Mandanteninformation für
Sonstige Steuern



Jahreswechsel 2021/2022


  • 1. Grundsteuerreform: Neubewertung startet 2022

    Betroffen von der Grundsteuerreform sind ca. 36 Mio. wirtschaftliche Einheiten in ganz Deutschland, die auf den Stichtag 1.1.2022 neu bewertet werden müssen. Es ist derzeit davon auszugehen, dass die elektronische Abgabe der Feststellungserklärung ab dem 1.7.2022 möglich sein wird.


    Hintergrund

    Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Urteil vom 10.4.2018 die Verfassungswidrigkeit der der Grundsteuer zugrunde liegenden, veralteten Einheitswerte festgestellt und dem Gesetzgeber bis Ende 2019 Zeit gegeben, eine Neuregelung zu schaffen. Der Bundesrat hat am 8.11.2019 der Grundsteuerreform zugestimmt.


    Grundsteuerreform: Modelle

    Im Grundsteuer-Reformgesetz wird das sog. "Bundesmodell" normiert. Gleichzeitig haben einige Länder die Möglichkeit genutzt, vom Bundesmodell abweichende Regelungen zu treffen (Länderöffnungsklausel). 

    Folgende Länder setzen das Bundesmodell um:

    • Berlin,

    • Brandenburg,

    • Bremen,

    • Mecklenburg-Vorpommern,

    • Nordrhein-Westfalen,

    • Rheinland-Pfalz,

    • Sachsen-Anhalt,

    • Schleswig-Holstein,

    • Thüringen,

    • Saarland und Sachsen mit Abweichung bei der Höhe der Steuermesszahlen.


    Öffnungsklausel für Bundesländer

    Diese Bundesländer führen für die Grundsteuer B (bebaute und unbebaute Grundstücke im Grundvermögen) eigene Modelle ein:

    • Baden-Württemberg: Modifiziertes Bodenwertmodell

    • Bayern: Flächenmodell

    • Hamburg: Wohnlagenmodell

    • Hessen: Flächen-Faktor-Modell

    • Niedersachsen: Flächen-Lage-Modell


    Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft (sog. Grundsteuer A) werden alle Länder das Bundesmodell im Wesentlichen unverändert anwenden.


    Grundsteuerreform: Feststellung des Grundsteuerwerts

    Für jede einzelne wirtschaftliche Einheit bedarf es einer Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts gegenüber dem Finanzamt. Diese ist Voraussetzung, damit Städte und Gemeinden ihre Grundsteuer ab dem 1.1.2025 erheben können. Die Erklärung muss bereits im Jahr 2022 elektronisch abgegeben werden. Nach derzeitigem Stand ist die Abgabe ab dem 1.7.2022 möglich. Letzter Tag der Abgabefrist soll bereits der 31.10.2022 sein. Verpflichtet zur Abgabe der Steuererklärung ist derjenige, dem die wirtschaftliche Einheit zuzurechnen ist. In der Regel ist das der Eigentümer des Grundstücks.

    Auf Basis des Grundsteuerwertbescheids wird später der Grundsteuermessbescheid erlassen, der wiederum Grundlage für den Grundsteuerbescheid ist, der die ab dem 1.1.2025 zu zahlende Grundsteuer einfordert.



Dezember 2021


  • Von Sterbegeldversicherung getragene Beerdigungskosten abziehbar?

    Übernimmt eine vom Erblasser abgeschlossene Sterbegeldversicherung die Beerdigungskosten ganz oder teilweise, können diese Aufwendungen nicht als Erbfallkosten steuermindernd zugunsten der Erben berücksichtigt werden.


    Hintergrund

    L war die Tante des Klägers, die er zusammen mit seiner Schwester jeweils zur Hälfte beerbte. Die Erblasserin hatte bei der H-Versicherung eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen und das Bezugsrecht für die Versicherungssumme im Jahr 2004 an das Bestattungshaus F abgetreten.

    Dieses stellte nach dem Tod der Erblasserin für seine Leistungen insgesamt 11.653,96 EUR in Rechnung, von denen die Sterbegeldversicherung 6.864,82 EUR bezahlte. Die Erben machten als Nachlassverbindlichkeiten Schulden des Erblassers von 1.340 EUR geltend sowie für Erbfallschulden den Pauschbetrag von 10.300 EUR.

    Den abgetretenen Betrag von 6.864 EUR aus der Sterbegeldversicherung setzte das Finanzamt als Sachleistungsanspruch bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs an. Seiner Ansicht nach konnten die Erben nur den verbliebenen, tatsächlich noch als Beerdigungskosten gezahlten Betrag geltend machen.


    Entscheidung

    Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet zurück und entschied, dass von den insgesamt geltend gemachten Erbfallkosten i. H. v. 15.227,63 EUR die von der Sterbegeldkasse auf die Rechnung des Bestattungshauses F gezahlten 6.864,82 EUR nicht als Beerdigungskosten berücksichtigungsfähig sind.

    Die Gewährung des Pauschbetrags setzt lediglich voraus, dass auf Erwerberseite dem Grunde nach berücksichtigungsfähige Kosten entstanden sind. Vorliegend sind den Erben Beerdigungskosten dadurch entstanden, dass sie dem Bestattungshaus F zur Begleichung der Rechnung Geldbeträge überwiesen haben. Ein Betrag von mehr als 10.300 EUR war für Nachlassverbindlichkeiten jedoch nicht in Abzug zu bringen. Denn die tatsächlich angefallenen Kosten übersteigen die sog. Erbfallkostenpauschale nicht.

    Soweit die Beerdigungskosten von der Sterbegeldkasse gegenüber dem Bestattungsinstitut beglichen wurden, liegen keine abzugsfähigen Kosten vor. Steuermindernd wirken sich nur solche Kosten aus, die dem Erben nach dem Tod des Erblassers auch tatsächlich entstanden sind. Im Streitfall sind die Erben durch die Zahlung der Sterbegeldkasse in dieser Höhe zu keinem Zeitpunkt mit Kosten für die Bestattung der Erblasserin belastet worden. Der Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistung gehörte nicht zur Erbmasse, da die Erblasserin diesen Anspruch noch zu Lebzeiten an das Bestattungshaus F abgetreten hatte.

    Die teilweise Begleichung der Bestattungsrechnung durch Auszahlung der Versicherungsleistung an das Bestattungshaus hat auch nicht zu Aufwendungen aus der Erbmasse geführt. Auch der Umstand, dass der aus dem Bestattungsvertrag resultierende Anspruch auf Bestattungsleistungen gegenüber dem Bestattungshaus F durch Erfüllung erloschen ist, führt nicht dazu, dass auf Seiten der Erben Erbfallverbindlichkeiten entstanden sind. Das Bestattungsinstitut hat nämlich, indem es die Bestattung vorgenommen hat, eine wertgleiche Gegenleistung für den Anspruch erbracht. Da bereits die Erblasserin das Entgelt für die Entstehung des Anspruchs auf Bestattungsleistungen durch Abtretung eines Zahlungsanspruchs geleistet hatte, konnten den Erben nicht noch einmal Kosten in derselben Höhe für die Erbringung der Leistung entstehen.


  • Wann sich Zahlungen an Nach- bzw. Vertragserben steuermindernd auswirken

    Tätigt ein Beschenkter Zahlungen, um etwaige Herausgabeansprüche des Vertragserben bzw. des Nacherben abzuwenden, stellen diese Aufwendung zur Erlangung und Sicherung des Erwerbs dar. Diese sind bei der Besteuerung der Schenkung erwerbsmindernd zu berücksichtigen.


    Hintergrund

    Nach dem Tod des Vaters V war das gemeinsame Ehegattentestament der Eltern dahingehend ausgelegt worden, dass die Mutter M Alleinerbin nach V war, die 3 Söhne S1, S2 und S3 sollten nach dem Tod der M Schlusserben sein. M wurde deshalb als Alleineigentümerin eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks eingetragen, das den Eltern zu je ½ gehört hatte.

    Im Jahr 2000 übertrug M dem S1 im Wege der Schenkung zunächst ein Teilstück aus dem Grundstück und im Jahr 2003 dann den ganzen Grundbesitz. S3 erhielt von M ein anderes Grundstück.

    Im Jahr 2004 setzte das Finanzamt gegen S1 die Schenkungsteuer für die Übertragung aus 2003 und unter Berücksichtigung der Vorschenkung aus 2000 fest.

    Nach dem Tod der M im Jahr 2011 stellte das Nachlassgericht fest, dass das Testament fehlerhaft ausgelegt worden war. M war vielmehr nach dem Tod des V Vorerbin und die 3 Söhne waren mit ihrem Tod Nacherben geworden.

    Im Jahr 2015 leistete S1 nach einem Zivilrechtsstreit zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche eine Zahlung von 150.000 EUR an S2.

    S1 beantragte daraufhin im Jahr 2015 erfolglos beim Finanzamt die Änderung des Schenkungsteuer-Bescheids aus 2004 und die erwerbsmindernde Berücksichtigung der Vergleichszahlung. Das Finanzgericht gab der dagegen erhobenen Klage statt.


    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassung des Finanzgerichts und wies die Revision des Finanzamts zurück. Er entschied, dass die Schenkungsteuer wegen der Vergleichszahlung herabzusetzen war.

    Zu den abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten zählen u.a. die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Die Vorschrift gilt auch für Schenkungen unter Lebenden.

    Abfindungszahlungen des Beschenkten an einen Dritten, damit die Schenkung nach Grund und/oder Umfang nicht mehr bestritten wird, gehören zu den unmittelbar im Zusammenhang mit der Erlangung des Erwerbs stehenden Kosten und mindern so die Bereicherung. Auf diese Weise kann bei der Schenkung abziehbarer Erwerbsaufwand entstehen.

    Ansprüche der Erben gegen den Beschenkten, die dieser durch eine Abfindung abwehren will und die deshalb zu abziehbaren Erwerbserlangungskosten führen, können sich ergeben, wenn der Vorerbe durch Schenkung über einen Erbschaftsgegenstand verfügt oder wenn der Erblasser in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht hat. In beiden Fällen dienen Zahlungen, die diese Ansprüche abwehren, dazu, dem Beschenkten das Geschenkte zu sichern. Sie können deshalb abzugsfähig sein.

    Eine derartige Zahlung des Beschenkten stellt für seine Schenkungsteuer ein rückwirkendes Ereignis dar. Ein bereits bestandskräftiger Schenkungsteuer-Bescheid kann noch nachträglich geändert werden. Für den Beschenkten, der die Zahlung als Nachlassverbindlichkeit abziehen kann, wirkt die Geltendmachung der Abfindung auf den Zeitpunkt der Schenkung zurück, ebenso wie in Fällen, in denen Pflichtteilsansprüche geltend gemacht werden.



November 2021


  • Erbschaftsteuer: Steuerbefreiung für Familienheim gilt nur für 1 Objekt

    Die Steuerbefreiung für ein Familienheim gilt nur für eine Wohnung, die der Erblasser bis zu seinem Tod selbst genutzt hat. Sie kann nicht für andere Wohnungen, in denen der Erblasser früher einmal ge-lebt hat, in Anspruch genommen werden.


    Hintergrund

    Am 19.6.2015 verstarb A, die Mutter des Klägers. Die Erblasserin hatte bis dahin in dem ihr gehörenden und von ihr gemeinsam mit B  ihrer Tochter und Schwester des Klägers  bewohnten Wohnhaus in X gelebt. Dort war die Erblasserin auch mit ihrem Wohnsitz gemeldet.

    Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 8.6.2016 setzten der Kläger und seine Schwester die zwischen beiden bestehende Erbengemeinschaft nach ihrer Mutter dahingehend auseinander, dass der Kläger das Haus in Y und seine Schwester das Haus in X jeweils zum Alleineigentum erhielten. Der Kläger und seine Schwester reichten die Erbschaftsteuererklärungen ein. Die Schwester des Klägers deklarierte das Haus in X teilweise als steuerbefreites Familienheim.

    Auch der Kläger beantragte für sein Haus in Y die entsprechende Steuerbefreiung. Das Finanzamt gewährte diese jedoch nicht und setzte dementsprechend Erbschaftsteuer fest.

    Der Kläger ist dagegen der Ansicht, dass ihm die Steuerbefreiung als Familienheim für das Haus in Y zu-steht. Eine Wohnnutzung wäre für seine Eltern ab 2002 auf Dauer ausgeschlossen gewesen. Ein barrierefreier Umbau des Hauses war nicht möglich. Deshalb bestanden seinerzeit zwingende Gründe für seine Eltern, aus dem Haus auszuziehen. Er sei dann zum 19.6.2002 selbst in das Haus eingezogen und bewohne es als Erbe seiner Mutter über den Erbfall hinaus weiter selbst.


    Entscheidung

    Die Klage hatte bezüglich der Steuerbefreiung für ein Familienheim keinen Erfolg. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Steuerbefreiung als Familienheim sind im Streitfall in Bezug auf das Haus in Y nicht erfüllt. Das Finanzamt hat dem Kläger die Steuerbefreiung als Familienheim zu Recht versagt, weil die Erblasserin das Haus in Y weder bis zu ihrem Tode zu Wohnzwecken eigengenutzt hat noch der der Eigennutzung gleichgestellte Ausnahmetatbestand vorgelegen hat. Entscheidend ist, dass die Erblasserin durch ihren Auszug aus ihrem Haus in Y ihren bis dahin dort befindlichen Hausstand in Y aufgegeben und für einen Zeitraum von weit über einem Jahrzehnt einen neuen Hausstand in ihrem weiteren Haus in X begründet und unterhalten hatte. Hierdurch hatte die Erblasserin ihren Lebensmittelpunkt nach X verlegt.

    Erfüllt die zum neuen Lebensmittelpunkt bestimmte Wohnung ihrerseits die Voraussetzungen für ein Familienheim, scheidet die Anwendung der Steuerbefreiung für die bisherige Wohnung aus. Der Auszug aus der bislang eigengenutzten Immobilie unter gleichzeitiger Verlegung des Lebensmittelpunktes in eine andere eigengenutzte Immobilie ist nicht mit dem vom Gesetzgeber ins Auge gefassten Fall des Umzugs in ein Senioren- oder Pflegeheim aus zwingenden gesundheitlichen Gründen gleichzustellen. Die Steuerbefreiung als Familienheim kann schließlich auch nur für ein einziges Objekt in Betracht kommen. Dies gilt sowohl bei gleichzeitiger Eigennutzung mehrerer Immobilien durch den Erblasser zu seinen Lebzeiten als auch im Falle zeitlich aufeinander folgender Eigennutzung verschiedener in seinem Eigentum stehender Immobilien.

    Das Haus in Y hat deshalb im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin als deren Familienheim nicht mehr in Betracht kommen können.



September 2021


  • Erbschaftsteuer: Sind Einkommensteuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar?

    Erklären die Erben die Betriebsaufgabe und entstehen in diesem Zusammenhang Einkommensteuerschulden, können diese nicht als Nachlassverbindlichkeiten bei der Erbschaftsteuer abgezogen werden.


    Hintergrund

    Die Kläger sind gesetzliche Erben des 2016 verstorbenen Erblassers. Der Erblasser war Inhaber eines verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Nach dem Tod des Erblassers erklärten die Kläger rückwirkend für einen Zeitpunkt vor dem Tod des Erblassers im Jahr 2016 die Betriebsaufgabe. Aufgrund der von den Klägern erklärten Betriebsaufgabe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs des Erblassers entstand ein ertragsteuerlicher Veräußerungsgewinn und darauf entfallende Einkommensteuer.

    Bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer lies das Finanzamt die geltenden gemachten Einkommensteuerschulden, den Solidaritätszuschlag sowie die Kirchensteuer betreffend die Jahre 2015 und 2016 als Nachlassverbindlichkeiten steuermindernd zum Abzug zu. Die die Betriebsaufgabe betreffenden Steuern berücksichtigte das Finanzamt jedoch nicht. Dagegen richtet sich die Klage vor dem Finanzgericht.


    Entscheidung

    Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt zu Recht in den Erbschaftsteuerbescheiden die von den Klägern geltend gemachten Steuerschulden nicht zum Abzug zugelassen hat.

    Vom Erwerb des Erben sind die vom Erblasser herrührenden persönlichen Verbindlichkeiten, die auf die Erben übergegangen sind, als Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen. Der Abzug setzt jedoch voraus, dass die Verbindlichkeiten rechtlich bestehen und den Erblasser im Todeszeitpunkt wirtschaftlich belastet haben. An dieser wirtschaftlichen Belastung fehlt es, wenn der Erblasser als Schuldner davon ausgehen konnte, die Verpflichtungen unter normalen Umständen nicht selbst erfüllen zu müssen.

    Die Voraussetzungen für den Abzug der Kosten für die aus der Betriebsausgabe resultierenden Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten liegen hier nicht vor. Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören diejenigen Steuerschulden, die im Zeitpunkt des Todes des Erblassers bereits rechtlich entstanden sind. Die Einkommensteuer entsteht grundsätzlich mit Ablauf des Veranlagungszeitraums. Zu den abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten gehören aber auch die Steuerverbindlichkeiten, die der Erblasser als Steuerpflichtiger durch die Verwirklichung von Steuertatbeständen begründet hat und die mit dem Ablauf des Todesjahres entstehen. Die Festsetzung der Steuer ist nicht Voraussetzung ihrer Entstehung, sondern setzt die Entstehung voraus. Steuerschulden können aber wie andere Nachlassverbindlichkeiten nur dann abgezogen werden, wenn sie im Todeszeitpunkt eine wirtschaftliche Belastung dargestellt haben.

    Fehlt die wirtschaftliche Belastung, findet der Abzug nicht statt. Da im vorliegenden Fall erst die Erben nach dem Tod des Erblassers die Betriebsaufgabe erklärt haben, fehlt in jedem Fall die wirtschaftliche Belastung des Erblassers durch die aus der Betriebsaufgabe resultierenden Einkommensteuerschulden im Zeitpunkt des Erbfalls, sodass eine Abzugsfähigkeit ausscheidet. Erst durch die Betriebsaufgabeerklärung der Erben wurde der Steuertatbestand ausgelöst. Maßgeblich für die Berücksichtigung der Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeit ist jedoch, dass der Erblasser bis zu seinem Ableben selbst Steuertatbestände verwirklicht und damit das spätere Entstehen der Steuerschuld begründet hat.


  • Erbschaftsteuer: Wie weit reicht die Steuerbefreiung für das Familienheim?

    Die Erbschaftsteuerbefreiung für das Familienheim gilt auch für das Grundstück, auf dem sich die entsprechende Wohnung befindet. Ein unmittelbar daran angrenzendes Grundstück wird jedoch von der Steuerbefreiung nicht mehr erfasst.


    Hintergrund

    A ist Alleinerbin ihrer Mutter E. Diese hatte bis zu ihrem Tod in einer Eigentumswohnung in einem Zweifamilienhaus gewohnt. A nutzte die Wohnung nach dem Tod der E zu eigenen Wohnzwecken. Das Haus stand auf dem Grundstück 1, das sich im hälftigen Miteigentum der E befand. Neben diesem Grundstück lag unmittelbar angrenzend das unbebaute Grundstück 2. E war dessen Alleineigentümerin gewesen. Das Grundstück 2 ging im Wege der Erbfolge ebenfalls auf die A über.

    In der Erbschaftsteuer-Erklärung erfasste A den Erwerb der Grundstücke 1 und 2 mit einer Summe und machte die Steuerbefreiung für den Familienheimerwerb von Todes wegen durch Kinder für den gesamten Grundstückswerts geltend. Das Finanzamt erließ zunächst den Erbschaftsteuer-Bescheid im April 2015 wie beantragt.

    Das für die Bewertung des Grundbesitzes zuständige Belegenheits-Finanzamt stellte im September 2015 den Wert der beiden Grundstücke jeweils als eigene wirtschaftliche Einheiten fest. Daraufhin erließ das Finanzamt einen geänderten Erbschaftsteuer-Bescheid, mit dem es die Grundstücke 1 und 2 jeweils als Einzelflächen berücksichtigte und die Steuerbefreiung nur noch für das Grundstück 1 gewährte.

    Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.


    Entscheidung

    Auch die Revision der A scheiterte, denn der Bundesfinanzhof wies diese als unbegründet zurück. Egal, ob der Begriff des Grundstücks zivilrechtlich oder bewertungsrechtlich zu verstehen ist, in beiden Fällen steht A nur für das Grundstück 1 die Steuerbefreiung zu.

    Von der Steuerbefreiung werden Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, Wohnungs- und Teileigentum, Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke erfasst. Eine nähere Bestimmung, in welchem Umfang der zu der Wohnung gehörende Grund und Boden an der Begünstigung teilhat, enthält das ErbStG nicht. In Betracht kommt einerseits das Grundstück im zivilrechtlichen Sinn (ein vermessener, im Liegenschaftskataster bezeichneter Teil der Erdoberfläche) oder andererseits die wirtschaftliche Einheit i. S. d. § 2 Abs. 1 BewG.

    Für den zivilrechtlichen Begriff spricht die bürgerlich-rechtliche Prägung des Erbschaftsteuerrechts. Als (Rechts-) Verkehrsteuer knüpft die Erbschaftsteuer grundsätzlich an bürgerlich-rechtliche Vorgänge an.

    Andererseits verweist die Steuerbefreiungsvorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG auf das Bewertungsrecht, und zwar auf bebaute Grundstücke im Sinne des BewG und gerade nicht im Sinne des Zivilrechts (BGB).

    Für Zwecke der Erbschaftsteuer sind für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens die Grundbesitzwerte gesondert festzustellen. Die Feststellungen treffen die zuständigen Belegenheits-Finanzämter. Ihnen obliegt neben der Wertfeststellung auch die verbindliche Feststellung über die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens. Diese Entscheidung kann nur durch Anfechtung des Wertfeststellungsbescheids angegriffen werden.

    Hiervon ausgehend ist die Steuerbefreiung nur für das Grundstück 1, auf dem sich das Familienheim befindet, zu gewähren. Es bedarf keiner Entscheidung, ob das Grundstück im Sinne des BGB oder des BewG zu verstehen ist. Denn: Ist nach zivilrechtlichen Maßstäben abzugrenzen, folgt dies aus der katastermäßigen Selbstständigkeit des Grundstücks 1. Ist bewertungsrechtlich abzugrenzen, folgt dies aus den beiden getrennten Feststellungsbescheiden des Belegenheits-Finanzamts für die beiden Grundstücke, die auch hinsichtlich der Bestimmung der wirtschaftlichen Einheit bindend sind.

    Das Finanzamt war auch befugt, nach Ergehen der Feststellungsbescheide die Erbschaftsteuer-Festsetzung abzuändern. Zum einen liegt eine Änderungsbefugnis wegen neuer Tatsachen vor. Erst durch die in den Feststellungsbescheiden enthaltenen Flurstücksbezeichnungen wurde nämlich für das Finanzamt erkennbar, dass 2 Grundstücke vorlagen. Zum anderen sind die Feststellungsbescheide nicht nur hinsichtlich der Werte, sondern auch hinsichtlich des Umfangs der wirtschaftlichen Einheit bindende Grundlagenbescheide für die Erbschaftsteuerbescheide.


  • Keine eigene gesonderte Feststellung gegenüber Vermächtnisnehmern

    Eine eigene gesonderte Feststellung von Grundbesitzwerten allein gegenüber dem Vermächtnisnehmer ist gesetzlich zwar nicht vorgesehen. Jedoch kann ein eigenständiger Feststellungsbescheid über den Grundbesitzwert gegenüber einem Vermächtnisnehmer bestandskräftig werden.


    Hintergrund

    Der 2012 verstorbene Erblasser E hatte einen Sohn S1 als Alleinerben eingesetzt. Seinen Sohn S2 und die beiden Töchter hatte er als Vermächtnisnehmer eingesetzt, auf die ein zum Nachlass gehörendes Grundstück zu gleichen Teilen übergehen sollte.

    Mit insgesamt 4 Bescheiden über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts stellte das Finanzamt den Bedarfswert des Grundstücks auf rund 390.000 EUR fest. Ein Bescheid war an den Erben S1 gerichtet, dem ein Anteil von 1/1 zugerechnet wurde. Die anderen Bescheide enthielten als Inhaltsadressaten jeweils die 3 Vermächtnisnehmer, denen jeweils ein Anteil von 1/3 zugerechnet wurde.

    Nach Einspruch und dem Hinweis, dass das Grundstück inzwischen für 365.000 EUR veräußert worden war, änderte das Finanzamt den Bescheid gegenüber S1 entsprechend. Weiterhin teilte es mit, dass die gegenüber den Vermächtnisnehmern bekannt gegebenen Bescheide bereits bestandskräftig waren. Insoweit blieb es bei den festgestellten höheren Werten. Denn aus dem Einspruchsschreiben ergab sich, dass lediglich für S1, nicht aber auch für die Vermächtnisnehmer Einspruch eingelegt werden sollte. Dementsprechend wies das Finanzamt den Einspruch des S2 als unzulässig zurück.

    Das Finanzgericht hielt den Bescheid mangels inhaltlicher Bestimmtheit für nichtig. Zutreffender Inhaltsadressat des Feststellungsbescheids wäre der Erbe S1 als Erwerber des Grundbesitzes gewesen, nicht der Vermächtnisnehmer.


    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und wies die Klage ab. Der angefochtene Feststellungsbescheid war gegenüber S2 weder unbestimmt noch aus anderen Gründen unwirksam.

    Ist Gegenstand des Sachvermächtnisses ein gesondert zu bewertendes, zum Nachlass gehörendes Grundstück, sind die Vermächtnisnehmer wie Erben und Miterben ebenfalls am Feststellungsverfahren beteiligt. Denn die Vermächtnisnehmer schulden die Erbschaftsteuer, für die die Wertfeststellung von Bedeutung ist. Der festgestellte Grundbesitzwert ist bei der Besteuerung dessen Erwerbs durch Vermächtnis zugrunde zu legen.

    Eine eigene gesonderte Feststellung von Grundbesitzwerten allein gegenüber dem Vermächtnisnehmer ist gesetzlich nicht vorgesehen. Die Beteiligung der Vermächtnisnehmer spricht gerade gegen eine solche gesonderte Feststellung allein gegenüber den Vermächtnisnehmern. Der Bundesfinanzhof folgt insoweit ausdrücklich nicht der Ansicht der Finanzverwaltung, die eine gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts gegenüber dem Vermächtnisnehmer vorsieht.

    Lässt sich dem Bescheid zweifelsfrei entnehmen, was wem gegenüber festgestellt wird, liegt kein zur Nichtigkeit führender schwerwiegender Mangel vor. Dass ein solcher Bescheid die übrigen Feststellungsbeteiligten, insbesondere den Erben, nicht einschließt, macht ihn nicht nichtig. Er bleibt wirksam. Ein Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ist nicht deswegen nichtig, weil er nicht alle Feststellungsbeteiligten enthält.

    Hiervon ausgehend ist der von S2 angefochtene Feststellungsbescheid wirksam. Der Wert hätte zwar nicht allein gegenüber S2 als Vermächtnisnehmer festgestellt werden dürfen. Vielmehr hätte S2 als Vermächtnisnehmer am Verfahren über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts beteiligt werden müssen. Der fälschlicherweise gegen ihn ergangene Bescheid ist jedoch nicht aufzuheben. Er ist wirksam und auch bestandskräftig, da er nicht rechtzeitig von S2 angefochten wurde. In dem Einspruchsschreiben ist ausdrücklich nur von S1 als Erben die Rede.


  • Zur Bewertung eines GmbH-Anteils für die Erbschaftsteuer

    Im Rahmen der Wertermittlung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG kann sich der Steuerpflichtige durch Vorlage eines Gutachtens gegen das vereinfachte Ertragswertverfahren entscheiden. In diesem Fall stellt die Wertermittlung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren keine Auffangmethode dar.


    Hintergrund

    A ist die Erbin des Erblassers E, der am 1.1.2011 verstarb. E war mit einem Anteil von 17 % Gesellschafter einer GmbH. Weiterer Gesellschafter und Geschäftsführer war u. a. B.

    Das Finanzamt stellte im Rahmen der Erbschaftsteuer den Wert der GmbH auf den 1.1.2011 im vereinfachten Ertragswertverfahren mit 81 Mio. EUR und den Wert des Anteils des E mit 14 Mio. EUR fest.

    Nach Ansicht der A führte das vereinfachte Ertragswertverfahren zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis. Wegen der Befristung eines wichtigen Mandats musste mit einer Verschlechterung der Ertragslage gerechnet werden. Zudem brachte der unerwartete Tod des Geschäftsführers B die GmbH in erhebliche Schwierigkeiten. Nach der gutachterlichen Stellungnahme eines Wirtschaftsprüfers war deshalb der Wert des Anteils des E am Todestag mit 6,4 Mio. EUR (15 % von 43 Mio. EUR) zu beziffern.

    Das Finanzgericht wies die Klage ab. Es war wie das Finanzamt auch der Meinung, dass das vereinfachte Ertragswertverfahren anwendbar war und nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führte. Die von A vorgelegte gutachterliche Stellungnahme war nicht verwertbar, da sie wegen der Berücksichtigung zukünftiger Ereignisse gegen das Stichtagsprinzip verstieß.


    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies den Fall an das Finanzgericht zurück. Zu Unrecht war das Finanzgericht von einem Vorrang des vereinfachten Ertragswertverfahrens ausgegangen. Zudem verletzte es seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung dadurch, dass es die in Form der gutachterlichen Stellungnahme eingereichte Wertermittlung der A weder beachtete noch unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG ergänzte und anpasste.

    Ist der gemeine Wert von nicht notierten Anteilen an einer Kapitalgesellschaft zu ermitteln, kann anstelle eines individuellen Ertragswertverfahrens auch das vereinfachte Ertragswertverfahren angewendet werden, wenn dieses nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt. Damit wird dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht zur Anwendung des vereinfachten Verfahrens gewährt. Entscheidet er sich durch Vorlage eines Gutachtens gegen das vereinfachte Ertragswertverfahren, kann dieses auch nicht nach Art eines Auffangtatbestands der Bewertung zugrunde gelegt werden. Das gilt auch dann, wenn der Unternehmenswert nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG in dem Gutachten unzureichend ermittelt wurde.

    Ein Vorrang bzw. eine widerlegbare Vermutung der Richtigkeit für einen mittels des vereinfachten Ertragswertverfahrens ermittelten Werts besteht nicht. Denn die in diesem Verfahren vorgesehenen Typisierungen können zu Abweichungen vom gemeinen Wert führen. Das Wahlrecht des Steuerpflichtigen ist daher gerechtfertigt. Hat er sich gegen das vereinfachte Ertragswertverfahren entschieden und legt er stattdessen ein Gutachten nach den Grundsätzen des § 11 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BewG vor, können daher weder das Finanzamt noch das Finanzgericht ohne Weiteres dem vereinfachten Ertragswertverfahren den Vorrang einräumen. Nur wenn das vereinfachte Ertragswertverfahren zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt, soll sich der Anteilsinhaber nicht auf dieses Verfahren berufen können und die Finanzverwaltung die Möglichkeit haben, das Verfahrens abzulehnen.

    Entspricht das Gutachten nicht in jeder Hinsicht, sondern nur in einzelnen Aspekten nicht den Anforderungen, darf es das Finanzgericht aber nicht ohne Weiteres insgesamt unberücksichtigt lassen und zum vereinfachten Ertragswertverfahren wechseln. Etwaige Lücken im Gutachten können vom FG selbst geschlossen oder müssen vom Steuerpflichtigen nachgebessert werden.

    Im vorliegenden Fall hatte das Finanzgericht das Gutachten nicht vollständig, sondern nur in einzelnen Punkten beanstandet. Damit hätte das Finanzgericht das Gutachten nicht insgesamt verwerfen dürfen. Es hätte A die Möglichkeit zur Ergänzung geben oder selbst ein neues Gutachten in Auftrag geben müssen.



August 2021


  • Grunderwerbsteuer: Sind Erschließungsbeiträge einzubeziehen?

    Sind Erschließungsbeiträge als sonstige Leistungen in die Bemessungsgrundlage bei der Grunderwerbsteuer einzubeziehen? Ja, meint das Finanzgericht Münster. Das letzte Wort hat aber der Bundesfinanzhof.


    Hintergrund

    Die Kläger und ihr Sohn, J. B., erwarben von der Z-Immobiliengesellschaft mbH eine im Grundbuch von X-Stadt eingetragene Grundstücksfläche zu Miteigentum. In dem in der notariellen Urkunde genannten Kaufpreis ist die sog. Erschließung enthalten.

    Zusätzlich zum Grundstückskaufpreis erstattet der Käufer der Verkäuferin die von dieser im Verhältnis zu den jeweiligen Leistungserbringern zu tragenden Kosten für die Herstellung eines Hausanschlussschachtes für Schmutz- und Regenwasser (Mischsystem) auf dem verkauften Grundstück mit einem pauschalen Betrag. Zur Erschließung vereinbarten die Parteien, dass Z die gesamten Erschließungsmaßnahmen für die sog. Ersterschließung durchzuführen hat. Diese Maßnahmen umfassen insbesondere die Herstellung der öffentlichen Abwasseranlagen sowie die erstmalige Herstellung der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze, einschließlich Fahrbahnen, inklusive Stellplatzflächen, Geh-/Radwegen, Straßenentwässerung, Straßenbeleuchtung und Straßenbegleitgrün. Die in diesem Zusammenhang anfallenden Erschließungskosten werden von der Verkäuferin getragen und sind im Kaufpreis enthalten. Eine gesonderte Abrechnung dieser Erschließungskosten erfolgt nicht. Zusätzlich wird die Z den Hausanschlussschacht für das Grundstück der Kläger erstellen.

    Das Finanzamt setzte gegenüber den Klägern und ihrem Sohn jeweils Grunderwerbsteuer fest. Gegen die Grunderwerbsteuerbescheide legten die Kläger Einspruch ein. Zur Begründung führten sie jeweils aus, dass das Finanzamt eine zu hohe Bemessungsgrundlage angesetzt habe. Die Kosten für den Hausanschlussschacht sowie die Kosten für die noch nicht geleistete Erschließung seien aber abzuziehen, sodass für die Grunderwerbsteuer ein geringerer Kaufpreis anzusetzen sei.


    Entscheidung

    Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Zu Recht hat das Finanzamt den (kalkulatorisch) auf die Erschließungskosten entfallenden Kaufpreisanteil in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einbezogen.

    Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist die Gegenleistung. Bei einem Grundstückskauf gilt als Gegenleistung u. a. der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Danach gehören alle Leistungen des Erwerbers zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung, die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen gewährt, um das Grundstück zu erwerben.

    Für den Umfang der Gegenleistung ist entscheidend, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht wurde. Ob Erschließungskosten als Gegenleistung zu erfassen sind, ist danach zu beurteilen, ob das Grundstück unerschlossen oder erschlossen bzw. mit der Verpflichtung des Veräußerers, es erschlossen zu verschaffen, Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist.

    Ist ein Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags bereits tatsächlich erschlossen, kann Gegenstand eines solchen Vertrages nur das erschlossene Grundstück sein; der zur Abgeltung der Erschließung neben dem eigentlichen Grundstückskaufpreis gesondert ausgewiesene Betrag gehört in diesem Fall zur Gegenleistung.

    Ist das Grundstück hingegen im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags noch nicht erschlossen, verpflichtet sich jedoch der Veräußerer, das Grundstück dem Erwerber in erschlossenem Zustand zu verschaffen, so ist das Grundstück in diesem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs. Der auf die Erschließung entfallende Teil des Kaufpreises ist dann Entgelt für den Grundstückserwerb.

    Im vorliegenden Fall ergibt die Auslegung des Kaufvertrags, dass sich die Verkäuferin verpflichtet hat, den Klägern das Grundstück im erschlossenen Zustand zu verschaffen.


  • Grundsteuer und Vorkaufsrecht: Wer ist wann wirtschaftlicher Eigentümer?

    Abweichend vom Kaufvertrag können Grundstückseigentümer und Vorkaufsberechtigter den Übergang von Nutzen und Lasten auf einen späteren Zeitpunkt festlegen – mit Auswirkungen z. B. auf die Zurechnung des Grundstücks im Rahmen der Grundsteuer.


    Hintergrund

    Die Grundstückseigentümerin A schloss im Januar 2006 mit einer KG einen notariell beurkundeten Kaufvertrag über ein aus mehreren Einheiten bestehendes Grundstück. Der Übergang von Nutzen und Lasten sollte vertraglich zum Januar 2006 erfolgen. Das Finanzamt führte daher im Rahmen der Festsetzung zur Grundsteuer zunächst Zurechnungsfortschreibungen auf die KG auf den 1.1.2007 durch.

    Der X stand ein Vorkaufsrecht zu, das sie im April 2006 ausübte. Im Juli 2006 wurde zugunsten der X eine Vormerkung eingetragen. X erwarb im September 2010 das Grundstück aufgrund eines ergänzenden Vertrags mit A zur Abwicklung des Vorkaufsrechts. Für den Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten wurde - abweichend vom ursprünglich zwischen der A und der KG geschlossenen Vertrag – der September 2010 vereinbart.

    Das Finanzamt ließ mit Einheitswert-Bescheiden vom November und Dezember 2010 die wirtschaftlichen Einheiten der X zu und erließ entsprechende Grundsteuer-Messbescheide. Seiner Ansicht nach war X als Vorkaufsberechtigte in alle vertraglichen Verpflichtungen zwischen der A und der KG eingetreten. Das galt auch für die Vereinbarung des Übergangs von Besitz, Nutzen und Lasten zum Januar 2006.

    X war dagegen der Meinung, dass sie erst im September 2010 wirtschaftliche Eigentümerin geworden war.

    Das Finanzgericht wies die Klage ab, da X aufgrund der rechtskräftigen Ausübung des Vorkaufsrechts rückwirkend das Verwertungsrecht durch Nutzung oder Veräußerung des Grundbesitzes zustand.


    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof folgt dem Urteil des Finanzgerichts nicht. Er entschied, dass der Grundbesitz der X nicht bereits zum 1.1.2007 zuzurechnen war.

    Der Erwerber eines Grundstücks erlangt wirtschaftliches Eigentum regelmäßig ab dem Zeitpunkt, ab dem er nach dem Willen der Vertragspartner wirtschaftlich über das Grundstück verfügen kann. Abzustellen ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse. Der Besitz des Erwerbers bzw. dessen Recht, die Nutzungen zu ziehen – vor allem im Vorstadium eines geplanten zivilrechtlichen Eigentumserwerbs – sind jedoch unerlässlich.

    Mit der Ausübung eines Vorkaufsrechts kommt der Kauf zwischen dem Berechtigten (X) und dem Verpflichteten (A) unter den Bestimmungen zustande, die der Verpflichtete mit dem Dritten (KG) vereinbart hat. Allerdings können Grundstückseigentümer (A) und Vorkaufsberechtigter (X) vereinbaren, dass für das Kaufverhältnis zwischen diesen beiden Personen andere Bestimmungen als für den ursprünglich mit dem Dritten geschlossenen Vertrag gelten sollen. Insbesondere können (wenn Besitz, Nutzen und Lasten bereits vor der Ausübung des Vorkaufsrechts auf den Dritten übergegangen sind) der Eigentümer und der Vorkaufsberechtigte den Übergang abweichend von dem ursprünglichen Kaufvertrag auf einen späteren Zeitpunkt festlegen.

    Hiervon ausgehend ist X nicht bereits im Januar 2006 oder zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts im April 2006 wirtschaftliche Eigentümerin geworden. Denn mit der Ausübung des Vorkaufsrechts im April 2006 kam zwischen A und X ein neuer Kaufvertrag zu den Bedingungen des Vertrags zwischen der A und der KG zustande. Allerdings regelten die Vertragsparteien in dem Vertrag vom September 2010 ausdrücklich in Abweichung vom ursprünglichen Vertrag, dass der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten auf die X erst später im September 2010 erfolgen sollte. Daher wurde X erst zu diesem Zeitpunkt wirtschaftliche Eigentümerin.

    Die Vormerkung allein verschaffte der X nicht die Stellung einer wirtschaftlichen Eigentümerin.



Juli 2021


  • Nachlassverbindlichkeit: Warum eine Vorfälligkeitsentschädigung nicht abziehbar ist

    Fällt für die vorzeitige Ablösung eines Darlehens des Erblassers eine Vorfälligkeitsentschädigung an, kann diese nicht gesondert als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden. Vielmehr sind die Zinsen Teil der als Erblasserschuld abziehbaren Darlehensverbindlichkeit.

    Hintergrund

    Nach dem Tod der Erblasserin E bestellte das Nachlassgericht eine Nachlasspflegerin, da die Erben nicht bekannt waren und sicherungsbedürftiger Nachlass vorlag.

    Die Nachlasspflegerin verkaufte die zum Nachlass gehörenden Grundstücke und verpflichtete sich zur Ablösung der Grundpfandrechte. Durch die vorzeitige Ablösung der von E zur Finanzierung der Grundstücke aufgenommenen Darlehen fielen Vorfälligkeitsentschädigungen an.

    Der Kläger war ein Erbe zu 1/8. Er beantragte, die Vorfälligkeitsentschädigungen anteilig als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen. Das Finanzamt behandelte die Vorfälligkeitsentschädigung jedoch als nicht abziehbare Nachlassverwaltungskosten.

    Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Es erkannte die Vorfälligkeitsentschädigungen als abziehbare Nachlassverbindlichkeiten in Form von Nachlassregelungskosten an.


    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof sah das anders und entschied, dass die Vorfälligkeitsentschädigungen nicht als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar sind. Vielmehr handelt es sich um Kosten für die Verwaltung des Nachlasses, die nicht geltend gemacht werden können.

    Nachlassverbindlichkeit ist allein die Darlehensverbindlichkeit als Kapitalschuld. Sie wird unter Berücksichtigung der Verzinsung auf den Stichtag ermittelt. Die Zinsverpflichtung stellt keine zusätzlich berücksichtigungsfähige Nachlassverbindlichkeit dar. Die tatsächlich erbrachten Zinszahlungen können deshalb ebenso wenig abgezogen werden wie die Tilgungsleistungen. Sie würden andernfalls doppelt berücksichtigt. Kommt es nach dem Stichtag aus Gründen, die nicht mehr beim Erblasser ihren Ursprung haben, zur vorzeitigen Ablösung eines Darlehens, hat dies auf den Umfang der Erblasserschulden keinen Einfluss.

    Die vorzeitige Ablösung der Darlehen war erforderlich, um die Immobilien lastenfrei veräußern zu können. Die Tilgung der Darlehen diente also der Veräußerung der Immobilien und damit dem wirtschaftlich sinnvollen Umgang mit dem Nachlass.

    Kosten für die Verteilung des Nachlasses sind insbesondere die im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft entstandenen Aufwendungen. Die Gründe für die Veräußerung der Grundstücke stehen hier jedoch nicht im Zusammenhang mit einer etwaigen Erbauseinandersetzung. Insbesondere war, solange die Erben nicht ermittelt waren, ihre Anzahl und ob sie an einer Auseinandersetzung interessiert waren, nicht bekannt.

    Erwerbskosten liegen ebenfalls nicht vor. Ein unmittelbarer Zusammenhang der Kosten mit dem Erwerb ist anzunehmen, wenn sie aufgewendet werden, damit der Erwerber seine Rechtsstellung erlangt. Die Veräußerung der Immobilien und die damit verbundene vorzeitige Ablösung der Darlehen hatten aber keinen Bezug zu der Rechtsstellung der Erben und sicherten diese auch nicht. Die Maßnahme beruhte allein auf wirtschaftlichen Zweckmäßigkeitserwägungen, die auf dem Nichtwissen um die Erben beruhten.

    Vorliegend handelte es sich um Nachlassverwaltungskosten. Das sind Kosten, die dazu dienen, den Nachlass zu erhalten, zu nutzen und zu mehren oder das Vermögen zu verwerten. Die Regelung verlangt einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs. Handelt es sich um Kosten, die ihrer Art nach ebenso anfallen, wenn sich die Gegenstände nicht in einem Nachlass befinden, fehlt der unmittelbare Zusammenhang mit der Folge, dass es sich um Nachlassverwaltungskosten handelt. Im vorliegenden Fall standen die Vorfälligkeitsentschädigungen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen. Sie sind Folge einer Vermögensumschichtung als Teil einer normalen Vermögensverwaltung.


  • Wie wird ein Flachdach-Gebäude mit angehängter Decke bewertet?

    Der Gebäudenormalherstellungswert eines Flachdachgebäudes wird anhand des von den Außenwänden des Gebäudes gänzlich umschlossenen Raumvolumens berechnet. Das gilt auch dann, wenn die Decke zur Abdeckung von Versorgungsleitungen angehängt wird.


    Hintergrund

    X ist Erbbauberechtigte an einem Grundstück, auf dem ein Supermarkt-Gebäude errichtet wurde. Der Flachdachbau ist zum Teil mit einem Obergeschoss bebaut. Im gesamten Gebäude sind unterhalb des Flachdachs bzw. der Erdgeschossdecke zum Sichtschutz abgehängte Decken eingezogen. Darüber verlaufen die Versorgungsleitungen.

    X beantragte, im Sachwertverfahren für Zwecke der Grundsteuer den Zwischenraum zwischen der abgehängten Decke und dem Dach in dem Teil des Gebäudes, über den sich das Obergeschoss nicht erstreckt, nur mit einem Drittel des Rauminhalts in die Berechnung des umbauten Raums einzubeziehen.

    Das Finanzamt berücksichtigte dagegen den Zwischenraum in voller Höhe. Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.


    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof wies die Revision zurück und entschied, dass bei der Berechnung des Gebäudewerts das Raumvolumen zwischen der abgehängten Decke, den Außenwänden und der Dachhaut voll anzurechnen ist.

    Für die Bewertung des Erbbaurechts ist das Sachwertverfahren nach §§ 83 ff. BewG anzuwenden. Der umbaute Raum ist nach DIN 277 (November 1950 x) zu berechnen. Ausgebaute Dachgeschosse werden mit dem vollen Rauminhalt angesetzt, während nicht ausgebaute Dachräume mit einem Drittel ihres Rauminhalts berücksichtigt werden.

    Ein Flachdach verfügt über nahezu keinen Dachraum. Ein auf allen Seiten von den Außenflächen der Umfassungen des Gebäudes umschlossener Raum, der sich baulich nicht von den Außenwänden des Gebäudekörpers abhebt, ist nicht "Dachraum" und demnach auch kein der Drittelregelung unterliegender "nicht ausgebauter Dachraum". Er ist ungeachtet der Existenz abgehängter Zwischendecken voll anzurechnen.

    Die bewertungsrechtliche Behandlung eines Raums als Dachraum setzt voraus, dass zwischen dem Dachraum und dem voll anzurechnenden Raum eine bauliche Abgrenzung vorhanden ist. Rauminhalt, dessen seitliche Umschließung rundum durch Gebäudeaußenwände gebildet wird, ist kein Dachraum. Es ist daher nicht möglich, durch eine Verlagerung der entsprechenden Decke nach unten den der Drittelregelung zu unterwerfenden Dachraum beliebig zu vergrößern.



Juni 2021


  • Betreuerin als testamentarische Erbin: Wann das unwirksam ist

    Ein Testament zugunsten einer Berufsbetreuerin kann sittenwidrig und nichtig sein, wenn diese die Situation eines einsamen und hilfebedürftigen Mannes ausnutzt, um sich selbst als Erbin einsetzen zu lassen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Betreuung erst kurze Zeit vorher übernommen wurde.


    Hintergrund

    Eine Berufsbetreuerin war im Januar 2005 vom Amtsgericht für einen hilfebedürftigen 85-jährigen Mann bestellt worden. Er hatte einen schweren Schlaganfall erlitten und daraus folgend erhebliche geistige Defizite. Der Mann hatte keine Verwandten und lebte in einem Pflegeheim. Anfang Mai 2005 ließ die Betreuerin mit dem Mann bei einer Notarin ein Testament beurkunden, in dem sie selbst als Erbin eingesetzt wurde. Zusätzlich sollte eine Person miterben, die von der Betreuerin beauftragt worden war, mit dem Mann gelegentlich einkaufen oder spazieren zu gehen.

    Als der Mann verstorben war, teilte die Betreuerin sich mit dem Miterben den Nachlass. Ein vom Amtsgericht bestellter Nachlasspfleger sollte den Nachlass sichern und verlangte die Herausgabe des Vermögens von der Betreuerin und dem Miterben.


    Entscheidung

    Die Klage der Betreuerin und des Miterben hatte keinen Erfolg. Das Gericht stellte fest, dass der bei Testamentserrichtung 85-jährige Mann aufgrund seiner erheblichen geistigen Defizite gar nicht mehr testierfähig gewesen ist und die letztwillige Verfügung daher nicht ohne Einfluss Dritter treffen konnte.

    Darüber hinaus hielt das Gericht das Testament für sittenwidrig. Denn die Betreuerin hatte die Einsamkeit und Hilflosigkeit des Mannes zu ihrem Vorteil ausgenutzt. Bis zur Bestellung als Betreuerin kannte sie den Mann überhaupt nicht, beauftragte aber schon einige Monate danach selbst eine Notarin und begleitete den wohlhabenden Mann zur Beurkundung. Sie holte bewusst keine ärztliche Bescheinigung über seine Testierfähigkeit ein und informierte das Amtsgericht auch nicht über die Erbeinsetzung.


  • Grunderwerbsteuer bei Wechsel im Gesellschafterbestand und geplanter Bebauung

    Im Rahmen der Grunderwerbsteuer ist der Wert des Grundstücks nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes maßgebend. Bei einer Änderung des Gesellschafterbestands muss sich die Gesellschaft auf die Bebauung festgelegt und die Neugesellschafter müssen die Gesellschaftsanteile wegen des Plans erworben haben.


    Hintergrund

    An der K-GmbH & Co. KG. (K-KG) waren die K-GmbH und 4 Kommanditisten beteiligt. Die K-GmbH hatte mit einem Mieter einen Mietvertrag über einen noch zu errichtenden Lebensmittelmarkt geschlossen. Später trat die K-KG an Stelle der K-GmbH als Vermieterin in den Mietvertrag ein.

    Im September 2004 erwarb die K-KG das Grundstück von der Stadt mit der Verpflichtung, bis 2007 einen Lebensmittelmarkt zu errichten. Im November 2004 wurde die Baugenehmigung erteilt.

    Im Mai 2005 veräußerten die K-GmbH ihre Komplementärbeteiligung an der K-KG an die M-GmbH und die 4 Kommanditisten ihre Kommanditbeteiligungen an die M-KG. Der Vertrag nahm auf die Baugenehmigung und den Mietvertrag Bezug. Die Kommanditisten hatten bereits Honoraransprüche für verschiedene Leistungen erworben, die sie für die Projektierung erbracht hatten. Nach der Anteilsveräußerung wurden die Bauverträge geschlossen. Das Objekt wurde 2006 fertiggestellt.

    Das Finanzamt nahm die K-KG auf Grunderwerbsteuer in Anspruch. Die K-KG ging davon aus, dass Bemessungsgrundlage der Wert des unbebauten Grundstücks war (695.000 EUR). Das Finanzamt setzte dagegen im Hinblick auf die geplante Bebauung den Wert zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes an (6,7 Mio. EUR).

    Das Finanzgericht folgte dem Finanzamt und wies die Klage der K-KG ab, da die neuen Gesellschafter in die Bebauung eingebunden gewesen waren.


    Entscheidung

    Für die Grunderwerbsteuer ist der Wert des Grundstücks nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes maßgebend, wenn die Änderung des Gesellschafterbestands auf einem vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks beruht.

    Das Gesetz verlangt eine kausale Verknüpfung der Änderung des Gesellschafterbestands mit einem Plan zur Bebauung. Zum einen muss es einen vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks geben, mit dem sich die Gesellschaft über einen Gesellschafterwechsel hinaus in wesentlichen Punkten festgelegt hat. Zum anderen muss die Änderung des Gesellschafterbestands in der Weise auf diesem Plan beruhen, dass die Neugesellschafter die Gesellschaftsanteile wegen des Plans erworben haben.

    In zeitlicher Hinsicht muss der Plan vor der Änderung des Gesellschafterbestands und damit unter der Herrschaft der Altgesellschafter gefasst worden sein. Andernfalls wäre er nicht "vorgefasst" und könnte die Änderung des Gesellschafterbestands auch nicht veranlassen. In sachlicher Hinsicht muss sich der Plan auf eine im Wesentlichen feststehende Bebauung beziehen. Der Plan muss nur die Bebauung, nicht auch die Änderung des Gesellschafterbestands zum Gegenstand haben. Somit ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass aus Sicht der Gesellschaft die geplante Bebauung im Wesentlichen feststeht.

    Die Änderung des Gesellschafterbestands muss auf dem vorgefassten Plan zur Bebauung "beruhen". Der Plan muss Grund des Gesellschafterwechsels gewesen sein. Dafür reicht es aus, dass der Gesellschafterwechsel aus Sicht der Neugesellschafter wegen des Plans stattfindet. Dazu ist es erforderlich, dass sie beim Erwerb der Anteile Kenntnis von dem vorgefassten Plan hatten und beabsichtigten, den vorgefassten Plan umzusetzen. Der Plan muss somit nur die Bebauung, nicht auch den Gesellschafterwechsel umfassen.

    Hiervon ausgehend hat das Finanzamt die Grunderwerbsteuer zutreffend nach dem gesondert festgestellten Grundstückswert von 6,7 Mio. EUR im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes bemessen. Die K-KG hatte einen vorgefassten Plan zur Bebauung, von dem sie sich nur unter Schwierigkeiten hätte lösen können. Sie hatte sich gegenüber der Stadt und dem Mieter auf die Bebauung festgelegt und die Neugesellschafter haben die Gesellschaftsanteile wegen dieses Plans erworben.



Mai 2021


  • Geschenkte Weltreise: Jede Leistung muss steuerlich einzeln beurteilt werden

    Mehrere Steuerfälle dürfen in einem Schenkungsteuerbescheid nicht unaufgegliedert zusammengefasst werden. Vielmehr muss jeder einzelne Lebenssachverhalt gesondert festgesetzt werden. Das gilt auch bei einer mehrmonatigen Weltreise.


    Hintergrund

    A unternahm mit seiner Lebensgefährtin B eine 5-monatige Weltreise. Die Kosten von insgesamt 500.000 EUR wurden A in Rechnung gestellt, der die Reise auch gebucht hatte. In dem Betrag waren die Kosten für die Anreise beider Personen sowie der Preis der Luxuskabine enthalten. Während der Reise entstanden weitere Kosten von 45.000 EUR für beide Personen (Ausflüge, Restaurants, Spa, Fitness, Frisör). Diese zusätzlichen Leistungen wurden gesondert gebucht und über ein sog. Bordkonto taggenau abgerechnet. Die gesamten Aufwendungen wurden von A getragen.

    A erklärte eine Zuwendung an B in Höhe von rund 25.000 EUR (anteilige Kosten für die Anreise, einen Flug, Ausflüge und Verpflegung) und gab an, er werde die Schenkungsteuer übernehmen.

    Das Finanzamt legte dagegen einen steuerpflichtigen Erwerb der B in Höhe von rund 300.000 EUR zugrunde. Den Wert ermittelte es durch Halbierung der Gesamtreisekosten zzgl. Kosten für Ausflüge und Verpflegung. Das Finanzamt differenzierte dabei lediglich zwischen "Buchung der Reise" (500.000 EUR), "Flug" (900 EUR) und "Ausflüge und Verpflegung" (45.000 EUR).

    Das Finanzgericht gab der Klage statt. A hatte B ein eigenes, jedoch kein frei verfügbares Forderungsrecht auf Durchführung der Reise verschafft. Auf die Frage, ob der Bescheid mangels konkreter Bezeichnung des Steuertatbestands nichtig war, kam es nicht an.


    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts zurück und hob den Bescheid aus formalem Grund auf.

    Zur Begründung führten die Richter aus: Schriftliche Steuerbescheide müssen inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Die mangelnde Bestimmtheit führt zur Nichtigkeit. Mehrere Steuerfälle erfordern entweder eine Festsetzung in getrennten Steuerbescheiden oder – bei Zusammenfassung in einem Schriftstück – die genaue Angabe, welche Besteuerungstatbestände dem Bescheid zugrunde liegen, sowie eine gesonderte Steuerfestsetzung für jeden einzelnen Lebenssachverhalt. Eine unaufgegliederte Zusammenfassung ist unzulässig. Die Bezugnahme auf Anlagen oder Unterlagen, die sich in Händen des Steuerpflichtigen befinden, ist jedoch zulässig.

    Eine differenzierte Festsetzung der Schenkungsteuer für jeden einzelnen Schenkungsvorgang ist ausnahmsweise verzichtbar, wenn trotz unaufgegliederter Zusammenfassung mehrerer Steuerfälle eindeutig feststeht, welche Steuerfälle von dem Bescheid erfasst werden. Das gilt insbesondere, wenn dem Finanzamt wegen mangelnder Mitwirkung des Steuerpflichtigen Zeitpunkt und Höhe der Einzelzuwendungen unbekannt geblieben sind. Dann genügt die Angabe des mutmaßlichen Zuwendungszeitraums und eines einheitlichen (Schätz-)Betrags.

    Davon ausgehend war der Bescheid mangels konkreter Angabe der einzelnen Zuwendungen wegen Nichtigkeit aufzuheben. Der Bescheid genügt nicht den Bestimmtheitsanforderungen des § 119 Abs. 1 AO. Denn es liegt keine einheitliche Zuwendung vor. Vielmehr handelt es sich bei der Übernahme der Kosten für die Kabine und die auf dem Bordkonto gebuchten Ausgaben (Ausflüge, Restaurant, Frisör, Spa, Fitness) jeweils um einzelne und voneinander zu unterscheidende selbstständige Leistungen. Selbst wenn alle Aufwendungen auf einem einheitlichen Schenkungsversprechen beruhen sollten, fehlt es jedenfalls an einem einheitlichen Steuerentstehungszeitpunkt. Die Versprechen wären zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfüllt worden.

    Der BFH konnte offen lassen, ob es sich bei den von A erbrachten Leistungen um steuerbare Zuwendungen an B handelte.


  • Nachlassregelungskosten: Dazu gehören auch Kosten für Steuerberater und Räumung

    Muss der Erbe für den Erblasser Steuern nacherklären, kann er die dadurch entstandenen Steuerberatungskosten als Nachlassregelungskosten abziehen – mit dieser Entscheidung weicht der Bundesfinanzhof von den gleich lautenden Ländererlassen ab. Auch die Kosten für eine Haushaltsauflösung und Räumung der Erblasserwohnung können als Nachlassregelungskosten abzugsfähig sein.


    Hintergrund

    Die Tochter T ist Alleinerbin ihres im Jahr 2013 verstorbenen Vaters V. In ihrer Erbschaftsteuer-Erklärung machte T u.a. Steuerberatungskosten für die Erstellung berichtigter Einkommensteuer-Erklärungen geltend, die durch Nacherklärungen in der Schweiz erzielter Kapitalerträge entstanden waren. Daneben erklärte T Kosten für die teilweise in Eigenregie vorgenommene Räumung und Haushaltsauflösung der von V genutzten Eigentumswohnung.

    Das Finanzamt berücksichtigte bei der Erbschaftsteuer-Festsetzung weder die Steuerberatungskosten noch die Räumungskosten als Nachlassverbindlichkeiten. Die Einkommensteuer-Schulden zuzüglich Hinterziehungszinsen wurden dagegen angesetzt.

    Das Finanzgericht entschied, dass die Steuerberatungskosten abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten sind, da die steuerrechtliche Erklärungspflicht des Erblassers auf den Erben übergeht. Die Räumungskosten waren dagegen als Kosten der Verwaltung des Nachlasses nicht abzugsfähig.


    Entscheidung

    Die Revision der T hatte Erfolg. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs sind sowohl die Steuerberatungs- als auch die Räumungskosten als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar. Es handelt sich in beiden Fällen um Nachlassregelungskosten.

    Der Begriff "Kosten der Regelung des Nachlasses" ist weit auszulegen. Er umfasst die Kosten der tatsächlichen und rechtlichen Feststellung des Nachlasses einschließlich von Bewertungskosten, aber auch alle Kosten, die aufgewendet werden müssen, um die Erben in den Besitz der ihnen aus der Erbschaft zukommenden Güter zu setzen. Die Kosten müssen in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen stehen und dürfen nicht erst durch die spätere Verwaltung (Verwendungsaufwand) des Nachlasses anfallen. Die Abgrenzung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

    Bei Verfahrenskosten ist entscheidend, ob Ungewissheit über den Umfang des Nachlasses besteht. Nachlassregelungskosten liegen vor, wenn die Klage eines Erben dazu dient, das Bestehen nachlasszugehöriger Ansprüche des Erblassers und damit den Umfang des Nachlasses zu klären oder die Herausgabe von Nachlassgegenständen durch Dritte zu erwirken. Herrscht dagegen Gewissheit über Umfang und Zusammensetzung des Nachlasses und hat der Erbe die Nachlassgegenstände in Besitz genommen, endet der sachliche Zusammenhang mit dem Erwerb. Kosten, die dem Erben in der Folgezeit zwecks Erhaltung, Mehrung, Nutzung oder Verwertung des Nachlassvermögens entstehen, sind keine Nachlassverbindlichkeiten.

    Davon ausgehend sind die Steuerberatungskosten zumindest als Nachlassregelungskosten abziehbar. Diese Kosten dienen dazu, den Umfang der Nachlassverbindlichkeiten (Steuerschulden) zu klären. Der Steuerberater wurde beauftragt, um Steuererklärungen für Steuerverbindlichkeiten abzugeben, die vom Erblasser herrühren und damit dem Grunde nach Nachlassverbindlichkeiten darstellten. Der enge zeitliche und sachliche Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen ist gegeben. Der Bundesfinanzhof folgt damit nicht den Ländererlassen, nach denen Steuerberatungskosten, die im Rahmen der Einkommensteuerpflicht des Erblassers anfallen, insbesondere für die Erstellung der Einkommensteuer-Erklärung des Erblassers, keine Nachlassregelungskosten oder Kosten zur Erlangung des Erwerbs sind.

    Auch bezüglich der Räumungskosten liegen Nachlassregelungskosten vor. Die Auflösung des Haushalts des Erblassers ist darauf gerichtet, mit der persönlichen Habe des Erblassers zweckentsprechend zu verfahren. Es gehört zur tatsächlichen Feststellung des Nachlasses, Gewissheit über die Eigentumsverhältnisse und eventuelle Herausgabeansprüche Dritter zu erlangen sowie für die Einzelteile des Hausrats zu entscheiden, wie damit zu verfahren ist. Die Durchsicht des Hausrats begründet nachlassspezifischen Aufwand. Die Grenze zwischen der Nachlassregelung und der Nachlassverwaltung ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs noch nicht überschritten.



April 2021


  • Weitere Corona-Hilfen für Familien und Unternehmen auf den Weg gebracht

    Mit weiteren Maßnahmen sollen Unternehmen und Familien in der Coronakrise finanziell unterstützt werden. Am 5.3.2021 hat deshalb der Bundesrat dem Dritten Corona-Steuerhilfegesetz zugestimmt.


    Kinderbonus zum Kindergeld


    Familien erhalten erneut einen Kinderbonus als Zuschlag auf das Kindergeld i. H. v. einmalig 150 EUR.


    Für jedes Kind, für das für den Monat Mai 2021 ein Anspruch auf Kindergeld besteht, wird für den Monat Mai 2021 der Einmalbetrag gezahlt. Kinder, für die im Mai 2021 kein Anspruch auf Kindergeld besteht, werden ebenfalls berücksichtigt, wenn für sie in einem anderen Monat des Jahres 2021 ein Kindergeldanspruch besteht.


    Die Zahlung der Einmalbeträge ist beim steuerlichen Familienleistungsausgleich zu berücksichtigen. Die Einmalbeträge werden daher neben dem monatlich gezahlten Kindergeld bei der Vergleichsrechnung mit den Kinderfreibeträgen einbezogen. Je höher das Einkommen ist, desto mehr mindert der Kinderbonus eine mögliche steuerliche Entlastungswirkung.


    Umsatzsteuer in der Gastronomie


    Für Speisen in Cafés und Restaurants gilt der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 %, der nun bis Ende 2022 zur Anwendung kommen wird. Für Getränke gilt der reguläre Steuersatz.


    Neben der Gastronomie sollen hiervon auch andere Bereiche, wie Cateringunternehmen, der Lebensmitteleinzelhandel, Bäckereien und Metzgereien profitieren, soweit sie mit der Abgabe verzehrfertig zubereiteter Speisen entsprechende Dienstleistungen erbringen.


    Erweiterter Verlustrücktrag


    Unternehmen mit coronabedingten Verlusten sollen durch einen erweiterten Verlustrücktrag unterstützt werden. Sie können ihre Verluste aus den Jahren 2020 und 2021 steuerlich mit Gewinnen aus den Vorjahren verrechnen. Der Verlustrücktrag verdoppelt sich auf maximal 10 Mio. EUR bzw. 20 Mio. EUR bei einer Zusammenveranlagung.


    Im Rahmen der Steuerfestsetzung für 2020 wird ein vorläufiger Verlustrücktrag für 2021 berücksichtigt. Voraussetzung dafür ist, dass die Vorauszahlungen für 2021 auf 0 EUR herabgesetzt wurden. Ebenso wird die Möglichkeit eröffnet, die Stundung auch für die Nachzahlung bei der Steuerfestsetzung 2020 zu beantragen.


Februar 2021


  • Grundbesitz: Wie kann ein niedrigerer gemeiner Wert nachgewiesen werden?

    Der Bundesfinanzhof vertrat zur Erbringung des Nachweises eines niedrigeren gemeinen Wertes nach § 198 BewG eine andere Meinung als die Finanzverwaltung. Diese will das Urteil deshalb über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anwenden.


    Hintergrund


    Mit Urteil v. 5.12.2019, II R 9/18, entschied der Bundesfinanzhof, dass der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes nach § 198 BewG nur durch ein Gutachten erbracht werden kann, das der örtlich zuständige Gutachterausschuss oder ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von Grundstücken erstellt hat.


    Erlass der Finanzverwaltung


    Die Finanzverwaltung hat auf diese Rechtsprechung reagiert. Sie stellt klar, dass sie weiterhin an ihrer Auffassung festhält, dass der Steuerpflichtige den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts regelmäßig durch ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen, der über besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Bewertung von Grundstücken verfügt, erbringen kann. Dies sind Personen, die von einer staatlichen, staatlich anerkannten oder nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt oder zertifiziert worden sind. Die Finanzverwaltung verfügte infolgedessen, dass das Urteil des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden ist.

  • Grunderwerbsteuer: Wie wirkt sich eine Schenkungsauflage aus?

    Wird ein Grundstück mit der Auflage verschenkt, dieses an einen Dritten zu übertragen, müssen beide Rechtsgeschäfte im Rahmen der Schenkungsteuer für sich betrachtet werden.


    Hintergrund


    Im Eigentum der F-KG standen Grundstücke. An der KG waren die Eheleute B und C als alleinige Kommanditisten beteiligt. Im Jahr 2008 schenkten B und C ihre Anteile an der F-KG und an der Komplementär-GmbH im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ihren Söhnen D und E. Die beiden verpflichteten sich wechselseitig und gegenüber ihren Eltern, sich zeitnah nach der Schenkung auseinanderzusetzen. Dabei sollten 5 Grundstücke der F-KG in die D-KG eingebracht werden, deren alleiniger Kommanditist D sein sollte. Die übrigen Grundstücke gingen an die E-KG, deren alleiniger Kommanditist E sein sollte.


    Die Auseinandersetzung erfolgte im Jahr 2012. D und E brachten jeweils ihren Anteil an der F-KG in die 2011 neu gegründeten D-KG und E-KG ein. An der F-KG waren danach die D-KG mit 56,6 % und die E-KG mit 43,4 % beteiligt. Anschließend beendeten die D-KG und die E-KG die F-KG im Wege der Realteilung. Die im Gesellschaftsvermögen der F-KG befindlichen Grundstücke wurden entsprechend den Beteiligungsverhältnissen auf die D-KG und die E-KG übertragen.


    Das Finanzamt ging davon aus, dass die Übertragung der Anteile an der F-KG auf D und E im Jahr als Schenkung im Rahmen der Grunderwerbsteuer steuerfrei war. Die Übertragung der Anteile an der F-KG im Jahr 2012 auf die neu gegründeten KGs war ebenfalls steuerfrei. Jedoch war die anschließende Übertragung der Grundstücke auf die KGs nur in Höhe ihrer Beteiligung an der F-KG steuerbefreit. Dementsprechend setzte das Finanzamt gegen die E-KG die Grunderwerbsteuer mit 56,4% fest.


    Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass es sich insgesamt um eine steuerfreie Schenkung handelte.


    Entscheidung


    Der Bundesfinanzhof entschied jedoch, dass die Übertragung der Grundstücke im Wege der Auseinandersetzung von der F-KG auf die E-KG im Jahr 2012 steuerbar war. Steuerfrei war die Übertragung nur hinsichtlich des Anteils von 43,4 %. Für den verbleibenden Anteil von 56,6 % ist der Vorgang steuerpflichtig, für den kein Befreiungstatbestand eingreift.


    Die Befreiung setzt voraus, dass sich der Grundstückserwerb zwischen Schenker und Beschenktem vollzieht. Das ist bei der Vollziehung einer Schenkungsauflage grunderwerbsteuerrechtlich nicht der Fall. Denn der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerb vollzieht sich zwischen dem Erstbeschenkten und dem Zweitbeschenkten, also dem durch die Auflage Begünstigten. Die Schenkung vollzieht sich dagegen zwischen dem ursprünglichen Schenker und dem Zweitbeschenkten. Der Erstbeschenkte und der ursprüngliche Schenker sind nicht identisch.


    Die Zusammenschau (Interpolation) kommt in Betracht, wenn sich der tatsächlich verwirklichte Grundstückserwerb als abgekürzter Leistungsweg darstellt und die unterbliebenen Zwischenerwerbe, wenn sie durchgeführt worden wären, ebenfalls steuerfrei wären. Die tatsächliche Ausführung der Leistung kürzt dann lediglich den mehraktigen Leistungsweg ab, der den schuldrechtlichen Grundverhältnissen entspräche. Die Schenkung unter Auflage zugunsten eines Dritten enthält hinsichtlich der Auflage einen abgekürzten Leistungsweg. Ist diese ein grunderwerbsteuerbares Rechtsgeschäft, kann eine solche Schenkung die Zusammenschau von grunderwerbsteuerrechtlichen Befreiungsvorschriften eröffnen.


    Ein solcher abgekürzter Leistungsweg liegt jedoch nicht vor, wenn der Gegenstand einer Schenkungsauflage bereits ganz oder teilweise Gegenstand der Zuwendung des ursprünglichen Schenkers an den Erstbeschenkten war. In diesem Fall hätte der Schenker den Gegenstand der Auflage auch unmittelbar dem Zweitbeschenkten zuwenden können. Es stellt keine Abkürzung, sondern eine Verlängerung des Leistungswegs dar, wenn der Schenker dasjenige, was er im Ergebnis dem Zweitbeschenkten zuwenden will, dem Erstbeschenkten mit der Auflage zuwendet, es an den Zweitbeschenkten weiterzureichen, statt eine unmittelbare Zuwendung an den Zweitbeschenkten zu bewirken. Für die Leistungsbeziehungen stellt sich eine solche Gestaltung gerade gegenteilig zu der Rechtsfigur des abgekürzten Leistungswegs dar.

  • Zur Instandhaltungsrückstellung bei der Grunderwerbsteuer

    Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist der vereinbarte Kaufpreis. Dieser vermindert sich nicht um eine zu zahlende Instandhaltungsrückstellung.


    Hintergrund


    Der Kläger erwarb im Jahr 2016 verschiedene Teileigentumsrechte verbunden mit dem Sondereigentum an 4 Gewerbeeinheiten und 9 Tiefgaragenstellplätzen. Der Anteil des Verkäufers an den gemeinschaftlichen Geldern, dazu gehörten z. B. Vorschüsse und Instandhaltungsrücklage, sollte auf den Kläger übergehen. Der vertraglich vereinbarte Kaufpreis betrug 40.000 EUR. Diesen setzte das Finanzamt als Bemessungsgrundlage an und ermittelte die Grunderwerbsteuer daraus mit 6,5 %, also 2.600 EUR.


    Der Kläger war der Ansicht, dass die Bemessungsgrundlage um die Instandhaltungsrücklage, die rund 15.000 EUR betrug, gemindert werden müsste.


    Das Finanzgericht wies die Klage ab, da hinsichtlich der Instandhaltungsrückstellung kein Rechtsträgerwechsel stattgefunden hatte.


    Entscheidung


    Die Revision hatte keinen Erfolg. Wie das Finanzamt und das Finanzgericht kam auch der Bundesfinanzhof zu dem Ergebnis, dass der Kaufpreis als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu mindern war.


    Die Gegenleistung ist nur dann nach dem Wertverhältnis aufzuteilen, wenn der Kaufpreis neben einem steuerpflichtigen Erwerb auch Gegenstände umfasst, deren Erwerb nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt. Leistungen des Erwerbers, die für eine andere Leistung als die Übertragung des Grundstücks aufgewendet werden, scheiden dagegen aus der Gegenleistung aus.


    Im Fall der Instandhaltungsrückstellung kam eine Aufteilung des Gesamtkaufpreises nicht in Betracht. Denn die anteilige Instandhaltungsrückstellung ist Teil des Verwaltungsvermögens der Wohnungseigentümergemeinschaft und damit nicht Vermögen des Wohnungseigentümers. Sie bleibt bei einem Eigentümerwechsel Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft. Ein Rechtsträgerwechsel liegt nicht vor. Die anteilige Instandhaltungsrückstellung kann also beim Eigentumserwerb nicht auf den Erwerber übergehen. Das gilt auch dann, wenn der Übergang – wie im vorliegenden Fall – ausdrücklich rechtsgeschäftlich vereinbart wurde.


    Wegen des fehlenden Rechtsträgerwechsels kann es sich bei dem Entgelt für die Instandhaltungsrückstellung nicht um Aufwand für die Übertragung einer nicht unter das Grunderwerbsteuer fallenden Rechtsposition handeln.

  • Mittelbare Beteiligung an einer KG: Ist der Erwerb von Grundstücken steuerbefreit?

    Der Erwerb von Grundstücken unterliegt grundsätzlich der Grunderwerbsteuer. Dies gilt auch für einen Grundstückserwerb bei einer mittelbaren Beteiligung der veräußernden Gesellschaft an einer KG.


    Hintergrund


    Aufgrund notariellen Kaufvertrags erwarb die Klägerin A KG von der C KG Grundstücke in Z-Stadt für einen Kaufpreis von 6.500.000 EUR. Die Beteiligungsverhältnisse stellten sich wie folgt dar:


    A KG: CT KG (alleinige Kommanditistin), KG A Beteiligungs GmbH (persönlich haftende Gesellschafterin ohne Beteiligung am Gesellschaftsvermögen der A);

    CT KG: CT Treuhand GmbH (alleinige Kommanditistin), C KG (persönlich haftende Gesellschafterin ohne Beteiligung am Vermögen).

    Aufgrund eines Treuhandvertrags hielt die CT Treuhand GmbH als Treuhänderin die Kommanditanteile an der CT KG für die C KG (Treugeberin), also die Verkäuferin der Grundstücke. An der C KG war eine Vielzahl von Kommanditisten beteiligt, nicht aber die Klägerin oder deren Gesellschafterin.


    Das Finanzamt setzte gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer mit 6,5 % i. H. v. 416.000 EUR fest. Die Klägerin war dagegen der Ansicht, dass der Erwerb der Grundstücke von der Grunderwerbsteuer befreit war. Denn die Grunderwerbsteuer wird bei Grundstücksübertragungen zwischen Personengesellschaften nicht erhoben, soweit die übertragende Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar über weitere Personengesellschaften am Vermögen der erwerbenden Personengesellschaft beteiligt ist.


    Entscheidung


    Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass der Grunderwerbsteuerbescheid rechtmäßig war. Der Erwerb der Grundstücke war vorliegend nicht von der Grunderwerbsteuer befreit. Der notarielle Kaufvertrag über die Grundstücke war grunderwerbsteuerpflichtig. Beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand wird nach § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 1 GrEStG die Steuer nicht erhoben, soweit Anteile der Gesellschafter am Vermögen der erwerbenden Gesamthand den jeweiligen Anteilen dieser Gesellschafter am Vermögen der übertragenden Gesamthand entsprechen. Für Zwecke des § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG kann nicht durch eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft auf die dahinterstehenden – mittelbar – Beteiligten durchgeschaut werden. Kapitalgesellschaften werden im Rahmen der § 5 GrEStG und § 6 GrEStG grundsätzlich nicht als transparent angesehen. Ihnen wird als dinglich Berechtigten grunderwerbsteuerrechtlich das Vermögen der Personengesellschaft zugeordnet.


    Die Grunderwerbsteuer wird insgesamt nicht erhoben, wenn der teils unmittelbar, teils mittelbar allein vermögensmäßig beteiligte Gesellschafter einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft seine Beteiligungen auf eine andere Gesamthandsgemeinschaft überträgt, an deren Vermögen er unmittelbar und/oder – durch weitere Gesamthandsgemeinschaften – mittelbar allein beteiligt ist.


    § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG will den Grundstückserwerb von einer Gesamthand insoweit von der Grunderwerbsteuer befreien, als aufgrund der gesamthänderischen Verbundenheit der Gesellschafter das Grundstück trotz des Rechtsträgerwechsels in dem durch die § 5 GrEStG und § 6 GrEStG abgesteckten Zurechnungsbereich verbleibt. Damit knüpfen § 5 GrEStG und § 6 GrEStG an die die Gesamthand kennzeichnende unmittelbare dingliche Mitberechtigung der Gesamthänder am Gesellschaftsvermögen an. Die sachenrechtliche (dingliche) Mitberechtigung folgt bürgerlich- und handelsrechtlich aus dem Mitgliedschaftsrecht bzw. aus der Gesellschafterstellung. Nur diese vermittelt die unmittelbar dingliche Mitberechtigung am Gesamthandsvermögen, die von § 5 GrEStG und § 6 GrEStG vorausgesetzt wird. Wirtschaftliche Gesichtspunkte spielen keine Rolle. Gemessen hieran scheidet eine Befreiung des Erwerbs aus.

  • Nebenwohnung aus beruflichen Gründen: Müssen Nichtverheiratete Zweitwohnungssteuer zahlen?

    Mietet ein Unverheirateter aus beruflichen Gründen eine Zweitwohnung in Hamburg an, muss er damit rechnen, Zweitwohnungssteuer zahlen zu müssen. Dass Verheiratete von dieser Steuer ausgenommen sind, ist verfassungsrechtlich unbedenklich.


    Hintergrund


    Der Kläger wohnte seit dem Jahr 2015 an seinem Hauptwohnsitz zusammen mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Sohn. In Hamburg unterhielt er aus beruflichen Gründen eine Nebenwohnung, die er in der Regel von Dienstag bis Donnerstag nutzte. Im Jahr 2018 reichte er eine Steuererklärung zur Zweiwohnungssteuer ein und beantragte gleichzeitig die Befreiung davon. Er begründete dies damit, dass die Nebenwohnung aus beruflichen Gründen erforderlich und die Verlegung des Hauptwohnsitzes aus privaten Gründen nicht möglich war. Das Finanzamt lehnte die Befreiung von der Zweitwohnungssteuer ab, da dies für nichteheliche Lebensgemeinschaften nicht in Betracht kommt. Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner Klage.


    Entscheidung


    Die Klage gegen die Festsetzung der Zweitwohnungssteuer hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht wies die Klage ab. Zwar begünstigt der Hamburgische Gesetzgeber Eheleute und Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz mit der bestehenden Regelung über das verfassungsrechtlich gebotene Maß hinaus. Diese Privilegierung von Eheleuten war jedoch vorliegend verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von nichtehelichen Lebensgemeinschaften war nach Ansicht des Finanzgerichts nicht zu erkennen. Selbst wenn zu dieser nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein gemeinsames, minderjähriges Kind gehört, war es verfassungsrechtlich unbedenklich, die Zweitwohnung zu besteuern. Dass es berufliche Gründe für die Einrichtung der Nebenwohnung gab, änderte an diesem Ergebnis nichts.

  • Wenn das Finanzamt einen Fehler übernimmt: Offenbare Unrichtigkeit?

    Ist ein Versehen eines Steuerpflichtigen klar aus den Steuerakten des Finanzamts erkennbar, veranlagt das Finanzamt aber trotzdem so, wie der Steuerpflichtige es fälschlicherweise beantragt hat, kann der entsprechende Steuerbescheid wegen einer offenbaren Unrichtigkeit geändert werden.


    Hintergrund


    Die Klägerin war Eigentümerin von vermieteten Mehrfamilienhäusern. Für das Jahr 2016 reichte sie die Einkommensteuererklärung inklusive 2 Anlagen V und weiteren Erläuterungen für diese Mehrfamilienhäuser "F-Straße 29 und 31" elektronisch beim Finanzamt ein. Bis einschließlich 2015 hatte sie jeweils eine Wohnung in diesen Objekten unentgeltlich jeweils an eine Tochter überlassen und die AfA entsprechend gekürzt. Für das Jahr 2016 erklärte sie in den Anlagen V, dass sie diese Wohnungen an Angehörige vollentgeltlich vermietet hatte. Trotzdem kürzte sie aufgrund Datenübernahme aus dem Vorjahr wiederum die AfA.


    Nachdem das Finanzamt die Einkommensteuerveranlagung 2016 erklärungsgemäß durchgeführt hatte, beantragte die Klägerin die Berichtigung des bestandskräftigen Einkommensteuerbescheides 2016 wegen einer offenbaren Unrichtigkeit. Das Finanzamt lehnte die Berichtigung ab. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.


    Entscheidung


    Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass der Einkommensteuerbescheid 2016 nach § 129 AO zu berichtigen ist, weil eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit vorliegt.


    Die Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 AO setzt grundsätzlich voraus, dass die offenbare Unrichtigkeit in der Sphäre der den Verwaltungsakt erlassenden Finanzbehörde entstanden ist. Allerdings ist die Vorschrift auch dann anwendbar, wenn das Finanzamt offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt. Im Fall eines derartigen Übernahmefehlers kommt eine Berichtigung jedoch nur in Betracht, wenn die Fehlerhaftigkeit für das Finanzamt als offenbare Unrichtigkeit erkennbar war.


    Vorliegend hat das Finanzamt die offenbar fehlerhaften Angaben der Klägerin bezüglich der Kürzung der AfA als eigene übernommen. Die Fehlerhaftigkeit der Angaben war für das Finanzamt auch als offenbare Unrichtigkeit erkennbar. Denn nach Aktenlage war aus dem Vergleich der Anlagen V aus dem Jahr 2015 mit dem Jahr 2016 unzweifelhaft ersichtlich, dass die bis zum Jahr 2015 erfolgte Kürzung der AfA allein auf der unentgeltlichen Überlassung der Wohnungen an die Töchter beruhte. Für das Jahr 2016 war für das Finanzamt zudem eindeutig erkennbar, dass die bisher unentgeltlich überlassenen Wohnungen nunmehr entgeltlich an die Töchter überlassen worden waren.


Januar 2021


  • Grunderwerbsteuer: Herabsetzung des Kaufpreises als rückwirkendes Ereignis?

    Wird die Gegenleistung nachträglich herabgesetzt, handelt es sich hierbei nicht um ein rückwirkendes Ereignis. Deshalb kann eine bestandskräftig festgesetzte Grunderwerbsteuer nicht geändert werden, selbst wenn eine Anpassungsklausel vertraglich vereinbart sein sollte.


    Hintergrund


    Die Klägerin A erwarb im Jahr 2008 Grundstücke zum Gesamtkaufpreis von 1.003.973 EUR. A behielt sich im Kaufvertrag vor, den Kaufpreis gerichtlich zu überprüfen und einen Anspruch auf Anpassung geltend zu machen.


    Im Jahr 2008 teilte der Notar dem Finanzamt mit, dass der Kaufvertrag rechtswirksam geworden ist, woraufhin das Finanzamt die Grunderwerbsteuer mit 35.139 EUR entsprechend dem vertraglichen Kaufpreis (1.003.973 EUR) festsetzte. Der Bescheid wurde bestandskräftig.


    Im Jahr 2015 zahlte die Verkäuferin an die Klägerin einen Betrag von 131.550,81 EUR zurück, da der Kaufpreis gerichtlich niedriger festgesetzt worden war. Den von der Klägerin gestellten Antrag auf Änderung des Bescheids lehnte das Finanzamt ab. Das Finanzgericht war dagegen der Ansicht, dass die Herabsetzung des Kaufpreises steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hatte und gab der Klage statt.


    Entscheidung


    Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und wies die Klage ab. Er entschied, dass das Finanzamt die Grunderwerbsteuer zutreffend nach der vereinbarten Gegenleistung in Höhe von 1.003.973 EUR festgesetzt hatte. Der Grunderwerbsteuer-Bescheid konnte nicht nachträglich geändert werden.


    Ein nachträgliches Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung liegt vor, wenn es zu einer Änderung des Sachverhalts führt, den das Finanzamt bei der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt hat, und nicht lediglich zu einer veränderten rechtlichen Beurteilung des nämlichen Sachverhalts.


    Dass die Herabsetzung der Gegenleistung i.S.v. § 16 Abs. 3 GrEStG keine Änderung wegen eines rückwirkenden Ereignisses ermöglicht, folgt aus der Zusammenschau von § 16 Abs. 4 GrEStG und § 175 Abs. 1 Satz 2 AO. Tritt ein Ereignis ein, das nach § 16 Abs. 3 GrEStG die Aufhebung oder Änderung eines Bescheids begründet, endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses (§ 16 Abs. 4 GrEStG).


    Würde ein Ereignis, das nach § 16 Abs. 1 bis 3 GrEStG die Aufhebung oder Änderung eines Bescheids begründet (die Herabsetzung der Gegenleistung), als rückwirkendes Ereignis i.S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO anerkannt, würde dadurch die Festsetzungsverjährung für die volle Zeit von 4 Jahren erneut eröffnet. Damit hätte § 16 Abs. 4 GrEStG keinen Anwendungsbereich. Die Regelung, wonach die Festsetzungsfrist lediglich nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses endet, liefe ausnahmslos leer. Eine Auslegung, mit der eine gesetzliche Vorschrift jeglichen Anwendungsbereich verliert, widerspricht aber der gesetzlichen Systematik und kann daher vom Gesetz nicht gewollt sein.


    Es liegt zwar eine von § 16 Abs. 3 GrEStG erfasste Herabsetzung der Gegenleistung vor. Eine Änderung nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG scheidet jedoch aus, da die 2-Jahresfrist verstrichen war. Denn die Steuer war 2008 mit der Genehmigung des Vertrags entstanden, die Herabsetzung des Kaufpreises erfolgte erst 2015. Die nachträgliche Herabsetzung der Gegenleistung berechtigt nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG aber nur innerhalb der 2-Jahresfrist zur Steueränderung.

  • Grunderwerbsteuer: Ist eine Kaufpreisminderung ein rückwirkendes Ereignis?

    Zahlt der Verkäufer einen Teil des Kaufpreises an den Käufer zurück, stellt dies kein rückwirkendes Ereignis dar. Ist die Grunderwerbsteuer bestandskräftig festgesetzt, kann der entsprechende Bescheid aufgrund der Kaufpreisminderung also nicht geändert werden.


    Hintergrund


    Die Klägerin A erwarb im Jahr 2007 Grundvermögen. Das Finanzamt setzte im Jahr 2007 Grunderwerbsteuer fest. Im Jahr 2012 beantragte A die Änderung des Bescheids wegen eines rückwirkenden Ereignisses, da aufgrund eines Vergleichs der Verkäufer einen Teil des Kaufpreises zurückzahlen musste.


    Das Finanzamt lehnte ein rückwirkendes Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ab. Auch eine Änderung nach § 16 Abs. 3 GrEStG war nicht möglich, da A den Änderungsantrag im Jahr 2012 zu spät gestellt hatte. Den Änderungsantrag hatte A erst nach Ablauf der 4-jährigen Festsetzungsfrist gestellt.


    Das Finanzgericht entschied, dass der Abschluss des Vergleichs kein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit darstellte, und wies die Klage ab.


    Entscheidung


    Die Revision der Klägerin vor dem Bundesfinanzhof hatte ebenfalls keinen Erfolg. Ein nachträgliches Ereignis mit steuerrechtlicher Rückwirkung liegt vor, wenn es zu einer Änderung des Sachverhalts führt, den das Finanzamt bei der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt hat. Eine lediglich veränderte rechtliche Beurteilung des nämlichen Sachverhalts genügt nicht.


    Dass die Herabsetzung der Gegenleistung keine Änderung wegen eines rückwirkenden Ereignisses ermöglicht, folgt aus der Zusammenschau von § 16 Abs. 4 GrEStG und § 175 Abs. 1 Satz 2 AO. Tritt ein Ereignis ein, das nach § 16 Abs. 3 GrEStG die Aufhebung oder Änderung eines Bescheids begründet, endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses. Würde ein Ereignis, das nach § 16 Abs. 1 bis 3 GrEStG die Aufhebung oder Änderung eines Bescheids begründet (die Herabsetzung der Gegenleistung), als rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO anerkannt, würde dadurch die Festsetzungsverjährung für die volle Zeit von 4 Jahren erneut eröffnet. Damit hätte § 16 Abs. 4 GrEStG keinen Anwendungsbereich. Die Regelung, wonach die Festsetzungsfrist lediglich nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses endet, liefe ausnahmslos leer.


    Eine Auslegung, mit der eine gesetzliche Vorschrift jeglichen Anwendungsbereich verliert, widerspricht der gesetzlichen Systematik und kann vom Gesetz nicht gewollt sein.


    Deshalb war im vorliegenden Fall eine Änderung des Grunderwerbsteuerbescheids nicht möglich. Die Änderung konnte auch nicht auf § 16 Abs. 3 AO gestützt werden. Denn A hat den Antrag erst 2012, d.h. nach Ablauf der 4-jährigen Festsetzungsfrist gestellt.

  • Keine Verrechnung positiver und negativer Kapitalkonten bei Bewertung eines KG-Anteils

    Wird ein KG-Anteil für Zwecke der Erbschaftsteuer bewertet, darf ein positives Kapitalkonto des Erblassers nicht mit den negativen Kapitalkonten anderer Kommanditisten saldiert werden.


    Hintergrund


    X ist Alleinerbin des 2014 verstorbenen Erblasser E. Dieser war Kommanditist einer KG. Weitere Kommanditisten waren A und B. Am Todestag des E war noch positives und negatives Betriebsvermögen der KG vorhanden. Das Kapitalkonto des E wies einen positiven Wert auf. Die Kapitalkonten von A und B waren negativ.


    X verrechnete in der Feststellungserklärung für den geerbten KG-Anteil das positive Kapitalkonto des E mit den negativen Kapitalkonten der anderen Kommanditisten und ermittelte auf diese Weise einen negativen Wert.


    Das Finanzamt lehnte die Verrechnung ab und stellte einen positiven Wert fest. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.


    Entscheidung


    Der gemeine Wert des Anteils an einer Personengesellschaft ist schematisch in mehreren Schritten zu ermitteln und aufzuteilen: Zunächst wird der gemeine Wert des Gesamthandsvermögens der Personengesellschaft insgesamt ermittelt. Anschließend wird der so ermittelte gemeine Wert auf den zu bewertenden Anteil und die übrigen Anteile aufgeteilt. Dies erfolgt dadurch, dass die Kapitalkonten den jeweiligen Gesellschaftern vorweg zuzurechnen sind.


    Danach wird der verbleibende Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert des Gesamthandsvermögens der Gesellschaft und der Summe der Kapitalkonten (verbleibender Wert des Betriebsvermögens) nach dem Gewinnverteilungsschlüssel aufgeteilt, wobei Vorabgewinnanteile nicht berücksichtigt werden.


    Sodann werden für die aktiven Wirtschaftsgüter und Schulden des Sonderbetriebsvermögens die gemeinen Werte ermittelt und den Gesellschaftern getrennt zugerechnet. Schließlich ergibt sich der Wert des Anteils aus einer Addition des ermittelten Werts des Anteils des Gesellschafters am Gesamthandsvermögen und des Werts des ihm zuzurechnenden Sonderbetriebsvermögens.


    Dieses Aufteilungsschema gilt auch dann, wenn im Einzelfall der danach ermittelte Wert vom gemeinen Wert abweicht. Im Einzelfall kann es zu einem positiven Wert des Anteils und daher zu einer Bereicherung bei der Erbschaftsteuer führen, auch wenn bei der Gesellschaft tatsächlich kein Vermögen mehr vorhanden ist. Das kann eintreten, wenn das Betriebsvermögen der Gesellschaft negativ ist und der Anteil eines Gesellschafters mit einem positiven Kapitalkonto zu bewerten ist, während die Kapitalkonten der anderen Gesellschafter negativ sind. Die Vorwegzurechnung des positiven Kapitalkontos führt – wie im vorliegenden Fall – zu einem positiven Wert des Anteils, wenn der Wert des positiven Kapitalkontos den verbleibenden Wert des Betriebsvermögens übersteigt und Wirtschaftsgüter und Schulden des Sonderbetriebsvermögens nicht zuzurechnen sind. Unerheblich ist hierbei, ob ein Auszahlungsanspruch in Höhe des positiven Kapitalkontos tatsächlich besteht oder realisiert werden kann.


    Erscheint der schematisch ermittelte Wert zu hoch, kann der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts erbracht werden. Dieser kann am treffendsten aus einem zeitnahen Verkauf abgeleitet werden. Liegt ein solcher nicht vor, kann der Wert durch ein Gutachten nachgewiesen werden. In einem solchen Fall ist eine Aufteilung nicht vorzunehmen. Dies entspricht der Auffassung der Finanzverwaltung. Der Bundesfinanzhof schließt sich dieser Auffassung an.

  • Welche Erklärungspflichten hat ein Testamentsvollstrecker?

    Ein Testamentsvollstrecker ist befugt, die Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts für ein Grundstück zu unterzeichnen. Er kann also die Feststellungserklärung für die Erben abgeben.


    Hintergrund


    A wurde je zu 1/4 durch B, C, D und E beerbt. Zum Nachlass gehörte eine Eigentumswohnung. Kläger K wurde zum Testamentsvollstrecker über den Nachlass bestellt und verkaufte die Eigentumswohnung. Nachdem das Finanzamt die Miterben zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert hatte, reichte K eine Feststellungserklärung ein und beantragte den Ansatz des niedrigeren gemeinen Werts. Eine umfassende Vollmacht für die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung gegenüber dem Finanzamt und für Zustellungen lag vor.


    Das Finanzamt war der Ansicht, dass der Kläger nicht zur Unterzeichnung der Erklärung befugt war und verlangte eine zumindest durch einen Miterben unterschriebene Erklärung. Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner Klage.


    Nachdem das Finanzamt einen Grundbesitzwertbescheid erlassen hatte, in dem der Grundbesitzwert auf X EUR festgestellt worden ist, erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt. Das Finanzgericht musste nun noch über die Kosten des Verfahrens entscheiden.


    Entscheidung


    Das Finanzgericht entschied, dass der Testamentsvollstrecker die Feststellungserklärung für den oder die Erben abgeben darf.


    Dafür spricht, dass der Testamentsvollstrecker im Rahmen seiner zivilrechtlichen Befugnisse gegenüber dem Steuerschuldner wie ein gesetzlicher Vertreter alle Pflichten des Steuerpflichtigen erfüllen muss, die diesem durch die Gesetze auferlegt werden. Die Finanzverwaltung hat den Testamentsvollstrecker nach der früheren Rechtslage als erklärungspflichtig behandelt und zur jetzigen Rechtslage jedenfalls keine ausdrücklich abweichende Regelung erlassen.


    Da dem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des Nachlasses und damit des Feststellungsgegenstands obliegt und er somit, im Gegensatz zu den Erben, über die für die Abgabe der Feststellungserklärung erforderlichen Informationen verfügt und darüber hinaus auch zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung verpflichtet ist, sprechen der Sinn und Zweck des Gesetzes ebenfalls dafür, ihn im Rahmen seiner Pflichten als gesetzlicher Vertreter bzw. Vermögensverwalter als erklärungspflichtig anzusehen.


Dezember 2020


  • Auch die Beihilfe zur Steuerhinterziehung bleibt nicht ohne Folgen

    Wer einem Kunden das eigene Barverkaufskonto zur Verfügung stellt, leistet nicht nur Beihilfe zur Steuerhinterziehung, wenn der Kunde dieses Konto nutzt und Wareneinkauf unverbucht lässt sowie Verkäufe nicht erklärt. Er haftet auch für die Umsatzsteuerschulden des Kunden.


    Hintergrund


    Der Kläger verkaufte als Außendienstmitarbeiter der Firma B u. a. an den Inhaber A einer Pizzeria Waren der Firma B. Die Verkäufe wurden teilweise über ein auf den Namen des Klägers lautendendes Barverkaufskonto erfasst. Die Steuerfahndung stellte fest, das A Steuern hinterzogen hatte, indem er die über das Barverkaufskonto abgerechneten Einkäufe sowie die entsprechenden Verkäufe in seiner Buchhaltung nicht erfasst und in den Steuererklärungen nicht erklärt hatte.


    Der Kläger wurde rechtskräftig wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt. Darüber hinaus nahm das Finanzamt ihn wegen Beihilfe an der Steuerhinterziehung des A für dessen Umsatzsteuerschulden in Haftung. Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner Klage.


    Entscheidung


    Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, dass die Haftungsinanspruchnahme des Klägers zu Recht erfolgt war. A hat den Tatbestand einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung bezüglich der zu niedrig erklärten Umsatzsteuer aus dem Betrieb seiner Pizzeria erfüllt. Zu dieser Steuerhinterziehung leistete der Kläger mit seiner Handlungsweise Beihilfe und nahm damit an dieser Tat teil.


    Es gab keinen sachlichen oder wirtschaftlichen Grund, Einkäufe über das auf den Namen des Klägers laufende Barverkaufskonto buchen zu lassen, obwohl A über ein eigenes Debitorenkonto verfügte. Durch die Verbuchung auf dem Barverkaufskonto wurde es A erleichtert, den Überblick über die nicht in seiner eigenen Buchhaltung verbuchten Einkäufe zu behalten.


    Hier wurde die Steuerhinterziehung des A durch den Kläger dadurch tatsächlich gefördert, dass dieser auf seinen Namen ein Barverkaufskonto eröffnet und unterhalten hat, über das A – neben den Einkäufen über sein reguläres Debitorenkonto – bar oder unbar Waren bei der Firma B einkaufen konnte. Mit den Warenbestellungen über dieses (zweite) Kundenkonto erreichte A, dass die Bestellungen und Zahlungen nicht auf ihn hinwiesen und ihm nicht zugeordnet werden konnten. Denn sein "offizieller" Wareneinkauf lief über ein Kundenkonto bei der Firma B. Der Kläger verwirklichte auch den subjektiven Tatbestand der Beihilfe zur Steuerhinterziehung des A, er beging die Beihilfehandlung vorsätzlich. Bedingter Vorsatz ist insoweit ausreichend.



  • Auch gegen unbekannte Erben darf Erbschaftsteuer festgesetzt werden

    Erbschaftsteuer darf auch gegen unbekannte Erben festgesetzt werden – vorausgesetzt, der Nachlasspfleger hatte ausreichend Zeit, die Erben zu ermitteln. Liegen keine besonderen Schwierigkeiten vor, ist ein Zeitraum von 1 Jahr ab dem Erbfall i. d. R. angemessen.


    Hintergrund


    Nach dem Tod des Erblassers waren die Erben zunächst nicht ermittelbar. Deshalb bestellte das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger. Das Finanzamt setzte Erbschaftsteuer gegenüber den "unbekannten Erben" des Erblassers fest. Dabei ging es im Wege der Schätzung von 30 Erben der Steuerklasse III mit gleicher Erbquote aus. Der Bescheid war mit einem Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Anzahl der Erben, der Höhe ihrer Erbteile und Freibeträge sowie der anwendbaren Steuerklasse versehen. Der Bescheid wurde dem Nachlasspfleger bekanntgegeben.


    Das Finanzgericht folgte dem Finanzamt und wies die Klage ab. Insbesondere hatte es an der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch das Finanzamts nichts zu beanstanden.


    Entscheidung


    Der Bundesfinanzhof urteilte: Sind die Erben noch nicht bekannt und besteht eine Nachlasspflegschaft, kann Erbschaftsteuer gegen die unbekannten Erben festgesetzt werden.


    Der Nachlasspfleger ist zur Abgabe der Erbschaftsteuer-Erklärung verpflichtet und ihm ist der Erbschaftsteuer-Bescheid bekanntzugeben. Er hat auch für die Bezahlung der Erbschaftsteuer zu sorgen. Diese Bestimmungen erfassen nicht nur Sachverhalte, bei denen die Erben bereits bekannt sind. Der Gesetzgeber wollte vielmehr Regelungen für den gesamten Anwendungsbereich der Nachlasspflegschaft und damit auch für die Fallgruppe der unbekannten Erben treffen. Dementsprechend sollte die Erbschaftsteuer-Festsetzung während der Nachlasspflegschaft gegenüber unbekannten Erben als Inhaltsadressaten möglich sein.


    Bei der Rechtsfigur der unbekannten Erben handelt es sich nicht um eine Erbengemeinschaft, d.h. eine Mehrheit von Steuerschuldnern, sondern um ein abstraktes Subjekt, dem der Gesetzgeber die Qualität eines Steuerschuldners beigemessen hat. Der Erlass nur eines Bescheids gegen dieses Subjekt ist folgerichtig.


    Ist somit ein Steuerschuldner vorhanden (nämlich die unbekannten Erben), sind die Erben aber noch nicht ermittelt und benannt, sind die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen. Zu den der Schätzung zugänglichen Besteuerungsgrundlagen gehören die Anzahl der Erben und die jeweilige Erbquote sowie die Voraussetzungen der Steuerklassen und der persönlichen Freibeträge.


    Die Befugnis zur Schätzung besteht erst dann, wenn der Nachlasspfleger ausreichend Zeit hatte, seine Pflicht zur Erbenermittlung zu erfüllen. Welcher Zeitraum hierfür angemessen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. In der Regel ist ein Zeitraum von einem Jahr ab dem Erbfall für eine Erbenermittlung, die keine besonderen Schwierigkeiten aufweist, angemessen. Die Schätzung war im vorliegenden Fall jedenfalls nicht verfrüht.


    Die Interessen der Erben wurden im Übrigen durch den Vorläufigkeitsvermerk gewahrt.

  • Schenkungsteuer: Welcher Freibetrag gilt für Urenkel?

    Verschenkt die Urgroßmutter eine Immobilie an einen Urenkel, kann dieser nur einen persönlichen Freibetrag von 100.000 EUR in Anspruch nehmen. Das gilt zumindest dann, wenn Eltern und Großeltern noch nicht verstorben sind.


    Hintergrund


    Die Urgroßmutter übertrug ihren beiden Urenkeln ein Grundstück. Im Rahmen der Festsetzung der Schenkungsteuer berücksichtigte das Finanzamt jeweils einen Freibetrag von 100.000 EUR für übrige Personen der Steuerklasse I. Die Urenkel machten dagegen den Freibetrag von 200.000 EUR geltend, der für Enkel gilt. Dies lehnte das Finanzamt jedoch ab.


    Daraufhin erhoben die Urenkel Klage und stellten einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV), der sowohl vom Finanzamt als auch vom Finanzgericht abgelehnt wurde. In ihrer Beschwerde zum Bundesfinanzhof machen sie ernstliche Zweifel gegen die Rechtmäßigkeit des Ansatzes des Freibetrags von 100.000 EUR statt von 200.000 EUR geltend.


    Entscheidung


    Der Bundesfinanzhof wies die Beschwerde zurück und entschied, dass für Urenkel der Freibetrag von 100.000 EUR gilt. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel, dass für den Erwerb eines Urenkels lediglich ein Freibetrag i. H. v. 100.000 EUR steuerfrei bleibt, wenn Angehörige der dazwischenliegenden Generationen noch am Leben sind.


    Der Begriff "Kinder" in § 16 Abs. 1 ErbStG meint eindeutig nicht Kindeskinder oder weitere Abkömmlinge, sondern Kinder. "Kinder der Kinder" sind ausschließlich die Enkel, nicht die Urenkel. Soweit § 16 Abs. 1 ErbStG die Wendung "Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2" verwendet, sind das die Kinder und Stiefkinder. Kindeskinder oder weitere Abkömmlinge sind in dieser Formulierung mit dem Begriff "Kinder" nicht gemeint. Denn diese erhalten die Steuerklasse I auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 3 ErbStG. Andernfalls liefe die zuletzt genannte Vorschrift leer.


    Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dem Begriff "Kinder" punktuell ein anderes Verständnis beizulegen. Dem Einwand, die Gleichstellung aller Abkömmlinge hinsichtlich der Steuerklasse in § 15 Abs. 1 ErbStG müsse auch zu einer Gleichstellung in § 16 Abs. 1 ErbStG führen, steht entgegen, dass § 16 Abs. 1 ErbStG zwischen verschiedenen Erwerbergruppen trotz gleicher Steuerklasse ausdrücklich differenziert, und zwar insbesondere auch zwischen verschiedenen Gruppen von Abkömmlingen.