gegen Gewährung einer KG-Beteiligung auf die A-GmbH & Co. KG übertragen. Ihre Umsatzsteuer-Erklärungen hatte die B-GmbH im zweiten nach dem jeweiligen Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahr abgegeben.
Mit Prüfungsanordnungen aus den Jahren 2009 und 2010 ordnete das Finanzamt unter Verwendung der Steuernummer der B-GmbH eine Außenprüfung "bei der Firma A GmbH & Co. KG als Rechtsnachfolger der B-GmbH" für die Jahre 2004 bis 2007 an. Im Schriftwechsel wiesen das Finanzamt und auch die B-GmbH stets auf die B-GmbH hin. Im Prüfungsbericht war ebenfalls die B-GmbH angegeben.
Gegen die nachfolgenden Änderungsbescheide wandte die B-GmbH ein, dass die Prüfungsanordnung fehlerhaft war, da sie nicht an die GmbH, sondern an die KG adressiert war. Die auf der fehlerhaften Prüfungsanordnung beruhende Außenprüfung konnte deshalb den Ablauf der Festsetzungsfrist nicht hemmen, sodass bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.
Das Finanzgericht wies die Klage ab und legte die Prüfungsanordnung dahingehend aus, dass sie an die GmbH gerichtet war.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof sah das anders und entschied, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist nicht durch den Beginn der Außenprüfung gehemmt war. Denn die Prüfungsanordnung war fehlerhaft nicht an die GmbH adressiert.
Die reguläre Festsetzungsfrist begann für das Jahr 2004 wegen der Erklärungsabgabe im Jahr 2006 mit Ablauf des 31.12.2006 und endete nach 4 Jahren mit Ablauf des 31.12.2010. Entsprechend endete die Frist für die folgenden Jahre 2005 – 2007 zum Jahresende 2011, 2012 bzw. 2013. Die Festsetzungsfrist war somit bei Ergehen der Änderungsbescheide im Jahr 2014 bereits abgelaufen.
Eine Außenprüfung, die aufgrund einer unwirksamen Prüfungsanordnung durchgeführt wird, kann den Ablauf der Festsetzungsfrist nicht hemmen. Im vorliegenden Fall sind die Prüfungsanordnungen der GmbH gegenüber nicht wirksam geworden. Denn das Finanzamt hat sie nicht gegenüber der GmbH, sondern gegenüber der KG erlassen. Das ergibt sich eindeutig aus der Anordnung einer Prüfung "bei der Firma A GmbH & Co. KG als Rechtsnachfolger der B GmbH". Da aufgrund erfolgter Ausgliederung weder die GmbH als übertragende Rechtsträgerin untergegangen noch eine Gesamtrechtsnachfolge eingetreten war, hätten die Prüfungsanordnungen an die GmbH als Steuerschuldnerin und nicht an die KG gerichtet werden müssen.
Der Wille des Finanzamts war zwar auf die steuerlichen Verhältnisse der GmbH gerichtet. Die Prüfungsanordnungen hat das Finanzamt dagegen erkennbar willentlich an die KG adressiert. Insoweit bestehen an der eindeutigen Bezeichnung der KG als der falschen Inhaltsadressatin keine Zweifel. Eine anderweitige Auslegung scheidet folglich aus.
Die Berufung auf Verjährung verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben. Ist – wie im vorliegenden Fall – Festsetzungsverjährung eingetreten, ermöglicht Treu und Glauben nicht, dass ein erloschener Anspruch des Finanzamts wieder auflebt, unabhängig davon, ob dem Steuerpflichtigen der Eintritt der Verjährung vorwerfbar ist oder nicht.
- Selbstständige Zauberkünstler und die Umsatzsteuer
Ein Zauberkünstler erbringt eine mit einer begünstigten Theatervorführung vergleichbare Darbietung. Seine Umsätze unterliegen dementsprechend dem ermäßigten Umsatzsteuersatz.
Hintergrund
Der Kläger ist als selbstständiger Zauberkünstler für betriebliche und private Feierlichkeiten in den Räumen der Auftraggeber tätig. Angeboten wurde neben der klassischen Bühnenzauberei die sog. "Close-up"-Zauberei, die klassische "Manipulation" sowie das Fertigen von Ballonskulpturen, untermalt durch selbstverfasste Gedichte für Kinder und Erwachsene. Nach Auffassung des Finanzamts steht jedoch Zauberkünstlern der ermäßigte Steuersatz nicht zu. Dagegen wehrte sich der Kläger vor dem Finanzgericht.
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts unterliegen die Darbietungen des Klägers auf dem Gebiet der Zauberei und der Ballonmodellage dem ermäßigten Steuersatz.
Der Steuersatz ermäßigt sich für die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie für die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler. Bei der Auslegung des Begriffs "den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbare Darbietungen" diejenigen Leistungen einheitlich zu behandeln, die aufgrund ihrer Gleichartigkeit in einem Wettbewerb stehen.
Eine Tätigkeit ist als künstlerisch anzusehen, wenn diese nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eigenschöpferisch ist und über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus eine "bestimmte künstlerische Gestaltungshöhe" erreicht. Es darf sich hierbei nicht primär nur um eine Mitteilung, sondern es muss sich um den Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers handeln.
Vorliegend erbringt der Kläger eigenschöpferische Leistungen, indem er seine eigenen Programme erstellt und aufführt, die verschiedene gestalterische Elemente enthalten, die die individuelle Persönlichkeit des Klägers und seine persönlichen Erfahrungen ausdrücken. Neben der von ihm jahrzehntelang ausgeübten Zaubertechnik erreicht sein Programm auch eine "bestimmte künstlerische Gestaltungshöhe", indem er Gedichte selbst verfasst, veröffentlicht und auswendig lernt, um damit seine Zauberkunst zu begleiten. Hierdurch hebt er sich von den übrigen selbständigen Zauberkünstlern ab.
Weiterhin sind Zauberkünstler als theaterähnliche Leistung einzustufen, wenn sie mit den begünstigten Aufführungen einer Kleinkunstbühne oder eines Varietétheaters vergleichbar sind. Maßgebend für die Vergleichbarkeit mit den o. g. begünstigten Darbietungen ist allein der Inhalt der jeweiligen Vorführung und nicht der Ort (Schauspielhaus, Konzerthalle usw.) oder die sachlichen Voraussetzungen eines Theaters (z. B. Ensemble und Spielplan). Deswegen ist es vorliegend für sich auch nicht schädlich, wenn die mit Theatervorführungen vergleichbaren Darbietungen ausschließlich bei privaten und betrieblichen Feiern (z. B. Geburtstag, Firmenevent oder Hochzeiten) erfolgen.
- Warum ältere Gewinnabführungsverträge angepasst werden sollten
Beruht eine Gewinnabführung noch auf einem älteren Vertrag, sollte dieser dringend angepasst werden. Das BMF räumt dafür eine Übergangsfrist ein.
Hintergrund
Zum 1.1.2021 trat eine Änderung des § 302 AktG in Kraft. Es wurde zwar lediglich das Wort "Restrukturierungsplan" in § 302 Abs. 3 Satz 2 AktG aufgenommen. Trotzdem liegt damit eine Änderung dieser Norm vor.
Schreiben des BMF
Damit eine körperschaftsteuerlich Organschaft nach § 17 KStG weiterhin anerkannt werden kann, kann es erforderlich sein, die bisherigen Vereinbarungen zur Verlustübernahme im Gewinnabführungsvertrag anzupassen. Denn die Verlustübernahme nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG muss durch einen Verweis auf die Vorschriften des § 302 AktG in seiner jeweils gültigen Fassung vereinbart werden.
Während die neueren Gewinnabführungsverträge bereits einen solchen dynamischen Verweis enthalten sollten, könnte bei Altfällen, also vor dem 27.2.2013 abgeschlossene oder zuletzt geänderte Gewinnabführungsverträge, noch ein statischer Verweis oder der damalige Wortlaut des § 302 AktG genannt sein.
Liegt solch ein älterer Gewinnabführungsvertrag vor, räumt die Finanzverwaltung eine Handlungsfrist bis zum 31.12.2021 ein. Bis dahin sollte der Gewinnabführungsvertrag geändert und die Aufnahme eines dynamischen Verweises erfolgt sein. Andernfalls kann eine körperschaftsteuerliche Organschaft nicht mehr anerkannt werden.
Hinweis
Solch eine Anpassung des Gewinnabführungsvertrags stellt keinen Neuabschluss dar. Es beginnt damit insbesondere keine neue Mindestlaufzeit i. S. d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG.
- Wie die betriebliche Nutzung eines Pkw nachgewiesen werden kann
Im Rahmen des Investitionsabzugsbetrags muss die betriebliche und außerbetriebliche Nutzung eines Pkw nachgewiesen werden. Dies kann durch ein Fahrtenbuch, aber auch durch andere Beweismittel geschehen.
Hintergrund
X erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb und hatte im Jahr 2011 für die beabsichtigte Anschaffung eines betrieblichen Pkw einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG gebildet.
Im Jahr 2014 schaffte er den Pkw an und nahm entsprechende Hinzurechnungen und Kürzungen vor. Bei der Gewinnermittlung bewertete er die private Pkw-Nutzung nach der Fahrtenbuchmethode.
Nachdem das Finanzamt die Fahrtenbücher als nicht ordnungsgemäß beanstandet hatte, berücksichtigte es den privaten Nutzungsanteil nicht mit nur 10%, sondern mit dem höheren Wert nach der 1 %-Methode und versagte dementsprechend die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbetrag sowie Sonderabschreibung.
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Es war nicht feststellbar, dass X den Pkw im Jahr 2014 zu mindestens 90 % betrieblich genutzt habe. Eine Schätzung des privaten Nutzungsanteils auf weniger als 10 % sei bei Verwerfung des Fahrtenbuchs ausgeschlossen. Der Ansatz der Privatnutzung nach der 1 %-Regel gelte auch im Rahmen des Investitionsabzugsbetrags.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof widerspricht dem Finanzgericht und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Denn der Umfang einer nahezu ausschließlichen betrieblichen Nutzung von Kfz im Rahmen des Investitionsabzugsbetrags kann nicht nur mittels ordnungsgemäßer Fahrtenbücher nachgewiesen werden.
Die Voraussetzung der ausschließlichen oder fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung im Rahmen des Investitionsabzugsbetrags erfordert sowohl bei dessen Inanspruchnahme als auch bei der Sonderabschreibung eine betriebliche Nutzung von mindestens 90 %.
Der Nachweis einer ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines Pkw kann nicht anhand der 1 %-Regelung geführt werden. Denn ein Durchschnittswert i. H. v. monatlich 1 % des Bruttolistenpreises entspricht in etwa einem Anteil der Privatnutzung von 20 % bis 25 %.
Der Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines Pkw ist jedoch nicht auf ordnungsgemäße Fahrtenbücher beschränkt. Der Nachweis kann auch durch andere Beweismittel geführt werden, wobei die Beteiligten zur Mitwirkung bei der Sachverhaltsermittlung verpflichtet sind. Die Beschränkung der Beweismittel auf Belege oder ordnungsgemäße Fahrtenbücher zum Nachweis der privaten Nutzung von Kfz nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG ist auf den Investitionsabzugsbetrag nicht übertragbar. Denn § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG betrifft nur die Bewertung der Entnahmen. § 7g EStG regelt dagegen die Begünstigung der Investitionstätigkeit durch die Vorverlagerung von Abschreibungspotenzial und enthält damit einen grundlegend andersartigen Regelungsgegenstand.
Im zweiten Rechtsgang kann X deshalb im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht ergänzend zu den Fahrtenbüchern weitere Belege vorlegen, um die fast ausschließliche betriebliche Nutzung des Pkw zu dokumentieren.
- Zur Schussbesprechung in Zeiten von Corona
In Corona-Zeiten finden Schlussbesprechungen nach einer Betriebsprüfung häufig telefonisch statt. Lehnt jedoch der Steuerpflichtige das Angebot des Außenprüfers ab, eine telefonische Schlussbesprechung abzuhalten, darf der Außenprüfer von einem Verzicht des Steuerpflichtigen auf deren Durchführung ausgehen. Denn es besteht kein Anspruch auf Durchführung einer Schlussbesprechung unter Anwesenheit der Teilnehmer.
Hintergrund
Die Steuerpflichtige wollte, dass zum Abschluss einer bei ihr durchgeführten Betriebsprüfung eine Schlussbesprechung stattfindet. Aufgrund der Corona-Pandemie schlug das Finanzamt eine telefonische Schlussbesprechung vor, was die Steuerpflichtige jedoch ablehnte. Das Finanzamt ging aus diesem Grund in seinem endgültigen Betriebsprüfungsbericht davon aus, dass an einer Schlussbesprechung kein Interesse bestand.
Die Steuerpflichtige wollte daraufhin im Wege einer einstweiligen Anordnung die Durchführung einer Schlussbesprechung unter Anwesenheit der Beteiligten erreichen. Ihrer Ansicht nach durften vor der von ihrer begehrten Schlussbesprechung keine Änderungsbescheide aufgrund der Betriebsprüfung ergehen.
Entscheidung
Die Klage hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg. Das Finanzgericht lehnte den Antrag ab, weil es keinen Anspruch für die von der Steuerpflichtigen beantragte Anordnung sah. Zwar ist über das Ergebnis einer Außenprüfung grundsätzlich eine Schlussbesprechung abzuhalten. Diese müsse jedoch nicht unter Anwesenheit erfolgen. § 201 Abs. 1 Satz 1 AO macht insoweit keine Vorgaben zum Ort sowie der Art und Weise der Durchführung einer Schlussbesprechung. Die Prüfungsfeststellungen könnten auch in einem telefonischen Gespräch erörtert werden. Das entsprechende Angebot des Finanzamts zu einer telefonischen Besprechung lehnte die Steuerpflichtige mehrfach ab. Das Finanzamt durfte deshalb zu Recht von einem Verzicht auf die Durchführung einer Schlussbesprechung ausgehen.
April 2021
- Computer und Software: Nutzungsdauer von 3 Jahren ist passé
Computer wurden bisher über eine Nutzungsdauer von 3 Jahren abgeschrieben. Künftig gilt eine Nutzungsdauer von nur noch 1 Jahr.
Neue Nutzungsdauer
Die bisherige Nutzungsdauer wird von grundsätzlich 3 Jahren auf nur noch 1 Jahr verkürzt.
Für welche Hard- und Software gilt das?
Die Finanzverwaltung rechnet der "Computerhardware" praktisch sämtliche Wirtschaftsgüter einer PC-Anlage und deren Peripherie zu. Konkret genannt und definiert werden:
Computer,
Desktop-Computer,
Notebook-Computer (wie z. B. Tablet, Slate, oder mobiler Thin-Client),
Desktop-Thin-Client,
Workstation,
mobile Workstation,
Small-Scale-Server,
Dockingstation,
externes Netzteil,
Peripherie-Geräte (wie z.B. Tastatur, Maus, Scanner, Kamera, Mikrofon, Headset),
externe Speicher (Festplatte, DVD-/CD-Laufwerk, USB-Stick, Streamer),
Ausgabegeräte (wie z. B. Beamer, Plotter, Headset, Lautsprecher, Monitor oder Display), sowie
Drucker (Laser-, Tintenstrahl- oder Nadeldrucker).
Diese Aufzählung soll abschließend sein. Auch müssen die Geräte den EU-Vorgaben für umweltgerechte Gestaltung von Computern und Computerservern entsprechen.
Unter Software wird jegliche Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und -verarbeitung gefasst. Dazu rechnen auch die nicht technisch physikalischen Anwendungsprogramme eines Systems zur Datenverarbeitung, alle Standardanwendungen, doch auch individuell abgestimmte Anwendungen (z. B. ERP-Software, Software für Warenwirtschaftssysteme, etc.).
Inkrafttreten
Die neue Regelung gilt für alle Gewinnermittlungen für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 enden. Zudem kann in dem nach dem 31.12.2020 endenden Wirtschaftsjahr der Restbuchwert von bereits zuvor angeschafften bzw. hergestellten Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens vollends abgeschrieben werden. Diese Regeln gelten ab dem Veranlagungszeitraum 2021 auch für Wirtschaftsgüter des Privatvermögens. Damit ist die bisherige AfA-Tabelle letztmals in Wirtschaftsjahren anzuwenden, die vor dem 1.1.2021 enden.
- Gemischt genutzte Gebäude: Wie wird die Vorsteuer aufgeteilt?
Bei gemischt genutzten Gebäuden mit erheblichen Ausstattungsunterschieden müssen die Vorsteuerbeträge nach dem objektbezogenen Umsatzschlüssel aufgeteilt werden. Der Bundesfinanzhof bestätigt insoweit seine bisherige Rechtsprechung.
Hintergrund
Die X-KG errichtete in den Jahren 2009 und 2010 einen Gebäudekomplex ("Stadtteilzentrum"). Dazu gehörten ein umsatzsteuerpflichtig verpachteter Supermarkt und eine umsatzsteuerfrei vermietete Wohnanlage. Zur Vorsteueraufteilung wählte sie in ihren Umsatzsteuer-Erklärungen zunächst den Flächenschlüssel, sodass nur rund 1/3 der Vorsteuer abziehbar war. Das Finanzamt folgte zunächst dieser Aufteilung. Später machte X geltend, dass wegen der stark unterschiedlichen Ausstattung der Gebäudeteile der Umsatzschlüssel anzuwenden war, sodass X rund die Hälfte der Vorsteuer abziehen könnte.
Sowohl Finanzamt als auch Finanzgericht lehnten die Anwendung des Umsatzschlüssels ab. Sie hielten den Flächenschlüssel für sachgerecht, da die Eingangsbezüge trotz der erheblichen Ausstattungsunterschiede von Supermarkt und Wohnanlage im Wesentlichen gleichartig waren.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof war anderer Ansicht und hob das Finanzgerichtsurteil auf. Denn bei erheblichen Unterschieden in der Ausstattung der Räumlichkeiten ist nicht der Flächenschlüssel, sondern der objektbezogene Umsatzschlüssel sachgerecht.
Für die Aufteilung gelten folgende Grundsätze:
In einer ersten Phase (Phase der direkten und unmittelbaren Zuordnung) sind die auf der Eingangsstufe erworbenen Gegenstände und Dienstleistungen zunächst den verschiedenen Ausgangsumsätzen zuzuordnen. Für die Herstellungskosten ist davon auszugehen, dass nicht ein bestimmter Gebäudeteil, sondern ein bestimmter Prozentsatz des Gebäudes für steuerpflichtige bzw. steuerfreie Umsätze genutzt wird. Eine räumlich-gegenständliche Zuordnung scheidet hier aus. Denn bei einem späteren Tausch solcher Räume (der zu keiner prozentualen Änderung der Quote führt) besteht keine Möglichkeit zur Vorsteuerberichtigung.
In einer zweiten Phase (Aufteilung der in Phase 1 nicht direkt und unmittelbar zugeordneten Vorsteuerbeträge) ist bei der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes grundsätzlich eine Vorsteueraufteilung nach dem objektbezogenen Flächenschlüssel vorzunehmen. Bestehen aber erhebliche Unterschiede in der Ausstattung der verschiedenen Zwecken dienenden Räume oder ist eine Aufteilung nach dem Flächenschlüssel aus sonstigen Gründen nicht präziser, sind die Vorsteuerbeträge nach einem (objektbezogenen) Umsatzschlüssel aufzuteilen.
Die Annahme des Finanzgerichts, dass die Eingangsleistungen nach dem Flächenschlüssel aufzuteilen sind, weil sich die Eingangsleistungen gleichmäßig auf die Flächen verteilten, widerspricht dieser Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Dabei hat das Finanzgericht auch nicht ausreichend beachtet, dass die Aufteilung der Eingangsleistungen für die Errichtung prozentual und nicht räumlich-gegenständlich vorzunehmen ist. Dies verbietet die Betrachtung von konkreten Baukosten einzelner konkreter Teile des einheitlichen Gebäudes, weil keine Berichtigung vorzunehmen ist, wenn z. B. später Räume getauscht werden, ohne dass sich der prozentuale Anteil der steuerpflichtigen Nutzung ändert.
Der Flächenschlüssel ist darüber hinaus nur anzuwenden, wenn er präziser ist als ein Umsatzschlüssel. Der Bundesfinanzhof hat dies dahingehend präzisiert, dass dies nur dann gilt, wenn der Flächenschlüssel nicht nur genauer ist als der Gesamtumsatzschlüssel, sondern auch genauer ist als ein objektbezogener Umsatzschlüssel.
Der Bundesfinanzhof verwies die Sache an das Finanzgericht zurück, da die Höhe der Vorsteuerbeträge und das Vorliegen entsprechender Rechnungen unklar geblieben waren.
- Innergemeinschaftlicher Pkw-Verkauf und die formellen Nachweispflichten
Eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung liegt grundsätzlich nicht vor, wenn der Lieferer seinen Nachweispflichten nicht nachkommt. Eine Ausnahme besteht dann, wenn aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass der gelieferte Pkw in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist.
Hintergrund
Bei der Klägerin, einer Fahrzeugverkäuferin, bestellte die in Italien ansässige Firma E. am 14.8.2017 einen gebrauchten Pkw unter Benennung einer gültigen italienischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.). Der Pkw wurde am 22.8.2017 von Herrn D. am Unternehmenssitz der Klägerin unter Vorlage seines italienischen Passes sowie einer auf D. ausgestellte Vollmacht der Firma E. abgeholt. Der Kaufpreis wurde per Banküberweisung vor der Abholung des Pkw bezahlt. Die Klägerin erklärte den Verkauf in der Umsatzsteuererklärung und in der Zusammenfassenden Meldung als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung. In der ohne Umsatzsteuerausweis erteilten Rechnung fehlte jedoch der erforderliche Hinweis auf die Steuerfreiheit gem. § 6a UStG.
Laut Auskunft der italienischen Finanzverwaltung hatte die Erwerberin E. den Pkw-Kauf in Italien nicht als korrespondierenden innergemeinschaftlichen Erwerb gemeldet. Daraufhin behandelte das Finanzamt der Klägerin den Pkw-Verkauf als umsatzsteuerpflichtig, da z. B. eine Gelangensbestätigung der Erwerberin E. nicht vorlag.
Laut einem von der Klägerin eingeholten Online-Auszug aus einem Fahrzeugmelderegister in Italien wurde der gelieferte Pkw am 26.9.2017 in Italien angemeldet – jedoch ohne Benennung des Anmelders. Nach Auffassung der Klägerin war ihr damit der Beweis des Gelangens des Pkw nach Italien gelungen.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Für die Steuerfreiheit nach § 6a UStG hat der Lieferer nachzuweisen, dass er oder der Abnehmer den Liefergegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat. Als eindeutig und leicht nachprüfbar gilt insbesondere ein Nachweis durch das Doppel der Rechnung und die sog. Gelangensbestätigung, mit der der Abnehmer bestätigt, dass der Liefergegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist. Vorliegend fehlt jedoch eine durch die Erwerberin ausgestellte Gelangensbestätigung. Anstatt der Gelangensbestätigung reicht bei der Lieferung von durch den Abnehmer beförderten Fahrzeugen, für die eine Zulassung für den Straßenverkehr erforderlich ist, ein Nachweis über die Zulassung des Fahrzeugs auf den Erwerber im Bestimmungsland der Lieferung. Dies gilt grundsätzlich auch für Lieferungen an einen im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Fahrzeughändler. Vorliegend fehlt jedoch der Nachweis, dass der Pkw auf die Firma E. in Italien zugelassen worden ist. Weder anhand des Online-Auszugs noch aus der Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamtes ist erkennbar, auf wen das Fahrzeug in Italien zugelassen wurde.
Trotz Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten kommt die Steuerfreiheit ausnahmsweise infrage, wenn aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die gelieferten Pkw zum Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurden. Vorliegend steht jedoch nach der objektiven Beweislage nicht fest, dass der Abholer D. den Pkw bestimmungsgemäß an die Firma E. nach Italien befördert hat. Es besteht die Möglichkeit, dass der Pkw z. B. von der Firma E. noch in Deutschland weiterveräußert und an einen in Italien ansässigen Dritterwerber befördert worden ist. Dafür spricht wiederum, dass die Firma E. zumindest in Italien keinen zum Verkauf des Fahrzeugs korrespondierenden innergemeinschaftlichen Erwerb angemeldet hat.
Schließlich scheitert die Steuerfreiheit der Pkw-Lieferung auch am Fehlen des Rechnungshinweises auf die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung. Dieser Hinweis ist erforderlich, um dem Erwerber vor Augen zu führen, dass er den innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern hat.
- Tätigkeitsvergütungen für Kommanditisten: erweiterte Gewinnkürzung?
Die erweiterte Gewinnkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist bei Personengesellschaften für Tätigkeitsvergütungen an Gesellschafter nicht möglich. Eine teleologischen Reduktion dieser Norm ist nicht angezeigt.
Hintergrund
Eine GmbH & Co. KG ist im Bereich der Vermietung eigener Immobilien tätig. Neben der A-GmbH als Komplementärin gibt es 8 Kommanditisten. Diese halten ihre Beteiligung an der KG jeweils im Privatvermögen. Das Finanzamt verwehrte der KG die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG insoweit, als der Gewinn aus Gewerbebetrieb auf Tätigkeitsvergütungen für die Kommanditisten entfällt. Dagegen wehrt sich die KG mit ihrer Klage.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt die Haftungsvergütung für die Komplementärin und die Tätigkeitsvergütungen an die Kommanditisten zu Recht von der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags ausgenommen hat. Dieser Ausschluss beruht auf der Regelung des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG, wonach für solche Sondervergütungen die erweitere Kürzung nicht in Anspruch genommen werden kann.
Zudem verneint das Finanzgericht eine von der KG beantragte einschränkende Auslegung des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG. Einer teleologischen Reduktion steht der eindeutige Wortlaut der Vorschrift entgegen. Auch ist für das Finanzgericht keine verdeckte Regelungslücke ersichtlich, wonach die Norm nach ihrem Zweck auf eine bestimmte Gruppe von Fällen nicht anzuwenden wäre. Die Richter sehen keinen triftigen Grund, dass für im Privatvermögen gehaltene KG-Beteiligungen der Wortlaut nach dem Sinn und Zweck der Norm zu weit geraten sei. So sei nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber die Anwendung nur auf missbräuchliche Bankenbeteiligungsmodelle beschränken wollte.
- Vorsteuerabzug einer Funktionsholding: Vorlage an den EuGH
Bezieht eine Funktionsholding Dienstleistungen von Dritten, die sie gegen die Gewährung einer Beteiligung am allgemeinen Gewinn in die Tochtergesellschaften einlegt, stellt sich die Frage, ob ihr das Recht auf Vorsteuerabzug für diese Dienstleistungen zusteht. Eine Antwort muss nun der EuGH finden.
Hintergrund
Die A-GmbH war gemeinsam mit anderen Gesellschaftern als Kommanditistin an der X-KG und der Y-KG beteiligt. Diese errichteten Bauobjekte und veräußerten die einzelnen Wohneinheiten überwiegend umsatzsteuerfrei. Während die anderen KG-Gesellschafter Bareinlagen zu erbringen hatten, erbrachte die A-GmbH unentgeltliche Dienstleistungen für X/Y in Form von Architektenleistungen, Planungen, Vertrieb. Außerdem sollte sie gegen Entgelt Buchführungs- und Geschäftsführungsleistungen erbringen. Die von der GmbH als Gesellschafterbeitrag geschuldeten Dienstleistungen wurden nicht nur von dritten Unternehmern erbracht, sondern teilweise von ihr selbst mit eigenem Personal und Gerät.
Das Finanzamt ging davon aus, dass die unentgeltlichen Gesellschafterbeiträge der GmbH für X/Y nichtsteuerbare Tätigkeiten darstellten, da sie nicht der Erzielung von Einnahmen im umsatzsteuerlichen Sinn dienten und deshalb nicht der unternehmerischen Tätigkeit der GmbH zuzuordnen waren. Den Vorsteuerabzug verweigerte das Finanzamt insoweit.
Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass die Erbringung von Sachleistungen als Gesellschafterbeitrag Teil der unternehmerischen Tätigkeit der aktiven Beteiligungsverwaltung war.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof setzte das Revisionsverfahren aus und legte die Problematik dem EuGH zur Entscheidung vor.
Insbesondere ist fraglich, ob dem Vorsteuerabzug entgegensteht, dass die KGs steuerfreie Ausgangsumsätze erbracht haben. Die Leistungen könnten nicht für das Unternehmen der GmbH und ihre besteuerten Umsätze bezogen sein, da sie in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit den weitgehend umsatzsteuerfreien Tätigkeiten der Tochtergesellschaften stehen. Die GmbH könnte die Leistungen letztlich nicht für ihr eigenes Unternehmen bezogen haben, sondern für die Unternehmen ihrer Töchter. Sie stünden dann im Zusammenhang mit den steuerfreien Umsätzen der Tochtergesellschaften. Wenn die GmbH den Einkauf für die jeweilige Tochter auf eigene Rechnung übernimmt und anschließend die eingekauften Leistungen in ihre Tochter einlegt, könnte in einem solchen "Durchleitungsfall" der Leistungsbezug für das Unternehmen der GmbH zu verneinen sein. Denn mit den von der GmbH an die Töchter erbrachten Leistungen oder ihrer eigenen Stellung als geschäftsleitende Holding hätte dies nichts zu tun.
Bei grundsätzlicher Bejahung des Vorsteuerabzugs ist fraglich, ob die Zwischenschaltung einer Muttergesellschaft in den Leistungsbezug der Tochtergesellschaft zur Erlangung eines an sich nicht zustehenden Vorsteuerabzugs typischerweise rechtsmissbräuchlich ist. Es stellt sich die Frage, ob aus Gründen der Systematik und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen (Bevorzugung von Holding-Konstruktionen gegenüber einstufigen Unternehmen) typischerweise von einem Missbrauch auszugehen ist, auch wenn (angebliche) außersteuerrechtliche Gründe geltend gemacht werden.
- Wenn ein Unternehmen keinen Erfolg hat: Vorsteuerberichtigung ja oder nein?
Wenn bei einem gemischt genutzten Gegenstand die Verwendung für steuerpflichtige Umsätze entfällt, die Verwendung für steuerfreie Umsätze dagegen fortdauert, berechtigt dies das Finanzamt zu einer Vorsteuerberichtigung.
Hintergrund
Eine GmbH betreibt ein Alten- und Pflegeheim, was eine umsatzsteuerfreie Tätigkeit darstellt. Im Jahr 2003 errichtete sie in einem Anbau eine Cafeteria, die für Besucher und für Heimbewohner zugänglich war. Die GmbH vertrat die Auffassung, dass sie die Cafeteria ausschließlich für steuerpflichtige Umsätze nutzte. Das Finanzamt nahm dagegen eine steuerfreie Nutzung zu 10 % an, da auch Versammlungen der Heimbewohner dort stattfanden, und korrigierte die Vorsteuer entsprechend.
Das Finanzamt war der Ansicht, dass die GmbH in 2008 den Betrieb der Cafeteria eingestellt hatte. Aufgrund der weiterhin bestehenden Nutzung durch die Heimbewohner änderte sich das Nutzungsverhältnis auf eine nunmehr 100 %ige Nutzung durch Heimbewohner. Dementsprechend berichtigte das Finanzamt den Vorsteuerabzug für die Jahre 2009 bis 2012.
Die GmbH wandte ein, dass die Nutzung durch die Heimbewohner nach wie vor lediglich 10 % betrug. Wegen der entsprechenden Verwendungsabsicht sei auf den Leerstand weiterhin die Nutzung als Café anzuwenden.
Entscheidung
Entfällt bei einem zunächst gemischt für steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze genutzten Gegenstand die Verwendung für die steuerpflichtigen Umsätze, setzt der Unternehmer jedoch die Verwendung für die steuerfreien Umsätze fort, kann dies zu einer Vorsteuerberichtigung führen. Dagegen bewirkt der bloße Leerstand ohne Verwendungsabsicht keine Änderung der Verhältnisse.
Werden die Räume weiterhin genutzt, und zwar nunmehr ausschließlich für steuerbefreite Umsätze, liegt eine Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse vor, die zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs führt.
Bei einem bloßen Leerstand tätigt der Unternehmer dagegen überhaupt keine Umsätze. Eine Berichtigung kommt nicht in Betracht.
Im vorliegenden Fall ist somit entscheidend, ob die Räume der Cafeteria leer standen oder nunmehr ausschließlich im Rahmen steuerfreier Umsätze genutzt wurden. Das Finanzgericht ging davon aus, dass nur die "steuerpflichtige Nutzung durch die auswärtigen Besucher weggefallen" war, während die Nutzung durch die Heimbewohner "im bisherigen Umfang" fortgesetzt wurde. Entscheidend ist jedoch, ob die Räume der Cafeteria verschlossen waren und eine nur punktuelle Verwendung für Veranstaltungen des Heims mit einem Leerstand ohne Verwendungsabsicht im Übrigen vorlag. Denn im Umfang eines derartigen Leerstands liegt keine Nutzung für steuerfreie Umsätze vor. Für diesen Fall käme nur eine anteilige Vorsteuerberichtigung im Umfang der Verwendung für die (steuerfreien) Veranstaltungen, nicht aber eine vollumfängliche Berichtigung für das gesamte Jahr in Betracht. Hierzu sind vom Finanzgericht in einem zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen.
- Zur Finanzierung einer stillen Beteiligung und Hinzurechnung von Schuldzinsen
Wendet ein Mitunternehmer Schuldzinsen im Zusammenhang mit dem Erwerb einer mitunternehmerischen Beteiligung an einem Finanzdienstleistungsinstitut auf, können diese von der Hinzurechnung zum Gewinn aus Gewerbebetrieb ausgenommen sein.
Hintergrund
Die M-KG führte in den Jahren 2009 bis 2013 ausschließlich Finanzierungsleasing und damit Finanzdienstleistungen i. S. v. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 10 Kreditwesengesetz (KWG) durch. In den Jahren 2009 bis 2013 bestand eine stille Beteiligung der L-KG an der M-KG. Die L-KG hatte ihre Einlage zum Teil fremdfinanziert. Die dafür von der L-KG aufgewandten Zinsen machte die M-KG im Rahmen ihrer Gewinnfeststellungserklärungen als Sonderbetriebsausgaben der L-KG geltend.
Das Finanzamt ging davon aus, dass die von der L-KG zur Finanzierung ihrer Einlage bei der M-KG gezahlten Schuldentgelte dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen sind.
Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage ab.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Dieses muss bei einer weiteren Sachaufklärung klären, ob eine typisch oder atypisch stille Beteiligung vorliegt. Danach entscheidet sich die Frage der Hinzurechnung.
Die typisch stille Beteiligung wird ertragsteuerrechtlich trotz ihres gesellschaftsrechtlichen Charakters wie eine Kapitalforderung behandelt. Sie ist keine Mitunternehmerschaft. Die Gesellschafter können deshalb kein Sonderbetriebsvermögen haben, denn Sonderbetriebsvermögen setzt eine mitunternehmerische Beteiligung voraus. Wird im Streitfall eine typische stille Beteiligung angenommen, hätte dies einerseits die Wirkung, dass die Hinzurechnung der Zinsen beim Gewinn unterbleiben müsste. Andererseits wäre der gesamte, bisher berücksichtigte Betriebsausgabenabzug der von der L-KG gezahlten Schuldentgelte beim Gewerbeertrag ausgeschlossen. Einer dadurch rechnerisch möglichen gewerbesteuerlichen Verschlechterung stünde allerdings das finanzgerichtliche Verböserungsverbot entgegen, sodass im Ergebnis die Klage erfolglos wäre.
Bestand zwischen der L-KG und der M-KG dagegen eine atypisch stille Gesellschaft (Mitunternehmerschaft), mindern die von der L-KG geleisteten Zinsen für das Darlehen zur Finanzierung ihrer Beteiligung den Gewerbeertrag der Gesellschaft. Denn Darlehen zur Finanzierung der Beteiligung des Mitunternehmers an der Mitunternehmerschaft sind passives Sonderbetriebsvermögen II des Mitunternehmers bei der Mitunternehmerschaft. Die dafür geleisteten Schuldzinsen sind Sonderbetriebsausgaben dieses Mitunternehmers. Sie mindern den Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft.
Die als Sonderbetriebsausgaben abziehbaren Zinsen wären allerdings nicht hinzuzurechnen. Denn nach § 19 Abs. 4 Satz 1 GewStDV unterbleibt eine Hinzurechnung von Schuldentgelten bei Finanzdienstleistungsinstituten, soweit die Entgelte unmittelbar auf Finanzdienstleistungen i. S. d. § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG entfallen. Der erforderliche Zusammenhang ist weit zu verstehen. Es genügt ein notwendiger Veranlassungszusammenhang zwischen Schuldzins und privilegierter Finanzdienstleistung. Deshalb ist die Ausnahme von der Hinzurechnung auch auf indirekt zuordenbare Aufwendungen zu erstrecken, wenn diese den Finanzdienstleistungen nach einem sachgerechten Verteilungsschlüssel zugeordnet werden können.
Die Zuordnung von Schuldzins zur privilegierten Finanzdienstleistung kann sich auch aus dem Verwendungszweck des Darlehens ergeben, wenn das Kapital ausschließlich zur Finanzierung der Finanzdienstleistungen und nicht für andere Tätigkeiten des Finanzdienstleistungsinstituts eingesetzt wird. So verstanden erfasst der Wortlaut des § 19 Abs. 4 GewStDV auch Schuldentgelte aus dem Sonderbetriebsvermögen, die der Finanzierung eines Darlehens dienen, mit dem eine Einlage bei einem als atypisch stille Gesellschaft organisierten Finanzdienstleistungsinstitut finanziert wird, das – wie im vorliegenden Fall – ausschließlich Finanzdienstleistungen i. S. v. § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG erbringt.
März 2021
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Einheitsbewertung: Wie eine Überschwemmungsgefahr für ein Grundstück berücksichtigt werden kann
Bei der Ermittlung des Einheitswerts für ein Grundstück ist eine bestehende Hochwassergefahr zu berücksichtigen. Wie hoch dieser Abschlag ist, ist im jeweiligen Einzelfall zu bestimmen.
Hintergrund
Ein Grundstück war durch Überschwemmungen am Oberlauf eines Flusses wie auch durch Oberflächenwasser angesichts der Tallage mit beidseitigen Berghängen gekennzeichnet. Das Finanzamt berücksichtigte deshalb bei der Feststellung des Einheitswerts einen Abschlag i. H. v. 36 %. Der Grundstückeigentümer und Kläger sah dagegen einen Abschlag i. H. v. 60 % als gerechtfertigt an.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass der Einheitswert für das im Beitrittsgebiet gelegene Grundstück nach dem Sachwertverfahren mit einer Wertrückrechnung auf den 1.1.1935 zu ermitteln war. Bei sog. Schadensgefahren (z. B. Berg-, Wasser- und Erschütterungsschäden) kann eine Ermäßigung von bis zu 60 % des Gebäudenormalherstellungswerts in Betracht kommen. Bei einer Hochwassergefahr, die deutlich über ein sog. Jahrhunderthochwasserereignis hinausgeht, werden durch einen Abschlag die zeitweise nicht mögliche Nutzung des Gebäudes ebenso mit eingerechnet wie die nur eingeschränkte Nutzung von wasserempfindlichem Inventar von gewisser Wertigkeit.
Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, dass ein Abschlag von insgesamt 36 % zutreffend war. Dieser setzt sich zusammen aus 25 % wegen Schadensgefahren und 11 % wegen durch Hochwasser bedingter behebbarer Bauschäden. Ein weitergehender Abschlag wäre nur möglich gewesen für Umstände, die das Gebäude nahezu unbenutzbar machen würden. Diese lagen hier jedoch nicht vor.
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Gewerbesteuer bei Erträgen aus der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes
Wird fremder Grundbesitz an- und weitervermietet, während auch eigener Grundbesitz überlassen wird, verstößt dies nicht gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Voraussetzung ist, dass die An- und Weitervermietung zwingend notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Überlassung des eigenen Grundbesitzes ist und nur einen geringfügigen Umfang hat.
Hintergrund
Zum Vermögen der X-KG gehörten verschiedene Grundstücke, die an Dritte vermietet wurden, und zwar ein eigenes Grundstücks (Flurstück 1) und ein Teil des Nachbargrundstücks (Flurstück 2). Die Grundstücke waren mit Erbbaurechten zugunsten der X und diese mit Untererbbaurechten belastet.
Untererbbauberechtigte des Flurstücks 1 war die X-KG, des Flurstücks 2 die H-KG.
Hinsichtlich einer Teilfläche des Flurstücks 2 bestand eine Grunddienstbarkeit über ein Geh- und Fahrtrecht zugunsten des Untererbbauberechtigten des Flurstücks 1 (X-KG). Daneben bestand eine schuldrechtliche Abrede, nach der bei Nutzung der auf der Teilfläche errichteten Halle zur Warenannahme (sog. Lieferschlauch) ein Entgelt geschuldet wurde.
Die X-KG vermietete beide Flurstücke in einem einheitlichen Mietvertrag an die S-GmbH und zahlte ein Nutzungsentgelt an die H-KG.
Das Finanzamt versagte wegen der Mitvermietung des nicht im Eigentum der X-KG stehenden Lieferschlauchs die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.
Das Finanzgericht gab der Klage statt, da die Überlassung des Lieferschlauchs zwingend notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung war.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof folgte der Entscheidung des Finanzgerichts. Die an die Stelle der einfachen Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG tretende sog. erweiterte Kürzung nach Satz 2 hat den Zweck, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben, freizustellen.
Die geforderte ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes bedeutet, dass grundsätzlich nur die begünstigte Tätigkeit ausgeübt werden darf und es sich ausnahmslos um eigenen Grundbesitz handeln muss. Nebentätigkeiten sind jedoch ausnahmsweise nicht begünstigungsschädlich, wenn sie der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im engeren Sinn dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden können. Die An- und Weitervermietung fremden Grundbesitzes neben der Überlassung eigenen Grundbesitzes führt demnach, wenn der Umfang dieser Tätigkeit gering ist, nicht zur Versagung der erweiterten Kürzung.
Ein Erbbaurecht einschließlich des vom Erbbauberechtigten errichteten Gebäudes ist eigener Grundbesitz i. S. d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Das Erbbaurecht ist als dingliches Recht bürgerlich-rechtlich dem Grundstück gleichgestellt. Mit seiner Bestellung scheidet das Grundstück aus dem Grundbesitz des Eigentümers aus und ist künftig dem Grundbesitz des Erbbauberechtigten zuzurechnen. Ist an dem Erbbaurecht ein Untererbbaurecht bestellt, ist das Grundstück dementsprechend ab Bestellung des Untererbbaurechts dem eigenen Grundbesitz des Untererbbauberechtigten zuzurechnen. Ist eine Dienstbarkeit für ein Erbbaurecht bestellt, gehört sie zum Grundbesitz des Erbbauberechtigten.
Die Untervermietung des über dem Fahrweg errichteten nicht im Eigentum der X-KG stehenden Hallengebäudes war zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Nutzung des Geh- und Fahrtrechts. Die zum eigenen Grundbesitz der X-KG gehörende Dienstbarkeit (Geh- und Fahrtrecht) konnte wirtschaftlich sinnvoll nur durch Mitvermietung des auf dem dienenden Grundstücksteil befindlichen Teils des Hallengebäudes genutzt werden.
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Rücklagen zur Ersatzbeschaffung: Reinvestitionsfristen werden verlängert
Die Reinvestitionsfristen zu einer Rücklage für Ersatzbeschaffung werden vorübergehend verlängert, und zwar um 1 Jahr. Dies hat das BMF jetzt verfügt.
Hintergrund
Kommt es z.B. durch höhere Gewalt oder um einen behördlichen Eingriff zu vermeiden zu einer Realisierung von stillen Reserven, lässt die Finanzverwaltung zu, dass die aufgedeckten stillen Reserven auf andere Wirtschaftsgüter als Ersatzbeschaffung übertragen werden. Diese Ersatzbeschaffung muss allerdings innerhalb einer sog. Reinvestitionsfrist erfolgen. Die Frist beträgt grundsätzlich 1 Jahr (bis zum Ende des darauffolgenden Bilanzstichtags). Wenn die Ersatzbeschaffung ernstlich geplant oder bestellt ist, sind bis zu 4 Jahre Reinvestitionsfrist möglich. Bei Grund und Boden, Aufwuchs, Gebäude oder Binnenschiffen beträgt die Frist grundsätzlich 4 Jahre, bei neu hergestellten Gebäuden bis zu 6 Jahre.
Erst wenn danach noch keine Reinvestition erfolgt ist, muss die Rücklage Gewinn erhöhend aufgelöst werden.
BMF-Schreiben
Alle Reinvestitionsfristen, die regulär in einem nach dem 29.2.2020 und vor dem 1.1.2021 endenden Wirtschaftsjahr ablaufen würden, werden verlängert. Diese vorübergehende Verlängerung erfolgt um 1 Jahr. Diese Fristverlängerung erfolgt angesichts der vielfältigen Probleme durch "Corona".
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Übertragung einer § 6b-Rücklage auf eine KG-Beteiligung: Verfahrensrechtliche Fragen
Wie ist die Übertragung eines Veräußerungsgewinns nach § 6b EStG auf anteilige Anschaffungs- und Herstellungskosten einer Personengesellschaft, an der der Veräußerer mitunternehmerisch beteiligt ist, vorzunehmen? Zu dieser Frage soll das BMF Stellung nehmen.
Hintergrund
X übertrug eine in seinem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nach Veräußerung einer Fläche gebildete Rücklage auf eine Beteiligung an einer KG. Er ging davon aus, dass er die Rücklage i. H. v. 400.000 EUR auf seine anteiligen Anschaffungs- und Herstellungskosten als Mitunternehmer der S-KG übertragen konnte. Das Finanzamt veranlagte zunächst erklärungsgemäß, lehnte jedoch später nach einer Außenprüfung die Übertragung ab. Das Finanzamt war der Ansicht, dass wegen der Veräußerung zwischen 1.1.1999 bis 31.12.2001 eine Übertragung ausschied, da nach damaliger Rechtslage für diesen Zeitraum keine rechtsträgerübergreifende, sondern nur eine rechtsträgerbezogene Übertragung möglich war.
X erhob Klage dagegen, die vom Finanzgericht jedoch abgewiesen wurde.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof gibt dem BMF Gelegenheit, sich an dem Verfahren zu beteiligen und führt dazu aus: Für Gewinne aus Veräußerungen bis zum 31.12.1998 und ab dem 1.1.2002 ist die Übertragung der Rücklage nicht auf Reinvestitionsgüter beschränkt, die im Alleineigentum des Veräußerers stehen und dem Veräußerungsbetrieb zuzuordnen sind. Die Übertragung kann u.a. auf Reinvestitionsgüter erfolgen, die zum Gesamthandsvermögen einer anderen Personengesellschaft gehören, an der der Veräußerer als Mitunternehmer beteiligt ist, soweit diese Wirtschaftsgüter ihm anteilig zuzurechnen sind.
Das Wahlrecht, eine Reinvestitionsrücklage zu bilden, ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in der Steuerbilanz des veräußernden Betriebs auszuüben. Bildung und Auflösung der Rücklage müssen in dessen Buchführung verfolgbar sein. Im vorliegenden Fall ist entscheidend, in welchem Festsetzungs- bzw. Feststellungsverfahren darüber zu befinden ist, ob und ggf. in welcher Höhe die Voraussetzungen für eine Bildung der Rücklage erfüllt sind, und ob und ggf. in welchem Umfang und auf welche Wirtschaftsgüter einer Mitunternehmerschaft, an der der Veräußerer beteiligt ist, der in die Rücklage eingestellte Gewinn übertragen werden kann.
Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs gibt es diese Lösungsmöglichkeiten:
Zum einen kann die bindende Entscheidung sowohl über die Berechtigung zur Rücklagenbildung als auch zur Übertragung in den Veranlagungsverfahren für den veräußernden Betrieb zu treffen sein. Denn das Wahlrecht zur Rücklagenbildung ist in diesem Betrieb auszuüben und nicht übertragene Gewinne sind Bestandteil des Gewinns dieses Betriebs. Soll der Gewinn auf Wirtschaftsgüter einer Personengesellschaft übertragen werden, wären die Einkommensteuer-Bescheide bzw. Gewinnfeststellungsbescheide im Jahr der Rücklagenbildung und im Jahr der Auflösung der Rücklage Grundlagenbescheide für Feststellungsbescheide über den Gewinn der Gesellschaft. Rechtsschutz besteht ausschließlich gegen die Grundlagenbescheide.
Zum anderen könnte über die Berechtigung zur Rücklagenbildung und Auflösung in Bescheiden betreffend den Veräußerungsbetrieb und über die Übertragung in Bescheiden für den Reinvestitionsbetrieb zu entscheiden sein. Die Bescheide könnten dann wechselbezüglich jeweils Grundlagen- und Folgebescheid sein. Rechtsschutz wäre jeweils dort zu gewähren, wo die Wirkung eines Grundlagenbescheids eintritt.
Weiterhin wäre es möglich, dass über die Bildung der Rücklage und deren Übertragung sowohl in Verfahren betreffend den Veräußerungsbetrieb als auch in Verfahren betreffend den Reinvestitionsbetrieb eigenständig zu entscheiden ist. Die Bescheide ständen dann nicht im Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid und könnten sich materiell widersprechen. Rechtsschutz könnte gegen jeden dieser Bescheide umfassend begehrt werden.
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Verpachtung eines Hallenbads durch eine Gemeinde: Wann liegt ein Betrieb gewerblicher Art vor?
Eine "Verpachtung" i. S. d. § 4 Abs. 4 KStG setzt voraus, dass eine entgeltliche Überlassung vorliegt. Eine solche Entgeltlichkeit liegt jedoch nicht vor, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht der Pächter, sondern der Verpächter die wirtschaftliche Last des vereinbarten Pachtzinses tragen muss.
Hintergrund
Die Stadt verpachtete ab 2007 ihr Hallenbad an eine GmbH. An dieser war sie selbst nicht beteiligt. Die GmbH verpflichtete sich, das Bad für öffentliche Zwecke zu betreiben. Sie zahlte eine Jahrespacht von 5.000 EUR sowie für Reparaturen bis zu 12.000 EUR jährlich. Die Stadt als Verpächterin verpflichtete sich, der GmbH in monatlichen Raten einen fortlaufenden Betriebskostenzuschuss von rund 250.000 EUR jährlich zu leisten. Dieser sollte auch die Pacht sowie die Aufwendungen für Reparaturen abdecken.
Für 2008 erklärte die Stadt einen Verlust von 400.000 EUR aus einem Verpachtungsbetrieb gewerblicher Art. Das Finanzamt lehnte eine Veranlagung zur Körperschaftsteuer für die Jahre 2008 bis 2012 ab, da seiner Ansicht nach kein Verpachtungsbetrieb gewerblicher Art vorlag. Insbesondere war das Bad wegen des geringen Pachtentgelts bei gleichzeitigen hohen Betriebskostenzuschüssen unentgeltlich überlassen worden.
Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass trotz des jährlichen Betriebskostenzuschusses eine entgeltliche Überlassung und damit ein zur Körperschaftsteuer zu veranlagender Betrieb gewerblicher Art vorlag.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und wies die Klage ab. Der Bundesfinanzhof entschied, dass es sich bei der Verpachtung des Hallenbads nicht um einen der Körperschaftsteuer unterliegenden Betrieb gewerblicher Art der Stadt handelte.
Das Bad wurde nicht unmittelbar von der Stadt, sondern von der GmbH als Pächterin betrieben. Nach der Fiktion des § 4 Abs. 4 KStG gilt allerdings die Verpachtung eines Betriebs gewerblicher Art selbst als solcher der verpachtenden Körperschaft. Ein Betrieb gewerblicher Art kann demnach Gegenstand eines Pachtvertrags sein (Verpachtungsbetrieb gewerblicher Art). Das gilt allerdings nur dann, wenn es sich bei dem Betrieb, falls er unmittelbar von der verpachtenden Körperschaft betrieben würde, um einen Betrieb gewerblicher Art i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG handeln würde. Diese Voraussetzungen sind bei dem Badbetrieb dem Grunde nach erfüllt. Es handelt sich um eine nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, die sich von der Gesamtbetätigung der Stadt wirtschaftlich abhebt. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich. Die Fiktion eines Betriebs gewerblicher Art hat letztlich zur Folge, dass die Voraussetzungen eines Betriebs gewerblicher Art in der Person der Stadt und insbesondere das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht nicht mehr zu prüfen sind.
Voraussetzung der gesetzlichen Fiktion ist jedoch, dass der Verpächter die Einrichtung entgeltlich überlässt. Der Begriff der Verpachtung setzt voraus, dass ein vereinbartes Entgelt entrichtet wird. Daran fehlt es hier. Die Pachtzahlungen müssen bei der Bemessung des Betriebskostenzuschusseses berücksichtigt werden, da es sich um Aufwand in Zusammenhang mit dem übernommenen Bäderbetrieb handelt. Denn die Pachtzahlungen gehören vereinbarungsgemäß zu den vom Betriebskostenzuschuss zu deckenden Kosten. Bei wirtschaftlicher Betrachtung orientiert sich der Betriebskostenzuschuss am Aufwand des Badbetriebs und damit im Ergebnis auch an den geleisteten Pachtzahlungen. Damit hat nicht die GmbH als Pächterin, sondern die Stadt als Verpächterin die wirtschaftliche Last des vereinbaren Pachtzinses zu zahlen.
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Wie sich Leasingsonderzahlungen auf die Gesamtkosten des Pkw auswirken
Einnahmenüberschussrechner müssen einmalige Leasingsonderzahlungen für einen Firmenwagen über die Leasingdauer verteilen. Damit fließen diese periodengerecht in die Gesamtkosten des Fahrzeugs für die Kostendeckelung ein.
Hintergrund
Der Kläger ermittelte seinen freiberuflichen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung. Er schloss im Jahr 2011 einen Leasingvertrag über einen betrieblichen Pkw mit einer Laufzeit von 3 Jahren ab. Außerdem leistete er vorab eine Leasingsonderzahlung von 40 % des Kaufpreises i. H. v. 21.888 EUR. Den privaten Nutzungsanteil des Pkw ermittelte der Kläger mit der 1 %-Methode. Für die Jahre 2012 bis 2014 wollte er den Wert der Privatnutzung durch die Regelung zur Kostendeckelung begrenzen.
Nach dieser Regelung dürfen der anzusetzende pauschale Nutzungswert und die nicht abziehbaren Betriebsausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und Familienheimfahrten auf die Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs begrenzt werden.
Der Kläger war der Ansicht, dass in die Gesamtkosten eines Fahrzeugs nur die tatsächlich abgeflossenen Aufwendungen eines Jahres einzubeziehen sind, sodass die Leasingsonderzahlung aus 2011 in den Folgejahren außer Betracht bleiben muss. Das Finanzamt setzte die im Jahr 2011 geleistete Leasingsonderzahlung dagegen anteilig auch in den Jahren 2012 bis 2014 bei den Gesamtkosten des Fahrzeugs an und ließ die Kostendeckelung nicht zu. Dadurch blieb es beim Ansatz der 1 %-Regelung. Der Kläger stellte daraufhin einen Antrag auf abweichende Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen.
Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen hat. Die Leasingsonderzahlung aus dem Jahr 2011 konnte bei der Feststellung der Gesamtkosten periodengerecht auf 3 Jahre verteilt werden. Zwar wird der Begriff der tatsächlich entstandenen Aufwendungen (Gesamtkosten des Fahrzeugs) in der Verwaltungsanweisung zur Kostendeckelung nicht näher konkretisiert. Nach Ansicht des Gerichts sind aber die Kosten im betriebswirtschaftlichen Sinne zugrunde zu legen, sodass auch Leasingsonderzahlungen einzubeziehen sind.
Dabei können auch außerhalb des Veranlagungszeitraums liegende Kosten einbezogen werden. Die Auslegung des Gesamtkostenbegriffs durch den Kläger würde den gesetzlich vorgesehenen Rahmen verlassen, denn gegenüber bilanzierenden Unternehmern würde sich für Einnahmenüberschussrechner ein Steuersparmodell eröffnen, weil letztere nahezu keinen privaten Nutzungsanteil versteuern müssten, wenn sie einen Leasingvertrag mit einer sehr hohen Leasingsonderzahlung abschließen und nahezu keine monatlichen Leasingraten leisten. Der Bilanzierende dagegen müsste die Leasingsonderzahlung als Vorauszahlung abgrenzen und über die Nutzungsdauer verteilen.
Februar 2021
- Anwalt ohne Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen: Ist der Steuerbescheid ungültig?
Auch wenn eine nicht dazu befugte Person für einen Steuerpflichtigen eine Steuererklärung abgibt, wird dadurch der Steuerbescheid nicht ungültig.
Hintergrund
Eine Rechtsanwaltskanzlei, die nicht über die Zulassung zur Hilfeleistung in Steuersachen verfügte, hatte eine Steuererklärung für einen ihrer Mandanten abgegeben. Das Finanzamt akzeptierte die Steuererklärung und erließ einen den Angaben entsprechenden Steuerbescheid.
Nachdem der Mandant mit dem Inhalt des Steuerbescheids nicht einverstanden gewesen war, entzog er der Anwaltskanzlei das Mandat und legte selbst Einspruch beim Finanzamt ein. Er machte geltend, dass bei dem von ihm betriebenen Transportunternehmen die angefallenen Betriebsausgaben für seine Fahrzeuge nicht vollständig berücksichtigt worden waren.
Das Finanzamt lehnte eine Änderung ab. Allein aufgrund des Umstands, dass der Anwalt keine Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen hatte, war der Steuerbescheid nicht ungültig.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Ein Steuerpflichtiger kann sich bei Abgabe der Einkommenssteuererklärung der Hilfe eines Steuerberaters oder einer anderen entsprechend befugten Person bedienen. Voraussetzung ist jedoch, dass die betreffende Person oder Institution zur Hilfeleistung in Steuersachen zugelassen ist.
Allerdings sah das Finanzgericht im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte für eine Herabsetzung der Steuer. Insbesondere hatte der Kläger nach Ansicht des Gerichts nicht plausibel dargelegt, warum die von seinem Rechtsanwalt übermittelten Angaben unzutreffend waren.
- Bei ordnungsgemäßer Buchführung: Finanzamt muss Schätzung gut begründen
Auch wenn der Steuerpflichtige bei der Verprobung des Wareneinsatzes unzureichend mitgewirkt hat, darf das Finanzamt keine Schätzung vornehmen, wenn die Buchführung ordnungsgemäß ist.
Hintergrund
Der Kläger war Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, die vor allem im Handel mit Textilien tätig war. Das Finanzamt führte für die Jahre 2007 bis 2009 eine Betriebsprüfung bei der GmbH durch. Im Betriebsprüfungsbericht wurden keine Buchführungsmängel benannt. Da die Gesellschaft bzw. deren gesetzliche Vertreter jedoch keine Angaben zur Verprobung des Wareneinsatzes, Aufzeichnungen und Unterlagen zu Fehleinkäufen sowie Erläuterungen zu Musterkollektionen oder Warenrücksendungen wegen Qualitätsmängeln gemacht hatte, kam es aufgrund dieser Feststellungen zu einer Hinzuschätzung beim Umsatz und Wareneinsatz der GmbH. Ferner wurde eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe der Musterteile angenommen, da deren betriebliche Veranlassung nicht nachgewiesen wurde. Gleiches erfolgte aufgrund von Reisekosten. In seiner Klage machte der Kläger geltend, dass die Buchführung der GmbH ordnungsgemäß gewesen war. Der Finanzverwaltung waren auch alle Buchführungsunterlagen zur Verfügung gestellt worden.
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Die Hinzuschätzung war nach Ansicht des Finanzgerichts nicht rechtmäßig. Nach § 162 AO darf eine Schätzung erfolgen, wenn Bücher und Aufzeichnungen, die zu führen sind, nicht vorgelegt werden können oder diese der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden können. Eine Buchführung, die den gesetzlichen Vorlagen entspricht, kann regelmäßig der Besteuerung zugrunde gelegt werden, es sei denn, es besteht ein Anlass, an ihrer Richtigkeit zu zweifeln. Eine formell ordnungsgemäße Buchführung hat dabei die Vermutung der sachlichen Richtigkeit für sich. Nur wesentliche Mängel sprechen gegen eine formell richtige Buchführung. Eine fehlerhafte Erfassung von Einnahmen hat die Finanzverwaltung indes nicht festgestellt. Insoweit bestand deshalb keine Schätzungsbefugnis.
Auch die Verprobung des Wareneinsatzes als relativ grobe Prüfungsmethode begründet keine Schätzungsbefugnis. Die Richtigkeitsvermutung einer formell ordnungsgemäßen Buchführung ist nämlich nur entkräftet, wenn das Finanzamt nachweist, dass das Ergebnis nicht zutreffend sein kann. Die Ausführungen der Finanzverwaltung im Prüfungsbericht reichen hierfür nicht aus.
- Betriebsaufspaltung: Erbengemeinschaft als Anteilseignerin der Betriebsgesellschaft
Eine personelle Verflechtung kann vorliegen, wenn nur ein Elternteil an dem einen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte hält, zugleich zusammen mit dem minderjährigen Kind die Mehrheit der Stimmrechte an dem anderen Unternehmen hält und das Vermögenssorgerecht allein beim beteiligten Elternteil liegt. Gilt dies auch bei einer Erbengemeinschaft als Anteilseignerin der Betriebsgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung?
Hintergrund
Die Kläger sind die Rechtsnachfolger des verstorbenen Vaters V. Es besteht eine Erbengemeinschaft aus der Witwe (1/2 Erbteil) und den beiden minderjährigen Kindern (je ¼ Erbteil). V war Gesellschaftergeschäftsführer der V GmbH, an die die Witwe bereits seit Jahren ein Büro- und Lagergrundstück verpachtet hat. Die Witwe wurde im Jahr 2010 zur Geschäftsführerin der GmbH bestellt. Im Jahr 2012 erfolgte die Bestellung der beiden Kinder als weitere Geschäftsführer. Im Rahmen einer Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass mit der Bestellung der Witwe im Jahr 2010 zur Geschäftsführerin eine Beherrschung der GmbH durch die Witwe vorlag, die zu einer personellen Verflechtung und damit zu einer Betriebsaufspaltung führte. Die Betriebsaufspaltung wurde durch die Bestellung der Kinder als weitere Geschäftsführer im Jahr 2012 beendet, sodass ein Aufgabegewinn zu versteuern ist.
Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Klägerin Recht und entschied, dass keine personelle Verflechtung vorlag. Für diese ist es erforderlich, dass die Person, die das Besitzunternehmen beherrscht, in der Lage ist, im Betriebsunternehmen ihren Willen durchzusetzen. Die Witwe hat die GmbH als Betriebsgesellschaft nicht beherrscht, da sie über keine Stimmrechtsmehrheit verfügt hat. Inhaber des Gesellschaftsanteils war nicht die Witwe, sondern die Erbengemeinschaft. Die Witwe konnte innerhalb der Erbengemeinschaft ihren Willen nicht durchsetzen, da sie über lediglich 50 % der Stimmen verfügte. Eine Beherrschung durch die Witwe lag auch nicht deshalb vor, weil ihr die Anteile der damals minderjährigen Kinder zuzurechnen gewesen wären. Nach Ansicht der Finanzverwaltung kann eine personelle Verflechtung vorliegen, wenn nur ein Elternteil an dem einen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte hält, zugleich zusammen mit dem minderjährigen Kind die Mehrheit der Stimmrechte an dem anderen Unternehmen hält und das Vermögenssorgerecht allein beim beteiligten Elternteil liegt. Dieser Auffassung schließt sich das Finanzgericht jedoch nicht an.
- Bewertung eines Grundstücks: Wie gelingt der Nachweis eines geringeren gemeinen Werts?
Für die zeitliche Anwendbarkeit der WertV und der ImmoWertV ist entscheidend, ob sie am Bewertungsstichtag in Kraft waren. Der Zeitpunkt der Gutachtenerstellung spielt für die Anwendung der Verordnungen insoweit keine Rolle.
Hintergrund
X erbte im Jahr 2009 einen Anteil an einem Hausgrundstück. Der standardisierte Grundbesitzwert betrug 4.8 Mio. EUR. X versuchte, mit einem nach der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) erstellten Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. Streitig war insbesondere, wie die untypisch geringe gewerbliche Nutzung zu berücksichtigen war. Der Gutachter hatte dafür den Wert einer anderen Bodenrichtwertzone, in der sich vergleichbar genutzte Grundstücke befinden, übernommen.
Das Finanzgericht wies die Klage ab, da das Gutachten der ImmoWertV widersprach. Die Ableitung des Bodenwerts aus dem Richtwert einer anderen Bodenrichtwertzone sowie die Herleitung des Liegenschaftszinssatzes waren für das Gericht nicht plausibel.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Klage an das Finanzgericht zurück. Für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens sind die Grundbesitzwerte nach §§ 176 bis 198 BewG zu ermitteln. Beim Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts am Bewertungsstichtag ist dieser Wert anzusetzen. Der Steuerpflichtige trägt insoweit die Nachweislast.
Zur Ordnungsmäßigkeit des Gutachtens gehören sowohl die methodische Qualität als auch die zutreffende Erhebung und Dokumentation der Begutachtungsgrundlagen. Die Anforderungen an die methodische Qualität ergeben sich im Wesentlichen aus den §§ 194 ff. BauGB. Daneben sind die WertV i. V. m. den Wertermittlungsrichtlinien und die ImmoWertV, die die WertV ab dem 1.7.2010 abgelöst hat, zu beachten. Die zeitliche Anwendbarkeit richtet sich danach, ob die Regelungen am Bewertungsstichtag in Kraft waren. Die WertV war bis zum 30.6.2010 in Kraft und wurde am 1.7.2010 durch die ImmoWertV abgelöst. Deshalb sind für Bewertungsstichtage bis 30.6.2010 die Vorschriften der WertV und für Bewertungsstichtage ab 1.7.2010 die Vorschriften der ImmoWertV anwendbar. Der Zeitpunkt der Gutachtenerstellung ist für die zeitliche Anwendung der WertV und der ImmoWertV nicht von Bedeutung.
Das Finanzgericht hatte jedoch wegen der Erstellung des Gutachtens im Jahr 2017 auf den Bewertungsstichtag 1.6.2009 die ImmoWertV anstatt der WertV angewandt.
- Irrtum bezüglich Reverse-Charge-Verfahren: Führt rückwirkende Rechnungsberichtigung zum rückwirkenden Vorsteuerabzug?
Ein Leistungsempfänger, der irrtümlich als Steuerschuldner im Rahmen des Reverse-Charge-Verfahren behandelt wird, kann nach erfolgter Rechnungsberichtigung mit Umsatzsteuerausweis rückwirkend den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Das soll nach Ansicht der Rechtsprechung entgegen der Verwaltungsauffassung gelten, obwohl in der ursprünglichen Rechnung kein Umsatzsteuerausweis erfolgte.
Hintergrund
Im Fall 11 K 324/19 bezog die klagende S.A. mit Sitz in Luxemburg Leistungen von Unternehmern mit Sitz in Deutschland. Übereinstimmend gingen die Beteiligten davon aus, dass die Leistungen am Sitz der S.A. der luxemburgischen Umsatzbesteuerung unterliegen und die S.A. Steuerschuldner nach § 13b UStG sei. Die Leistenden fakturierten ihre Leistungen mit 0 % Steuer oder ohne Steuerausweis mit Hinweis auf das Reverse-Charge-Verfahren.
Im Fall 11 K 323/19 bezog der klagende Unternehmer mit Sitz in Deutschland Transportleistungen von einer S.A. mit Sitz in Luxemburg. Übereinstimmend gingen die Beteiligten davon aus, dass die Leistungen am Sitz des deutschen Leistungsempfängers der deutschen Umsatzsteuer unterliegen und der deutsche Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13b UStG sei. Die S.A. fakturierte ihre Leistungen ohne Steuerausweis mit Hinweis auf die Steuerschuld des deutschen Leistungsempfängers.
Tatsächlich befand sich in beiden Fällen die Geschäftsleitung der S.A. und damit ihr umsatzsteuerlicher Sitz in Deutschland (vgl. § 10 AO). Die Leistungen unterfallen daher in beiden Fällen der deutschen Umsatzbesteuerung. Steuerschuldner sind die jeweils Leistenden. Die Leistenden erteilten deshalb neue Rechnungen mit deutschem Steuerausweis. Die klagenden Leistungsempfänger begehren die rückwirkende Berücksichtigung der Vorsteuern – was nach Verwaltungsauffassung nicht zulässig sei (vgl. BMF, Schreiben v. 18.9.2020, II C 2 - S 7286-a/19/10001 :001, Rz. 23)
Entscheidung
Nach Auffassung des FG ist trotz fehlendem Umsatzsteuerausweis in der ursprünglichen Rechnung eine rückwirkende Rechnungsberichtigung mit Umsatzsteuerausweis im Jahr 2016 und ein rückwirkender Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger auf 2012 möglich. Nach § 13b Abs. 5 UStG schuldet bei Werklieferungen und bestimmten sonstigen Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmer der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer (sog. Reverse-Charge-Verfahren). Da sich in beiden Fällen die Geschäftsleitung der S.A. bzw. ihr umsatzsteuerlicher Sitz tatsächlich in Deutschland befand, unterliegen die Leistungen in beiden Fällen der deutschen Umsatzbesteuerung. Steuerschuldner sind die jeweils Leistenden. Auch nach Auffassung des FG setzt der Vorsteuerabzug grundsätzlich eine ordnungsgemäße Rechnung voraus. Der BFH verlangt als Grundlage für eine mit Rückwirkung berichtigungsfähige Rechnung, dass die Erstrechnung Mindestangaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält. Hierfür reicht es jeweils aus, dass die Rechnung diesbezügliche Angaben enthält und die Angaben nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sind, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen (BFH, Urteil v. 20.10.2016, V R 26/16; BMF, Schreiben v. 18.9.2020, III C 2 - S 7286-a/191001:001).
Unterlässt der Rechnungsempfänger es, die Erstrechnung insoweit sorgfältig zu prüfen, kann die Rückwirkung beim Vorsteuerabzug versagt werden.
Fehlt eine der 5 o. g. Mindestvoraussetzungen, ist davon auszugehen, dass es sich schon nicht um ein Rechnungsdokument handelt. Dementsprechend kann dieses auch nicht mit Rückwirkung berichtigt werden. Die "Berichtigung" führt in den Fällen der fehlenden Mindestvoraussetzungen vielmehr zu einem erstmaligen Ausstellen einer (ordnungsgemäßen) Rechnung.
Entgegen der Verwaltungsauffassung entfallen jedoch die o. g. Mindestanforderungen des Umsatzsteuerausweises in der Erstrechnung, wenn die Beteiligten – wie hier – irrig die Steuerschuld des Leistungsempfängers nach § 13b UStG annehmen.
Schließlich verbietet § 13b UStG einen Steuerausweis und verlangt stattdessen einen Verweis auf die Steuerschuld des Leistungsempfängers. Würde im Falle des § 13b UStG entgegen dem Verbot des § 13b UStG Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen, würde der Rechnungsaussteller diese nach § 14c UStG schulden.
- Umsatzsteuer: Verzicht auf das Recht zur Privatliquidation
Wird ein Chefarzt auf eine Forschungsprofessur versetzt und verzichtet er damit auf die Möglichkeit zur Behandlung von Patienten durch Privatliquidation, ist eine Entschädigung für den Verzicht auf das chefärztliche Privatliquidationsrecht umsatzsteuerfrei.
Hintergrund
Der Kläger war Chefarzt und Professor sowie Klinikdirektor einer Universitätsklinik. Aufgrund einer Versetzung des Klägers auf eine Forschungsprofessur erhielt er eine "Entschädigung" für den erklärten Verzicht auf das chefärztliche Privatliquidationsrecht. Als angestellter Chefarzt war er nichtunternehmerisch tätig. Die heilberuflichen Umsätze aus der selbstständigen Chefarzttätigkeit im Nebenberuf waren umsatzsteuerfrei. Trotzdem war das Finanzamt der Ansicht, dass die Entschädigung umsatzsteuerpflichtig war.
Entscheidung
Das Finanzgericht entschied dagegen, dass die Ausgleichszahlung für den Wegfall der Möglichkeit zur Behandlung von Patienten im Nebenamt (Verzichtsleistung) nicht der Umsatzsteuer unterlag. Ob eine Leistung des Unternehmers vorliegt, die derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet, bestimmt sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrundeliegenden Rechtsverhältnis.
Nach dem zugrundeliegenden Vertrag wurde die Ausgleichszahlung nicht lediglich für den Verzicht auf das Privatliquidationsrecht, sondern u. a. auch für die Aufgabe der Position des Klinikdirektors erbracht. Die Ausgleichszahlung für den Verzicht ist dann nicht der unternehmerischen Sphäre des Medizinprofessors zuzuordnen, wenn sich die Zahlung in erster Linie als Gegenleistung für die vorzeitige Aufgabe der Position des Klinikdirektors darstellt und sich lediglich der Höhe nach an den bisherigen Einkünften aus freiberuflicher medizinischer Tätigkeit orientiert. Vorliegend sind die vom Kläger erbrachten Verzichtsleistungen überwiegend mit seiner beamtenrechtlichen Position als Professor und Klinikdirektor veranlasst und nicht mit seiner bisherigen selbstständigen ärztlichen Tätigkeit.
- Vollstreckungsaufschub auch für Steuerschulden aus Zeiten vor der Corona-Pandemie?
Für Steuernachzahlungen besteht während der Corona-Pandemie Vollstreckungsschutz. Das gilt auch für Steuerrückstände aus der Zeit vor der Pandemie. Die Rückstände brauchen also nicht die Folge der Pandemiebetroffenheit zu sein.
Hintergrund
Der Antragsteller betreibt einen Imbiss. Aufgrund einer Außenprüfung erließ das Finanzamt im Dezember 2019 geänderte Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide für die Vorjahre mit erheblichen Steuernachzahlungen. Im März 2020 kündigte das Finanzamt die Vollstreckung an und ergriff in der Folge diverse Vollstreckungsmaßnahmen. Den Antrag v. 27.6.2020 auf Vollstreckungsaufschub lehnte das Finanzamt ab. Das BMF-Schreiben v. 19.3.2020, mit dem der Vollstreckungsaufschub geregelt wird, gilt nach Ansicht des Finanzamts nicht für Rückstände aus der Zeit vor dessen Verkündung. Mit seinem Antrag auf Erlass einer einsteiligen Anordnung begehrte der Antragsteller weiterhin Vollstreckungsaufschub. Er ist der Auffassung, dass das BMF-Schreiben v. 19.3.2020 auch für Rückstände aus der Zeit vor der Pandemie gilt.
Entscheidung
Der Antrag hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass zwar ein Anordnungsgrund vorliegt, es an einem Anordnungsanspruch fehlte. Der Anwendungsbereich des BMF-Schreibens ist grundsätzlich eröffnet, denn der Antragsteller war unmittelbar und nicht unerheblich durch das Coronavirus betroffen. Entgegen der Auffassung des Finanzamts gilt das BMF-Schreiben v. 19.3.2020 auch für Rückstände aus der Zeit vor der Pandemie.
Voraussetzung für einen Vollstreckungsaufschub ist jedoch, dass dem Steuerpflichtigen ein unangemessener Nachteil durch die Vollstreckung droht. Ein solcher kann nur drohen, wenn der Steuerpflichtige die Steuerschuld nicht mit vorhandenen Mitteln begleichen kann. Daher muss der Antragsteller darlegen und glaubhaft machen, dass er zur Begleichung der Steuerschuld nach seinen Vermögensverhältnissen aktuell nicht in der Lage ist.
Auch von der Pandemie nachhaltig negativ betroffene Steuerschuldner, also solche mit Einkommensreduzierungen im Vergleich zu der Zeit vor der Pandemie, die nach ihren allgemeinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ihre Steuerschulden aber gleichwohl bezahlen können, müssen dies weiterhin – trotz Pandemie – tun.
Trotz Pandemie hat aber ein Steuerpflichtiger keinen Anspruch auf Vollstreckungsaufschub, wenn er nicht glaubhaft macht, nach seinen aktuellen Vermögensverhältnissen zur Begleichung der offenen Steuern aktuell nicht in der Lage zu sein. Im vorliegenden Fall fehlte es an dieser Glaubhaftmachung, da der Antragsteller ein Schließfach bei der Bank unterhielt und trotz wiederholter Aufforderung dem Finanzamt den Zugang zu diesem Schließfach verweigert hat.
- Was tun bei fehlender Erfolgsaussicht eines Auskunftsersuchens an die Beteiligten?
Steht nicht fest, dass ein Beteiligter nicht mitwirken wird, darf das Finanzamt eine Auskunft ohne einen vorherigen Versuch beim Beteiligten bei einem Dritten einholen. Die entsprechende Erfolgsprognose erfordert jedoch einen klar umrissenen und für die Besteuerung erheblichen Sachverhalt.
Hintergrund
Der Kläger und Kfz-Händler H handelte mit Gebrauchtwagen. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass in einigen Fällen der Verkäufer nicht der letzte Halter war. Die Lieferketten zwischen dem letzten Halter und dem Verkäufer konnten deshalb nicht nachvollzogen werden. Das Finanzamt wollte daraufhin die letzten Halter um Auskunft bitten. Da es annahm, dass diese H nicht bekannt waren, hielt es eine vorherige Anfrage bei H nicht für erforderlich und richtete die Auskunftsersuchen an die Halter als Dritte. Anschließend sollten die benannten Käufer um weitere Aufklärung gebeten werden. Vermutet wurde, dass H fiktiv Zwischenhändler eingeschaltet hatte, um die Anschaffungskosten höher erscheinen zu lassen.
Das Finanzgericht wies die Klage des H ab. Eine vorherige Befragung des H hätte keinen Erfolg versprochen. Zu der Frage, an wen und zu welchem Preis der jeweilige Halter sein Fahrzeug veräußerte, hätte er keine Angaben machen können.
Entscheidung
Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück.
Steht nicht fest, dass der Beteiligte nicht mitwirken wird, darf das Finanzamt eine Auskunft bei Dritten ohne einen vorherigen Versuch beim Beteiligten nur einholen, wenn die Erfolglosigkeit seiner Mitwirkung anzunehmen ist. Die Erfolgsprognose erfordert einen klar umrissenen und für die Besteuerung erheblichen Sachverhalt. Denn nur so kann das Mitwirkungsverhalten und Mitwirkungsergebnis zutreffend eingeschätzt werden. Ermittlungen "ins Blaue hinein" sind unzulässig. Trotz des weiten Beurteilungsspielraums des Finanzamts müssen die mitzuteilenden "Tatsachen" steuererheblich sein. Die Erfolgsprognose muss auf dieser Steuererheblichkeit aufbauen. Dazu muss zumindest das Ziel der Sachaufklärung des Finanzamts klar sein. Folglich hat das Finanzamt den Ermittlungszweck und das potenzielle Ermittlungsergebnis vor dem Erlass des Auskunftsersuchens so zu umreißen, dass die Erfolgsaussichten für eine Mitwirkung des Beteiligten eingeschätzt werden können. Andernfalls fehlt es bereits an der die Prognose tragenden Tatsachengrundlage.
Der Bundesfinanzhof beanstandet im vorliegenden Fall diese Prognoseentscheidung des Finanzamts. Zwar stellt das Finanzamt dar, dass der Verkäufer nicht in jedem Fall der Halter des Fahrzeugs war. Es bleibt jedoch unklar, ob die weitergehende Sachverhaltsaufklärung den H und/oder alle Zwischenhändler in der Lieferkette betreffen sollte. Insbesondere bleibt unklar, warum H nicht vorab befragt werden konnte. Außerdem wird nicht hinreichend klar, welchem Ermittlungszweck die weitere Sachverhaltsaufklärung dienen sollte.
Weiterhin hat das Finanzgericht für die von ihm angenommenen Konstruktion des Vorschiebens von Zwischenhändlern lediglich darauf hingewiesen, es sei lebensnah, dass der Steuerpflichtige solche Manipulationen nicht zugebe. Es fehlt jedoch nach Ansicht des Bundesfinanzhofs an einem konkreten Zusammenhang der Auffälligkeiten in den Lieferketten zu den deshalb notwendigen einzelnen Auskunftsersuchen.
Es ist schon nicht klar, wieso aufgrund der Auffälligkeiten angenommen werden durfte, dass die Zwischenhändler nicht existierten und der Versuch einer Sachverhaltsaufklärung durch H keinen Erfolg verspreche. Deshalb wird das Finanzgericht im weiteren Gang feststellen müssen, ob und wenn ja welchen konkreten Ermittlungszweck das Finanzamt in jedem Einzelfall verfolgte, sodass es im Rahmen seiner Prognose vor dem Erlass jedes Auskunftsersuchens von einer Erfolglosigkeit der Sachaufklärung durch H ausgehen durfte, bzw. ob im Einzelfall bereits ein atypischer Fall vorliegt, der es erlaubt, den ersten Halter als andere Person um Auskunft zu ersuchen.
Januar 2021
- Beteiligung an Karussellbetrug: Was passiert mit dem Vorsteuerabzug?
Wusste der Steuerpflichtige oder hätte er wissen müssen, dass er sich mit dem Bezug von Waren an einem Umsatzsteuerkarussell beteiligt hat, kommt ein Vorsteuerabzug nicht in Betracht.
Hintergrund
Die Klägerin ist Insolvenzverwalterin über das Vermögen der Firma N GmbH (Insolvenzschuldnerin). Die Insolvenzschuldnerin nahm im August 2012 den Geschäftsbetrieb auf. Als Unternehmenszweck gab sie die Analyse, das Schmelzen und den Handel von bzw. mit Hart-, Bunt- und Sondermetallen sowie Edelmetallen an und wurde ins Handelsregister eingetragen. Gesellschafter waren die Rechtsanwälte B und K zu je 50 %.
Das Finanzamt kürzte Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen der Firma X GmbH um rund 835.000 EUR, da es der Ansicht war, dass die X GmbH als Strohmann zwischengeschaltet worden ist, um den wirklichen Lieferer zu verdecken. Konkret ging es um Silbergranulat-Lieferungen, deren Übergabe offenbar jeweils von Kofferraum zu Kofferraum stattgefunden haben soll. Dagegen wandte sich die Klägerin mit der Klage vor dem Finanzgericht.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Zwar sah es die formellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug grundsätzlich als erfüllt an. Insbesondere genügte der in den Rechnungen angegebene Briefkastensitz der X GmbH, der über eine Serviceagentur unterhalten wurde. Allerdings war der Vorsteuerabzug aus materiellen Gründen zu versagen. Denn die N GmbH bzw. deren Geschäftsführer mussten erkennen, dass es sich bei der X GmbH um einen klassischen sog. Buffer I im Rahmen eines Umsatzsteuerkarussellbetrugs gehandelt hat. Somit hätte die N GmbH wiederum wissen können bzw. wissen müssen, dass sie sich mit dem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Umsatzsteuerhinterziehung einbezogen war.
Bereits die Art und Weise der angeblichen Übergabe des Silbergranulats an die X GmbH (von Kofferraum zu Kofferraum) sprach gegen eine Lieferung eines Gewerbetreibenden an einen anderen.
Vor allem wegen des beruflichen Hintergrunds der Gesellschafter-Geschäftsführer der N GmbH, musste ein erhebliches Problembewusstsein im Hinblick auf den Umsatzsteuerbetrug im Edelmetallhandel bestanden haben. Erkennbar wurde dies dadurch, dass die Insolvenzschuldnerin umfangreiche Unterlagen von ihren Lieferanten, wie z.B. Unbedenklichkeitsbescheinigungen und Umsatzsteuervoranmeldungen, angefordert hatte.
Bis zum Beginn der Geschäftsbeziehung mit der Insolvenzschuldnerin hatte die X GmbH keine Ausgangsumsätze erzielt. Danach war die Insolvenzschuldnerin die einzige Kundin. Trotz dieser Umstände wurden innerhalb von nur 5 Monaten Umsätze in Höhe von mehr als 5 Mio. EUR abgewickelt.
Auch bestand der einzig nachvollziehbare Grund für eine Zwischenschaltung der Insolvenzschuldnerin offenbar darin, die Herkunft der Ware zu verschleiern und einen weiteren "Buffer" (sog. Buffer II) zum Zwecke der Begehung eines Umsatzsteuerkarussellbetrugs einzuschalten.
- Steuererklärung: Wann entfällt die Pflicht zur elektronischen Abgabe?
Steht der finanzielle Aufwand für die Einrichtung und Aufrechterhaltung einer Datenfernübertragungsmöglichkeit in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zu den Einkünften, ist die elektronische Abgabe der Einkommensteuer-Erklärung wirtschaftlich unzumutbar.
Hintergrund
X ist als selbstständiger Physiotherapeut tätig. Bis zum Jahr 2016 erstellte er seine Einkommensteuer-Erklärungen und Gewinnermittlungen handschriftlich und wurde vom Finanzamt entsprechend veranlagt. Er besaß zwar einen PC, hatte aber keinen Internet-Anschluss. Auch die Einkommensteuer-Erklärung 2017 reichte er in Form des handschriftlich ausgefüllten amtlichen Vordrucks nebst Anlage EÜR ein. Er erklärte Einkünfte aus selbststständiger Tätigkeit von rund 14.500 EUR.
Nachdem das Finanzamt den X erfolglos zur elektronischen Erklärungsübermittlung aufgefordert und ein Zwangsgeld angedroht hatte, lehnte es den Antrag auf Befreiung von der elektronischen Einreichung ab und setzte ein Zwangsgeld von 200 EUR fest.
Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass bei Kleinstbetrieben die elektronische Abgabe grundsätzlich unzumutbar ist.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts zurück und bestätigte die Auffassung des Finanzgerichts. Die elektronische Abgabe war für X wirtschaftlich unzumutbar. Die Bescheide über die Ablehnung der Härtefallregelung und die Festsetzung des Zwangsgeldes waren deshalb aufzuheben.
Die Einkommensteuer-Erklärung ist insbesondere elektronisch einzureichen, wenn Gewinneinkünfte erzielt werden. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung unbilliger Härten auf die elektronische Übermittlung verzichten. Das Finanzamt muss dem Antrag entsprechen, wenn dem Steuerpflichtigen die elektronische Abgabe wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Hierbei hat das Finanzamt keinen Ermessensspielraum.
Wirtschaftliche Unzumutbarkeit liegt insbesondere vor, wenn die Installation der Einrichtungen für eine Datenfernübertragung nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre.
Das bedeutet, dass allein das Fehlen der erforderlichen Technik noch keinen Anspruch auf Befreiung von der elektronischen Erklärungsabgabe begründet. Die Grenze zu einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand ist jedoch überschritten, wenn der Aufwand für die Installation in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis mehr zu den Einkünften steht, für die die Einkommensteuer-Erklärung elektronisch zu übermitteln ist.
Die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung ist grundsätzlich von der Höhe der Einkünfte unabhängig. Insbesondere "Kleinstbetriebe" sollten sich nach dem Willen des Gesetzgebers auf die Härtefallregelung berufen können. Dieser beabsichtigten Privilegierung von Kleinstbetrieben würde es widersprechen, wenn bei der wirtschaftlichen Zumutbarkeit darüber hinaus auch die mit dem Betrieb nicht in Zusammenhang stehenden allgemeinen finanziellen Verhältnisse des Steuerpflichtigen berücksichtigt würden.
Der Bundesfinanzhof verneint für die Kosten der technischen Einrichtung die vernünftige Relation zur Höhe der von X erzielten Einkünfte. Bei Einkünften von nur 14.500 EUR fallen die Kosten für die Anschaffung und Umrüstung sowie für die Pflege der Hard- und Software nicht nur unerheblich ins Gewicht.
- Steuerfreie und steuerpflichtige Umsätze: Muss die Vorsteuer aufgeteilt werden?
Die Vorsteuern aus Leistungen eines Insolvenzverwalters müssen nicht aufgeteilt werden. Das gilt auch dann, wenn der Insolvenzverwalter im Rahmen der Unternehmensfortführung steuerfreie Leistungen erbracht hat.
Hintergrund
Der Kläger war Insolvenzverwalter der A GmbH & Co. KG (Insolvenzschuldnerin). Im Rahmen des Insolvenzverfahrens wurden Insolvenzforderungen in einer Höhe von insgesamt rund 6,1 Mio. EUR angemeldet, die ausschließlich aufgrund der Unternehmenstätigkeit der Insolvenzschuldnerin entstanden waren.
Der Kläger führte das Unternehmen zunächst fort. In den Jahren 2005 bis 2015 erzielte er steuerpflichtige Umsätze von rund 2,3 Mio. EUR, außerdem einen steuerfreien Umsatz im Jahr 2008 i. H. v. rund 300.000 EUR durch Veräußerung eines Betriebsgrundstücks. Aufgrund dieses steuerfreien Umsatzes vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Vorsteuer aus den Rechnungen des Insolvenzverwalters i. H. v. rund 30.000 EUR nur anteilig abziehbar war.
Entscheidung
Die Klage beim Finanzgericht war erfolgreich. Zur Begründung führten die Richter aus: Der Insolvenzverwalter erbringt eine einheitliche Leistung, die mittels Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse des Gemeinschuldners der Befriedigung der Insolvenzgläubiger als Hauptziel des Insolvenzverfahrens dient. Der für den Vorsteuerabzug maßgebliche direkte und unmittelbare Zusammenhang besteht dabei zwischen der einheitlichen Leistung des Insolvenzverwalters und den im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen der Insolvenzgläubiger. Auf die einzelnen Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters kommt es danach nicht an.
Zwar ist bisher nicht geklärt, ob es für den Vorsteuerabzug auf die im Verfahren angemeldeten Forderungen auch dann ankommt, wenn der Insolvenzverwalter das Unternehmen fortführt oder ob es in solchen Fällen zur Vorsteueraufteilung nach Maßgabe der fortgesetzten unternehmerischen Tätigkeit kommen könnte. Nach Ansicht des Gerichts spielt es vorliegend allerdings keine Rolle, dass der Kläger die Tätigkeit der Insolvenzschuldnerin für einen gewissen Zeitraum fortgeführt hat, da es sich bei der Veräußerung des Grundstücks lediglich um einen Verwertungsumsatz handelt, der nicht im Rahmen der Vorsteueraufteilung zu berücksichtigen ist.
Im Fall der Insolvenz einer KG sind alle geltend gemachten Insolvenzforderungen regelmäßig aufgrund der Unternehmenstätigkeit der KG entstanden, sodass in diesem Fall ein vollständiger Vorsteuerabzug möglich ist. Vorliegend ließ das Gericht die Frage nach einem Vorsteueraufteilungsmaßstab dahinstehen, weil sowohl die angemeldeten bzw. festgestellten Forderungen zu 100 % unternehmerisch veranlasst waren als auch der Insolvenzverwalter zu 100 % umsatzsteuerpflichtige Umsätze getätigt hat, wenn man den Verwertungsumsatz "Grundstücksveräußerung" außen vor lässt.
- Steuerhinterziehung: Kann der Vorsteuerabzug bei Fahrlässigkeit versagt werden?
Der Vorsteuerabzug kann versagt werden, wenn der Erwerber wusste oder hätte wissen müssen, dass er mit seinem Erwerb in eine Hinterziehung von Umsatzsteuer einbezogen war. Voraussetzung hierfür ist, dass zumindest Fahrlässigkeit vorliegt.
Hintergrund
Das Finanzamt versagte dem Kläger den Vorsteuerabzug aus Edelmetalleinkäufen. Aufgrund einer Steuerfahndung hatte sich herausgestellt, dass es sich bei den Rechnungsstellern um in ein System zur Umsatzsteuerhinterziehung einbezogene sog. Missing Trader handelte. Diese erstellten nur sog. Abdeckrechnungen über nicht erbrachte Lieferungen. Der Kläger war jedoch der Auffassung, dass keine Beteiligung an einem Kettenbetrugsgeschäft vorlag.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass ein Vorsteuerabzug nicht gewährt werden konnte, sich das Gericht nicht mit der notwendigen Gewissheit davon überzeugen konnte, dass die vermeintlichen Lieferer tatsächlich die Lieferungen getätigt hatten. Für den Vorsteuerabzug muss der Unternehmer u. a. eine ausgestellte Rechnung mit dem vollständigen Namen des Leistenden besitzen. Der Vorsteuerabzug setzt die Identität zwischen leistendem Unternehmer und Rechnungsaussteller voraus – was vorliegend nicht gegeben war. Auch wurde in den Gutschriften nicht der vollständige Name des Leistenden angegeben. Darüber hinaus bestanden erhebliche Zweifel an der postalischen Erreichbarkeit des Rechnungsstellers unter der angegebenen Rechnungsanschrift.
Angesichts der von der Steuerfahndung festgestellten Geschehensabläufe bestanden erhebliche Zweifel, dass die vermeintlichen "Lieferanten" des Klägers überhaupt in ausreichendem Umfang Altgold bezogen hatten, um es an den Kläger zu liefern. So hätten die vermeintlichen Lieferanten nicht wie übliche Handelsfirmen für sich geworben, hätten nur bei einem Lieferanten Altgold bezogen und auch nur an einen Abnehmer geliefert. Damit der tatsächliche Lieferer ihre Erlöse nicht der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen habe, seien von dem vermeintlichen Lieferer Abdeckrechnungen zur Verschleierung der tatsächlichen Herkunft des Edelmetalls ausgestellt worden.
Selbst wenn die Rechnungsaussteller tatsächlich an den Kläger geliefert haben sollten, steht dem Kläger das Recht auf Vorsteuerabzug nicht zu, da er nach Überzeugung des Gerichts hätte wissen müssen, dass die betreffenden Umsätze in die insoweit von anderen begangene Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen waren.
Hätte der Kläger vorliegend mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns gehandelt, hätten ihm Zweifel an seinen Lieferanten kommen müssen, da die Lieferanten ihn in exponentieller Art und Weise förmlich mit Altgoldlieferungen überrannten und dabei auch weite Anfahrten in Kauf nahmen, statt Scheideanstalten in räumlicher Nähe aufzusuchen. Die vermeintlichen Lieferanten erbrachten erhebliche Edelmetallmengen ohne jegliche Sicherheiten und ein vermeintlicher Lieferant betrieb zwar einen Mietwagen- und Krankenfahrdienst, lieferte aber trotzdem Altgold in erheblichem Umfang an.
Auch teilte die Creditreform dem Kläger mit, dass den vermeintlichen Lieferern Kredite abgelehnt und deshalb von einer Geschäftsverbindung abgeraten würde. Diese Information hätte dem Kläger Anlass geben müssen, zumindest weitere Erkundigungen gegenüber seinen Vorlieferanten und über die Herkunft der Edelmetalle einholen zu müssen – was aber nicht erfolgte.
- Wann Zahlungen für die Vollzeitpflege eines Kindes steuerfrei sind
Zahlt ein kommerzieller privater Träger der freien Jugendhilfe Pflegeeltern ein Honorar, das in einer separaten Honorarvereinbarung festgelegt wurde, handelt es sich nicht um öffentliche Mittel. Die Zahlung ist deshalb nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei.
Hintergrund
Die Klägerin betreute in ihrem Haushalt ein minderjähriges Kind in Vollzeitpflege. Mit der Pflege des Kindes war ein freier Träger der Jugendhilfe, eine GmbH, von der zuständigen Kommune beauftragt worden. Diese GmbH übernahm die Betreuung von Pflegekindern und erhielt hierfür von der Kommune eine Vergütung. Die Betreuung der Pflegekinder erfolgte in professionellen Betreuungsfamilien. Die jeweiligen Pflegepersonen wurden für die GmbH freiberuflich auf Honorarbasis tätig.
Die Höhe ihrer Vergütung wurde separat zwischen der GmbH und der Pflegeperson ausgehandelt und musste vom Jugendamt nicht genehmigt werden. Die Klägerin erhielt vom Jugendamt keine Pflegeleistungen. Für das Honorar machte die Klägerin die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG geltend, was das Finanzamt jedoch ablehnte.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG nicht vorlagen. Die Klägerin hatte ihr Honorar nicht aus öffentlichen Mitteln erhalten, sondern war vereinbarungsgemäß von der GmbH bezahlt worden.
Zwar können nach Verwaltungsauffassung steuerfreie Einnahmen auch dann vorliegen, wenn Leistungen an Pflegefamilien bzw. Erziehungsstellen über einen zwischengeschalteten Träger der freien Jugendhilfe gezahlt werden, wenn der Pflegeperson das ihr zustehende Pflegegeld vom örtlichen Jugendamt selbst bewilligt worden ist. Es müssen jedoch eindeutige und unmissverständliche vertragliche Regelungen zwischen dem Jugendamt, dem freien Träger und der Pflegeperson bzw. Erziehungsstelle bestehen. Insbesondere muss vertraglich zwischen allen Parteien festgehalten werden, dass das vom Jugendamt zweckgebunden an den freien Träger ausgezahlte Pflegegeld unverändert an die Pflegeperson weitergeleitet wird und sich durch diese formale, organisatorische Abwicklung dem Grunde und der Höhe nach am Pflegegeldanspruch der Pflegeperson nichts ändert.
Außerdem sollte die Pflegeperson mittels einer Vollmacht erklären, dass sie damit einverstanden ist, dass das örtliche Jugendamt das Pflegegeld über den freien Träger an sie weiterleitet, d. h. der freie Träger das Pflegegeld lediglich in Empfang nimmt und diesen auszahlt.
Im vorliegenden Fall lagen diese Voraussetzungen nicht vor. Denn die Höhe der Vergütung war separat zwischen der GmbH und der Pflegeperson ausgehandelt worden und musste nicht vom Jugendamt genehmigt werden. Außerdem hatte die GmbH keine öffentlichen Pflegeleistungen an die Steuerpflichtige weitergeleitet.
- Zur Gewerblichkeit von freiberuflichen Ober- und Unter-Personengesellschaften
Verfügen neben den unmittelbar an einer Untergesellschaft beteiligten natürlichen Personen alle mittelbar beteiligten Gesellschafter der Obergesellschaften über die persönliche Berufsqualifikation, erzielt die Unterpersonengesellschaft freiberufliche Einkünfte, wenn die Gesellschafter in der Unterpersonengesellschaft zumindest in geringfügigem Umfang leitend und eigenverantwortlich mitarbeiten.
Hintergrund
Die X-KG (Untergesellschaft) ist eine Steuerberater-Gesellschaft. Komplementär war im Jahr 2008 ein Berufsträger. Kommanditistin war die die C-KG (Obergesellschaft, Holding). An der C-KG waren die E-OHG sowie weitere natürliche Personen (Obergesellschafter, Berufsträger) als Komplementäre und die G+H KG als Kommanditistin beteiligt.
Die E-OHG und die G+H KG bildeten die oberste Gesellschaftsebene des S-Konzerns. Sie waren über die C-KG außer an der X-KG und an weiteren Personen- und Kapitalgesellschaften des S-Konzerns beteiligt. Gesellschafter der E-OHG und der G+H KG waren ausschließlich Berufsträger. Diese waren in den jeweiligen Obergesellschaften aktiv in die Mandatsbearbeitung eingebunden. Außerdem waren sie in den Untergesellschaften tätig, sodass dort jeweils ein Obergesellschafter als Komplementär beteiligt war, der nur dort als Geschäftsführer leitend und eigenverantwortlich tätig wurde. Bei der X-KG war dies im Jahr 2008 nicht der Fall. Die Obergesellschafter nahmen innerhalb des Konzerns auch geschäftsleitende Aufgaben (Holding-Tätigkeit) wahr.
Das Finanzamt stellte für die X-KG Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass eine freiberufliche Tätigkeit der X-KG ausscheidet. Denn nicht alle Obergesellschafter bei der X-KG waren zumindest in geringfügigem Umfang leitend und eigenverantwortlich tätig geworden.
Entscheidung
Die Revision beim Bundesfinanzhof hatte ebenfalls keinen Erfolg. Seiner Ansicht nach waren die Einkünfte der X-KG als gewerblich zu qualifizieren. Denn nicht sämtliche mittelbar an der X-KG beteiligten Obergesellschafter waren in der Untergesellschaft tätig.
Eine Personengesellschaft entfaltet nur dann eine freiberufliche Tätigkeit, wenn sämtliche Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen. Die Gesellschafter müssen an der Bearbeitung der erteilten Aufträge zumindest in der Weise mitwirken, dass sie die Aufgaben untereinander aufteilen und jeder den ihm zugewiesenen Aufgabenbereich eigenverantwortlich leitet. Diesen notwendigen Arbeitsbeitrag an der Erstellung freiberuflicher Leistungen erbringt ein Gesellschafter nicht, wenn er lediglich Kapital zur Verfügung stellt oder nur Aufträge beschafft, ohne sich zumindest teilweise an den freiberuflicher Leistungen selbst zu beteiligen.
Die Prägung der freien Berufstätigkeit durch die persönliche Arbeitsleistung gilt auch, wenn sich eine Personengesellschaft (Obergesellschaft) an einer anderen Personengesellschaft (Untergesellschaft) beteiligt.
Dabei müssen auch alle Obergesellschafter die Voraussetzungen der Freiberuflichkeit erfüllen. Weil jeder Gesellschafter eigenverantwortlich und leitend tätig sein muss, müssen daher alle Obergesellschafter – zumindest in geringfügigem Umfang – auch in der Untergesellschaft leitend und eigenverantwortlich mitarbeiten.
Im vorliegenden Fall waren die Obergesellschafter im Rahmen ihrer Holding-Tätigkeit zum einen eher geschäftsleitend, aber nicht berufstypisch freiberuflich tätig. Zum anderen fehlte es an der Mitarbeit sämtlicher Obergesellschafter an den Mandaten der X-KG sowie an den Mandaten der anderen Untergesellschaften. Eine freiberufliche Tätigkeit der X-KG wird nicht dadurch begründet, dass die Obergesellschafter in den Obergesellschaften und zumindest in einer anderen Untergesellschaft des S-Konzerns als Berufsträger leitend und eigenverantwortlich tätig wurden. Dies ersetzt nicht das Erfordernis, dass alle Obergesellschafter auch in der X-GmbH als Untergesellschaft – wenn auch nur in geringem Umfang – leitend und eigenverantwortlich tätig werden.
Deshalb war die Tätigkeit der X-KG insgesamt als gewerblich zu qualifizieren. Da eine Personengesellschaft nur dann eine Tätigkeit entfaltet, die als Ausübung eines freien Berufs angesehen werden kann, wenn sämtliche Gesellschafter die Merkmale des freien Berufs in eigener Person erfüllen, ist schon der Tatbestand der Freiberuflichkeit nicht erfüllt, wenn – wie hier – nicht sämtliche mittelbar beteiligten Obergesellschafter auf der Ebene der Untergesellschaft freiberuflich tätig werden.