Mandanteninformation für
Lohn und Gehalt



Jahreswechsel 2021/2022


  • 1. Entgeltumwandlung in der bAV: Arbeitgeberzuschuss ab 2022 verpflichtend

    Ab 2022 müssen Arbeitgeber zu allen Entgeltumwandlungen in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) einen verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss zahlen. Bisher war die Zuschusspflicht nach dem Betriebsrentenstärkungsgesetz auf Neuzusagen in der bAV beschränkt.


    Das ändert sich ab 1.1.2022

    Ab Januar 2022 muss jeder Arbeitgeber, der eine Entgeltumwandlung über eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds durchführt und dabei Sozialversicherungsbeiträge einspart, 15 % des umgewandelten Entgelts, höchstens jedoch die eingesparten Sozialversicherungsbeiträge als Zuschuss leisten.

    Die Regelung, die zunächst nur Neuzusagen ab dem 1.1.2019 betraf, wird damit auf sämtliche individual- oder kollektivrechtliche Entgeltumwandlungsvereinbarungen – unabhängig vom Datum des Abschlusses – erweitert.

    Eine Ausnahme gilt in dem Fall, dass ein Tarifvertrag Anwendung findet, der von dem gesetzlich vorgesehenen Zuschuss abweicht.


    Hinweis

    Maßgeblicher Zeitraum für die Beurteilung der Sozialversicherungsersparnis ist nach Ansicht der Sozialversicherungsträger der Monat, in dem der Beitragsanspruch entsteht. Für den Arbeitgeber ist die tatsächliche Ersparnis bei den Sozialversicherungsbeiträgen jedoch teilweise nur in der Jahresbetrachtung ersichtlich. Unter Umständen müssen dabei sogar Sozialversicherungsbeiträge berücksichtigt werden, die aus Einmalzahlungen im 1. Quartal des Folgejahres entstehen. Grund dafür ist die sog. "März-Klausel", wonach Sonderzuwendungen zwischen dem 1.1. und dem 31.3. häufig noch dem Vorjahr zuzurechnen sind.


  • 2. Kurzarbeitergeld und Kinderkrankengeld: Bezugszeitraum verlängert

    Das deutlich ausgeweitete Kurzarbeitergeld und Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz bleiben steuerfrei, unterliegen aber dem Progressionsvorbehalt. Die erleichterten Zugangsvoraussetzungen zum Kurzarbeitergeld sind bis ins Jahr 2022 verlängert worden. Das gilt bisher jedoch nicht für die Steuerbefreiung für Arbeitgeberzuschüsse zur Aufstockung des Kurzarbeitergelds.


    Änderungen beim Kurzarbeitergeld

    Immer noch verrichten zahlreiche Beschäftigte in Deutschland Kurzarbeit. Das ist regelmäßig verbunden mit einer entsprechenden Minderung des Arbeitsentgelts. Bei Vorliegen der gesetzlich bestimmten Voraussetzungen besteht Anspruch auf Kurzarbeitergeld in Höhe von 60 bzw. 67 % des ausfallenden Nettoentgelts. Während der Coronapandemie wurden die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld abgesenkt und die Leistungen erweitert. Die Bezugsdauer ist auf bis zu 24 Monate ausgeweitet worden. Diese Erleichterungen sind bis zum 31.3.2022 verlängert worden.

    Außerdem ist zeitweise eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes in Abhängigkeit von der Dauer der Kurzarbeit erfolgt:

    • Ab dem 4. Monat des Bezugs erhöht sich das Kurzarbeitergeld für kinderlose Beschäftigte, die derzeit um mindestens 50 % weniger arbeiten, auf 70 % und ab dem 7. Monat des Bezugs auf 80 % des Lohnausfalls.

    • Bei Beschäftigten mit Kindern, die derzeit um mindestens 50 % weniger arbeiten, beläuft sich die Erhöhung ab dem 4. Monat des Bezugs auf 77 % und ab dem 7. Monat des Bezugs auf 87 %. 

    Diese Erhöhungen gelten für alle Beschäftigten, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31.3.2021 entstanden ist, maximal bis 31.12.2021.

    Das Kurzarbeitergeld ist in jedem Fall lohnsteuerfrei.


    Höhe des Kurzarbeitergeldes abhängig von der (steuerlichen) Kinderzahl

    Ein erhöhtes Kurzarbeitergeld von 67 bzw. 77 bzw. 87 % der Nettoentgeltdifferenz wird gezahlt für

    • Beschäftigte, die mindestens ein steuerlich zu berücksichtigendes Kind haben (minderjährig oder in Ausbildung bis zum 25. Lebensjahr);

    • Beschäftigte, deren Ehegatte/Lebenspartner mindestens ein steuerlich zu berücksichtigendes Kind hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner ihren Wohnsitz in Deutschland haben und nicht dauernd getrennt leben.

    Für die Entscheidung, ob der erhöhte Leistungssatz gewährt werden kann, werden die ELStAM zugrunde gelegt. Ist bei den Mitarbeitenden ein Kinderzähler von mindestens 0,5 vermerkt, wird automatisch der erhöhte Leistungssatz angewendet.

    In der Steuerklasse V müssen Beschäftigte hingegen einen Nachweis erbringen, dass die vorgenannten Voraussetzungen vorliegen. Dies kann insbesondere über einen Auszug der ELStAM des Ehegatten/Lebenspartners nachgewiesen werden.


    Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld bis Ende 2021 steuerfrei

    Arbeitgeberseitig geleistete Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld (Aufstockung) sind eigentlich steuerpflichtig. Aufgrund der in der Coronakrise strukturell flächendeckenden Gewährung von Kurzarbeitergeld hat der Gesetzgeber jedoch die Aufstockung des Kurzarbeitergelds durch den Arbeitgeber vorübergehend steuerfrei gestellt. 

    Nach der Regelung werden Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld entsprechend der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung bis 80 % des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 SGB III steuerfrei gestellt.

    Die Steuerbefreiung ist auf Zuschüsse begrenzt, die für Lohnzahlungszeiträume geleistet werden, die nach dem 29.2.2020 beginnen und vor dem 1.1.2022 enden. Unter die Steuerbefreiung fällt neben dem Kurzarbeitergeld und dem Saison-Kurzarbeitergeld auch das Transferkurzarbeitergeld. Eine Verlängerung ist bisher nicht in Sicht.


    Kinderkrankengeld auch bei Schulschließung

    Durch die Ausweitung der Kinderkrankentage können Eltern im Jahr 2021 insgesamt 30 Tage pro Elternteil Kinderkrankengeld beantragen. Der Anspruch besteht auch in den Fällen, in denen das Kind nicht krank ist, sondern zu Hause betreut wird, weil die Schule oder die Einrichtung zur Kinderbetreuung pandemiebedingt geschlossen ist oder die Präsenzpflicht im Unterricht ausgesetzt beziehungsweise der Zugang zum Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt wurde. Die Höhe des Kinderkrankengelds beträgt in der Regel 90 % des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts.

    Inzwischen ist vorgesehen, dass auch zeitlich begrenzt auf das Jahr 2022 je Elternteil ein Anspruch auf Kinderkrankengeld für jedes Kind längstens für 30 Arbeitstage besteht, für Alleinerziehende längstens für 60 Arbeitstage. Insgesamt ist der Anspruch bei mehreren Kindern begrenzt auf 65 Arbeitstage, für Alleinerziehende auf 130 Arbeitstage. Der Anspruch auf Kinderkrankengeld wegen einer pandemiebedingten Betreuung des Kindes (zum Beispiel Kita- und Schulschließung) soll bis zum 19.3.2022 bestehen.

    Auch das Kinderkrankengeld ist als Lohnersatzleistung steuerfrei. Es wird jedoch nicht vom Arbeitgeber, sondern von der Krankenkasse gewährt.


  • 3. Sachbezüge: Arbeitgeber dürfen künftig höhere Beträge steuerfrei gewähren

    Die Grenze, bis zu der Sachbezüge steuerfrei sind, erhöht sich für alle Beschäftigten von 44 EUR auf 50 EUR.


    Das ändert sich ab 2022

    Sachbezüge, die mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen zu bewerten sind, bleiben außer Ansatz, wenn sie nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte 50 EUR (bis 31.12.2021: 44 EUR) im Kalendermonat nicht übersteigen. Es handelt sich um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag. Die monatliche Freigrenze darf nicht auf einen Jahresbetrag hochgerechnet werden. Die monatsbezogene Beurteilung führt zwar dazu, dass Vorteile von insgesamt 600 EUR (bis 31.12.2021: 528 EUR EUR) im Kalenderjahr unversteuert bleiben, als Einmalzuwendung wäre der Vorteil von 600 EUR jedoch zu versteuern.

    Bei Gutscheinen und Geldkarten, die als Sachzuwendung unter die Freigrenze von 50 EUR fallen, muss zudem seit 2020 beachtet werden, dass sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden müssen.


    Hinweis

    § 8 EStG wurde zuletzt durch das Jahressteuergesetz 2020 v. 21.12.2020 dahingehend geändert, dass die Freigrenze für Sachbezüge in § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG ab 1.1.2022 von 44 EUR auf 50 EUR erhöht wurde. Der in § 8 Abs. 2 Satz 12 EStG bestehende Bewertungsabschlag für die Wohnungsüberlassung durch den Arbeitgeber wurde auf Überlassungen durch mit dem Arbeitgeber verbundenen Unternehmen erweitert. § 8 Abs. 4 EStG wurde neu eingeführt, in dem für die Anwendung verschiedener Befreiungs- und Pauschalierungsvorschriften definiert wird, unter welchen Voraussetzungen Leistungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden.


  • 4. Sachbezüge: Neue Regeln für Gutscheine und Geldkarten

    Ab 2022 müssen Arbeitgeber und Mitarbeitende bei der Nutzung von Gutschein- und Prepaid-Karten aufpassen. Denn steuerfrei sind sie nur noch in engem Rahmen.


    Das ändert sich ab 2022

    Als steuerfreier Sachbezug werden nur Gutscheine und Geldkarten anerkannt, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) erfüllen. Danach sind 3 verschiedene Kategorien erlaubt.


    Gutscheine und Geldkarten: Fallgruppe 1

    Hierzu gehören Gutscheine oder Geldkarten, die die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a ZAG erfüllen. Dies sind Gutscheine oder Geldkarten, die dazu berechtigen, vom Aussteller Waren oder Dienstleistungen aus seinem eigenen Sortiment zu beziehen.

    Darüber hinaus gehören zur Fallgruppe 1 auch Gutscheine oder Geldkarten, die dazu berechtigen, Waren oder Dienstleistungen aufgrund vertraglicher Basis bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen im Inland zu beziehen. Ein begrenzter Kreis von Akzeptanzstellen gilt als erfüllt bei städtischen Einkaufs – und Dienstleistungsverbünden im Inland sowie bei Einkaufs – und Dienstleistungsverbünden, die sich auf eine bestimmte inländische Region (z.B. mehrere benachbarte Städte und Gemeinden im ländlichen Raum) erstrecken.

    Aus Vereinfachungsgründen erkennt die Finanzverwaltung auch Gutscheine einer bestimmten Ladenkette zum Bezug von Waren und Dienstleistungen in den einzelnen Geschäften im Inland und im Internetshop dieser Ladenkette mit einheitlichem Marktauftritt (z.B. eine Marke, ein Logo) als Sachbezug an.


    Gutscheine und Geldkarten: Fallgruppe 2

    Zur zweiten Fallgruppe gehören Gutscheine oder Geldkarten, die die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b ZAG erfüllen. Hierzu zählen Gutscheine oder Geldkarten, die unabhängig von einer Betragsangabe nur dazu berechtigen, Waren oder Dienstleistungen ausschließlich aus einer sehr begrenzten Palette zu beziehen. Dabei kommt es auf die Anzahl der Akzeptanzstellen und den Bezug im Inland nicht an.

    Das sind z.B. Gutscheine für Fahrberechtigungen, Park & Ride, Nutzung von Fahrrädern, Streamingdienste, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher, Fitnessleistungen, Bekleidung etc. 


    Gutscheine und Geldkarten: Fallgruppe 3

    Zur dritten Fallgruppe gehören Gutscheine und Geldkarten, die die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. c ZAG erfüllen. Sie berechtigen, aufgrund von Akzeptanzverträgen deutschlandweit Waren oder Dienstleistungen ausschließlich für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke im Inland zu beziehen. Dies betrifft Verzehrkarten in sozialen Einrichtungen, Essensgutscheine, Restaurantschecks, Zuschüsse zu Mahlzeiten etc.


    Kriterien nicht erfüllt

    Gutscheine, die die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG nicht erfüllen, stellen ab 2022 Barlohn dar.


  • 5. Sozialversicherungswerte: Beitragsbemessungsgrenze für 2022

    Die Sozialversicherungswerte 2022 für das Versicherungs- und Beitragsrecht wurden festgelegt.


    Beitragsbemessungsgrenze 2022: Krankenversicherung

    Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt im Jahr 2022 unverändert im Vergleich zum Jahr 2021 bei 4.837,50 EUR monatlich (58.050 EUR jährlich). Die gleichen Werte gelten für die Pflegeversicherung.

    Die Beitragsbemessungsgrenzen in der Kranken- und Pflegeversicherung gelten bundeseinheitlich.


    Jahresarbeitsentgeltgrenze 2022 (Versicherungspflichtgrenze)

    Die im Versicherungsrecht relevante allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze liegt im Jahr 2022 ebenfalls unverändert bei 64.350 Euro.

    Für Arbeitnehmer, die am 31.12.2002

    • wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze des Jahres 2002 (40.500 EUR) versicherungsfrei und

    • bei einer privaten Krankenversicherung in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren,

    gilt die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze. Diese beträgt ab dem 1.1.2022 unverändert 58.050 EUR.


    Beitragsbemessungsgrenze Rentenversicherung 2022

    Die Beitragsbemessungsgrenze West wird im Jahr 2022 in der allgemeinen Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung auf 7.050 EUR monatlich festgesetzt, jährlich sind dies 84.600 EUR. Damit sinkt die Beitragsbemessungsgrenze RV West im Vergleich zum Jahr 2021. In der knappschaftlichen Rentenversicherung beträgt sie 103.800 EUR jährlich bzw. 8.650 EUR monatlich.

    In den neuen Bundesländern wird die Beitragsbemessungsgrenze RV Ost 2022 auf monatlich 6.750 EUR bzw. jährlich 81.000 EUR angehoben. In der knappschaftlichen Rentenversicherung auf 8.350 EUR monatlich bzw. 100.200 EUR jährlich. 


    Bezugsgröße 2022

    Die Bezugsgröße wird im Jahr 2022 nur in den neuen Bundesländern angepasst. Dabei ist zu beachten: Die Bezugsgröße West gilt in der Kranken- und Pflegeversicherung bundesweit. Die abweichende Bezugsgröße für den Rechtskreis Ost hat nur noch Bedeutung für die Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung.

    Im Rechtskreis West beträgt die monatliche Bezugsgröße unverändert zum Jahr 2021 3.290 EUR monatlich bzw. 39.480 EUR jährlich.

    Für den Rechtskreis Ost gilt ab 2022 ein Wert von 3.150 EUR monatlich bzw. 37.800 EUR jährlich (2021: 3.115 EUR monatlich bzw. 37.380 EUR jährlich).


    Beitragszuschuss zur Krankenversicherung 2022

    Für gutverdienende Arbeitnehmer beträgt der maximale Arbeitnehmeranteil ohne Zusatzbeitrag (7,3 %) zur Krankenversicherung mit Anspruch auf Krankengeld unverändert 353,14 EUR. Arbeitgeber müssen einen Beitragszuschuss von maximal 353,14 EUR (7,3 %) zahlen. Bei gesetzlich Versicherten ist der halbe individuelle Zusatzbeitrag entsprechend zu beachten, bei privat Krankenversicherten der halbe durchschnittliche Zusatzbeitrag.


    Vorläufiges Durchschnittsentgelt Rentenversicherung

    Das vorläufige Durchschnittsentgelt für das Jahr 2022 beträgt voraussichtlich 38.901 EUR.


    Rechengrößen 2022

    Die den Sozialversicherungsrechengrößen 2022 zugrundeliegende Lohnentwicklung im Jahr 2020 (Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer ohne Personen in Arbeitsgelegenheiten mit Entschädigung für Mehraufwendungen) betrug im Bundesgebiet minus 0,15 % und in den alten Bundesländern minus 0,34 %. Entsprechend werden die Rechengrößen für 2022 in West und Ost angepasst.



Dezember 2021


  • Überlassung eines Jobtickets bei Parkplatznot nicht steuerpflichtig

    Die Überlassung von Jobtickets an Arbeitnehmer begründet keinen lohnsteuerpflichtigen Vorteil, wenn der Arbeitgeber dadurch die Parkplatznot am Betriebssitz beheben will.


    Hintergrund

    Am Betriebssitz des Arbeitgebers gab es zu wenig Parkplätze. In der Folge gab er eine "Mobilitätskarte" an seine Beschäftigten aus, die ein Jobticket für den öffentlichen Personennahverkehr beinhaltete und ein kostenloses Parken auf den Parkplätzen ermöglichte. Nach der Rahmenvereinbarung mit dem örtlichen ÖPNV-Betreiber entrichtete der Arbeitgeber pro Arbeitnehmer monatlich einen Betrag von 12,31 EUR. Die Preise, die von den Arbeitnehmern über die monatliche Lohnabrechnung zu zahlen waren, setzten sich aus dem Preis für das Jobticket und einen Anteil für das Parken zusammen. Der Arbeitgeber druckte die Monatskarten selbst aus und verteilte sie unter seinen Beschäftigten.

    Das Finanzamt wertete den Erwerb der Jobtickets in den Jahren 2013 und 2014 als geldwerten Vorteil und nahm den Arbeitgeber für nicht entrichtete Lohnsteuerbeträge in Haftung.


    Entscheidung

    Die Klage des Arbeitgebers vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Die Überlassung des Jobtickets begründete keinen lohnsteuerpflichtigen Vorteil, die Haftungsinanspruchnahme war somit rechtswidrig. Zwar hatte der Arbeitgeber u.a. durch den Ausdruck und die Ausgabe der Tickets aktiv an der Verschaffung des Preisvorteils mitgewirkt. Jedoch führen Preisvorteile, die ein Dritter einräumt, nicht allein deshalb zu Arbeitslohn. Es kommt vielmehr entscheidend darauf an, ob die Zuwendung eine Prämie oder Belohnung für eine Leistung ist, die der Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber erbringt. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Denn die Mobilitätskarte sollte in erster Linie die Parkplatznot beheben. Die Mitarbeiter sollten vermehrt auf den ÖPNV zurückgreifen und somit Parkplätze freigeben.



Oktober 2021


  • Sterbegeldzahlung an Erben: Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit?

    Bei dem Sterbegeld, das nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gezahlt und nach den Dienstbezügen oder dem Ruhegehalt des Verstorbenen bemessen wird, handelt es sich um Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11 EStG liegen nicht vor.


    Hintergrund

    A war zusammen mit ihren beiden Geschwistern Erbin ihrer verstorbenen Mutter M. Diese hatte als Ruhestandsbeamtin eine Pension bezogen. Den Erben stand nach beamtenrechtlichen Grundsätzen ein Sterbegeld in Höhe der doppelten Bruttobezüge des Sterbemonats der M zu. Auf Antrag der A wurde das Sterbegeld i. H. v. 6.000 EUR brutto (netto 5.300 EUR) auf das von A verwaltete Konto der M ausgezahlt.

    Das Finanzamt ging davon aus, dass das Sterbegeld als sonstiger Bezug Arbeitslohn der A darstellte. Dementsprechend erhöhte es deren Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit um den Bruttobetrag des Sterbegeldes. Zugleich gewährte es einen Freibetrag für Versorgungsbezüge (3.176 EUR) sowie den Werbungskosten-Pauschbetrag (102 EUR) und rechnete die einbehaltenen Abzugsbeträge an.

    Das Finanzgericht entschied zugunsten der A, dass die Zahlung des Sterbegeldes nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei war, da es sich um wegen Hilfsbedürftigkeit bewilligte Mittel handelte.


    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof sah dies anders. Seiner Ansicht nach orientiert sich das pauschale Sterbegeld nicht an einer typisierend vermuteten Hilfsbedürftigkeit des Empfängers, sondern dient dazu, den Hinterbliebenen die Bestreitung der mit dem Tod des Beamten zusammenhängenden besonderen Aufwendungen zu erleichtern.

    Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören auch Wartegelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen. Die Vorschrift erweitert die persönliche Zurechnung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit auf Rechtsnachfolger eines Arbeitnehmers. Soweit ein Rechtsnachfolger Arbeitslohn aus dem früheren Dienstverhältnis des Rechtsvorgängers bezieht, gilt der Rechtsnachfolger selbst als Arbeitnehmer. M bezog als Ruhestandsbeamtin Versorgungsbezüge. Die A hatte zusammen mit ihren Geschwistern als Abkömmlinge der M Anspruch auf Sterbegeld als Teil der Hinterbliebenenversorgung. Bei dem Sterbegeld handelt es sich somit um steuerbare, der A als Miterbin und damit Gesamtrechtsnachfolgerin der M zuzurechnende Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit

    Bei dem beamtenrechtlichen Sterbegeld handelt es sich um einen Versorgungsanspruch eigener Art, den beim Tod eines Beamten nicht dessen Erben als solche erwerben, sondern der originär zugunsten der als sterbegeldberechtigt bezeichneten Personen entsteht und daher auch nicht in den Nachlass fällt. Die Gutschrift auf dem Konto der verstorbenen M hat daher zu einem Zufluss allein bei A geführt. A hatte die Gutschrift auf dem Konto der Erbengemeinschaft selbst veranlasst. Sie hatte erklärt, dass die Zahlung im Einverständnis mit den Geschwistern allein an sie erfolgen solle. Als Testamentsvollstreckerin hatte A zudem die Befugnis, über das Konto zu verfügen.

    Die Zahlung des pauschalen Sterbegelds ist nicht davon abhängig, dass den berechtigten Personen anlässlich des Todesfalls Kosten tatsächlich oder mindestens in Höhe des Sterbegeldes entstanden sind. Zudem orientiert sich das pauschale Sterbegeld an den Dienstbezügen bzw. am Ruhegehalt des Verstorbenen im Sterbemonat, nicht aber an der wegen des anlassbezogenen tatsächlichen Aufwands typisierend vermuteten Hilfsbedürftigkeit des Empfängers. Eine typisierend unterstellte Hilfsbedürftigkeit kann in Bezug auf den Anspruch auf pauschales Sterbegeld daher nicht angenommen werden.

    Bei dem Sterbegeld handelt es sich um einen Versorgungsbezug, sodass A ein Versorgungsfreibetrag zusteht. Unerheblich ist dabei, dass es sich um einen einmaligen Bezug handelt.


September 2021


  • Auszahlung eines Versorgungsguthabens: Liegen außerordentliche Einkünfte vor?

    Wird ein Versorgungsguthaben aus einer betrieblichen Altersversorgung, das über mehrere Jahre im Rahmen der Entgeltumwandlung angesammelt worden war, ausgezahlt, kann eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit vorliegen, die tarifermäßigt besteuert werden kann.


    Hintergrund

    Die Klägerin A war bis Mai 2013 nichtselbstständig beschäftigt. Aufgrund einer Konzernbetriebsvereinbarung hatte ihr Arbeitgeber ein betriebliches Versorgungswerk geschaffen, das aus dem vom Unternehmen finanzierten Basiskonto und dem optional durch Entgeltumwandlung vom Arbeitnehmer finanzierten Aufbaukonto besteht. A hatte bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Unternehmen im Wege der Gehaltsumwandlung in den Versorgungsplan eingezahlt.

    Im Jahr 2013 erhielt sie bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, von der ein Teil (120.000 EUR) im Wege der Entgeltumwandlung in das Aufbaukonto eingezahlt wurde. Der ausbezahlte Abfindungsbetrag wurde ermäßigt besteuert. Die Zahlungen in die betriebliche Altersversorgung blieben nach § 3 Nr. 63 EStG unversteuert.

    Im Jahr 2015 löste A das Aufbaukonto auf und erhielt das darauf ausgewiesene Versorgungsguthaben von 144.000 EUR als Einmalbetrag ausbezahlt. Daneben bezog sie in diesem Jahr und in den Folgejahren vom Arbeitgeber ein laufendes Überbrückungsgeld wegen Erwerbsminderung. Das Basiskonto blieb bestehen.

    A beantragte für die im Jahr 2015 zugeflossene Auszahlung des Aufbaukontos die ermäßigte Besteuerung (Tarifermäßigung). Das Finanzamt lehnte das ab. Die Klage der A vor dem Finanzgericht hatte Erfolg.


    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof schloss sich dem Urteil des Finanzgerichts an und entschied, dass die Auszahlung des auf dem Aufbaukonto ausgewiesenen Versorgungsguthabens ermäßigt zu besteuern ist.

    Mit der Auszahlung des Versorgungsguthabens aus dem Aufbaukonto (144.000 EUR) erzielte A im Jahr 2015 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Bei dem Pensionsplan handelt es sich um eine Direktzusage. Diese Einnahmen sind im Jahr 2015 zu erfassen. In Höhe der Entgeltumwandlung ist es im Jahr 2013 nicht zu einem Zufluss gekommen. Denn die bloße Einräumung von Ansprüchen gegenüber dem Arbeitnehmer führt noch nicht zum Zufluss, sondern erst der Eintritt des Leistungserfolgs durch die Erfüllung der Ansprüche.

    Die Auszahlung des Versorgungsguthabens stellt keine Entschädigung als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen dar. Eine solche Entschädigung muss unmittelbar durch den Verlust von steuerbaren Einnahmen bedingt sowie dazu bestimmt sein, diesen Schaden auszugleichen. Die Auszahlung des Versorgungsguthabens i. H. v. 144.000 EUR im Jahr 2015 ist jedoch nicht als Bestandteil dieser Abfindung anzusehen. Sie diente allein der Erfüllung des Anspruchs auf Auszahlung der auf dem Aufbaukonto gutgeschriebenen Kapitalbausteine.

    Die Voraussetzung der Mehrjährigkeit i. S. v. § 34 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist erfüllt, wenn die früheren Beitragszahlungen sich über mindestens 2 Veranlagungszeiträume erstrecken und einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten umfassen. Dies ist hier der Fall. Das Guthaben auf dem Aufbaukonto setzte sich aus Entgeltumwandlungen aus verschiedenen Veranlagungszeiträumen zusammen.

    Der Außerordentlichkeit der Auszahlung des Versorgungsguthabens im Jahr 2015 steht nicht entgegen, dass die Einzahlung in das Aufbaukonto weit überwiegend aus der Abfindung aus 2013 für den Verlust des Arbeitsplatzes aufgebracht worden ist. Eine schädliche Auszahlung einer einheitlichen Entschädigung in 2 Teilbeträgen ist hierin nicht zu sehen. Denn die Zahlungen beruhten auf unterschiedlichen Rechtsgründen. Die Verlagerung des Besteuerungszugriffs vom Zeitpunkt der Gehaltsherabsetzung auf den Eintritt des Versorgungsfalls bewirkt, dass das steuerliche Schicksal der umgewandelten Beträge losgelöst von dem des übrigen Arbeitsentgelts zu sehen ist.

    Es liegt auch keine schädliche Teilauszahlung eines einheitlichen Versorgungsanspruchs vor. Denn das Überbrückungsgeld wurde unabhängig von dem Anspruch auf das jeweilige Versorgungsguthaben als zusätzliche Leistung erbracht und unterlag anderen Voraussetzungen. Auch bei den Versorgungsguthaben auf dem Basiskonto und auf dem Aufbaukonto handelte es sich um 2 selbstständige und von den Vertragspartnern getrennt behandelte Ansprüche.


  • Betriebsveranstaltung: Was passiert mit den No-Show-Kosten?

    Nehmen angemeldete Arbeitnehmer nicht an einer Betriebsveranstaltung teil, müssen die Gesamtkosten des Arbeitgebers zu gleichen Teilen auf die anwesenden Teilnehmer aufgeteilt werden. Damit erhöht sich im Ergebnis die Zuwendung an diese.


    Hintergrund

    Arbeitgeber A plante die Durchführung eines gemeinsamen Kochkurses als Weihnachtsfeier zum Jahresende. 27 Arbeitnehmer sagten ihre Teilnahme zu. A gab dementsprechend bei dem externen Veranstalter eine Teilnehmeranzahl von 27 Personen an, anhand derer die Veranstaltung kalkuliert wurde.

    Da 2 Arbeitnehmer kurzfristig abgesagt hatten, nahmen tatsächlich nur 25 Arbeitnehmer an dem Kochkurs teil. Der mit dem Veranstalter vereinbarte Peis minderte sich dadurch nicht.

    A teilte für die Ermittlung der Zuwendung an die Teilnehmer die Gesamtkosten i. H. v. 3.052 EUR nicht auf die tatsächliche Teilnehmerzahl (25), sondern auf die Anzahl der ursprünglich angemeldeten Personen (27) auf. Daraus ergab sich eine Zuwendung von 113 EUR je angemeldetem Arbeitnehmer und ein zu versteuernder Betrag von 76 EUR (113 EUR x 25 Arbeitnehmer ./. 25 Freibeträge von 110 EUR).

    Das Finanzamt teilte die Kosten dagegen auf die anwesenden Teilnehmer (25) auf. Die Zuwendung errechnet sich danach auf 122 EUR je Teilnehmer. Der zu versteuernde Betrag beträgt danach (3.052 EUR ./. 25 Freibeträge =) 302 EUR.

    Die Klage gegen den Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid hatte vor dem Finanzgericht Erfolg.


    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof schloss sich dagegen der Ansicht des Finanzamts an und entschied, dass nicht auf die Anzahl der angemeldeten Arbeitnehmer, sondern auf die an der Betriebsveranstaltung tatsächlich Teilnehmenden abzustellen ist. Die Aufwendungen sind nur auf die teilnehmenden Arbeitnehmer umzulegen.

    In die Bemessungsgrundlage sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers für die Betriebsveranstaltung unabhängig davon einzubeziehen, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind. Das sind alle der Betriebsveranstaltung direkt zuzuordnenden Kosten des Arbeitgebers. Leistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung stehen, sind nicht zu berücksichtigen. Es besteht jedoch keine Rechtsgrundlage dafür, bestimmte einzelne Aufwendungen aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden. Einschränkungen oder Ausnahmen hiervon sieht das Gesetz nicht vor. Auf die Bereicherung des Arbeitnehmers durch die Leistungen des Arbeitgebers kommt es nicht an.

    Abzustellen ist somit auf die teilnehmenden Personen. Denn nur insoweit ist zu bewertender Arbeitslohn zugeflossen und anzusetzen. Eine Aufteilung der Gesamtkosten auf die angemeldeten Personen und die Zurechnung des so ermittelten individuellen Vorteils auf die tatsächlich teilnehmenden Arbeitnehmer würde dazu führen, dass – entgegen dem Vereinfachungszweck – nicht alle Aufwendungen angesetzt würden. Nicht teilnehmende Arbeitnehmer und Personen, die beim Arbeitgeber Kosten verursacht haben, dürfen daher den Wert der Zuwendung nicht mindern.


  • Wenn leitende Angestellte GmbH-Anteile geschenkt bekommen: Arbeitslohn?

    Werden einem Arbeitnehmer unentgeltlich Anteile an einer GmbH übertragen, stellt sich die Frage, ob diese als Arbeitslohn im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu versteuern sind.


    Hintergrund

    Die Ehegatten wollten als Gesellschafter einer GmbH eine Nachfolgeregelung innerhalb der Familie herbeiführen. Eine alleinige Übertragung der Anteile an ihren gemeinsamen Sohn sahen sie jedoch als kritisch an, weil dieser nur über branchenfremde berufliche Erfahrung verfügte und keine unternehmerische Erfahrung hatte. Deshalb übertrugen sie 5 leitenden Angestellten der GmbH ebenfalls einen Anteil an der GmbH i. H. v. jeweils 5,08 %, um die Unternehmensnachfolge bei einer Übertragung der wesentlichen Anteile auf den Sohn wirtschaftlich erfolgreich zu gestalten.

    Das Finanzamt wertete diese Zuwendung als Arbeitslohn, den es der Lohnversteuerung unterwarf.


    Entscheidung

    Das Finanzgericht entschied im Rahmen des Aussetzungsverfahrens, dass es ernstliche Zweifel daran hat, ob die Übertragung der Anteile bei den leitenden Angestellten zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führt. Diese Zweifel sind insbesondere dann angebracht, wenn der Vertrag zur Geschäftsanteilsübertragung weder einen Grund für die Übertragung angibt noch eine Gegenleistung verlangt und auch nicht regelt, dass die Übertragung der Anteile etwa für in der Vergangenheit oder in der Zukunft zu erwartende Dienste der leitenden Angestellten für die Gesellschaft erfolgen soll. Auch wenn keinerlei "Haltefrist" für die Anteile vereinbart oder geregelt wird, dass eine Veräußerung erst nach einer bestimmten Frist der Weiterbeschäftigung bei der GmbH erfolgen darf und die Übertragung "vorbehalt- und bedingungslos" erfolgen soll, ist das Vorliegen von Arbeitslohn zweifelhaft.

    Vorliegend scheitert aus Sicht des Finanzgerichts die Annahme von Arbeitslohn an dem Umstand, dass nicht ersichtlich ist, für welche früheren oder in der Zukunft zu erbringenden Leistungen die Arbeitnehmer durch die Anteilsübertragung entlohnt werden sollten.

    Letztlich soll die Übertragung der Anteile im Rahmen der Unternehmensnachfolge den Fortbestand des Unternehmens sichern. Insoweit stehen gesellschaftsrechtliche strategische Überlegungen im Vordergrund, sodass die Übertragung der GmbH-Anteile nicht zu Arbeitslohn führt.



August 2021


  • Zuzahlungen für den Dienstwagen: Wie wirken sich Einmalzahlungen aus?

    Zahlt der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber für die Nutzung eines betrieblichen Kfz zu privaten Fahrten ein Nutzungsentgelt, mindert dies den geldwerten Vorteil aus der Nutzungsüberlassung. Einmalzahlungen sind dabei auf den Zeitraum, für den sie geleistet werden, gleichmäßig zu verteilen und monatlich vorteilsmindernd zu berücksichtigen.


    Hintergrund

    Der Rentner R war bei einer GmbH geringfügig beschäftigt. Geschäftsführer war sein Sohn. Der monatliche Arbeitslohn bestand aus einem Gehalt von 75 EUR und dem Vorteil von 574 EUR aus der privaten Nutzung eines Dienstwagens, der nach der 1 %-Regelung ermittelt wurde.

    Von dem Betrag von 574 EUR zog die GmbH monatlich 200 EUR ab, da R für die Anschaffung des Pkw im Jahr 2010 einmalig 20.000 EUR für den Nutzungszeitraum von 8 Jahren, also 96 Monate zu 200 EUR, gezahlt hatte. Dementsprechend ging die GmbH von einem Brutto-Monatsverdienst von 449 EUR (= 75 EUR + 374 EUR) aus, sodass die Pauschalierungsgrenze von 450 EUR nicht überschritten war.

    Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, dass die Zuzahlung nicht anteilig auf den Nutzungszeitraum verteilt werden kann. Die Zuzahlung sei im Zahlungsjahr auf den privaten Nutzungswert bis auf 0 EUR anzurechnen (574 EUR x 12 = 6.876 EUR). Der verbleibende Betrag ist danach entsprechend in den Folgejahren anzurechnen. Damit war die Minderung des privaten Nutzungsanteils bereits in den Jahren 2010 bis 2012 ausgeschöpft. Ab 2013 war deshalb der geldwerte Vorteil mit jährlich 6.876 EUR anzusetzen. Für das Jahr 2015 ergab sich daraus ein Arbeitslohn von 75 EUR x 12 = 900 EUR + 6.876 EUR = 7.776 EUR. Mit dem Monatsbetrag von 648 EUR war die Pauschalierungsgrenze überschritten. Das Finanzamt veranlagte den R für das Jahr 2015 entsprechend.

    Die Klage vor dem Finanzgericht war erfolgreich. Dieses erkannte die vereinbarte Verteilung der Zuzahlung auf die voraussichtliche Nutzungsdauer des Kfz an.


    Entscheidung

    Auch vor dem Bundesfinanzhof scheiterte das Finanzamt. Dieser entschied nämlich wie das Finanzgericht, dass die Pauschalierungsgrenze nicht überschritten war. Der pauschal besteuerte Arbeitslohn bleibt damit bei der Veranlagung des R außer Ansatz.

    Zahlt der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber für die Nutzung eines betrieblichen Kfz zu privaten Fahrten und zu Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ein Nutzungsentgelt, mindert dies den geldwerten Vorteil aus der Nutzungsüberlassung. Das Gleiche gilt, wenn der Arbeitnehmer einzelne Kosten des Pkw trägt oder einen Teil der Anschaffungskosten übernimmt.

    Einmalzahlungen, die der Arbeitnehmer für die Privatnutzung vereinbarungsgemäß zeitraumbezogen leistet, sind bei der Bemessung des geldwerten Vorteils auf den Zeitraum, für den sie geleistet werden, gleichmäßig zu verteilen und monatlich vorteilsmindernd zu berücksichtigen. Das gilt auch bei entsprechenden Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten eines ihm auch zur Privatnutzung überlassenen betrieblichen Kfz.

    Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Zahlungsweise und die sachliche (für Kraftstoff, Versicherung, Wartung usw.) oder die zeitliche Aufteilung sind anzuerkennen, wenn sie ernstlich gewollt sind und den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht widersprechen.

    Von diesen Grundsätzen ausgehend ist die zwischen R und der GmbH vertraglich vereinbarte Verteilung der Zuzahlung zu den Anschaffungskosten der Besteuerung zugrunde zu legen. Die gleichmäßige Aufteilung der Einmalzahlung auf den vereinbarten Zeitraum von 96 Monaten stellt eine nach den wirtschaftlichen Gegebenheiten mögliche Gestaltung dar. Durch sie wird die Zuzahlung gleichmäßig auf die von den Vertragsparteien zugrunde gelegte voraussichtliche Dauer der Kfz-Überlassung verteilt. Die zeitliche Aufteilung erscheint weder willkürlich noch widerspricht sie den wirtschaftlichen Verhältnissen.

    Die zwischen R und der GmbH getroffene Gestaltung ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Die gleichmäßige Verteilung der Zuzahlung auf 96 Monate führt dazu, dass der Arbeitslohn des R pauschal besteuert werden kann. Die Pauschalierungsgrenze ist eingehalten. Die von R und der GmbH gewählte Möglichkeit wird vom Gesetzgeber ausdrücklich eingeräumt. Die Ausübung eines gesetzlich zugelassenen Wahlrechts stellt keine unangemessene Gestaltung dar.



Juli 2021


  • Zahlung von Jugendhilfe an eine Pflegeperson: steuerfrei oder steuerpflichtig?

    Eine Zahlung aus öffentlichen Mitteln i. S. d. § 3 Nr. 11 EStG an eine Pflegeperson kann steuerfrei sein. Bei der Zwischenschaltung eines freien Trägers der Jugendhilfe ist dies jedoch nur dann der Fall, wenn das Jugendamt weiß, ob und in welcher Höhe der freie Träger einen Eigenanteil einbehält, dies billigt und ihm gegen den freien Träger ein Anspruch auf Rechnungslegung und Vorlage geeigneter Nachweise zusteht.

     

    Hintergrund

    Die Klägerin wurde von der T-GmbH, einem privaten Träger der freien Jugendhilfe, als freie Mitarbeiterin mit der Vollzeitbetreuung eines Pflegekindes beauftragt. Zusätzlich schlossen die Klägerin und die GmbH eine Übernahme- und Honorarvereinbarung.

    Für ihre Leistungen erhielt die Klägerin von der GmbH ein am Betreuungsbedarf orientiertes monatliches Honorar, eine Versorgungs- und Fortbildungspauschale sowie ein an das Pflegekind weiterzuleitendes Taschen- und Bekleidungsgeld.

    Das Jugendamt hatte die GmbH mit der Betreuung des Kindes beauftragt. In die Vereinbarung zwischen dem Jugendamt und der GmbH war die Klägerin jedoch nicht als Vertragspartnerin einbezogen. Das von der GmbH an die Klägerin zu zahlende Honorar und der Sachkostenersatz wurden von der GmbH und der Klägerin ohne Einbeziehung des Jugendamts ausgehandelt.

    Die GmbH behielt aus den vom Jugendamt gezahlten Tagessätzen einen Eigenanteil zurück. Von dem Restbetrag zahlte sie an die Klägerin die vertraglich geschuldeten Honorare, den Sachkostenersatz und das an das Pflegekind weiterzuleitende Taschen- und Bekleidungsgeld aus. Eine Kontrolle der Mittelverwendung bei der GmbH durch das Jugendamt fand nicht statt. Das Jugendamt war nicht berechtigt, die Verwendung der Mittel seitens der GmbH zu kontrollieren.

    Die Klägerin behandelte in ihrer Einnahmen-Überschussrechnung die Honorare als Einnahmen und die übrigen Beträge (Sachkostenpauschale, weitergeleitetes Taschen- und Bekleidungsgeld) als durchlaufende Posten. Sie ging davon aus, dass die ihr von der GmbH gezahlten Honorare nach § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG steuerfrei waren, da die GmbH lediglich zwischengeschaltet war.

    Das Finanzamt setzte dagegen den erklärten Gewinn bei den Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit an.

    Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg, da es an einer öffentlichen Kontrolle der Verwendung der Mittel durch die GmbH fehlte.


    Entscheidung

    Die Revision der Klägerin scheiterte ebenfalls. Der Bundesfinanzhof entschied, dass es sich hier nicht um öffentliche Mittel i. S. v. § 3 Nr. 11 EStG handelte. Öffentliche Mittel i. S. v. § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG sind Mittel, die aus einem öffentlichen Haushalt stammen, d. h. haushaltsmäßig als Ausgaben festgelegt und verausgabt werden. Diese Voraussetzung ist auch erfüllt, wenn die ausgewiesenen Mittel nicht unmittelbar aus einer öffentlichen Kasse, sondern mittelbar über Dritte gezahlt werden, soweit über die Mittel nur nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorschriften verfügt werden kann und ihre Verwendung im Einzelnen gesetzlich geregelter Kontrolle unterliegt.

    Für eine Zahlung aus öffentlichen Mitteln ist nicht erforderlich, dass die Zahlungen bei dem zwischengeschalteten Träger "durchlaufende Posten" sind, d. h. unverändert weitergeleitet werden. Ein zivilrechtlicher Pflegevertrag zwischen dem Jugendamt und den Pflegeeltern oder zwischen dem freien Träger und den Pflegeeltern genügt. Auch eine Vollmacht ist nicht notwendig. Für die Kontrolle der zweckgerichteten Mittelverausgabung ist es ausreichend, wenn die Feststellung, ob die für ein bestimmtes Kind bereitgestellten Mittel tatsächlich an die Pflegeperson vollständig abgeflossen sind, anhand vom freien Träger vorzulegender Unterlagen möglich ist.

    Dem Jugendamt ist diese Prüfung nur möglich, wenn es weiß, ob und in welcher Höhe der freie Träger vom bewilligten Tagessatz einen Eigenanteil einbehält, welchen Restbetrag die Pflegeperson für die Betreuung erhält und es dies billigt. Dies ist anhand geeigneter Unterlagen, etwa in einer Vereinbarung zwischen dem Jugendamt und dem freien Träger, zu dokumentieren. Ferner kann das Jugendamt die Mittelverwendung durch den freien Träger nur kontrollieren, wenn ihm zusätzlich gegen diesen ein Anspruch zusteht, aufgrund dessen es eine Rechnungslegung und geeignete Nachweise verlangen kann.

    Deshalb war die Revision nicht begründet. Denn dem Jugendamt war nicht bekannt, wie die der GmbH gezahlten Tagessätze in einen Eigenanteil der GmbH und die für die Betreuung des Kindes an die Klägerin gezahlten Mittel aufgeteilt wurden. Die Vergütung der Klägerin wurde zwischen ihr und der GmbH ausgehandelt und bedurfte keiner Genehmigung des Jugendamts. Im Ergebnis handelt es sich damit nicht um öffentliche Mittel i. S. v. § 3 Nr. 11 EStG.



Juni 2021


  • Beiträge nach dem BMSVG AUT sind nicht steuerfrei

    Leistet ein österreichischer Arbeitgeber für einen deutschen Grenzgänger Beiträge nach dem österreichischen Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetzes (BMSVG AUT) an eine österreichische betriebliche Vorsorgekasse, sind diese Zahlungen nicht steuerfrei.


    Hintergrund

    Die Kläger verlegten ihren Wohnsitz von Österreich nach Deutschland und behielten dabei ihre Beschäftigung in Österreich bei. Auf sie ist die Grenzgänger-Regelung des Art. 15 Abs. 6 DBA AUT anzuwenden, sodass das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit bei Deutschland liegt.

    Das österreichische Recht verpflichtet BMSVG AUT jeden Arbeitgeber, für jeden seiner Arbeitnehmer einen Beitrag i. H. v. 1,53 % des monatlichen Entgelts an den Träger der Krankenversicherung zu leisten, wenn das Arbeitsverhältnis länger als einen Monat dauert. Die Kläger waren der Ansicht, dass diese Beiträge nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei sind. Das Finanzamt behandelte die Beträge jedoch als nicht steuerfrei, da sie nicht mit steuerfreien Zukunftssicherungsleistungen vergleichbar sind.


    Entscheidung

    Mit ihrer Klage hatten die Kläger keinen Erfolg, das Finanzgericht wies sie als unbegründet ab. Die Beiträge des Arbeitgebers können nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG steuerfrei sein, wenn sie an die österreichische Betriebliche-Vorsorgekassen geleistet werden, um eine dem deutschen Sozialversicherungssystem vergleichbare Zukunftssicherungsleistung zu gewähren. Die Vergleichbarkeit hat zu berücksichtigen, inwieweit andersartige Arbeitgeberleistungen der Zukunftssicherung eine Grundversorgung wie im deutschen Sozialversicherungssystem gewährleisten. Dabei ist eine Überprivilegierung von im Ausland beschäftigten Arbeitnehmern zu vermeiden.

    Nach diesen Grundsätzen konnten die nach dem BMSVG AUT geleisteten Beiträge nicht als nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG steuerfrei behandelt werden. Denn im Gegensatz zu den inländischen Sozialversicherungssysteme gewähren sie nicht nur eine Grundversorgung des begünstigten Arbeitnehmers bei Eintritt eines Sicherungsfalls. Vielmehr geht eine Leistungserbringung nicht zwingend mit einem bestimmten Sicherungsereignis ein, sondern kann auch durch Zeitablauf eintreten. Auch wird eine Garantie auf Rückgewähr der geleisteten Beiträge gewährt und es besteht ein vererbbarer Vermögensaufbau. Somit sind die Beiträge überobligatorisch und der inländischen Grundversorgung wirtschaftlich nicht vergleichbar.



Mai 2021


  • Betrügerische Lohnsteuer-Anmeldung: Welche Korrekturvorschrift greift?

    Auch wenn eine Lohnsteuer-Anmeldung nicht mehr unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht, kann sie trotzdem nach den allgemeinen Korrekturvorschriften noch geändert werden. Das gilt z. B., wenn die Lohnsteuer-Anmeldung durch arglistige Täuschung zustande gekommen ist.


    Hintergrund

    Die Mitarbeiterin M war in einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis GP als geringfügig Beschäftigte angestellt. Im Jahr 2010 legte sie dem Gesellschafter S einen weiteren Arbeitsvertrag mit einer Arbeitszeit von nunmehr 38,5 Stunden wöchentlich und einem Bruttomonatsgehalt 1.700 EUR vor. Der Arbeitsvertrag wurde von S in Unkenntnis seines Inhalts unterzeichnet und M veranlasste in der Folgezeit die Überweisung der entsprechenden Arbeitslöhne und die Abführung der hierauf entfallenden Lohn- und Annexsteuern. Eine Lohnsteuer-Außenprüfung bei GP im Jahr 2014 führte zu keinen Beanstandungen, sodass das Finanzamt den Vorbehalt der Nachprüfung für die von GP abgegebenen Lohnsteuer-Anmeldungen für den Zeitraum Januar 2012 bis Juni 2014 aufhob.

    Im Jahr 2016 beantragte GP erfolglos die Änderung der Lohnsteuer-Anmeldungen und die Erstattung der abgeführten Beträge. Das Finanzgericht gab dagegen der Klage statt.


    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts zurück.

    Einer Änderung der Lohnsteuer-Anmeldungen bis Dezember 2013 nach den allgemeinen Korrekturvorschriften steht die Änderungssperre des § 41c Abs. 3 Satz 4 EStG nicht entgegen, weil diese Regelung erstmals auf laufenden Arbeitslohn anzuwenden ist, der für einen nach dem 31.12.2013 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird.

    Aber auch für die Lohnsteuer-Anmeldungen ab 2014 steht § 41c Abs. 3 Satz 4 EStG einer Änderung nach den allgemeinen Korrekturvorschriften nicht entgegen, denn dieser regelt nur die nachträgliche Änderung der Lohnsteuer-Anmeldung bezüglich vertragswidriger Beträge. Damit ist eine Änderung nach Maßgabe der übrigen Korrekturvorschriften nicht ausgeschlossen. Der Gesetzeswortlaut ist insoweit eindeutig.

    Eine Änderung wegen neuer Tatsachen kommt nicht in Betracht. Der Änderung steht die Änderungssperre nach einer Außenprüfung entgegen. Die Sperre umfasst auch Lohnsteuer-Anmeldungen, bei denen – wie hier – im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde.

    Ein Steuerbescheid kann geändert werden, soweit er durch unlautere Mittel (arglistige Täuschung, Drohung, Bestechung) erwirkt worden ist. M hat die Lohnsteuer-Anmeldungen durch arglistige Täuschung gegenüber GP (Unterschieben des geänderten Arbeitsvertrags) bewirkt.

    Diese Änderung eines Steuerbescheids steht im Ermessen des Finanzamts. Eine Ermessensentscheidung ist vom Gericht nur daraufhin überprüfbar, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Im Streitfall hat das Finanzamt allerdings gar keine Ermessensentscheidung getroffen. Das Finanzgericht hätte das Finanzamt deshalb nicht zur Änderung der Lohnsteuer-Anmeldungen verpflichten dürfen, sondern lediglich zu einer erneuten Verbescheidung der GP. Die Aufhebung des Ablehnungsbescheids durch den Bundesfinanzhof ermöglicht dem Finanzamt nunmehr die erneute Entscheidung unter Ermessensgesichtspunkten über den Änderungsantrag der GP.


  • Wann sind Leistungen aus einem Stipendium steuerbar?

    Leistungen aufgrund eines Fördervertrags mit der "Stiftung zur Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung im Freistaat Thüringen" werden bereits dann gewährt, wenn sich die Stipendiaten verpflichten, nach erfolgreichem Abschluss der Facharztprüfung für 4 Jahre in Thüringen tätig zu sein. Die Zahlungen sind deshalb nicht steuerbar.


    Hintergrund

    A studierte bis zum Frühjahr 2012 Medizin. Im Herbst 2012 schloss sie mit der "Stiftung zur Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung im Freistaat Thüringen" einen Fördervertrag. Danach erhielt sie eine Einmalzahlung in Höhe von 15.000 EUR. Im Gegenzug verpflichtete sie sich, die Weiterbildung in ihrem Fachgebiet zu absolvieren und an der Facharztprüfung teilzunehmen sowie nach der Facharztprüfung für mindestens 4 Jahre im Bereich des Freistaats Thüringen an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen. Sollte A diesen Verpflichtungen nicht nachkommen, war sie verpflichtet, den Förderbetrag zurückzuzahlen.

    A setzte für das Jahr 2012 die erhaltenen 15.000 EUR nicht als Einkünfte an. Das Finanzamt berücksichtigte dagegen den Förderbetrag als sonstige Einkünfte.

    Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass das Stipendium als Entgelt durch das marktgängige Verhalten der A veranlasst war.


    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof ist anderer Ansicht als das Finanzgericht und gab der Klage statt. Er kam nämlich zu dem Ergebnis, dass die Einmalzahlung der Stiftung nicht durch eine Leistung der A veranlasst ist. Denn auslösendes Moment für die Zahlung war nicht die künftige ärztliche Tätigkeit, sondern die erklärte Bereitschaft, künftig in Thüringen tätig zu sein.

    Eine (sonstige) Leistung i. S. d. § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und eine Gegenleistung auslöst. Entscheidend ist, ob die Gegenleistung (das Entgelt) durch das Verhalten des Steuerpflichtigen (Leistung) veranlasst ist. Für die wirtschaftliche Veranlassung der Gegenleistung durch die Leistung ist die (objektivierte) Perspektive des Leistenden maßgebend. Die Leistung muss "um des Entgelts willen" erbracht werden.

    § 22 Nr. 3 EStG erfasst, ergänzend zu den übrigen Einkunftsarten, das Ergebnis einer Erwerbstätigkeit und setzt wie diese die allgemeinen Merkmale des Erzielens von Einkünften voraus. Erforderlich – und auch ausreichend – ist, eine objektivierende, wertende Betrachtung des wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen Leistung und Gegenleistung, wonach die Leistung die Gegenleistung ausgelöst haben muss.

    Die vom Finanzgericht angenommene Veranlassung der Einmalzahlung durch die spätere Berufstätigkeit bzw. durch das Unterlassen einer beruflichen Betätigung außerhalb des Freistaats Thüringen lässt sich dem Fördervertrag nicht entnehmen. Nach dem Vertrag erhielten die Stipendiaten die Förderung bereits dann, wenn sie sich "verpflichten", nach erfolgreichem Abschluss der Facharztprüfung für 4 Jahre in Thüringen tätig zu sein. Auslösendes Moment für die Einmalzahlung war somit die im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrags erklärte Bereitschaft, zukünftig in Thüringen tätig zu sein. Die zukünftige ärztliche Tätigkeit selbst ist dagegen nicht der Grund für die Zahlung.

    Die Stiftung konnte weder durchsetzen, dass sich A in Thüringen niederlässt, noch konnte sie verhindern, dass sich A außerhalb Thüringens betätigt. Bei der Einmalzahlung handelt es sich somit nicht um ein leistungsbezogenes Entgelt. Die Höhe der Zahlung ist nicht durch die Verpflichtungserklärung der A "wirtschaftlich" veranlasst. Insbesondere sind die Bereitschaftserklärung der A und die Zahlung nicht nach wirtschaftlichen Kriterien abgewogen. Die Förderung ist keine Bezahlung für die erklärte Leistungsbereitschaft, sondern sie soll als Anreiz zu allererst die innere Bereitschaft auslösen bzw. stärken, sich in Thüringen vertragsärztlich niederzulassen. Ihrer Zweckrichtung nach wirkt die Zahlung in diesem Sinne auf die Willensbildung ein. Damit nimmt der Stipendiat aber noch nicht am wirtschaftlichen Geschäftsverkehr teil.



April 2021


  • Ehegattenarbeitsverhältnis: Wenn detaillierte Arbeitsnachweise fehlen

    Aufzeichnungen über die Arbeitszeit sind für die steuerliche Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen nicht zwingend erforderlich. Stundenzettel u. Ä. dienen lediglich Beweiszwecken.


    Hintergrund


    A war nichtselbstständig tätig und vereinbarte mit seiner Ehefrau B ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis. B sollte insbesondere Registraturtätigkeiten, Postausgang, Telefondienst, Publikumsverkehrs während der Abwesenheit des A übernehmen. Die Registraturtätigkeit war im Arbeitsvertrag im Einzelnen konkretisiert. Dort wurden Austragen und Weglegen der erledigten Verfahren, Fristenüberwachung, Vorbereiten der Terminakten, Beifügen der eingehenden Post usw. erwähnt. Als regelmäßige Arbeitszeit waren monatlich 40 Stunden vereinbart. Eine feste Dienstzeit gab es nicht.


    Sowohl Finanzamt als auch Finanzgericht lehnten den Werbungskostenabzug der Personalkosten ab, die für die Beschäftigung der B entstanden waren. Insbesondere waren ihrer Ansicht nach die in den ausgestellten Stundenzetteln ausgewiesene Arbeitszeit von 0,75 bis 5 Stunden täglich nicht plausibel. Außerdem wurde darin kein bestimmtes Arbeitsergebnis dargestellt.


    Ergebnis


    Der Bundesfinanzhof dagegen beanstandete die Auffassung, dass die Stundenzettel könnten mangels Ausweis der entsprechenden Arbeitsleistungen nicht anerkannt werden. Er hob deshalb das Urteil des Finanzgerichts auf und verwies den Fall dorthin zurück. Das Finanzgericht muss erneut prüfen, ob das Arbeitsverhältnis tatsächlich fremdüblich durchgeführt worden ist. Dabei darf es sich nicht auf die Stundenzettel beschränken.


    Zur Begründung führt der Bundesfinanzhof weiter aus: Da es innerhalb des Familienverbunds an einem natürlichen Interessengegensatz fehlt, sind Vereinbarungen unter nahen Angehörigen am Maßstab des Fremdvergleichs darauf zu überprüfen, ob Zahlungen aufgrund der Einkunftserzielung oder aus anderen Gründen erbracht werden. Maßgebend für die Würdigung ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten.


    Das Finanzgericht meinte vorliegend, dass das Arbeitsverhältnis nicht fremdüblich war, weil nicht vereinbart wurde, zu welchen festgelegten Zeiten B ihre Arbeitsleistungen zu erbringen hatte. Das spricht jedoch nicht gegen die steuerliche Anerkennung. Geringfügige Abweichungen einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen im Vertragsinhalt und auch bei der Vertragsdurchführung führen für sich allein nicht stets zur steuerlichen Nichtanerkennung des Arbeitsverhältnisses.


    Bei einem Arbeitsverhältnis, das – wie im vorliegenden Fall – untergeordnete Hilfstätigkeiten zum Gegenstand hat, werden das Aufgabengebiet und insbesondere der zeitliche Einsatz des Arbeitnehmers auch in Arbeitsverträgen unter fremden Dritten nicht stets in allen Einzelheiten festgelegt, sondern der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers überlassen.


    Die Anerkennung eines Angehörigenarbeitsverhältnisses verlangt keine detaillierte Darlegung, wann welche Tätigkeiten ausgeübt wurden. Dazu müsste durchgehend aufgezeichnet werden, welche konkrete Arbeitsleistung der mitarbeitende Angehörige zu jeder einzelnen Arbeitsstunde tatsächlich erbracht hat. Damit würden die Darlegungsanforderungen jedoch überspannt. Auch bei Arbeitsverhältnissen zwischen fremden Dritten ist es keineswegs üblich, die jeweiligen Arbeitsleistungen stundengenau aufzuzeichnen. Entscheidend für den Fremdvergleich ist die Gesamtwürdigung des Arbeitsverhältnisses. Von der Rechtsprechung wurden Stundenzettel, die an sich nur die geleisteten Arbeitsstunden belegen, auch zum Nachweis der erbrachten Arbeitsleistung anerkannt.



  • Wenn der Arbeitgeber Beiträge zu einer Berufshaftpflichtversicherung übernimmt

    Übernimmt eine Rechtsanwaltssozietät den Beitrag einer angestellten Rechtsanwältin zu einer Berufshaftpflichtversicherung, handelt es sich hierbei grundsätzlich um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Das gilt auch für die Übernahme der Umlage für die Einrichtung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs.


    Hintergrund


    Der Arbeitgeber, eine Anwaltssozietät in Form einer GbR, übernahm für die angestellte Rechtsanwältin R folgende Kosten:


    die Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung (2.115 EUR jährlich),

    die Beiträge zur örtlichen Rechtsanwalts-Kammer (95 EUR pro Halbjahr),

    die Beiträge zum Deutschen Anwaltsverein (DAV, 50 EUR pro Quartal),

    die Umlage der Rechtsanwalts-Kammer für das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA, 63 EUR bzw. 67 EUR jährlich).

    Das Finanzamt sah darin steuerpflichtigen Arbeitslohn. Das Finanzgericht entschied ebenso und wies die Klage der GbR ab.


    Entscheidung


    Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück.


    Die Übernahme der Beiträge zu der Berufshaftpflichtversicherung eines angestellten und auf dem Briefkopf der Sozietät ohne weitere Kennzeichnung aufgeführten Rechtsanwalts durch den Arbeitgeber ist Arbeitslohn. Denn der Rechtsanwalt ist gesetzlich verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Der Abschluss der Versicherung ist unabdingbar für die Ausübung des Berufs eines angestellten Rechtsanwalts. Kommt er dieser Verpflichtung nach, handelt er somit typischerweise im eigenen Interesse. Die Übernahme der Versicherungsbeiträge liegt folglich nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers, sondern auch im wesentlichen Interesse des angestellten Rechtsanwalts. Dementsprechend ist es gerechtfertigt, insoweit grundsätzlich von steuerpflichtigem Arbeitslohn auszugehen.


    Die Übernahme der Beiträge führt jedoch nur für die auf die gesetzliche Mindestdeckung entfallenden Prämienanteile zu Arbeitslohn. Versicherungsrechtlich wird ein angestellter Rechtsanwalt, auch wenn er auf dem Briefkopf als solcher aufgeführt ist, wie ein Sozius behandelt und fällt damit unter die sog. "Sozienklausel". Im Außenverhältnis haftet er dagegen zivilrechtlich nicht. Für Fehler hat die Sozietät einzustehen. Deshalb liegt die Versicherungsdeckung der Sozietät für den angestellten Anwalt nicht in dessen eigenem Interesse, sondern allein oder ganz überwiegend im eigenbetrieblichen Interesse der Sozietät an der versicherungsrechtlich benötigten Höherversicherung.


    Das gleiche gilt für einen angestellten und zivilrechtlich nicht haftenden "Briefkopfanwalt", der sich im Hinblick auf den von den Sozien benötigten Versicherungsumfang entsprechend selbst versichert. R hatte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung eine Versicherung abgeschlossen, die nicht nur den vorgeschriebenen Mindestversicherungsschutz umfasste, sondern der Höhe nach auf die von den Sozien abgeschlossenen Versicherungen abgestimmt war. Die Höherversicherung dient allein dazu, für die Sozien eine Unterdeckung zu vermeiden. Auch hier besteht ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Sozietät an der versicherungsrechtlich benötigten Höherversicherung und der hierdurch abgedeckten Versicherungssumme.


    Die Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwalts-Kammer besteht unabhängig davon, ob der Rechtsanwalt selbständig oder als Angestellter tätig ist. Die Übernahme der Beiträge liegt daher im eigenen Interesse der R und führt zu Arbeitslohn. Entsprechendes gilt für die Beiträge an den Deutschen Anwaltsverein.


    Die Einrichtung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs und der damit verbundene Beitrag folgen unmittelbar aus der Anwaltszulassung. Das besondere elektronische Anwaltspostfach selbst dient der Berufsausübung. Die Einrichtung steht im eigenen beruflichen Interesse der R. Ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse der GbR ist nicht erkennbar.


Februar 2021


  • Verbilligte Mitgliedschaft im Fitness-Studio und 44-EUR-Grenze

    Auch wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ermöglicht, für die Dauer eines ganzen Jahres verbilligt in einem Fitness-Studio zu trainieren, gilt die monatliche 44 EUR-Grenze.


    Hintergrund


    Die Klägerin schloss mit dem Betreiber verschiedener Fitness-Studios (X-Fitness) eine Vereinbarung, nach der die Klägerin zu einem ermäßigten Preis Lizenzen erwarb, sodass die Arbeitnehmern der Klägerin das Training bei sämtlichen Partnern der X-Fitness absolvieren konnten.


    Die Laufzeit des Vertrags betrug zunächst 12 Monate und verlängerte sich bei Nichtkündigung für weitere 12 Monate. Für die von ihr erworbenen 20 Lizenzen zahlte die Klägerin pro Monat jeweils 50,28 EUR einschließlich Umsatzsteuer. Die Arbeitnehmer zahlten monatlich einen Eigenanteil an die Klägerin von 16 EUR bzw. 20 EUR. Sie erhielten eine Teilnahmeberechtigung und einen Mitgliederausweis ausgehändigt.


    Die Klägerin ging davon aus, dass wegen des Eigenanteils der Arbeitnehmer die 44 EUR-Freigrenze nicht überschritten und der geldwerter Vorteil nicht zu versteuern ist.


    Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, dass aufgrund der 1-jährigen Vertragsbindung der Vorteil im Zeitpunkt der Überlassung der Teilnahmeberechtigung i. H. d. Jahressumme (50,28 EUR x 12 = 603 EUR) zugeflossen und damit die Freigrenze überschritten ist. Das Finanzgericht folgte dem nicht, sondern gab der Klage der Klägerin statt.


    Entscheidung


    Der Bundesfinanzhof schloss sich dem Urteil des Finanzgerichts an und wies die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück. Die Klägerin wandte ihren Arbeitnehmern durch die vergünstigten Trainingsbedingungen steuerbare Sachbezüge zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu. Die Zuwendung bestand in der Einräumung eines verbilligten Rechts seitens der Klägerin zur Nutzung der Anlagen. Die Arbeitnehmer hatten – trotz der schriftlichen Trainingsberechtigung und des Mitgliedsausweises – keinen verbrieften Anspruch gegen X-Fitness. Sie hatten lediglich gegenüber der Klägerin einen fortlaufend zu erfüllenden Anspruch darauf, dass sie die Anlagen verbilligt nutzen konnten. Dieser Vorteil ist den Arbeitnehmern als laufender Arbeitslohn monatlich zugeflossen. Denn für den Zufluss von Arbeitslohn kommt es nicht auf das Innehaben von Ansprüchen an, sondern auf die Erfüllung dieser Ansprüche.


    Zuflusszeitpunkt ist der Tag, an dem der Arbeitnehmer durch die Erfüllung seines Anspruchs die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt, also der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt. Die Klägerin erfüllte ihr Leistungsversprechen nicht bereits mit der Aushändigung der Teilnahmeberechtigung oder des Mitgliedsausweises, sondern erst mit der laufenden Gewährung der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit.


    Bei der Gewährung eines vergünstigten Jobtickets dagegen hat der Arbeitgeber in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitnehmer den Fahrschein ausgehändigt bekommt, seinen Anspruch auf den verbilligten Erwerb vollständig erfüllt. Damit ist der Arbeitslohn als sonstiger Bezug bereits zugeflossen.


    Für die Bewertung des Sachbezugs ist der um übliche Preisnachlässe geminderte übliche Endpreis am Abgabeort, d. h. grundsätzlich der günstigste Einzelhandelspreis am Markt, anzusetzen. Wird die Ware oder Dienstleistung jedoch an Endverbraucher überhaupt nicht vertrieben, ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Wert eines Sachbezugs anhand der Kosten bemessen wird, die der Arbeitgeber seinerseits dafür aufgewendet hat.


    So liegt der Fall hier. Denn eine identische oder gleichartige Dienstleistung, wie sie die Klägerin ihren Arbeitnehmern verbilligt zugewandt hat, wurde fremden Endverbrauchern am Markt überhaupt nicht angeboten. Die Nutzung der X-Fitness-Anlagen wurde nur gegenüber Unternehmen angeboten, die eine bestimmte Anzahl von Nutzungslizenzen erwarben. Endverbraucher wie die Arbeitnehmer der Klägerin hatten keine Möglichkeit, eine solche Trainingsberechtigung zu erwerben. Die Trainingsberechtigung war nicht mit einer üblichen Mitgliedschaft in einem Fitness-Studio vergleichbar. Da somit eine identische oder vergleichbare Leistung fremden Endverbrauchern am Markt nicht angeboten wurde, ist eine Schätzung des geldwerten Vorteils anhand der Kosten des Arbeitgebers grundsätzlich zulässig. Dementsprechend war aufgrund der monatlichen Kosten der Klägerin pro Lizenz (50,28 EUR) und der Zuzahlungen der Arbeitnehmer (16 EUR bis 20 EUR) die 44-EUR-Grenze nicht überschritten.


Juni 2020


  • Nicht für jeden Zuschlag gilt die Steuerfreiheit für Sonn-, Feiertags- oder Nachtarbeit

    Eine Theaterbetriebszulage, die an angestellte Darsteller gezahlt wird, fällt nicht unter die Steuerbefreiung für Sonn-, Feiertags- oder Nachtarbeit. Das gilt zumindest dann, wenn sie unabhängig vom Umfang der Arbeitszeit zu begünstigten Zuschlagszeiten gezahlt wird.


    Hintergrund


    Ein Darsteller war bei einer Produktionsgesellschaft angestellt und erhielt als Arbeitsentgelt eine Grundvergütung und eine Theaterbetriebszulage, die 20 % des Bruttoverdienstes betrug. Zunächst bekam der Darsteller jeden Monat die volle Theaterbetriebszulage ausgezahlt. Diese wurde voll versteuert. Im Folgemonat ermittelte der Arbeitgeber, in welchem Umfang die Zulage auf tatsächliche Arbeitszeiten zu begünstigten Zuschlagszeiten entfallen war. Entfiel ein Teil der Zulage auf begünstigte Zeiten, wurde dieser Teil nachträglich steuerfrei gestellt und der Restbetrag voll versteuert. Das Finanzamt behandelte die Zulage dagegen als voll steuerpflichtig.


    Entscheidung


    Das Finanzgericht war der gleichen Ansicht und entschied deshalb, dass das Finanzamt die Theaterbetriebszulage zu Recht voll besteuert hatte.


    Zur Begründung führten die Richter aus: Die Steuerbefreiung für Sonn-, Feiertags- oder Nachtarbeit setzt voraus, dass die Zuschläge neben dem Grundlohn und für tatsächlich geleistete Arbeit zu begünstigten Zuschlagszeiten gezahlt werden. Keine begünstigte Zulage liegt dagegen vor, wenn ein Arbeitnehmer, der unregelmäßig zu begünstigten Zuschlagszeiten arbeitet, die Zulage in unveränderter Höhe und definitiv erhält, ohne dass es auf die tatsächliche Arbeitszeit ankommt.


    Dies war hier der Fall. Denn die Theaterbetriebszulage stand der Höhe nach fest, war vertraglich vereinbart und wurde zunächst unabhängig vom Umfang der geleisteten Arbeit zu begünstigten Zuschlagszeiten gewährt. Variabel war lediglich der steuerfreie Anteil der Zulage. Dies genügte aber nicht für eine Anwendbarkeit der Steuerbefreiung.


Mai 2020


  • Honorarabrechnung eines Rechtsanwalts: 15-Minuten-Takt unzulässig

    Anwälte dürfen keine vorformulierten Vergütungsvereinbarungen mehr verwenden, mit denen für jede angefangene Viertelstunde jeweils ein Viertel des Stundensatzes in Rechnung gestellt wird. Eine solche 15-Minuten-Zeittaktklausel ist unwirksam.


    Hintergrund


    Ein Rechtsanwalt war von einem Verbraucher beauftragt worden, einen Aufhebungsvertrag zu prüfen. Der Rechtsanwalt erreichte, dass dem Mandanten eine Abfindung in Höhe von 10.000 EUR brutto gezahlt wurde und er ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis erhielt. Er rechnete seine Gebühren auf der Grundlage einer mit dem Mandanten geschlossenen Vergütungsvereinbarung ab und verlangte ein Honorar in Höhe von 11.276,44 EUR. Er nahm eine Verrechnung mit dem vom Arbeitgeber gezahlten Abfindungsbetrag vor und verlangte den Rest des Honorars vom Mandanten. Der Mandant klagte auf Auszahlung seiner Abfindung und hatte damit in 3 Instanzen Erfolg.


    Entscheidung


    Auch der Bundesgerichtshof entschied zugunsten des Mandanten. Er kassierte die in der Vergütungsvereinbarung enthaltene Klausel, wonach der Rechtsanwalt bei der Abrechnung nach Zeitaufwand einen 15-Minuten-Takt zugrunde legte, sodass für jede angefangenen 15 Minuten ein Viertel des Stundensatzes von 290 EUR berechnet wurden.


    So kam der Anwalt in seiner Abrechnung auf insgesamt 25 Stunden und 15 Minuten, obwohl er bei minutengenauer Abrechnung nur viereinhalb Stunden gearbeitet hatte.


    Zwar konnte der Anwalt ein Zeithonorar von 290 EUR pro Stunde verlangen, er musste aber die tatsächlich aufgewendete Arbeitszeit zugrunde legen.


    Das große Zeitintervall von 15 Minuten konnte durch jede belanglose Tätigkeit des Anwalts ausgelöst werden und beliebig oft zur Anwendung kommen, was umfangreiche Missbrauchsmöglichkeiten eröffnete. Das berechtigte Interesse des Mandanten, nicht durch eine Aufbauschung des Zeitaufwandes mit einer überhöhten Honorarrechnung konfrontiert zu werden, war daher gefährdet. Die 15-Minuten-Zeittaktklausel in der Vergütungsvereinbarung benachteiligte den Mandanten unangemessen.


    Im Falle einer unwirksamen Zeittaktklausel kann nur der tatsächliche Aufwand berücksichtigt werden, den der Rechtsanwalt schlüssig darzulegen hat. Hierbei reichen keine pauschalen Angaben, wie Aktenbearbeitung, Literaturrecherche oder Telefongespräch. Die vom Anwalt erbrachten Tätigkeiten müssen vielmehr konkret beschrieben werden, also welcher konkrete Schriftsatz verfasst wurde, zu welchem Thema welche Recherche angestellt wurde und mit wem über welches Thema eine telefonische Besprechung stattfand.


    Der Bundesgerichtshof kippte auch die Regelung in der Vergütungsvereinbarung, dass der Mandant unabhängig vom Zeitaufwand in jedem Fall mindestens das 3-Fache der gesetzlichen Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz schuldet und dass bei der arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung abweichend zur gesetzlichen Regelung die Abfindung dem Gegenstandswert hinzugerechnet wird. Nach der gesetzlichen Regelung wird im Falle einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung die Abfindung dem Gegenstandswert gerade nicht hinzugerechnet. Die hier vorgesehene Vergütungsregelung benachteiligte deshalb den Verbraucher unangemessen.