Mandanteninformation für
Private Immobilienbesitzer



Dezember 2021


  • Mietvertrag: Schriftformerfordernis gilt nur für länger gültige Vereinbarungen

    Nur wenn vertragswesentliche Vereinbarungen im Mietvertrag für mehr als 1 Jahr gelten sollen, bedürfen sie der Schriftform.


    Hintergrund

    Die Parteien hatten einen längerfristigen Gewerbemietvertrag schriftlich geschlossen. Im Laufe des Mietverhältnisses hatten sie 2 nicht der Schriftform entsprechende Vereinbarungen über die Höhe einer Mietminderung getroffen. Deren Laufzeit betrug jeweils deutlich weniger als 1 Jahr und zusammengefasst 15 Monate. Die Vermieterin sah hierdurch die Schriftform des gesamten Mietvertrags zerstört und nutzte den vermeintlichen Schriftformmangel, um das Mietverhältnis unabhängig von der vereinbarten Vertragslaufzeit ordentlich zu kündigen.

    Während des Räumungsrechtsstreits erklärten die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt. Der Bundesgerichtshof musste noch über die Kosten des Rechtsstreits entscheiden.


    Entscheidung

    Die Vermieterin muss die Kosten des Rechtsstreits tragen, weil die Räumungsklage voraussichtlich keinen Erfolg gehabt hätte. Die Vereinbarungen über die Mietminderung entsprachen nicht der Schriftform. Die ursprünglich eingehaltene Schriftform des Mietvertrags konnte dadurch nicht zerstört werden, sodass weiterhin die vereinbarte Vertragslaufzeit galt. Die Vermieterin konnte den Mietvertrag daher nicht vor Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit kündigen.

    § 550 BGB soll den Erwerber eines Grundstücks davor schützen, bei Eintritt in einen Mietvertrag, dessen Bedingungen er mangels Schriftlichkeit nicht zuverlässig erkennen kann, an die vertraglichen Regelungen länger als 1 Jahr gebunden zu sein. Außerdem soll das Schriftformerfordernis die Beweisbarkeit langfristiger Abreden auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien gewährleisten und diese davor schützen, unbedacht langfristige Bindungen einzugehen.

    Eine Änderung von vertragswesentlichen Vereinbarungen wie etwa denen zur Miethöhe ist deshalb nur dann schriftformbedürftig, wenn sie für einen Zeitraum von mehr als 1 Jahr Geltung beansprucht.

    Die beiden Vereinbarungen zur Minderungshöhe hatten aber jeweils eine Laufzeit von deutlich unter 1 Jahr. Die Laufzeit muss für die Frage der Schriftformbedürftigkeit bezogen auf die einzelne Abrede betrachtet werden. Darum ist unerheblich, dass beide Vereinbarungen zusammen 15 Monaten und damit mehr als 1 Jahr betrugen.

    Der von der Vermieterin geltend gemachte Schriftformverstoß war somit nicht gegeben, sodass eine ordentliche Kündigung vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit nicht möglich war.



November 2021


  • Installation einer Photovoltaikanlage: Vorsteuerabzug auch für Dachreparatur?

    Muss ein Dach, auf dem eine Photovoltaikanlage installiert ist, repariert werden, kann aus den Rechnungen nicht der volle Vorsteuerabzug geltend gemacht werden, sondern nur der unternehmerische Nutzungsanteil.


     

    Hintergrund

    Der Kläger betreibt seit 2009 eine auf dem Dach seines Wohnhauses installierte Photovoltaikanlage. Den damit erzeugten Strom verkauft er. Bei der Installation der Photovoltaikanlage auf einer Seite des Satteldachs wurde dieses beschädigt. Dadurch drang Feuchtigkeit ein, was zu weiteren Schäden führte. Erst 2019 stellte der Kläger dies fest und ließ die Schäden von einem Dachdecker beheben. Aus dessen Rechnungen machte der Kläger den vollen Vorsteuerabzug geltend, da er von einem ausschließlich unternehmerischen Leistungsbezug für die Photovoltaikanlage ausging.

    Das Finanzamt lehnte den gesamten Vorsteuerabzug ab, da der unternehmerische Verwendungsanteil durch Stromerzeugung unter der für den Vorsteuerabzug erforderlichen Mindestnutzung von 10 % lag.


    Entscheidung

    Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Das Finanzamt hatte dem Kläger zu Recht den gesamten Vorsteuerabzug versagt, weil er die Leistungen des Dachdeckers zu weniger als 10 % für sein Unternehmen nutzte. Der Dachdecker führte Werklieferungen für die gesamte Dachfläche aus. Deshalb kommt es für die erforderliche unternehmerische Mindestnutzung auf die Verwendung des gesamten Gebäudes unter Einschluss aller Flächen unter dem Dach und der gesamten Dachfläche an.

    Die Reparatur kam dem gesamten Haus zugute, weil die eindringende Feuchtigkeit geeignet war, das gesamte Haus zu beschädigen. Daher sind auch die Reparaturkosten dem gesamten Gebäude zuzurechnen. Einzubeziehen in die Verhältnisrechnung zur Feststellung der unternehmerischen Mindestnutzung sind daher die Innenräume und die nicht unternehmerisch genutzten Dachflächen. Zwar ist auch das Finanzgericht davon überzeugt, dass die behobenen Schäden ausschließlich durch die Installation der Photovoltaikanlage entstanden sind. Dies führt jedoch nicht dazu, dass von einer ausschließlich unternehmerischen Nutzung der bezogenen Werklieferung auszugehen ist. Ein direkter und unmittelbarer zwischen Eingangsumsatz und zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsatz bedeutet nicht auch eine ausschließlich unternehmerische Nutzung.



Oktober 2021


  • Teileigentümer ersetzt Scheune durch Wohnhaus: Ist das zulässig?

    Reißt ein Teileigentümer eine Scheune ab und errichtet er stattdessen ein Einfamilienhaus, kann das Wohnen in dieser Teileigentumseinheit zulässig sein. Das gilt zumindest dann, wenn die Einheit räumlich abgrenzbar ist, keine einschränkende Zweckbestimmung hat und alle übrigen Einheiten in der Anlage dem Wohnen dienen.

    Hintergrund

    Eine Wohnungseigentumsanlage bestand bei der Teilung im Jahr 1973 aus einem Gebäude mit 8 Wohneinheiten sowie einer fensterlosen Scheune. Diese war als Teileigentumseinheit gebucht und ist in der Teilungserklärung als "Lagerraum" bezeichnet. Laut Teilungserklärung sollten beide Gebäude hinsichtlich Nutzung, Kostenverteilung, Instandhaltung und Instandsetzung getrennt behandelt werden. Der Teileigentümer der Scheune sollte zu beliebigen baulichen Veränderungen berechtigt sein.

    Im Jahr 2013 riss der Teileigentümer die Scheune ab und errichtete an deren Stelle ein Einfamilienhaus. Auf Antrag des Teileigentümers änderte das Grundbuchamt danach die Buchungsart des Sondereigentums von Teileigentum in Wohnungseigentum.

    Die Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt von dem Teileigentümer, die Nutzung des neu errichteten Gebäudes als Wohnraum zu unterlassen. Vor Amts- und Landgericht hatte die Klage Erfolg. Die Bezeichnung als Teileigentum widersprach einer Wohnnutzung. Eine solche war auch nicht ausnahmsweise zulässig, weil eine Nutzung zu Wohnzwecken bei typisierender Betrachtung mehr stört als die in der Teilungserklärung genannte Nutzung als Lager.


    Entscheidung

    Der Bundesgerichtshof hält dagegen die Nutzung als Wohnung für zulässig und weist die Klage ab.

    Nach wie vor handelt es sich bei der betreffenden Einheit um Teileigentum. Hieran hat die erklärte Nutzungsänderung nichts geändert, denn ein Sondereigentümer kann ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer sein Teileigentum nicht in Wohnungseigentum umwandeln.

    Grundsätzlich liegt eine zweckwidrige Nutzung vor. Denn eine als Teileigentum ausgewiesene Einheit darf grundsätzlich nicht zu Wohnzwecken genutzt werden. Die Wohnnutzung der Teileigentumseinheit ist aber ausnahmsweise deshalb zulässig, weil sie nicht mehr stört als die zulässige Nutzung des Teileigentums.

    Ausgangspunkt bei der Prüfung, ob die tatsächliche Nutzung bei typisierender Betrachtung mehr stört als die in der Gemeinschaftsordnung vorgesehene, ist, welche Nutzung der Einheit nach der Gemeinschaftsordnung zulässig ist. Hier ist die Einheit in der Teilungserklärung zwar als "Lager" bezeichnet, eine solche Bezeichnung gibt im Zweifel aber keine Einschränkung der zulässigen Nutzung vor. Gegen eine Einschränkung spricht auch die Befugnis des Teileigentümers zu beliebigen baulichen Veränderungen. Somit ist in der Einheit jede Nutzung möglich, die in einer Teileigentumseinheit zulässigerweise ausgeübt werden kann.

    Bei der Vergleichsbetrachtung, ob die Nutzung der Einheit als Wohnung mehr stört als die nach der Teilungserklärung vorgesehene, ist daher nicht nur von einem Lagerraum auszugehen. Vielmehr sind alle gewerblichen Nutzungen einzubeziehen, zu denen sich die Einheit eignet und nach der Teilungserklärung ausgebaut werden darf.

    Eine Wohnnutzung ist im Vergleich zu einer gewerblichen Nutzung bei typisierender Betrachtung nicht regelmäßig als störender anzusehen, sondern es kommt auf die Verhältnisse in der konkreten Anlage an.

    Befindet sich eine Teileigentumseinheit in einem nur beruflichen oder gewerblichen Zwecken dienenden Gebäude, stört eine Wohnnutzung typischerweise mehr als die vorgesehene Nutzung.

    Wenn eine Anlage aber sonst nur aus Wohnungen besteht, kann es sich anders verhalten. Eine Wohnnutzung ist nicht von vornherein die intensivste Form, eine Sondereigentumseinheit zu gebrauchen. So muss die Nutzung einer Teileigentumseinheit nicht auf die üblichen Geschäfts- oder Bürozeiten beschränkt sein. Auch werden Publikumsverkehr und Geruchs- und Lärmimmissionen bei einigen zulässigen Nutzungen nicht geringer sein als bei einer Wohnnutzung.

    Eine Wohnnutzung wäre im Vergleich mit solch zulässigen Nutzungen und den hiermit üblicherweise verbundenen Beeinträchtigungen für die übrigen Wohnungseigentümer bei typisierender Betrachtungsweise nicht als störender anzusehen, wenn man die gewöhnlicherweise zu erwartenden Lärm- und Geruchsimmissionen, die Besucherfrequenz und die Nutzungszeiten berücksichtigt. Eine Wohnnutzung würde auch nicht zu höheren Kosten für die Gemeinschaft führen, weil die Gebäude laut Teilungserklärung insoweit getrennt behandelt werden sollen. Und schließlich können Unzuträglichkeiten aus einer gemischten Nutzung der Anlage nicht auftreten, weil es sich bei allen anderen Einheiten bereits um Wohnungen handelt.

    Danach ist die Nutzung einer Teileigentumseinheit zu Wohnzwecken bei typisierender Betrachtungsweise jedenfalls dann nicht störender als die vorgesehene Nutzung und deshalb zulässig, wenn es wie hier an einer einschränkenden Zweckbestimmung für das Teileigentum fehlt, die Teileigentumseinheit in einem separaten Gebäude gelegen ist und auch die übrigen Sondereigentumseinheiten ausschließlich der Wohnnutzung dienen.

  • Umbau eines Wohnhauses: Warum der Architekt kein dauerhaftes Zutrittsrecht hat

    Eine Klausel, wonach ein Architekt unbegrenzten Zugang zu einem umgebauten Wohnhaus hat, ist nicht zulässig. Er kann sich also nicht das dauerhafte Recht zusichern lassen, dass er das Haus nach Fertigstellung der Baumaßnahme betreten darf, um z. B. Fotos zu machen.


    Hintergrund

    Ein Architekt hatte im Jahr 2013 den Umbau eines Wohnhauses geplant und begleitet. Der Architektenvertrag enthält folgende Klausel: "Der Auftragnehmer ist berechtigt – auch nach Beendigung dieses Vertrags – das Bauwerk oder die bauliche Anlage in Abstimmung mit dem Auftraggeber zu betreten, um fotografische oder sonstige Aufnahmen zu fertigen."

    Im Jahr 2018 erbat der Architekt vom Bauherrn die Erlaubnis, das Haus zu betreten, um Fotografien anzufertigen. Der Bauherr lehnte dies ab.

    Entscheidung

    Die Klage des Architekten hatte letztlich keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Bauherr dem Architekten keinen Zutritt zum Haus gewähren muss.

    Aus der Klausel im Architektenvertrag ließ sich ein Anspruch auf Zutritt nicht herleiten, denn diese benachteiligt den Bauherrn unangemessen und ist deshalb unwirksam.

    Zwar kann ein Architekt ein berechtigtes Interesse haben, ein fertiggestelltes Bauwerk zum Fotografieren zu betreten; dies auch mehrfach, etwa um bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen fotografieren zu können und auch längere Zeit nach der Fertigstellung der Baumaßnahme. Die hier verwendete Klausel enthält jedoch keinerlei Einschränkung, weder in zeitlicher Hinsicht noch hinsichtlich der Anzahl der Betretungstermine. Auch räumt sie dem Bauherrn nicht die Möglichkeit ein, das Betreten des Hauses gänzlich abzulehnen, sondern gibt diesem lediglich das Recht, sich mit dem Architekten über das Betreten abzustimmen. Eine solch uneingeschränkte Berechtigung stellt einseitig die Interessen des Architekten in den Vordergrund und lässt die Privatsphäre des Bauherrn außer Acht. Dies beeinträchtigt den Bauherrn entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.

  • Zur Verwalterbestellung bei der Umwandlung einer Einzelfirma in eine GmbH

    Das Verwalteramt ist nicht als höchstpersönliches Rechtsverhältnis anzusehen und geht auf den Rechtsnachfolger über. Wenn also ein von einer Wohnungseigentümergemeinschaft bestellter Verwalter sein Einzelunternehmen in eine GmbH umwandelt, bleibt der Verwaltervertrag bestehen und geht auf die GmbH über.


    Hintergrund

    In einer Wohnungseigentümergemeinschaft war eine im Handelsregister eingetragene Einzelkauffrau bis Juni 2018 als Verwalterin bestellt. Im August 2017 gliederte sie ihr einzelkaufmännisches Unternehmen in eine GmbH aus und wurde deren Geschäftsführerin.

    Auf einer Eigentümerversammlung im Mai 2018 beschlossen die Eigentümer, den Verwaltervertrag und die Verwalterbestellung der GmbH bis Juni 2021 zu verlängern.

    Hiergegen erhob ein Wohnungseigentümer Anfechtungsklage.


    Entscheidung

    Der Bundesgerichtshof wies die Anfechtungsklage ab. Er entschied, dass der angefochtene Beschluss keine Neubestellung war, sondern vielmehr die Wiederwahl des amtierenden Verwalters. Und bei einer Wiederwahl sind keine Alternativangebote erforderlich.

    Bei der Ausgliederung eines einzelkaufmännischen Unternehmens zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft wie einer GmbH gehen Verwalteramt und -vertrag auf die Gesellschaft über. Von einem Übergang im Zuge einer Ausgliederung ausgenommen sind höchstpersönliche Rechte und Pflichten. Das Verwalteramt und der Verwaltervertrag sind aber in der Regel nicht als solch höchstpersönliche Rechtsverhältnisse anzusehen, und zwar auch dann nicht, wenn eine natürliche Person mit den Aufgaben des Verwalters betraut ist. Zwar hat die sachgerechte Erfüllung der Verwalterpflichten erhebliche Bedeutung für die Wohnungseigentümer. Diesen wird es daher darauf ankommen, einen fachkundigen Verwalter zu bestellen, dem sie zutrauen, seine Aufgaben ordnungsgemäß wahrzunehmen. Dieses Vertrauen ist aber auf die Leistungsfähigkeit und Kompetenz des vom Verwalter geführten Geschäftsbetriebs gerichtet und nicht auf die Person des Inhabers.

    Mit der Umwandlung von einem Einzelunternehmen in eine GmbH muss auch kein Verlust an Sachkunde und Leistungsfähigkeit verbunden sein. So bedingt die Umwandlung von vornherein keinen personellen Wechsel in der Bearbeitung, wenn die Objektbetreuung von Mitarbeitern erbracht wird.

    Dass Verwalteramt und -vertrag nicht auf die GmbH übergehen, entspräche auch nicht dem hypothetischen Willen der Parteien. Zum einen müsste der Verwalter in jeder von ihm verwalteten Gemeinschaft eine Eigentümerversammlung einberufen, um über eine Zustimmung zum Übergang oder eine neue Verwalterbestellung abzustimmen. Zum anderen haben die Wohnungseigentümer ein Interesse daran, dass die Verwaltung durchgängig gewährleistet ist und die Gemeinschaft nicht verwalterlos wird. Damit besteht auch ein praktisches Bedürfnis für den Übergang von Verwalteramt und -vertrag auf die GmbH.


September 2021


  • Private Veräußerungsgeschäfte: Bindende Vertragserklärungen als maßgebliche Zeitpunkte

    Bei einem privaten Veräußerungsgeschäft liegt eine steuerpflichtige Anschaffung bzw. Veräußerung vor, wenn beide Vertragspartner ihre übereinstimmenden rechtsgeschäftlichen Verpflichtungserklärungen innerhalb der 10-Jahres-Frist bindend abgegeben haben. Auf etwaige Genehmigungsvorbehalte kommt es nicht an.


    Hintergrund

    Die Eheleute erwarben im Jahr 2002 eine Eigentumswohnung, die sie vermieteten. Sie gaben am 20.12.2002 ein notariell beurkundetes Angebot zum Erwerb ab, der Verkäufer nahm dieses mit notariell beurkundeter Annahmeerklärung vom 7.1.2003 an.

    Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 27.12.2012 verkauften die Eheleute die Immobilie. Das Objekt befand sich in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet. Die für die Eigentumsumschreibung erforderliche sanierungsrechtliche Genehmigung erteilte die Gemeindebehörde am 5.2.2013.

    Aus der Veräußerung erzielten die Eheleute einen Gewinn von rund 200.000 EUR. Diesen unterwarf das Finanzamt als sonstige Einkünfte der Einkommensteuer, da die 10-Jahres-Frist noch nicht abgelaufen war. Als Anschaffungszeitpunkt galt nach Ansicht des Finanzamts der Zeitpunkt der Annahme des Angebots am 7.1.2003. Veräußerungszeitpunkt war der 27.12.2012. Die spätere Genehmigung wirkte auf den Zeitpunkt des Kaufvertrags zurück.

    Das Finanzgericht sah dies ebenso und wies deshalb die Klage ab.


    Entscheidung

    Die Revision vor dem Bundesfinanzgericht hatte ebenfalls keinen Erfolg. Von einer rechtsgeschäftlichen Anschaffung oder Veräußerung im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäfts kann nur gesprochen werden, wenn die Vertragserklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Veräußerungsfrist bindend abgegeben worden sind. Mit den beiderseitigen übereinstimmenden Willenserklärungen wird der Vertragsschluss für die Vertragspartner zivilrechtlich bindend.

    Für rechtsgeschäftliche Grundstücksübertragungsgeschäfte in Sanierungsgebieten gilt ein umfassender Genehmigungsvorbehalt. Das Fehlen der Genehmigung macht sowohl das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft als auch das dingliche Verfügungsgeschäft schwebend unwirksam. Gleichwohl sind die Vertragsparteien damit an ihre Willenserklärungen gebunden. Es bestehen lediglich noch keine Erfüllungsansprüche. Mit der Erteilung der Genehmigung wird das Rechtsgeschäft rückwirkend wirksam. Die Bindungswirkung eines innerhalb der Haltefrist abgeschlossenen, wegen Fehlens der Genehmigung schwebend unwirksamen Vertrags reicht jedoch aus, um die Rechtsfolgen eines privaten Veräußerungsgeschäfts eintreten zu lassen. Kann sich vor Erteilung der Genehmigung keine Partei mehr einseitig vom Vertrag lösen, sind bereits die Voraussetzungen für ein Anschaffungs- oder Veräußerungsgeschäft innerhalb der 10-Jahres-Frist erfüllt. Die ausstehende Genehmigung, auf die die Vertragsbeteiligten keinen Einfluss haben, hat auf die von den Beteiligten gewollte Bindung keinen Einfluss.

    Damit lag am 27.12.2012 ein beiderseits bindender obligatorischer Vertragsschluss vor, der sich innerhalb der 10-jährigen Veräußerungsfrist befand. Dass die Erteilung der Genehmigung außerhalb der Veräußerungsfrist lag, ist damit unerheblich. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Genehmigung steuerlich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurückwirkt. Denn die bindende Veräußerung lag danach am 27.12.2012 und damit innerhalb der maßgeblichen 10-Jahres-Frist vor.



August 2021


  • Photovoltaik und Blockheizkraftwerk: Neue Vereinfachungsregelung für kleine Anlagen

    Kleine Photovoltaikanlagen profitieren von einer neuen steuerlichen Vereinfachung. Mit einem Antrag können die Betreiber nämlich auf die Besteuerung verzichten.


    Hintergrund

    Wer eine Photovoltaikanlage oder ein Blockheizkraftwerk betreibt, erzielt damit Einkünfte aus Gewerbebetrieb und muss jährlich eine Gewinnermittlung abgeben. Ein großer Aufwand für die korrekte Besteuerung steht dabei oftmals sehr geringen zu versteuernden Beträgen gegenüber. Auch kommt es immer wieder zum Streit mit dem Finanzamt über die Frage, ob eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt.


    Vereinfachungsregelung

    Die Finanzverwaltung hat deshalb eine Verzichtsmöglichkeit geschaffen, um den Bürokratieaufwand etwas zu verringern. Die Betreiber kleiner Photovoltaikanlagen und vergleichbarer Blockheizkraftwerke können einen schriftlichen Antrag stellen, wonach die Anlage ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. In diesem Fall wird von der Finanzverwaltung ohne weitere Prüfung unterstellt, dass eine steuerlich unbeachtliche sog. Liebhaberei vorliegt.

    Diese Vereinfachungsregelung gilt für

    • Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 10 kW.

    • Blockheizkraftwerke mit einer installierten Leistung von bis zu 2,5 kW.


    Die Anlagen müssen auf einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten oder unentgeltlich überlassenen Einfamilienhaus oder Zweifamilienhaus installiert sein. Zudem gilt die Regelung nur für Anlagen, die nach dem 31.12.2003 in Betrieb genommen wurden. Ist ein Teil des Gebäudes vermietet, scheidet ein Liebhaberei-Antrag aus. Die Nutzung eines Raums als häusliches Arbeitszimmer ist unschädlich.


    Folgen der Vereinfachungsregelung

    Mit dem schriftlichen Antrag der steuerpflichtigen Person wird aus Vereinfachungsgründen und ohne weitere Prüfung unterstellt, dass die Anlage nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Damit wird der Gewerbebetrieb einer solchen kleinen Photovoltaikanlage bzw. eines Blockheizkraftwerks nicht mehr bei der Einkommensteuer erfasst.

    Dies gilt nicht nur für das aktuelle Jahr, sondern auch für alle nachfolgenden Jahre und auch für alle noch offenen Jahre der Vergangenheit.

    Die umsatzsteuerlichen Pflichten für eine Photovoltaikanlage bzw. ein Blockheizkraftwerk und die Steuerpflicht der Umsätze bleiben trotz einer Antragsstellung unverändert bestehen.



Juli 2021


  • Ehepartner als Bauherren: Wann nur ein Partner Schuldner der Umsatzsteuer ist

    Sind beide Ehepartner in einer Baugenehmigung als Bauherren genannt, hat jedoch nur ein Partner den Bauvertrag unterschrieben, ist auch nur er Leistungsempfänger der Werklieferung. Deshalb ist bei einer Leistung eines in der EU ansässigen Bauunternehmens auch nur er Steuerschuldner.


    Hintergrund

    A war Alleineigentümer an einem Grundstück in Deutschland. Eine in Österreich ansässige Firma B sollte darauf ein Einfamilienhaus errichten. In der Baugenehmigung wurden A und seine Ehefrau als Bauherren genannt. Das Angebot holten die Ehegatten gemeinsam ein. Den Bauvertrag unterzeichnete jedoch nur A als "Auftraggeber". Die Rechnung richtete B an die Ehegatten. Die zuletzt korrigierte Rechnung war sowohl an die Ehegatten als auch an A adressiert mit dem Hinweis: "Übergang der Steuerschuld lt. § 13b UStG auf den Leistungsempfänger". Auch im Leistungsverzeichnis und in dem von B gefertigten Bauplan waren als Bauherren die Ehegatten genannt.

    A erklärte in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung keine steuerpflichtigen Umsätze. Das Finanzamt war dagegen der Auffassung, dass A für die Werklieferung durch B die Umsatzsteuer als Leistungsempfänger i.S.v. § 13b Abs. 5 UStG schuldete. Dementsprechend setzte es Umsatzsteuer fest.

    Die Klage des A gegen seine alleinige Inanspruchnahme für die Umsatzsteuer als Leistungsempfänger hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg.


    Entscheidung

    Auch die Revision des A scheiterte. Der Bundesfinanzhof entschied, dass A als Leistungsempfänger Steuerschuldner für die von B erbrachte Werklieferung war. Die mögliche Mitberechtigung der Ehefrau war unbeachtlich.

    Die Person des Leistungsempfängers bestimmt sich nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Demnach war A entsprechend dem der Werklieferung zugrunde liegenden und nur von ihm unterschriebenen Bauvertrag der Leistungsempfänger. Eine bloße Innen-GbR kommt als Leistungsempfängerin nicht in Betracht. Es liegt auch keine GbR zwischen A und seiner Ehefrau vor. Denn es fehlt an der Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks.

    Aus der Eigenschaft als Leistungsempfänger ergibt sich für A die Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 5 Satz 1 UStG, ohne dass dem die mögliche Mitberechtigung und Mitverpflichtung seiner Ehefrau entgegensteht. Das gilt zumindest dann, wenn der Unternehmer zum einen Schuldner des vollen Entgeltbetrags ist und zum anderen der weitere Leistungsempfänger - wie hier die Ehefrau - nicht zum Kreis der in § 13b Abs. 5 Satz 1 UStG genannten Steuerschuldner gehört.

    Diese Auslegung vermeidet Unklarheiten und Umgehungsmöglichkeiten bei Mitberechtigung und Mitverpflichtung weiterer Personen. Sie überschreitet nicht das den Mitgliedstaaten eingeräumte Regelungsermessen zur Schaffung einer Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers. Der deutsche Gesetzgeber hat dieses Ermessen zur Durchsetzung des Steueranspruchs bei im Inland erbrachten sonstigen Leistungen und Werklieferungen ausländischer Unternehmer zutreffend ausgeübt.


  • Kleine Photovoltaikanlagen und Blockheizkraftwerke: steuerliche Vereinfachung

    Wer eine kleine Photovoltaikanlage oder ein vergleichbares Blockheizkraftwerk betreibt, kann nun von einer steuerlichen Vereinfachung profitieren.


    Vereinfachungsregelung

    Die Finanzverwaltung hat Regelungen zur Vereinfachung der ertragsteuerlichen Behandlung kleiner Photovoltaikanlagen und vergleichbarer Blockheizkraftwerke getroffen. Danach können steuerpflichtige Personen einen schriftlichen Antrag stellen, dass diese kleinen Anlagen ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Ohne weitere Prüfung wird dann unterstellt, dass eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei vorliegt. Es handelt sich um ein Wahlrecht. Der Steuerpflichtige kann den Antrag stellen, muss aber nicht.


    Kleine Photovoltaikanlagen und Blockheizkraftwerke

    Diese Regelungen gelten für zum einen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 10 kW, die auf zu eigenen Wohnzwecken genutzten oder unentgeltlich überlassenen Ein- und Zweifamilienhausgrundstücken einschließlich Außenanlagen (z. B. Garagen) installiert sind und nach dem 31.12.2003 in Betrieb genommen wurden. Zum anderen gelten sie für vergleichbare Blockheizkraftwerke mit einer installierten Leistung von bis zu 2,5 kW, wenn die übrigen Voraussetzungen für kleine Photovoltaikanlagen erfüllt sind.


    Hinweis

    Die Finanzverwaltung stellt klar, dass ein häusliches Arbeitszimmer bei der Prüfung, ob es sich um ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Ein- und Zweifamilienhaus handelt, außen vor gelassen wird. Das gilt auch für nur gelegentlich entgeltlich vermietete Räume bis zu 520 EUR pro Veranlagungszeitraum.

    In dem BMF-Schreiben wird u.a. ausgeführt, welche Folgen es mit sich bringt, wenn die Voraussetzungen für kleine Photovoltaikanlagen und vergleichbare Blockheizkraftwerke in einem Veranlagungszeitraum nicht vorliegen und wie mit bereits veranlagten Gewinnen/Verlusten umzugehen ist.


  • Maklerprovision: Wenn der Interessent nach mehr als einem Jahr doch noch kauft

    Einem Immobilienmakler steht eine Vergütung nur dann zu, wenn der Vertrag auch tatsächlich aufgrund seiner Vermittlung zustande kommt. Liegen zwischen Angebot und Kauf 14 Monate und mietet der Interessent das Objekt zwischenzeitlich, besteht kein Zusammenhang mehr zwischen Kauf und Leistung des Maklers.


    Hintergrund

    Der Kläger bot als Makler eine Immobilie mit großem Grundstück zum Verkauf an. Vor dem Kauf musste jedoch noch das Grundstück aufgeteilt werden. Der Beklagte wurde durch den Kläger über das Objekt informiert und entschloss sich danach zum Kauf des Hauses mit Grundstück. Da es Probleme bei der Aufteilung des Grundstücks gab, kam es nicht zum notariellen Abschluss. Stattdessen mietete der Beklagte das Objekt zunächst. Erst nach 14 Monaten und nach Beseitigung der Aufteilungsprobleme kaufte der Beklagte die Immobilie. Der Kläger forderte nun die Zahlung der Maklerprovision. Das Landgericht wies die Klage ab.


    Entscheidung

    Auch das Oberlandesgericht verweigerte dem Kläger die Provision. Ihm steht als Makler nur dann eine Vergütung zu, wenn der beabsichtigte Vertrag tatsächlich aufgrund seiner Vermittlungstätigkeit zustande kommt. Dies muss der Kläger beweisen.

    Erleichterungen bei diesem Nachweis sind nur dann anzunehmen, wenn der Makler die Gelegenheit zum Vertragsschluss nachweist und durch seine Tätigkeit der Abschluss des Kaufvertrags als Hauptvertrag in angemessenem Zeitabstand erfolgt. Dann wird zugunsten des Maklers vermutet, dass der Vertrag aufgrund der Leistungen des Maklers zustande gekommen ist. Der Zeitraum von 14 Monaten, der zwischen der Nachweisleistung und dem Vertragsschluss lag, und die vorherige Anmietung des Objekts lassen jedoch eine solche Vermutung zugunsten des Maklers nicht mehr zu. Der Beklagte hatte seine Erwerbsabsicht vorübergehend vollständig aufgegeben, da er stattdessen das Objekt anmietete.

    Darüber hinaus hatte der Beklagte zunächst ein erneutes Kaufangebot der Verkäufer abgelehnt. Zudem war die Kündigung des Mietverhältnisses durch die Verkäuferseite erklärt worden. Bei Berücksichtigung dieser Umstände konnte der Erwerb der Immobilie mehr als 1 Jahr nach dem ersten Notartermin nicht mehr im Zusammenhang mit der Leistung des Maklers gesehen werden.


  • Modernisierung in Etappen: Wann darf die Miete erhöht werden?

    Führt der Vermieter mehrere Modernisierungsmaßnahmen durch, kann er auch mehrere Modernisierungsmieterhöhungen erklären, und zwar bezüglich der jeweils abgeschlossenen Maßnahme. Das gilt auch dann, wenn die Maßnahmen in einem einheitlichen Schreiben angekündigt wurden.


    Hintergrund

    Die Vermieterin einer Wohnung kündigte im Februar 2017 zahlreiche Arbeiten zur Modernisierung an. Neben verschiedenen Maßnahmen zur Energieeinsparung sollten Balkone angebaut und Wohnungseingangstüren mit verbessertem Schall-, Wärme-, Brand- und Einbruchschutz eingebaut werden. Als voraussichtliche Mieterhöhung nannte die Vermieterin einen Betrag von 235 EUR pro Monat, die Baumaßnahmen sollten voraussichtlich 25 Wochen dauern.

    Im Juni 2018 erklärte die Vermieterin eine Modernisierungsmieterhöhung von 232 EUR monatlich zum 1.9.2018. Zu diesem Zeitpunkt waren die Wohnungseingangstüren noch nicht erneuert. Die diesbezüglichen Kosten waren in die Berechnung der Mieterhöhung noch nicht eingeflossen. Im November 2018 wurden die Wohnungstüren erneuert.

    Die Mieter zahlten die erhöhte Miete nur unter Vorbehalt und fordern den Erhöhungsbetrag für September bis Dezember 2018 zurück. Sie meinen, dass das Gesamtmodernisierungsvorhaben bei der Mieterhöhung noch nicht abgeschlossen war und die Vermieterin eine höhere Miete erst ab einer neuen Mieterhöhungserklärung verlangen konnte.

    Entscheidung

    Die Klage der Mieter hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Modernisierungsmieterhöhung zum 1.9.2018 wirksam war, auch wenn noch nicht alle angekündigten Baumaßnahmen fertiggestellt waren.

    Nach der Durchführung bestimmter Modernisierungsmaßnahmen kann der Vermieter die jährliche Miete um 8 % (bis 31.12.2018: 11 %) der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen. Diese Modernisierungsmieterhöhung ist dem Mieter in Textform zu erklären und zu erläutern.

    Das Mieterhöhungsverlangen kann grundsätzlich erst nach Abschluss der Arbeiten gestellt werden. Wenn aber tatsächlich trennbare Maßnahmen durchgeführt wurden, können mehrere Mieterhöhungserklärungen für die jeweils abgeschlossenen Maßnahmen erfolgen. Da der Mieter auch vor Beendigung sämtlicher Maßnahmen von den bereits abgeschlossenen Baumaßnahmen profitiert, ist es angemessen, ihn an den hierfür erforderlichen Kosten zu beteiligen.

    Im vorliegenden Fall war der noch ausstehende Einbau neuer Wohnungseingangstüren von den restlichen, schon abgeschlossenen Modernisierungsmaßnahmen tatsächlich trennbar. Es handelte sich um ein von den übrigen Maßnahmen unterscheidbares Gewerk.

    Hieran ändert sich nichts dadurch, dass die Vermieterin alle Modernisierungsmaßnahmen in einem einheitlichen Schreiben angekündigt hat. Die Ankündigung soll dem Mieter insbesondere ermöglichen, seine Duldungspflicht zu prüfen. Jedoch ist eine Modernisierungsankündigung keine Voraussetzung für eine spätere Modernisierungsmieterhöhung. Lediglich die Frist, ab der der Mieter die erhöhte Miete schuldet, verlängert sich von 3 auf 6 Monate nach Zugang der Erhöhungserklärung.



Juni 2021


  • Klagebefugnis bleibt trotz WEG-Reform bestehen

    Seit der WEG-Reform kann nur noch die Wohnungseigentümergemeinschaft Rechte aus gemeinschaftlichem Eigentum einklagen. Jedoch können einzelne Wohnungseigentümer Prozesse, die vor Inkrafttreten der WEG-Reform begonnenen wurden, auch nach der Reform zu Ende führen – zumindest solange die Eigentümergemeinschaft keinen anderen Willen äußert.


    Hintergrund

    Die Miteigentümer benachbarter Grundstücke streiten über die Entfernung von Zypressen. Das eine Grundstück steht im Eigentum des Klägers und einer weiteren Person, die zusammen eine Wohnungseigentümergemeinschaft bilden.

    Die Nachbarn pflanzten auf ihrem Grundstück entlang der Grundstücksgrenze 4 Zypressen mit einem Grenzabstand von unter 4 Metern. Der Kläger verlangt die Beseitigung der Bäume. Amt- und Landgericht gaben der Klage statt, weil der nach dem Nachbarrecht erforderliche Grenzabstand von 4 Metern nicht eingehalten war.

    Die Nachbarn haben gegen das Urteil des Landgerichts vom 22.11.2019 Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt.


    Entscheidung

    Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen. Insbesondere war die Klagebefugnis des einzelnen Eigentümers durch die WEG-Reform nicht entfallen.

    Für die bereits vor dem 1.12. 2020 bei Gericht anhängigen Verfahren besteht die Prozessführungsbefugnis des Wohnungseigentümers über diesen Zeitpunkt hinaus fort. Das gilt zumindest so lange, bis dem Gericht ein entgegenstehender Wille der Eigentümergemeinschaft schriftlich mitgeteilt wird.

    Das ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des neuen § 48 Abs. 5 WEG. Die Vorschrift sieht vor, dass für die bereits vor Inkrafttreten der WEG bei Gericht anhängigen Verfahren die bisherigen Verfahrensvorschriften weiter gelten.

    Bezüglich der Prozessführungsbefugnis einzelner Wohnungseigentümer enthält die Übergangsvorschrift des § 48 Abs. 5 WEG eine Regelungslücke. Ein zur Unzulässigkeit der Klage führender Wegfall der Prozessführungsbefugnis des Wohnungseigentümers während des laufenden Gerichtsverfahrens hätte zur Folge, dass das Verfahren, selbst wenn es - wie im vorliegenden Fall - schon seit Jahren anhängig und über mehrere Instanzen geführt worden war, für beide Parteien nutzlos gewesen wäre und nur erheblichen Aufwand und Kosten verursacht hätte.

    Hätte der Gesetzgeber dies bedacht, hätte er eine Vorschrift erlassen, die sich an § 48 Abs. 5 WEG orientiert und die Prozessführungsbefugnis eines Wohnungseigentümers in einem bei Gericht bereits anhängigen Verfahren fortbestehen lässt. Daraus folgt, dass die Eigentümergemeinschaft das bereits anhängige Verfahren selbst als Partei übernehmen oder aber dem Wohnungseigentümer die Fortführung des Verfahrens untersagen kann, etwa weil sie den Konflikt auf andere Weise als durch einen gerichtlichen Rechtsstreit beilegen will.

    Da im vorliegenden Fall ein entgegenstehender Wille der Eigentümergemeinschaft nicht belegt ist, blieb der klagende Eigentümer prozessführungsbefugt und konnte den Anspruch auf Beseitigung der Zypressen, der wegen Unterschreitung des Mindestabstands berechtigt war, durchsetzen.

  • Nicht verbrauchte Erhaltungsaufwendungen des Erblassers: Darf der Erbe diese fortführen?

    Noch nicht berücksichtigte Erhaltungsaufwendungen, die auf mehrere Jahre verteilt worden sind, sind beim Erblasser im Todesjahr in einer Summe als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Die Erhaltungsaufwendungen gehen nicht auf die Erben über.


    Hintergrund

    A war Eigentümer eines von ihm vermieteten Hausgrundstücks. Für seine Erhaltungsaufwendungen der Jahre 2012 bis 2015 hatte er die Verteilung auf 5 Jahre nach § 82b EStDV gewählt. Im Jahr 2016 waren rund 30.000 EUR an Erhaltungsaufwendungen noch nicht berücksichtigt.

    Im Januar 2016 starb A. Das Grundstück ging auf eine Erbengemeinschaft über. An dieser war B, die frühere Ehefrau des A, beteiligt.

    B erklärte für 2016 die Vermietungseinkünfte des A für Januar 2016 unter Abzug des zum Zeitpunkt des Todes noch nicht berücksichtigten Teils der Erhaltungsaufwendungen.

    Das Finanzamt ging davon aus, dass lediglich der auf Januar 2016 entfallende Anteil der an sich für 2016 angefallenen Jahresbeträge zu berücksichtigen war. Die Restbeträge waren bei der Erbengemeinschaft im Rahmen derer gesonderter und einheitlicher Feststellungen zu berücksichtigen. Die Verteilung der Erhaltungsaufwendungen nach § 82b EStDV war also bei dieser fortzuführen.

    Das Finanzgericht entschied dagegen, dass die Erhaltungsaufwendungen i.S.v. § 82b EStDV nicht auf die Erben übergehen. Der nicht berücksichtigte Teil der Erhaltungsaufwendungen war deshalb beim Erblasser im Veranlagungszeitraum seines Todes in einer Summe abziehbar.


    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof sah das genauso und bestätigte die Auffassung des Finanzgerichts. Der noch nicht berücksichtigte Teil der Erhaltungsaufwendungen ist im Veranlagungsjahr des Versterbens in vollem Umfang als Werbungskosten des Erblassers im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung absetzbar.

    Die Regelung des § 82b Abs. 1 EStDV dient dazu, durch eine interperiodische Verteilung der Erhaltungsaufwendungen die Tarifprogression auszugleichen. Dieser Zweck wird jedoch verfehlt, wenn wegen Versterbens des Steuerpflichtigen eine weitere Ausnutzung der Tarifprogression durch ihn nicht mehr möglich ist. Denn mit dem Tod endet die auf die natürliche Person bezogene Einkünfteerzielung. Der bislang nicht berücksichtigte Teil der Aufwendungen kann daher nur im Veranlagungszeitraum des Versterbens berücksichtigt werden. Verstirbt der Steuerpflichtige innerhalb des Verteilungszeitraums, ist der noch nicht berücksichtigte Teil der Erhaltungsaufwendungen somit im Veranlagungszeitraum seines Versterbens als Werbungskosten abzusetzen.

    Die Situation des Streitfalls ist vergleichbar mit den in § 82b Abs. 2 EStDV genannten Fällen (Veräußerung des Gebäudes, Einbringung in ein Betriebsvermögen), in denen eine weitere Berücksichtigung im Wege der Verteilung der Aufwendungen nicht mehr möglich und daher der Sofortabzug eröffnet ist.

    Eine ausdrückliche Regelung für die Überleitung von Erhaltungsaufwendungen i. S. d. § 82b Abs. 1 EStDV nach dem Tod des Erblassers existiert nicht. Die Übertragung ergibt sich nicht aus der Gesamtrechtsnachfolge. Denn Erblasser und Erbe sind verschiedene Rechtssubjekte, die jeweils für sich zur Einkommensteuer herangezogen und deren Einkünfte getrennt ermittelt bzw. zugerechnet werden. Daraus ergibt sich, dass die bei A bis zu seinem Tod nicht verbrauchten Erhaltungsaufwendungen nicht auf die Erben als Gesamtrechtsnachfolger übergehen und von diesen nicht als Werbungskosten von den selbst erzielten Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen sind.


  • Notwegrecht: Nicht jedes Grundstück muss mit dem Auto erreichbar sein

    Ist ein Haus nur über einen Fußweg mit einer öffentlichen Straße verbunden, rechtfertigt das nicht immer ein Notwegrecht. Liegt das Grundstück in einem Gebiet, in dem der Kraftfahrzeugverkehr nach der planerischen Konzeption von den Wohngrundstücken ferngehalten werden soll, kann ein Notwegrecht nicht verlangt werden.


    Hintergrund

    Das Grundstück der Kläger liegt in einer als Wochenendhausgebiet geplanten Siedlung, für das Gebäude besteht seit 2018 eine Genehmigung zur dauerhaften Wohnnutzung.

    Mittig durch die Siedlung verläuft eine öffentliche Straße. Von dieser zweigen mehrere öffentliche Fußwege ab, die zu den einzelnen Grundstücken führen. Diese Fußwege dürfen mit Kraftfahrzeugen nicht befahren werden. Der Weg zwischen der öffentlichen Straße und dem Grundstück der Eigentümer beträgt etwa 80 Meter. Am Eingang der Siedlung befindet sich ein Parkplatz. Zudem können Fahrzeuge entlang der durch die Siedlung verlaufenden Straße abgestellt werden.

    Seit 1998 nutzen die Kläger einen Weg, der auf einem an die Siedlung angrenzenden Nachbargrundstück verläuft, als Zufahrt zu ihrem Grundstück. Dieser Weg ist mit einer öffentlichen Straße verbunden. Nach dem Verkauf des Nachbargrundstücks im Jahr 2017 sperrte der neue Eigentümer den Weg.

    Die Kläger verlangen nun vom neuen Eigentümer des Nachbargrundstücks, gegen Zahlung einer angemessenen Notwegrente weiterhin die Nutzung des Weges zu dulden, um ihr Grundstück mit dem Pkw anfahren zu können.


    Entscheidung

    Die Klage vor dem Bundesgerichtshof hatte keinen Erfolg. Den Klägern steht kein Recht zur Nutzung des Weges über das Nachbargrundstück zu.

    Als Rechtsgrundlage für ein Wegerecht außerhalb des Grundbuchs kommen nur eine schuldrechtliche Vereinbarung oder ein Notwegrecht in Betracht. Zu einer Vereinbarung mit dem neuen Eigentümer des Nachbargrundstücks ist es nicht gekommen und eine Gestattung des Voreigentümers bindet den Erwerber nicht. Daher kommt hier allein ein Notwegrecht in Frage.

    Voraussetzung für ein Notwegrecht ist, dass einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt. Dann kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, die Benutzung ihrer Grundstücke zu dulden, um die erforderliche Verbindung herzustellen.

    Hier fehlt es dem Grundstück nicht an der zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendigen Verbindung. Im Hinblick auf die besondere Struktur der Wohnsiedlung stellt der öffentliche Fußweg ausnahmsweise eine ausreichende Verbindung dar.

    Zwar setzt grundsätzlich die ordnungsmäßige Benutzung bei einem Wohngrundstück die Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen voraus. Dort, wo Grundstücke wegen ihrer besonderen Lage mit Kraftfahrzeugen nicht angefahren werden können oder sollen, gehört eine solche Erreichbarkeit ausnahmsweise nicht zu ihrer ordnungsmäßigen Benutzung.

    Das gilt z. B., wenn Wohnanlagen bewusst so geplant und geschaffen werden, dass der Fahrzeugverkehr von den unmittelbar zu den Wohngrundstücken führenden Wegen ferngehalten wird. Durch ein solches planerisches Konzept soll die Wohnlage von Belästigungen durch Kraftfahrzeuge frei bleiben und das Wohnen attraktiver werden. Dann ist die Erreichbarkeit mit einem Kraftfahrzeug nicht Bestandteil der ordnungsgemäßen Nutzung, sodass ein Notwegrecht nicht verlangt werden kann.

    Dies ist hier der Fall. Das Planungskonzept der Siedlung sieht vor, dass die einzelnen Grundstücke nicht mit einem Kraftfahrzeug angefahren werden können. Kraftfahrzeuge können nur die mittig verlaufende Straße benutzen, von der die Fußwege zu den Grundstücken abzweigen. An dieser Konzeption hat sich auch nichts dadurch geändert, dass nachträglich auch die Nutzung zum dauerhaften Wohnen zugelassen worden ist.

  • Wie bestimmt sich die "ortsübliche Marktmiete"?

    Kann die ortsübliche Marktmiete nicht anhand eines Mietspiegels bestimmt werden, darf auf ein Sachverständigengutachten, eine Mietdatenbank oder die Miete für mindestens 3 vergleichbare Wohnungen zurückgegriffen werden.


    Hintergrund

    Die Vermieterin V vermietete im Jahr 2015 eine Eigentumswohnung im ersten Obergeschoss (Wohnfläche 57 qm) mit Einbauküche an ihre Tochter T für monatlich 300 EUR zuzüglich Nebenkostenpauschale von 70 EUR.

    Im zweiten Obergeschoss vermietete V eine Wohnung gleicher Größe und Ausstattung an einen Fremdmieter F für monatlich 500 EUR zuzüglich Nebenkostenpauschale von 78 EUR.

    Das Finanzamt ging – nach einem Vergleich mit der für die Obergeschosswohnung gezahlten Miete – davon aus, dass die mit T vereinbarte Miete nur 64,01 % und damit weniger als 66 % der ortsüblichen Miete betrug. Dementsprechend berücksichtigte es die von V erklärten Werbungskosten für die an T vermietete Wohnung nur anteilig mit 64,01 %.

    Das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage ab. Es war der Ansicht, dass die ortsübliche Miete nicht vorrangig anhand des Mietspiegels festzustellen ist. Sie kann ebenso durch den Vergleich mit einer gleichwertigen fremdvermieteten Wohnung ermittelt werden.


    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof teilt die Ansicht des Finanzgerichts nicht und entschied, dass die ortsübliche Miete sich grundsätzlich aus dem örtlichen Mietspiegel ergibt und nicht vorrangig anhand einer Vergleichsmiete für eine an einen Fremdmieter im selben Haus vermietete Wohnung zu bestimmen ist. Nur ausnahmsweise kann auf einen Sachverständigen, eine Mietdatenbank oder einzelne vergleichbare Wohnungen zurückgegriffen werden.

    Die ortsübliche Marktmiete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung ergibt sich grundsätzlich aus dem örtlichen Mietspiegel. Dazu gehören sowohl der einfache Mietspiegel als auch der qualifizierte Mietspiegel. Der Mietspiegel gehört zu den Informationsquellen, die eine leichte und schnelle Ermittlung der ortsüblichen Miete auf der Grundlage eines breiten Spektrums ermöglichen. Diesem Zweck liefe es zuwider, wenn bei einer Miete innerhalb der vom Mietspiegel vorgesehenen Spanne gleichwohl im Einzelfall ermittelt werden müsste, ob nicht ein anderer Wert innerhalb der Spanne der angemessenere wäre. Die Schwankungsbreite innerhalb des Mietspiegels lässt deshalb die Feststellung zu, dass jeder Mietzins innerhalb der berücksichtigten Spanne die ortsübliche Marktmiete darstellt.

    Der örtliche Mietspiegel kann allerdings nicht zugrunde gelegt werden, wenn er nur mangelhaften Erkenntniswert hat, z.B. wenn er nicht regelmäßig angepasst wird oder die Datenerhebung fehlerhaft ist. Gibt ein Mietspiegel nur Richtwerte für eine bestimmte Art von Wohnungen an, kann die gesteigerte Wohnqualität des Vergleichsobjekts durch einen entsprechenden Zuschlag berücksichtigt werden. Kann ein örtlicher Mietspiegel ausnahmsweise nicht zugrunde gelegt werden oder ist er nicht vorhanden, bestehen für das Finanzamt bzw. das Finanzgericht mehrere Möglichkeiten, wobei jeder Ermittlungsweg grundsätzlich gleichrangig ist.

    • Zugrundelegung eines mit Gründen versehenen Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen,

    • Rückgriff auf die Auskunft aus einer Mietdatenbank,

    • Berücksichtigung der Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen. Dafür müssen zumindest 3 Wohnungen nach Adresse, Lage und Stockwerk benannt werden.

    Hiervon ausgehend hob der Bundesfinanzhof das Finanzgerichtsurteil auf. Das Finanzgericht hatte die ortsübliche Marktmiete nicht anhand des vorhandenen Mietspiegels ermittelt, sondern allein auf die Miete für die im selben Haus vermietete Wohnung gleicher Art, Größe und Ausstattung abgestellt, ohne ein breites Spektrum von Vergleichswohnungen heranzuziehen. Das Finanzgericht hat diese unterlassene Sachaufklärung nachzuholen. Es hat die ortsübliche Kaltmiete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung unter Einbeziehung der Spannen des örtlichen Mietspiegels zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten festzustellen. Auf dieser Grundlage hat das Finanzgericht die Entgeltlichkeitsquote und damit die Höhe des Werbungskostenabzugs neu zu ermitteln.


  • Wohnungseigentum: Wenn der Verwalter keine Jahresabrechnung erstellt

    Kommt der Verwalter seiner Pflicht zur Abrechnung nicht nach, können die Eigentümer sie anderweitig erstellen lassen. Denn das Erstellen der Jahresabrechnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft kann eine vertretbare Handlung sein, die nicht der Verwalter ausführen muss, wenn die Abrechnung allein als Grundlage für eine Beschlussfassung dienen soll.


    Hintergrund

    Die Verwalterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft amtierte bis 2009. Während ihrer Amtszeit erstellte sie die Jahresabrechnungen für die Jahre 2005 bis 2008. Die Beschlüsse, durch die die Jahresabrechnungen für 2005 bis 2007 genehmigt worden waren, wurden gerichtlich für ungültig erklärt, woraufhin die ehemalige Verwalterin die Abrechnungen neu erstellte. In einer Eigentümerversammlung im Jahr 2012 wurden weder die neu erstellten Abrechnungen noch die Abrechnung für das Jahr 2008 genehmigt, weil diese fehlerhaft und unschlüssig waren. Eine nochmalige Erstellung der Abrechnungen lehnte die ehemalige Verwalterin ab. Die Wohnungseigentümergemeinschaft wollte daraufhin die Jahresabrechnungen für 2005 bis 2008 anderweitig erstellen lassen und verlangt von der ehemaligen Verwalterin hierfür einen Kostenvorschuss von 3.800 EUR.


    Entscheidung

    Vor dem Bundesgerichtshof bekam die Wohnungseigentümergemeinschaft Recht.

    Der Verwaltervertrag ist zwar ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag, allerdings schuldet der Verwalter auch erfolgsbezogene Tätigkeiten. Dazu gehört die Aufstellung der Jahresabrechnung. Hierzu war der Verwalter verpflichtet. Dabei schuldet der Verwalter nicht nur ein Tätigwerden, sondern einen Erfolg. Er muss die Belege auswerten und als Ergebnis dieser Auswertung eine Jahresabrechnung aufstellen, die dieses Ergebnis in beschlussfähiger Form darstellt, und dieses Zahlenwerk den Wohnungseigentümern zur Vorbereitung der Beschlussfassung vorlegen.

    Kommt der Verwalter dieser Pflicht nicht nach, kommt ein Anspruch auf Kostenvorschuss zwecks anderweitiger Erstellung der Jahresabrechnung jedoch nur in bestimmten Fällen in Betracht. Das ist der Fall, wenn die Erstellung der Jahresabrechnung eine vertretbare Handlung ist. Ob die Aufstellung der Jahresabrechnung eine vertretbare oder nur vom Verwalter erfüllbare unvertretbare Handlung ist, hängt davon ab, welche Funktion sie im Einzelfall erfüllt.

    Strebt die Gemeinschaft mit der Vorlage der Jahresabrechnung durch den Verwalter auch oder nur die Rechnungslegung zur Kontrolle seiner Amtsführung an, und verlangt sie von ihm uneingeschränkt die Aufstellung der Jahresabrechnung und damit auch die Versicherung, alle Einnahmen und Ausgaben nach bestem Wissen angegeben zu haben, ist die Aufstellung der Jahresabrechnung eine unvertretbare Handlung.

    Soll der Verwalter die Jahresabrechnung dagegen nur vorlegen, um den Wohnungseigentümern die Beschlussfassung über die Einforderung von Nachschüssen und die Anpassung von Vorschüssen zu ermöglichen, und wird deshalb nur die Erstellung des Zahlenwerks verlangt, ist die Aufstellung der Jahresabrechnung eine vertretbare Handlung.

    Hier liegt der zweite Fall vor. Die Wohnungseigentümer benötigen die neu aufgestellten Jahresabrechnungen, um erneut darüber beschließen und die länger zurückliegenden Wirtschaftsjahre abschließen zu können. Für diesen Zweck reicht es aus, wenn ein Dritter die Abrechnung erstellt. Da sich die ehemalige Verwalterin ernsthaft und endgültig weigert, die mangelhaften Abrechnungen nachzubessern bzw. neu zu erstellen, kann die Gemeinschaft dies anderweitig in Auftrag geben und hierfür einen Vorschuss verlangen.



Mai 2021


  • Wohnungseigentum: Kann ein Nießbraucher einen Beschluss der Gemeinschaft anfechten?

    Eine Anfechtungsklage gegen einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft darf grundsätzlich nur von einem Wohnungseigentümer erhoben werden. Ein Nießbraucher benötigt dazu die Ermächtigung des Wohnungseigentümers, die innerhalb der Klagefrist offengelegt werden oder offensichtlich sein muss.


    Hintergrund

    Die Kläger sind Eigentümer einer Wohnung. Ihr Wohnungseigentum hatten sie im Jahr 2001 auf ihre Tochter übertragen und sich einen Nießbrauch an der Wohnung vorbehalten.

    In einer Eigentümerversammlung am 7.6 2018 beschlossen die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit, ein bestimmtes Unternehmen mit der Pflege der Außenanlage zu beauftragen. Hiergegen haben die Kläger Anfang Juli 2018 Anfechtungsklage eingereicht.

    Im September 2018 teilten sie dem Gericht die Eigentumsübertragung aus dem Jahr 2001 mit und reichten eine auf 2001 datierte Vollmacht ihrer Tochter ein. Nach dieser sind sie berechtigt, deren Rechte in Gerichtsverfahren im eigenen Namen geltend zu machen.

    Die Vorinstanzen wiesen die Klage als unbegründet ab. Denn die Kläger haben nicht innerhalb der 1-monatigen Anfechtungsfrist offengelegt, dass sie das Recht ihrer Tochter als Wohnungseigentümerin in eigenem Namen geltend machen.


    Entscheidung

    Die Klage hatte auch vor dem Bundesgerichtshof keinen Erfolg. Dieser entschied, dass die Klage zwar zulässig, aber unbegründet ist.

    Grundsätzlich darf eine Anfechtungsklage nur von einem Wohnungseigentümer erhoben werden, also von demjenigen, der im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist. Einem Nießbraucher hingegen steht ein eigenes Anfechtungsrecht nicht zu.

    Ein Nießbraucher kann jedoch vom Wohnungseigentümer zur Erhebung der Anfechtungsklage ermächtigt werden. Dann ist er als gewillkürter Prozessstandschafter anfechtungsberechtigt. Dementsprechend ist die Anfechtungsklage zulässig, weil die Nießbraucher von ihrer Tochter ermächtigt sind, deren Rechte in eigenem Namen geltend zu machen.

    Die Klage ist aber unbegründet, weil die Kläger bei der Klageerhebung nicht Wohnungseigentümer waren und nicht rechtzeitig offengelegt haben und auch nicht offensichtlich war, dass sie die Klage in Prozessstandschaft für die Wohnungseigentümerin erheben.

    Erhebt ein Dritter als Prozessstandschafter für einen Wohnungseigentümer Anfechtungsklage, muss die Ermächtigung zu dieser Prozessführung bereits innerhalb der 1-monatigen Klagefrist objektiv vorliegen und offengelegt oder offensichtlich sein. Anderenfalls ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Nicht ausreichend ist es, die Prozessstandschaft innerhalb der 2-monatigen Klagebegründungsfrist offenzulegen.

    Den Umstand, dass die Kläger in Prozessstandschaft für die Wohnungseigentümerin klagen, haben sie aber erst im September getan, mithin verspätet.



April 2021


  • Allein- und Miteigentum: Zum Stimmrecht in der Eigentümerversammlung

    Jeder Wohnungseigentümer hat grundsätzlich eine Stimme. Das gilt auch, wenn mehrere Wohnungen nur teilweise identischen Miteigentümern gehören oder wenn der Miteigentümer einer Wohnung zugleich Alleineigentümer einer anderen Wohnung ist. Dann haben die Eigentümer jeder Wohnung je eine Stimme.


    Hintergrund


    Die Wohnungseigentumsanlage bestand aus 3 Einheiten. Einheit Nr. 1 gehörte den Eigentümern A und B gemeinschaftlich, Einheit Nr. 2 den Eigentümern C und D je zur Hälfte und Einheit Nr. 3 C allein.


    Die Eigentümer C und D luden zu einer Eigentümerversammlung. Bei dieser waren nur C und D anwesend. Beschlossen wurden dort die Bestellung eines Verwalters sowie der Abschluss eines Verwaltervertrags.


    A und B erhoben gegen beide Beschlüsse Anfechtungsklage. Ihrer Ansicht nach hätten die anderen Eigentümer nicht eigenmächtig zur Versammlung laden dürfen. Außerdem wurde die erforderliche Mehrheit für die Beschlüsse nicht erreicht, weil C und D gemeinsam nur eine Stimme zustand.


    Entscheidung


    Die Anfechtungsklage war nicht erfolgreich. Das Gericht entschied, dass die Beschlüsse die erforderliche Mehrheit unabhängig davon gefunden haben, wie viele Stimmen C und D zustehen. Denn die für die Bestellung des Verwalters und den Abschluss des Verwaltervertrags erforderliche Mehrheit ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Da nur C und D an der Versammlung teilgenommen haben, war die Mehrheit erreicht. Das gilt auch dann, wenn C und D insgesamt nur eine Stimme gehabt hätten.


    Ein Anfechtungsgrund ergibt sich auch nicht daraus, dass C und D nicht eigenmächtig zu der Versammlung hätten einladen dürfen. Denn dieser Beschlussmangel wirkte sich nicht auf das Abstimmungsergebnis aus. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse in der Gemeinschaft wäre die Abstimmung nicht anders ausgefallen, wenn C und D eine gerichtliche Ermächtigung zur Einladung oder eine Verurteilung von A und B, einer Einladung zuzustimmen oder an ihr mitzuwirken, erwirkt hätten. Denn C und D haben 2 Stimmen, während A und B gemeinschaftlich nur 1 Stimme haben.


    Jeder Wohnungseigentümer hat eine Stimme (Kopfprinzip), es sei denn, die Teilungserklärung sieht etwas anders vor. Das gilt auch, wenn ihm nicht nur eine, sondern mehrere Wohnungen gehören. Deshalb bestehen mehrere Stimmrechte, wenn mehrere Wohnungen nur teilweise identischen Miteigentümern gehören oder wenn wie hier der Miteigentümer einer Wohnung zugleich Alleineigentümer einer anderen Wohnung ist. Wohnungseigentümern, denen ein Wohnungseigentum gemeinschaftlich gehört, steht hierfür gemeinsam ein Stimmrecht zu, das sie nur einheitlich ausüben können.

  • Wohnungseigentum: Welche Regeln gelten beim Einberufen der Eigentümer?

    Das Absenden der Ladung zur Eigentümerversammlung an die jeweils letzte bekannte Adresse kann für eine ordnungsgemäße Einberufung ausreichen. Ein Verstoß gegen AGB-Klauselverbote liegt damit nicht vor, denn grundsätzlich unterliegt eine Gemeinschaftsordnung nicht der AGB-Kontrolle.


    Hintergrund


    Die Gemeinschaftsordnung einer großen Wohnungseigentümergemeinschaft sah zur Einberufung von Eigentümerversammlungen vor, dass für die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung die Absendung an die Anschrift, die dem Verwalter von dem Wohnungseigentümer zuletzt mitgeteilt worden ist, genügt.


    Mit Schreiben vom 4.9.2015 lud die Verwalterin zu einer Eigentümerversammlung am 25.9.2015 ein. Auf der Versammlung beschlossen die Wohnungseigentümer die Wiederbestellung der Verwalterin.


    Gegen diesen Beschluss erhoben Wohnungseigentümer Anfechtungsklage, da die Einladung mehrere Eigentümer nicht oder nicht rechtzeitig erreicht habe. Dies stellte einen Einberufungsmangel dar. Die beklagten Wohnungseigentümer meinen hingegen, dass es wegen der Regelung in der Gemeinschaftsordnung allein auf die rechtzeitige Absendung ankam.


    Entscheidung


    Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Regelung in der Gemeinschaftsordnung wirksam ist und für die Ladung aller Eigentümer gilt. Eine rechtzeitige Absendung der Ladungen an alle Eigentümer reichte demnach aus.


    Grundsätzlich ist für eine fristwahrende Ladung nicht die Absendung, sondern der Zugang bei den jeweiligen Wohnungseigentümern maßgeblich. Die hier verwendete Klausel trifft eine von diesem Grundsatz abweichende Regelung. Allgemein soll die rechtzeitige Absendung der Ladungen für eine ordnungsgemäße Einberufung ausreichen. Eine Einschränkung dahingehend, dass dies nur für die Ladung von Wohnungseigentümern gelten soll, die eine Adressänderung nicht angezeigt haben, ist der Klausel nicht zu entnehmen. Sie ist nach ihrem klaren Wortlaut ohne Weiteres auch dann einschlägig, wenn die zuletzt mitgeteilte Adresse nach wie vor die richtige ist.


    Diese Vereinbarung ist auch wirksam.


    Insbesondere ist die Klausel nicht wegen Verstoßes gegen AGB-Vorschriften unwirksam, denn eine einseitig vorgegebene Gemeinschaftsordnung unterliegt nicht der AGB-Kontrolle. Einer analogen Anwendung der AGB-Vorschriften erteilt der Bundesgerichtshof eine Absage.


    Nur in Ausnahmefällen unterliegen Regelungen aus der Gemeinschaftsordnung der AGB-Kontrolle, z. B. wenn die Gemeinschaftsordnung vorschreibt, dass die Wohnungseigentümer als Verbraucher bestimmte Verträge mit Dritten abschließen müssen oder wenn der Inhalt des Verwaltervertrags zum Bestandteil der Gemeinschaftsordnung gemacht worden ist. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor.


    Auch im Hinblick auf den Grundsatz von Treu und Glauben ist die Klausel in der Gemeinschaftsordnung nicht zu beanstanden. Es handelt sich um eine gebräuchliche Klausel, die das Zusammenleben der Wohnungseigentümer regelt.


März 2021


  • Gemischt genutzte Gebäude: Vermieter muss steuerliche Besonderheiten beachten

    Wenn ein Vermieter sowohl eigene als auch fremde Mittel zur Finanzierung eines gemischt genutzten Mehrfamilienhauses nutzt und diese vor der Kaufpreiszahlung auf einem Girokonto zusammenführt, kann er die Schuldzinsen nur anteilig geltend machen.


    Hintergrund


    Ein privater Vermieter erwarb im Jahr 2006 ein Haus mit 4 Wohn- bzw. Gewerbeeinheiten. Von diesen vermietete er 3 und nutzte eine selbst. Im Kaufvertrag der Immobilie war für jede Einheit ein separater Kaufpreis ausgewiesen. Zur Finanzierung hatte der Vermieter für jede vermietete Einheit ein separates Darlehen abgeschlossen; die selbstgenutzte Wohnung wollte er komplett durch Eigenmittel finanzieren.


    Darlehens- und Eigenmittel wurden zunächst auf dem Girokonto des Vermieters zusammengeführt und von dort dann mit 4 Einzelüberweisungen an die Hausverkäuferin gezahlt. In seiner Einkommensteuererklärung wollte der Vermieter die Schuldzinsen aus den Darlehen komplett dem Vermietungsbereich zugeordnet wissen. Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, dass die Vermischung von Darlehens- und Eigenmitteln auf dem Girokonto dazu geführt hat, dass die Schuldzinsen nur anteilig abziehbar sind. Denn jede einzelne Einheit wurde letztlich gemischt mit Eigen- und Fremdmitteln finanziert.


    Entscheidung


    Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzamt hatte nach Ansicht des Finanzgericht die Schuldzinsen zu Recht nur anteilig als Werbungskosten im Vermietungsbereich anerkannt.


    Zwar kann ein Vermieter ein Darlehen mit steuerrechtlicher Wirkung gezielt einem bestimmten, der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudeteil zuordnen. Dazu muss er aber die Anschaffungskosten, die einem vermieteten Teil gesondert zugeordnet werden sollen, auch gesondert mit Geldbeträgen aus dem dafür aufgenommenen Darlehen bezahlen. An dieser Voraussetzung fehlte es im vorliegenden Fall. Denn die Darlehensmittel wurden vor der Kaufpreiszahlung auf dem Girokonto mit Eigenmitteln vermischt. Der Zuordnungszusammenhang ist unterbrochen, wenn eine Zahlung von einem Konto bewirkt wird, auf dem Eigen- und Fremdmittel zuvor zusammengeführt worden sind. Dies gilt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch dann, wenn von diesem Bankkonto separate Überweisungen getrennt nach Eigen- und Fremdmitteln abgehen.

  • Geplanter Abriss ist allein kein Kündigungsgrund

    Auch wenn ein Gebäude ersatzlos abgerissen werden soll, rechtfertigt dies nicht die Kündigung eines Mietverhältnisses. Zwar kann in diesem Fall ein berechtigtes Interesse des Vermieters bestehen, die Anforderungen daran sind jedoch hoch.


    Hintergrund


    Die Mieter hatten ein ehemaliges Landarbeiterhaus für 60 EUR monatlich gemietet. Das Badezimmer befand sich in einem ansonsten ungenutzten Seitenflügel. Das Mietverhältnis bestand seit mehreren Jahrzehnten. Ein schriftlicher Mietvertrag existierte nicht. Im Juni 2017 erklärte der Vermieter, der das Haus geerbt hatte, die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Er begründete die Kündigung damit, dass der Seitenflügel aus wirtschaftlichen und statischen Gründen abgerissen werden müsste. Der Bereich mit dem Badezimmer war sehr baufällig und nur mit erheblichen Gefahren begehbar.


    Da die Mieter die Kündigung nicht akzeptierten, erhob der Vermieter Räumungsklage.


    Entscheidung


    Mit seiner Räumungsklage hatte der Vermieter vor dem Bundesgerichtshof keinen Erfolg. Dieser entschied, dass die Kündigung weder unter dem Gesichtspunkt einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks noch aufgrund eines sonstigen Interesses des Vermieters gerechtfertigt war.


    Die Voraussetzungen einer Verwertungskündigung sind nicht erfüllt. Danach hat der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses, wenn er durch dessen Fortsetzung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert wäre und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde.


    Durch den ersatzlosen Abriss eines Gebäudes oder Gebäudeteils kann ein Vermieter zwar Kosten vermeiden. Ein Abriss stellt jedoch keine Realisierung des dem Grundstück innewohnenden materiellen Werts und damit keine wirtschaftliche Verwertung dar.


    Und auch sonst hatte der Vermieter kein berechtigtes Interesse an einer Kündigung. Insbesondere hat der Vermieter nicht dargelegt, dass ihm durch die Fortdauer des Mietverhältnisses erhebliche wirtschaftliche Nachteile entstehen. Bei der gebotenen Gesamtabwägung kann es zwar zu berücksichtigen sein, dass auch künftig nur eine geringe Miete zu erwarten ist. Aber auch wenn sich die Kosten für ein neues Bad nicht über die Miete amortisiere, so müsste der Vermieter lediglich einmalig einen Betrag in überschaubarer Höhe aufbringen. Zudem würde der Anbau eines Bades den Wert des Grundstücks erhöhen.

  • Mietpreisbremse: Was genau bedeutet "umfassende Modernisierung"?

    Die Mietpreisbremse greift nicht bei der ersten Vermietung der Wohnung nach umfassender Modernisierung. Eine solche erfordert einen Bauaufwand von einem Drittel der Neubaukosten, zudem muss die Wohnung in wesentlichen Bereichen qualitativ einem Neubau entsprechen. Kosten für Erhaltungsmaßnahmen bleiben unberücksichtigt.


    Hintergrund


    Die Mieter einer Berliner Wohnung verlangen von der Vermieterin die Rückzahlung von Miete, da die vereinbarte Miethöhe gegen die Mietpreisbremse verstößt.


    Nach dem Ende des vorangegangenen Mietverhältnisses ließ die Vermieterin zahlreiche Arbeiten an der Wohnung durchführen, insbesondere wurde die Elektrik erneuert, die über dem Putz gelegenen Heizungsrohre in den Fußboden verlegt sowie in Küche und Bad Fliesen und in den übrigen Räumen Parkett verlegt. Weiterhin wurden die sanitären Anlagen im Bad erneuert und erstmals eine Küche eingebaut.


    Das Mietverhältnis besteht seit 2016. Die Wohnung ist 86 qm groß, die Nettokaltmiete beträgt 1.199 EUR, was 13,99 EUR je qm entspricht.


    Im Mai 2016 rügten die Mieter einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse. Ihrer Ansicht nach war lediglich eine Miete von 823,44 EUR zulässig, was 9,61 EUR je qm entspricht. Sie verlangten deshalb die Rückzahlung der diesen Betrag übersteigenden Miete für die Monate Juni bis November 2016 und Feststellung, dass sie keine höhere Miete schulden.


    Die Vermieterin meint jedoch, dass die Mietpreisbremse nicht anwendbar ist, da vor der Vermietung eine umfassende Modernisierung stattgefunden hatte.


    Das Landgericht folgte der Auffassung der Vermieterin und stellte wesentlich darauf ab, dass die für die Wohnung aufgewandten Gesamtkosten von 58.500 EUR ein Drittel der Neubaukosten erreichten.


    Entscheidung


    Die Mietpreisbremse greift nicht bei der ersten Vermietung einer Wohnung nach umfassender Modernisierung. Eine Modernisierung ist umfassend, wenn sie einen Umfang aufweist, der eine Gleichstellung mit Neubauten gerechtfertigt erscheinen lässt. Eine solche Gleichstellung ist anzunehmen, wenn die Modernisierung im Hinblick auf die hierfür angefallenen Kosten einen wesentlichen Bauaufwand erfordert und zu einem Zustand der Wohnung führt, der demjenigen eines Neubaus in wesentlichen Teilen entspricht. Dabei haben beide Aspekte das gleiche Gewicht.


    Ein Bauaufwand ist finanziell dann als wesentlich anzusehen, wenn er mindestens ein Drittel des für eine vergleichbare Neubauwohnung erforderlichen Aufwands (ohne Grundstücksanteil) erreicht.


    In den Kostenvergleich sind allerdings nur solche Kosten aufzunehmen, die auf im Katalog des § 555b BGB genannten Modernisierungsmaßnahmen beruhen. Hingegen sind Kosten, die keinen Bezug zu einer solchen Modernisierungsmaßnahme aufweisen, sondern allein auf Erhaltungsmaßnahmen entfallen, nicht zu berücksichtigen.


    Das gilt ebenfalls, soweit ältere Bauteile und Einrichtungen modernisiert werden, unabhängig davon, ob diese mangelhaft sind oder zwar abgenutzt, aber noch funktionsfähig. Auch insoweit ist ein Teil der Kosten nicht der Modernisierung, sondern der bloßen Instandhaltung zuzuordnen und deshalb beim Kostenvergleich nicht zu berücksichtigen.


    Darüber hinaus erfordert eine umfassende Modernisierung, dass die Wohnung durch die Modernisierungsmaßnahmen in mehreren wesentlichen Bereichen (insbesondere Heizung, Sanitär, Fenster, Fußböden, Elektroinstallationen bzw. energetische Eigenschaften) qualitativ so verbessert wurde, dass die Gleichstellung mit einem Neubau gerechtfertigt ist.


    In die diesbezügliche Beurteilung sind wiederum nur die Maßnahmen einzubeziehen, die als Modernisierung zu qualifizieren sind, und auch diese nur unter der Voraussetzung, dass es sich bei dem aktuellen Mietverhältnis um die erste Neuvermietung nach Ausführung der Maßnahmen handelt. Maßnahmen, die noch während des vorigen Mietverhältnisses durchgeführt wurden, bleiben außer Betracht.


    Ob im vorliegenden Fall die Mietpreisbremse greift, konnte der Bundesgerichtshof nicht entscheiden, da Feststellungen zu den o. g. Maßstäben fehlten. Der Bundesgerichtshof hob deshalb das Urteil des Landgerichts auf und verwies den Rechtsstreit dorthin zurück.


Februar 2021


  • Betriebskostenabrechnung: Darf der Mieter die Zahlungsbelege einsehen?

    Ein Mieter hat nicht nur das Recht, die Rechnungen im Zusammenhang mit der Betriebskostenabrechnung einzusehen, sondern auch die dazu gehörigen Zahlungsbelege. Der Mieter muss für das Einsichtsrecht kein besonderes Interesse darlegen.


    Hintergrund


    Die Vermieterin einer Wohnung verlangt vom Mieter die Nachzahlung einer Betriebskostenabrechnung i. H. v. 1.262 EUR. Der Mieter hatte in die der Abrechnung zugrundeliegenden Rechnungsbelege Einsicht genommen. Eine darüberhinausgehende Einsichtnahme in die entsprechenden Zahlungsbelege lehnte die Vermieterin jedoch ab. Daraufhin verweigerte der Mieter die Leistung der Nachzahlung.


    Entscheidung


    Der Bundesgerichtshof entschied zugunsten des Mieters, dass dieser die Nachzahlung derzeit nicht leisten muss, weil die Vermieterin die verlangte Einsicht in die Zahlungsbelege nicht gewährt hatte.


    Zur Begründung führt das Gericht weiter aus: Einem Mieter steht gegenüber dem auf eine Betriebskostenabrechnung gestützten Zahlungsverlangen des Vermieters ein zeitweises Leistungsverweigerungsrecht zu, und zwar solange, bis ihm eine berechtigterweise begehrte Belegeinsicht gewährt wurde.


    Zu den Abrechnungsunterlagen, auf die sich das Einsichtsrecht des Mieters bezieht, gehören neben den Rechnungen auch die dazugehörigen Zahlungsbelege über die in der Abrechnung auf die Mieter umgelegten Betriebskosten. Mit Hilfe dieser Belege wird der Mieter in die Lage versetzt, die Berechtigung der jeweils in Rechnung gestellten Beträge zu überprüfen. Der Mieter muss für das Einsichtsrecht kein besonderes Interesse darlegen. Es genügt sein allgemeines Interesse, die Tätigkeit des abrechnungspflichtigen Vermieters zu kontrollieren


Januar 2021


  • Photovoltaikanlage auf dem eigenen Haus: Gewinnerzielungsabsicht oder Liebhaberei?

    Wird eine Photovoltaikanlage mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben oder handelt es sich beim Betrieb der Anlage um eine steuerrechtliche Liebhaberei? Welche Punkte für die Gewinnerzielungsabsicht und welche dagegen sprechen, hat das Thüringer Finanzgericht konkretisiert. Insbesondere spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird.


    Hintergrund


    Die Steuerpflichtige erwarb im Oktober 2013 eine Photovoltaikanlage mit einem Leistungsvermögen von 4,5 kW, die Anschaffungskosten betrugen 13.904 EUR netto. Im Jahr 2013 ergab sich ein Verlust von 3.313 EUR, der größtenteils durch die Umsatzsteuer verursacht wurde. Im Jahr 2014 erwirtschaftete die Steuerpflichtige einen Gewinn von 2.716 EUR, der zum größten Teil aus einer Vorsteuererstattung resultierte. 2015 betrug der Verlust 783 EUR, im Jahr 2016 261 EUR, 2017 rund 328 EUR und 2018 rund 140 EUR. Das Finanzamt erkannte den Verlust nicht an, da steuerlich Liebhaberei vorlag. Die Anschaffung der Anlage konnte sich angesichts der Abschreibung und der geringen Einspeisevergütung niemals lohnen.


    Entscheidung


    Die Klage der Steuerpflichtigen hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass selbst in Fällen, in denen die Ergebnisprognose negativ ist, eine Liebhaberei nur in Betracht kommt, wenn die Tätigkeit auf einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Motiven beruht und sich der Steuerpflichtige nicht wie ein Gewerbetreibender verhält, z. B. wenn die verlustbringende Tätigkeit aus dem Bereich der allgemeinen Lebensführung und persönlichen Neigungen liegenden Gründen ausgeübt wird.


    Bei dem Betrieb einer Photovoltaikanlage spricht zunächst der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird. Denn Unternehmen dieser Art sind nach der Lebenserfahrung typischerweise nicht dazu bestimmt und geeignet, der Befriedigung persönlicher Neigungen des Steuerpflichtigen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen. Die Steuerpflichtige verhielt sich wie eine Gewerbetreibende, indem sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles unternommen hatte, um die Verluste gering zu halten.


    Hierfür sprach, dass keine Kosten der allgemeinen Lebenshaltung in den betrieblichen Bereich verlagert wurden, alle Einsparmöglichkeiten ausgeschöpft wurden und überdies eine Erweiterung der Anlage um 1,3 kW sowie perspektivisch der Wechsel in die Kleinunternehmerregelung geplant war. Sie reagierte also auf die Verlustsituation, indem sie entsprechend gegensteuerte. Deshalb ging das Gericht von einer Gewinnerzielungsabsicht aus und berücksichtigte die Verluste.

  • Vermietete Eigentumswohnung: Wie wird der Kaufpreis bei Erwerb durch Grundstücksgemeinschaft aufgeteilt?

    Grundsätzlich ist die vertragliche Aufteilung der Besteuerung zugrunde zu legen. Das gilt nur dann nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kaufpreis nur zum Schein bestimmt wurde. Der Arbeitshilfe des BMF zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises kommt insoweit keine Bindungswirkung zu.


    Hintergrund


    Die Grundstücksgemeinschaft G erwarb im Jahr 2017 eine Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus. Der Kaufpreis betrug nach dem Kaufvertrag 110.000 EUR. Der anteilige Grundstückswert wurde vertraglich mit 20.000 EUR angesetzt. Die Anschaffungskosten beliefen sich einschließlich Nebenkosten auf 118.000 EUR.


    In ihrer Feststellungserklärung berücksichtigte G die AfA-Bemessungsgrundlage mit 96.547 EUR, das entspricht 20.000/110.000 = 81,81 % des Gesamtkaufpreises.


    Das Finanzamt ermittelte dagegen einen Gebäudeanteil von nur 30,9 % und damit eine AfA-Bemessungsgrundlage von 36.463 EUR. Dabei legte sie die vom BMF im Internet bereitgestellten "Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)" (abzurufen unter www.bundesfinanzministerium.de) zugrunde.


    Das Finanzgericht wies die Klage ab, da die vertragliche Kaufpreisaufteilung nicht den realen Wertverhältnissen entsprach. Seiner Ansicht nach war die Arbeitshilfe des BMF grundsätzlich eine geeignete Schätzungshilfe.


    Entscheidung


    Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Denn eine Korrektur der vertraglichen Aufteilung kommt nur in Betracht, wenn sie die realen Wertverhältnisse grundsätzlich verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint. Das bedeutet: Grundsätzlich ist die vertragliche Aufteilung der Besteuerung zugrunde zu legen. Das gilt nur dann nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kaufpreis nur zum Schein bestimmt wurde oder ein Gestaltungsmissbrauch vorliegt.


    Eine wesentliche Diskrepanz zu den Bodenrichtwerten ist grundsätzlich ein Indiz dafür, dass die vertragliche Aufteilung die Werte nicht angemessen wiedergibt. Das Finanzgericht hat anhand der Gesamtumstände zu würdigen, ob besondere Aspekte die Abweichung nachvollziehbar erscheinen lassen (Ausstattungsmerkmale, Nutzbarkeit, Straßenlärm, soziale Einrichtungen usw.). Kann die vertragliche Aufteilung nicht zugrunde gelegt werden, hat sie das Finanzgericht durch eine Aufteilung nach den realen Verkehrswerten zu ersetzen. Diese Situation lag hier vor. Denn der vertraglich ausgewiesene Kaufpreis für Grund und Boden (20.000 EUR) weicht erheblich vom Bodenrichtwert (77.713 EUR) ab. Das sind 75 %.


    Das Finanzgericht durfte die vertragliche Aufteilung nicht durch die anhand der BMF-Arbeitshilfe ermittelte Aufteilung ersetzen. Denn die Arbeitshilfe genügt nicht den Anforderungen an die Methodenwahl. Es handelt sich um ein vereinfachtes Sachwertverfahren. Damit widerspricht die Arbeitshilfe schon im Ausgangspunkt der Gleichwertigkeit der Bewertungsverfahren (Vergleichswert-, Ertragswert-, Sachwertverfahren). Darüber hinaus weist die Arbeitshilfe einen systemischen Fehler auf, indem bei der Ermittlung des Gebäudewerts der vor allem in großstädtischen Ballungsräumen relevante sog. Orts- oder Regionalisierungsfaktor unberücksichtigt bleibt.


    Bei der Neubewertung ist das Finanzgericht i. d. R. gehalten, das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken einzuholen.