Mandanteninformation für
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer



Dezember 2021


  • GmbH: Bei ausstehendem Steuerbescheid keine Löschung

    Erst wenn alle steuerlich relevanten Sachverhalte abgeschlossen sind, kann die Löschung einer GmbH erfolgen. Eine Ausnahme besteht lediglich bei vermögenslösen GmbHs.


    Hintergrund

    Eine GmbH hatte ihren Geschäftsbetrieb Anfang 2020 endgültig eingestellt und das Liquidationsverfahren und damit die Auflösung der Gesellschaft eingeleitet. Im Januar 2021 meldete der Liquidator die Beendigung der Liquidation und die Löschung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister an. Nach Ansicht des Liquidators verfügte die GmbH über kein Vermögen mehr. Es standen lediglich noch Steuernachforderungen aus. Das Finanzamt war jedoch der Meinung, dass nach der Liquidationsschlussbilanz die GmbH nicht vermögenslos war. Zudem standen noch die steuerliche Veranlagung sowie der Bescheid für das Jahr 2019 aus. Daher stimmte das Finanzamt der Löschung nicht zu.


    Entscheidung

    Das Oberlandesgericht wies den Antrag zur Löschung der GmbH unter Verweis auf das laufende Steuerverfahren zurück, ebenso die eingelegte Beschwerde des Liquidators, weil der Löschungsantrag nicht begründet war. Die Gesellschaft war nicht vermögenslos und steuerlich noch nicht abgewickelt. Da die steuerlichen Sachverhalte nicht abschließend geklärt waren, konnte keine endgültige Aussage über das Aktiv- und Passivvermögen der Gesellschaft getroffen werden. Denn es waren nicht nur Steuernachforderungen zu erwarten, sondern auch mögliche Rückzahlungsansprüche der GmbH.

    Das Liquidationsverfahren umfasst die vermögensmäßige Abwicklung einer Gesellschaft. Bei diesem werden, vor der endgültigen Beendigung der Gesellschaft durch Löschung im Handelsregister, alle Vermögensgegenstände veräußert, alle Verbindlichkeiten beglichen und das restliche Vermögen verteilt, sodass die liquidierte Gesellschaft am Ende auch tatsächlich kein Vermögen mehr hat. Diese Voraussetzungen lagen für die GmbH hier nicht vor.


  • GmbH: Was passiert bei Amtsniederlegung der Geschäftsführer?

    Ein Geschäftsführer kann grundsätzlich jederzeit ohne Einhaltung von Fristen und Formen sein Amt niederlegen. Führt die Amtsniederlegung jedoch zur Führungslosigkeit einer GmbH, kann dies im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein.


    Hintergrund

    Die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH haben unabhängig voneinander die Niederlegung ihres Amtes – jeweils unter der aufschiebenden Bedingung der Löschung des betreffenden Geschäftsführers aus dem Handelsregister – erklärt. Da die beiden Erklärungen in zeitlichem Zusammenhang erfolgt sind, stellte das zuständige Registergericht fest, dass die beiden Anmeldungen gleichzeitig zu vollziehen sind, jedoch ein Vollzugshindernis bestand. Denn die Amtsniederlegungen waren rechtsmissbräuchlich, weil dadurch die GmbH handlungsunfähig wird.


    Entscheidung

    Das Oberlandesgericht entschied, dass die beiden Amtsniederlegungen rechtsmissbräuchlich und daher unwirksam waren. Grundsätzlich liegt Rechtsmissbräuchlichkeit vor, wenn die Amtsniederlegung des Geschäftsführers ohne gleichzeitige Bestellung eines neuen Geschäftsführers zur Führungslosigkeit der Gesellschaft führt. Denn das Interesse des Rechtsverkehrs an einer handlungsfähigen Gesellschaft und an Rechtssicherheit überwiegt gerade bei Personenidentität von Geschäftsführungs- und Willensorgan.

    Zwar führe weder die Amtsniederlegung des einen noch des anderen Geschäftsführers jeweils für sich genommen zur Führungslosigkeit der GmbH, sondern nur in Kombination. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass die zur Eintragung ins Handelsregister angemeldeten Tatsachen (Anmeldung der Löschung des jeweiligen Geschäftsführers) aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Erledigung vorliegen. Ein Teilvollzug war daher ausgeschlossen.


  • Handelsregisteranmeldung des GmbH-Geschäftsführers darf nicht zu streng betrachtet werden

    Die Versicherungserklärung eines neuen Geschäftsführers muss bei der Handelsregisteranmeldung nicht immer ausdrücklich die in § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GmbHG genannten Straftaten enthalten. Das Registergericht sollte diesbezüglich keine zu strenge Betrachtungsweise üben.


    Hintergrund

    Der neue Geschäftsführer einer GmbH meldete seine Bestellung zum Handelsregister an. Die Anmeldung enthielt die Belehrung, dass Geschäftsführer nicht sein kann, wer gegen einer der in § 6 Abs. 2 Nr. 3 GmbHG genannten Straftaten verstoßen hat. Diese wurden auch namentlich aufgeführt. Der Geschäftsführer versicherte weiterhin, "dass keine Umstände vorliegen, die seiner Bestellung als Geschäftsführer nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 GmbHG entgegenstehen, insbesondere dass ihm zurzeit weder durch gerichtliches Urteil noch eine vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweigs untersagt ist."

    Trotzdem lehnte das zuständige Registergericht die Anmeldung ab, da die einzelnen Straftatbestände in der Versicherungserklärung nicht erwähnt worden waren und damit keine substantiierte Versicherung durch den Geschäftsführer vorlag.


    Entscheidung

    Die Beschwerde hatte Erfolg. Die formale Betrachtungsweise des Registergerichts überzeugte die Richter am Oberlandesgericht nicht.

    Die Versicherungserklärung dient insbesondere dem Zweck, das Anmeldungs- und Prüfverfahren für das Registergericht zu erleichtern. Denn so wird verhindert, dass das Registergericht bei der Überprüfung, ob in § 6 Abs. 2 und 3 GmbHG genannte Hindernisse mit Blick auf die Geschäftsführerbestellung vorliegen, selbst Zentralregisterauskünfte einholen muss.

    Der der eigentlichen Versicherungserklärung des Geschäftsführers vorausgehende Text der Anmeldung bestand weiterhin nicht lediglich in der Wiedergabe des Gesetzeswortlauts. Denn die einzelnen Straftatbestände waren ausdrücklich genannt. Die jeweiligen Delikte waren sogar mit einer über den Gesetzeswortlaut hinausgehenden amtlichen Bezeichnung aufgelistet worden. Auch war die gedankliche Verknüpfung dieses Abschnitts mit der eigentlichen Versicherungserklärung hinreichend deutlich.


  • Wann ein Insolvenzverwalter die Ausschüttung eines GmbH-Gewinnvortrags anfechten kann

    Beschließt der Alleingesellschafter einer GmbH den Vortrag eines Jahresgewinns auf neue Rechnung, kann der auf einen später gefassten Gewinnauszahlungsbeschluss folgende Zahlungsanspruch eine Forderung darstellen, die wirtschaftlich einem Darlehen entspricht. Diese kann vom Insolvenzverwalter angefochten werden.


    Hintergrund

    Ein Alleingesellschafter einer GmbH beschloss im September 2009, den Gewinn aus dem Jahr 2008 auf neue Rechnung vorzutragen. Erst mit Beschluss vom 1.12.2009 beschloss er, den Gewinn an sich auszuschütten. Das Geld wurde 8 Tage später an den Gesellschafter überwiesen. Ende März 2010 meldete die GmbH Insolvenz an. Der Insolvenzverwalter verlangte von dem Gesellschafter die Rückzahlung des ausgeschütteten Gewinns. Er war der Ansicht, dass der bei der Gesellschaft zeitweise stehen gelassene Gewinnvortrag zwar kein Darlehen darstellte, aber eine Rechtshandlung war, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprach.


    Entscheidung

    Der Bundesgerichtshof folgte der Auffassung des Insolvenzverwalters. Indem sich der Alleingesellschafter bei der Fassung des Gewinnverwendungsbeschlusses zunächst entscheidet, den Jahresgewinn nicht an sich auszuschütten, sondern auf neue Rechnung vorzutragen, trifft er eine Finanzierungsentscheidung zu Gunsten der Gesellschaft. Diese Finanzierungsentscheidung stellt eine Rechtshandlung dar, die einem Darlehen wirtschaftlich entspricht.

    Dem steht auch nicht entgegen, dass der konkrete Anspruch des Gesellschafters auf Auszahlung des Gewinns erst mit Fassung des Ausschüttungsbeschlusses entsteht. Denn der Alleingesellschafter hat es jederzeit in der Hand, die Auflösung des Gewinnvortrags und die Gewinnausschüttung an sich zu bewirken. Entscheidend ist, dass der Gesellschafter seiner Gesellschaft (zeitweise) einen Geldbetrag belassen hat und die Gesellschaft hierdurch über zusätzliche finanzielle Mittel verfügt.


  • Wie fremdübliche Zinsen auf Konzerndarlehen ermittelt werden

    Im Rahmen der Ermittlung fremdüblicher Darlehenszinssätze muss geprüft werden, ob die Vergleichswerte mithilfe der Preisvergleichsmethode ermittelt werden können – und zwar vor Anwendung der sog. Kostenaufschlagsmethode. Dies gilt auch für Konzerndarlehen, die unbesichert gewährt werden.


    Hintergrund

    Die inländische X-GmbH war Tochtergesellschaft der niederländischen Muttergesellschaft Y-N.V. Eine weitere Tochtergesellschaft (Schwestergesellschaft der X) war die als Konzernfinanzierungsgesellschaft fungierende niederländische Z-B.V.

    Die Z gewährte der X unbesicherte Darlehen. Die Zinsen hielt das Finanzamt für überhöht und nahm teilweise verdeckte Gewinnausschüttungen an. Bei der Prüfung der Fremdüblichkeit ging das Finanzamt nicht von der Preisvergleichsmethode, sondern von der Kostenaufschlagsmethode aus.

    Das Finanzgericht gab der Klage teilweise statt und wandte ebenfalls die Kostenaufschlagsmethode an. Es kam jedoch nach eigener Berechnung zu höheren Fremdvergleichszinsen als das Finanzamt.


    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Er entschied, dass die Fremdüblichkeit des Zinssatzes eines Konzerndarlehens zunächst anhand der Preisvergleichsmethode zu ermitteln ist. Erst wenn das nicht möglich ist, kann die Kostenaufschlagsmethode angewandt werden.

    Zunächst werden die sog. transaktionsbezogenen Standardmethoden herangezogen: Nach der Preisvergleichsmethode erfolgt die Bestimmung des angemessenen Verrechnungspreises anhand vergleichbarer Geschäfte zwischen einem Leistungserbringer und einem Leistungsempfänger, die nicht Mitglieder desselben Unternehmensverbunds sind. Die Wiederverkaufspreismethode geht vom Wiederverkaufspreis aus und rechnet davon auf den Einstandspreis des Wiederverkäufers als Fremdvergleichspreis zurück. Bei der Kostenaufschlagsmethode werden zunächst die Selbstkosten des leistenden Unternehmens ermittelt und diese um einen angemessenen Gewinnaufschlag erhöht.

    Für die Ermittlung fremdüblicher Darlehenszinssätze kommt regelmäßig die Preisvergleichsmethode zur Anwendung. Fremdpreis ist der Zins, zu dem Fremde unter vergleichbaren Bedingungen den Kredit am Geld- oder Kapitalmarkt gewährt hätten.

    Dass die Z als konzerninterne Finanzierungsgesellschaft nicht die gleichen aufwendigen Strukturen wie eine Geschäftsbank aufweisen mag, steht einem externen Fremdvergleich nicht grundsätzlich entgegen. Dies gilt insbesondere angesichts des Umstands, dass die X einen Vergleich mit der Verzinsung von Unternehmensanleihen vorgeschlagen hat.

    Ein Fremdvergleich anhand der Preisvergleichsmethode scheitert im vorliegenden Fall auch nicht daran, dass die X in einen Konzernverbund eingegliedert ist. Zwar kann die Konzernzugehörigkeit eines Unternehmens Einfluss auf die Beurteilung der Bonität dieses Unternehmens haben (Konzernrückhalt). Allerdings kann in einem passiven Konzernrückhalt keine werthaltige Besicherung des Rückzahlungsanspruchs gesehen werden. Bei der Bonitätsprüfung ist daher auf die Bonität des Einzelunternehmens und nicht des Gesamtkonzerns abzustellen ("Stand alone"-Rating).

    Trotzdem sind die passiven Konzernwirkungen nicht vollständig auszublenden. Sie können im Fremdvergleich zu einer die "Stand-alone" Bonität übersteigenden Kreditwürdigkeit der Konzerngesellschaft führen, wenn der Darlehensgeber sich darauf im Krisenfall tatsächlich verlassen kann.

    Der Bundesfinanzhof verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht zurück. Sollte die Preisvergleichsmethode nicht möglich sein, wäre die Kostenaufschlagsmethode zugrunde zu legen.



November 2021


  • Zur Drittwirkung der gegen eine Organgesellschaft ergangenen Steuerfestsetzung

    Ist eine Steuerfestsetzung für eine Organgesellschaft ergangen, hat diese Drittwirkung. Das hat zur Folge, dass der Organträger keinen Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen geltend machen kann, die von Dritten über die Organgesellschaft bezogen wurden.


    Hintergrund

    Der Architekt A war in den Jahren 2008 und 2009 Geschäftsführer und Alleingesellschafter zweier GmbHs (Planungs-GmbH, Projekt-GmbH). Zwischen A als Organträger und den GmbHs als Organgesellschaften lag eine umsatzsteuerliche Organschaft vor.

    A war außerdem an 3 KGs als einziger Kommanditist sowie Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH beteiligt. Zwischen dem Unternehmen des A einschließlich der zum Organkreis gehörenden 2 GmbHs und den 3 KGs wurden Leistungen gegen Entgelt ausgetauscht.

    Die Umsatzsteuer-Festsetzungen gegenüber den 3 KGs wurden jeweils formell und materiell bestands-kräftig. Sie wiesen zum Teil Vorsteuererstattungen aus.

    Im Jahr 2013 beantragte A die Änderung seiner Umsatzsteuer-Festsetzungen 2008 und 2009, da er auf-grund einer geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch Organträger der 3 KGs war. Das Fi-nanzamt lehnte dies ab, da eine Änderung zugunsten des A nur möglich war, wenn die Steuerfestsetzun-gen bei den KGs noch änderbar wären. Dies war aber nicht der Fall, da für alle 3 KGs Festsetzungsverjährung eingetreten war.

    Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass es auf eine Abänderbarkeit der gegenüber den KGs ergangenen Steuerfestsetzungen nicht ankam.


    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf, da das Finanzgericht die Drittwirkung der gegen-über den KGs ergangenen Steuerfestsetzungen (Vergütungsbescheide) im Verhältnis zum Organträger A nicht beachtet hat.

    Nach der geänderten Rechtsprechung handelt es sich bei den 3 KGs um Organgesellschaften. Mit Toch-terpersonengesellschaften kann eine Organschaft bestehen. Auch wenn deshalb gegenüber den KGs als Organgesellschaften keine Steuerfestsetzungen hätten ergehen dürfen bzw. diese rechtswidrig sind, entfalten sie gleichwohl Wirksamkeit und ergeben eine Drittwirkung gegenüber dem Organträger. Aus dieser Drittwirkung folgt, dass die Berücksichtigung der KGs als Organgesellschaften beim Organträger ausgeschlossen ist.

    Es verstößt gegen Treu und Glauben, wenn der Steuerpflichtige aufgrund einer Rechtsprechungsänderung eine Erweiterung seiner bisherigen Rechtsstellung erreichen will, ohne die sich aus der neuen Recht-sprechung ergebenden negativen Folgen hinzunehmen. Das gilt ebenso im Verhältnis von Organträger und Organgesellschaft. Waren ein Einzelunternehmer und eine KG nach bisheriger Rechtsprechung ge-sonderte Steuerpflichtige, während der Einzelunternehmer nach der geänderten Rechtsprechung Organträger der KG als Organgesellschaft ist, ist es mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht vereinbar, dass bei dem einen Unternehmensteil (hier: Organträger) die bislang für den anderen Unternehmensteil (hier: KG) festgesetzte Steuervergütung berücksichtigt wird, während eine korrespondierende Änderung der Steuerfestsetzung beim anderen Unternehmensteil (hier: KG) am Vertrauensschutz in die bisherige Rechtsprechung scheitern soll.


    Aufgrund der Drittwirkung steht zwar fest, dass A als Organträger keinen Vorsteuerabzug aus Eingangs-leistungen geltend machen kann, die über die KGs als Organgesellschaften von Dritten bezogen wurden. Jedoch bleibt das Recht des Organträgers, die Nichtbesteuerung von Innenleistungen geltend zu machen, die er an die Organgesellschaft erbracht hat, unberührt. A ist nicht gehindert, im Verfahren der ihm gegenüber ergangenen Steuerfestsetzungen geltend zu machen, dass eine Organschaft vorliegt und er Umsätze, die aufgrund der Organschaft als nicht steuerbare Innenumsätze anzusehen sind, zu Unrecht versteuert hat.

    Der Bundesfinanzhof verwies den Fall an das Finanzgericht zurück. Dieses hat den Umfang der nicht steu-erbaren Innenumsätze festzustellen.



Oktober 2021


  • GmbH: Wie zählen die Stimmen minderjähriger Kinder bei Betriebsaufspaltung?

    Ist hinsichtlich der Gesellschafterstellung eines Kindes eine Ergänzungspflegschaft angeordnet, dürfen die Stimmen dieses Kindes nicht einem Elternteil zugerechnet werden.


    Hintergrund

    V war bis zu seinem Tod am 3.1.2010 alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der V-GmbH. Er wurde von seiner Witwe W zu ½ und von den beiden Söhnen S1 und S2 zu je ¼ beerbt. Nach dem Gesellschaftsvertrag reicht für die Beschlussfassung die einfache Stimmenmehrheit aus. Das Betriebsgrundstück steht im Alleineigentum der W. Sie hat es seit 2001 an die GmbH verpachtet.

    Am 11.1.2010 wurde W von der Gesellschafterversammlung zur Geschäftsführerin bestellt und vom Selbstkontrahierungsverbot befreit. Für den minderjährigen S2 unterzeichnete sie als Erziehungsberechtigte.

    Am 7.6.2010 wurde für S2 eine Ergänzungspflegschaft angeordnet, die die Wahrnehmung der Gesellschafterrechte und -pflichten in der GmbH umfasste. Am 17.6.2010 beschloss die Gesellschaftsversammlung wiederum, W zur Geschäftsführerin zu bestellen. Diesen Beschluss unterschrieb die Ergänzungspflegerin für S2. Eine Befreiung der W vom Selbstkontrahierungsverbot enthielt dieser Beschluss nicht.

    Das Finanzamt ging davon aus, dass mit der Bestellung der W zur Geschäftsführerin am 17.6.2010 neben der bereits bestehenden sachlichen Verflechtung auch eine personelle Verflechtung mit der GmbH eingetreten war. Denn gegen ihren Willen konnte sie als Geschäftsführerin nicht abberufen werden. Aufgrund der deshalb vorliegenden Betriebsaufspaltung war das Grundstück in das Besitzunternehmen der W einzulegen gewesen. Für die Zeit ab dem 17.6.2010 hatte sie folglich aus der Verpachtung gewerbliche Einkünfte erzielt. Für 2012 nahm das Finanzamt aufgrund der Bestellung der S1 und S2 zu weiteren Geschäftsführern die Beendigung der Betriebsaufspaltung und einen Aufgabegewinn an.

    Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Dieses entschied, dass W lediglich über 50% der Stimmen und damit nicht über die Stimmenmehrheit verfügte. Der Anteil des minderjährigen S2 war ihr nicht zuzurechnen.


    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof schloss sich der Auffassung des Finanzgerichts an und entschied, dass es an der für die Betriebsaufspaltung erforderlichen personellen Verflechtung zwischen der W und der GmbH fehlte.

    Für eine personelle Verflechtung ist erforderlich, dass der Gesellschafter nach den gesellschaftsrechtlichen Stimmverhältnissen in der Lage ist, seinen Willen in beiden Unternehmen durchzusetzen. Diese Voraussetzung war vorliegend nicht erfüllt. W war zwar Alleineigentümerin des überlassenen Betriebsgrundstücks, nicht aber in der Lage, auch in der GmbH ihren Willen durchzusetzen. Damit ein Gesellschafter eine GmbH beherrscht, ist es gesellschaftsrechtlich ausreichend und auch notwendig, dass er über die Stimmrechtsmehrheit verfügt, die der Gesellschaftsvertrag für Gesellschafterbeschlüsse vorschreibt. Die auf die W entfallenden 50% der Stimmen in der Erbengemeinschaft führen folglich nur zu einer Patt-Situation bei der Betriebs-GmbH. W kann die Betriebs-GmbH ohne Mehrheitsbeteiligung nicht beherrschen.

    Eine Beherrschung der GmbH ergibt sich auch nicht daraus, dass die W zugleich Geschäftsführerin der GmbH wurde und so die sog. Geschäfte des täglichen Lebens der GmbH bestimmen konnte. Es fehlt die weiterhin notwendige Mehrheitsbeteiligung an der GmbH. Denn für eine Beherrschung im Sinne der Betriebsaufspaltung kommt es auf das für die Geschäfte des täglichen Lebens maßgebende Stimmrechtsverhältnis an. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der über die Mehrheit der Stimmen verfügt, beherrscht deshalb dann die Geschäfte des täglichen Lebens in der Betriebsgesellschaft, wenn ihm – abgesehen vom Vorliegen eines wichtigen Grundes –die Geschäftsführungsbefugnis nicht gegen seinen Willen entzogen werden kann.

    Die Stimmen des minderjährigen S2 können der W mangels gleichgelagerter wirtschaftlicher Interessen nicht zugerechnet werden. Die Ergänzungspflegerin vertritt die Interessen des S2 in der GmbH unabhängig von den Interessen der W, sodass die Vermutung gleichgelagerter wirtschaftlicher Interessen dieser beiden Beteiligten nicht zum Tragen kommt. Aufgrund der Bestellung der Ergänzungspflegerin sind die Stimmrechte des S2 im Verhältnis zur GmbH nicht mehr Teil der Vermögenssorge der W. Es besteht deshalb keine Vermutung, dass die Interessen der W und des S2 gleichgelagert sind.

    Vor der Bestellung der Ergänzungspflegerin konnte die Gesellschafterversammlung nicht wirksam gegenüber S2 einberufen und W nicht wirksam zur Geschäftsführerin bestellt werden. An einer Stimmabgabe für S2 war W wegen des Verbots des Insichgeschäfts gehindert. Es fehlt die nachträgliche Genehmigung der Ergänzungspflegerin. In dem Gesellschafterbeschluss v. 17.6.2020 kann keine Genehmigung des Beschlusses v. 11.1.2020 gesehen werden. Denn im Gesellschafterbeschluss vom 17.6.2010 wurde W gerade nicht vom Selbstkontrahierungsverbot befreit.



September 2021


  • Gesellschafter vermietet Arbeitszimmer an GmbH: Gilt die Abzugsbeschränkung?

    Mietet eine GmbH Räume in der Wohnung eines ihrer Gesellschafter an, um diese betrieblich zu nutzen, sind die Abzugsbeschränkungen für häusliche Arbeitszimmer nicht anwendbar. Auch eine verdeckte Gewinnausschüttung kommt im Normalfall nicht in Betracht.


    Hintergrund

    Der alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH vermietete in einer von ihm angemieteten Wohnung an seine GmbH 

    2 Büroräume mit ca. 35 m² für einen monatlichen Mietpreis von 352,79 EUR.

    Nach Auffassung des Finanzamts wurde das Mietverhältnis nicht wie unter fremden Dritten ausgestaltet und auch nie als solches tatsächlich durchgeführt. Es war im schriftlichen Mietvertrag weder eine Vereinbarung über die Bedingungen der Nutzung der überlassenen Räume noch eine Abrede über die Zahlung der Mietnebenkosten getroffen worden. Bei den gemieteten Räumen handelte es sich um eine Wohnung und nicht um Büroräume. Deshalb behandelte das Finanzamt die Mietzahlungen von jährlich 4.233 EUR bei der GmbH als verdeckte Gewinnausschüttung. Dagegen wandte sich die GmbH mit ihrer Klage.


    Entscheidung

    Die Klage der GmbH hatte Erfolg. Der formelle Fremdvergleich bei einem Mietvertrag zwischen Gesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter erfordert, dass im schriftlichen Mietvertrag Mietobjekt, Mietpreis, Mietbeginn niedergelegt sind und eindeutig feststeht, auf welche Räume sich der Mietvertrag bezieht. Diese Anforderungen sah das Finanzgericht als erfüllt an. Die Vereinbarung einer Bruttomiete ohne Abrechnung der Betriebskosten war kein ausreichender Grund, eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen, da dies bei Untermietverhältnissen nicht unüblich ist.

    Darüber hinaus entschied das Finanzgericht, dass die Regelungen über die beschränkte Abziehbarkeit der Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers bei einer GmbH, die Räume in der Wohnung des Gesellschafters zur betrieblichen Nutzung anmietet, nicht anwendbar sind.


  • Ist eine GmbH mit dem Bestandteil "partners" zulässig?

    Die Anforderungen des PartGG sind eng auszulegen. Ein Verstoß ist nicht bereits bei ähnlichen Begriffen anzunehmen. Deshalb ist nun die Verwendung des Begriffs "partners" als Bestandteil der Firma einer GmbH zulässig.


    Hintergrund

    Eine GmbH von Rechtsanwälten firmierte unter dem Namen "n. partners GmbH". Die Rechtsanwaltskammer sah in der Firma einen Verstoß gegen das PartGG. Denn danach dürfen nur Partnerschaften den Zusatz "Partnerschaft" oder "Partner" führen, nicht aber Kapitalgesellschaften. Die Kammer beantragte deshalb die Löschung der Firma bei dem Registergericht. Dieses lehnte den Antrag der Kammer ab. Dagegen wehrte sich die Kammer gerichtlich.


    Entscheidung

    Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Verwendung des Wortes "partners" in der Firma der GmbH kein Verstoß gegen das PartGG ist. Die Anforderungen des PartGG an die Firma und an das Führen der Wörter "Partnerschaft" oder "Partner" sind eng auszulegen. Deshalb können über den Wortlaut hinaus sinngemäße Abwandlungen nur in engen Grenzen verboten werden. Das Wort "partners" fällt nicht darunter. Denn sowohl die Kleinschreibung als auch das "s" lassen erkennen, dass es sich um den Plural des englischen Wortes "partner" handelt, und dieses fällt gerade nicht unter das PartGG.

    In Bezug auf Partnerschaftsgesellschaften (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte etc.) wurden bestimmte Firmierungsgrundsätze im PartGG festgelegt. Danach dürfen nur Partnerschaften nach dem PartGG den Zusatz "Partnerschaft" oder "Partner" führen, also nicht etwa eine GmbH. Denn diese Zusätze sollen auf die besondere Form der Partnerschaftsgesellschaft hinweisen und sich somit bereits in der Firma von anderen Gesellschaftsformen eindeutig unterscheiden. Die Verwendung von englischen Begriffen wie "partners" können jedoch auch in der Firma einer GmbH oder anderen Gesellschaft verwendet werden.


  • Vertretungsmacht: Keine Einschränkung durch Stiftungszweck

    Im Vereins- und Stiftungsrecht kann die Vertretungsmacht des Vorstands durch bewusste Regelung eingeschränkt werden – anders als bei Kapital- und Personengesellschaften.


    Hintergrund

    Eine gemeinnützige Stiftung entwickelte u. a. Produkte zur Bekämpfung von Schlaganfällen. Die Produkte sollten von einer neu zu gründenden Management-Gesellschaft vertrieben werden. Noch vor deren Gründung verpflichtete sich die Stiftung in einem Verwertungs- und Vermarktungsvertrag zur Übertragung von Nutzungsrechten an den von ihr entwickelten Produkten an die "in Gründung befindliche" Management-Gesellschaft.

    Streitig war, ob der Abschluss des Verwertungs- und Vermarktungsvertrags mit den Vorgaben des Gemeinnützigkeitsrechts vereinbar war.


    Entscheidung

    Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Abschluss des Verwertungs- und Vermarktungsvertrags dem gemeinnützigen Stiftungszweck widersprochen hatte. Denn die Stiftungssatzung sah ausdrücklich vor, dass in solchen Fällen der Stiftungsvorstand keine Vertretungsmacht haben sollte. Deshalb war die Stiftung beim Vertragsschluss durch den Stiftungsvorstand nicht wirksam vertreten worden.

    Der Bundesgerichtshof stellte in diesem Zusammenhang klar, dass der Stiftungszweck allein die Vertretungsmacht des Stiftungsvorstands nicht hätte beschränken können. Dazu hätte es einer ausdrücklichen Satzungsregelung bedurft.

    Der Stiftungsvorstand ist das einzige gesetzlich zwingende Organ von rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechts und vertritt sie im Rechtsverkehr. Seine Vertretungsmacht ist grundsätzlich umfassend und unbeschränkt. Im Vereins- und Stiftungsrecht kann jedoch die Satzung – anders als es bei Personenhandels- und Kapitalgesellschaften der Fall ist – die Vertretungsmacht des Vorstands mit Wirkung gegenüber Dritten beschränken. Sie kann insbesondere Beschränkungen der Vertretungsmacht auf bestimmte Geschäfte oder Geschäftswerte vorsehen bzw. die Vertretungsmacht für diese Fälle modifizieren (z. B. Entfallen der Vertretungsmacht, Gesamt- statt Einzelvertretungsbefugnisse, Mitwirkungsrechte für andere Stiftungsorgane).



August 2021


  • Was passiert mit dem Verlust bei Ausfall einer privaten Kapitalforderung?

    Fällt eine Kapitalforderung in der privaten Vermögenssphäre endgültig aus, führt dies zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust. Damit dieser berücksichtigt werden kann, muss endgültig feststehen, dass der Schuldner keine Zahlungen mehr leisten wird.


    Hintergrund

    A war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der A-GmbH. A und seine Ehefrau B gewährten der GmbH von 2010 bis 2013 verschiedene Darlehen. Bei A handelte es sich damit um Gesellschafterdarlehen, bei B um Privatdarlehen. Ende 2014 wurde die GmbH aufgelöst und nach Beendigung der Liquidation im Jahr 2016 gelöscht.

    Die GmbH zahlte die in den Jahren 2010 und 2011 gewährten Darlehen in den Jahren 2013 und 2014 vollständig zurück. Das Darlehen aus dem Jahr 2012 wurde 2014 zum Teil getilgt. Auf die im Jahr 2013 gewährten Darlehen unterblieb die Rückzahlung.

    Bezüglich des nach der teilweisen Tilgung des Darlehens aus 2012 verbliebenen Restbetrags ging das Finanzamt davon aus, dass dieses Darlehen vor Eintritt der Krise gewährt wurde. Der Ausfall war daher bei der Ermittlung des Auflösungsverlusts des A nicht zu berücksichtigen. Die Eheleute machten mit der Klage geltend, dass der Ausfall als Verlust bei ihren Einkünften aus Kapitalvermögen absetzbar ist. Das Finanzgericht gab der Klage statt.


    Entscheidung

    Die Revision des Finanzamts hatte hinsichtlich der Ehefrau B keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass der Ausfall der ihr zur Hälfte zustehenden privaten Darlehensforderung hälftig bei ihren Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen ist. Hinsichtlich des Gesellschafters und Ehemanns A war die Klage mangels steuerlicher Auswirkung unzulässig.

    Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung in der privaten Vermögenssphäre führt nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust. Aus der Gleichstellung der Rückzahlung mit der Veräußerung in § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG folgt, dass auch eine endgültig ausbleibende Rückzahlung zu einem Verlust führt. Denn wirtschaftlich macht es keinen Unterschied, ob der Steuerpflichtige die Forderung kurz vor dem Ausfall zu Null veräußert oder ob er sie behält. In beiden Fällen tritt eine Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ein, die die gleiche Berücksichtigung finden muss.

    Von einem Forderungsausfall ist jedoch erst dann auszugehen, wenn endgültig feststeht, dass keine Rückzahlungen mehr erfolgen werden. Bei der insolvenzfreien Auflösung einer Kapitalgesellschaft wird dies regelmäßig erst bei Abschluss der Liquidation der Fall sein. Ausnahmsweise kann der Verlust schon früher entstanden sein, wenn bei objektiver Betrachtung nicht mehr mit Rückzahlungen auf die Forderung zu rechnen ist.

    Im vorliegenden Fall war bereits Ende 2014 nicht mehr mit Tilgungen zu rechnen. Das ergibt sich auch aus der Bestätigung des Liquidators der GmbH. Darin sind ausreichende objektive Anhaltspunkte für eine Uneinbringlichkeit der Forderung zu sehen.

    Die im Jahr 2014 bei A nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte würden den Gesamtbetrag der Einkünfte im Rücktragsjahr nicht bis auf 0 EUR mindern mit der Folge, dass keine vortragsfähigen negativen Einkünfte mehr verblieben. Der Einkommensteuer-Bescheid 2014 entfaltet danach für A keine die Klagebefugnis begründende negative Bindungswirkung.



Juli 2021


  • Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft als Arbeitslohn

    Wird aus dem Verkauf einer Managementbeteiligung an einer Kapitalgesellschaft ein Erlös erzielt, handelt es sich hierbei nicht um eine Vergütung für die gegenüber einer Tochtergesellschaft erbrachte nichtselbstständige Tätigkeit. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Beteiligung als eine eigenständige Erwerbsgrundlage zur Erzielung von Einkünften anzusehen ist.


    Hintergrund

    X war in den Jahren 2014 und 2015 als Manager bei der zu der D-Group gehörenden B-GmbH angestellt. Die B-GmbH gehörte zu der B-Unternehmensgruppe. Im Juni 2010 wurden Aktien der C-Holding, die an der B-Unternehmensgruppe beteiligt war, den Mitarbeitern des Managements der B-Gruppe zum Kauf angeboten. X erwarb 160 Anteile zum Kaufpreis von insgesamt 10 USD. 

    Im Oktober 2010 veräußerte die D-Group ihre Anteile an der C-Holding an die F-Holding. Die Anteile des X wurden am 1.11.2011 übertragen. Zwischen den Anteilseignern und der F-Holding wurde der Kaufpreis je Anteil mit 1.752 USD vereinbart. X wurde in beiden Jahren jeweils rund 90.000 USD ausbezahlt.

    X erklärte die Gewinne aus der Veräußerung der Aktien als der Abgeltungsteuer unterliegende Kapitaleinkünfte. Das Finanzamt nahm dagegen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit an.

    Das Finanzgericht gab der Klage statt, da seiner Ansicht nach der Veräußerungsgewinn seine Ursache in der Kapitalbeteiligung hatte, die als Sonderrechtsverhältnis unabhängig von dem Anstellungsverhältnis entstanden war und dieses überlagerte.


    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts. Die X zugeflossenen Veräußerungserlöse sind den Einkünften aus Kapitalvermögen und nicht den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zuzuordnen.

    Zu den Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit gehören alle Vorteile, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Beteiligt sich ein Arbeitnehmer kapitalmäßig an seinem Arbeitgeber, kann die Beteiligung eigenständige Erwerbsgrundlage sein, sodass damit in Zusammenhang stehende Einnahmen und Aufwendungen in keinem steuerlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis stehen. Der Arbeitnehmer nutzt dann sein Kapital als eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Erwerbsgrundlage. Dafür spricht insbesondere, wenn der Arbeitsvertrag keinen Anspruch auf den Erwerb der Beteiligung und einen anteiligen Veräußerungserlös als Gegenleistung für die nichtselbstständige Tätigkeit vorsieht, die Beteiligung vom Arbeitnehmer zum Marktpreis erworben und veräußert wird und der Arbeitnehmer das volle Verlustrisiko trägt sowie keine besonderen Umstände aus dem Arbeitsverhältnis erkennbar sind, die Einfluss auf die Veräußerbarkeit und Wertentwicklung der Beteiligung nehmen.

    Im vorliegenden Fall sprechen für diese Zuordnung die Gesichtspunkte: Das Beteiligungsangebot nur an die leitenden Angestellten schließt einen nicht aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden Vorteil nicht aus. X hat seine Beteiligung an der C zu marktüblichen Konditionen erworben und veräußert. Die Möglichkeit einer erhöhten Gewinnchance spricht nicht gegen Einkünfte aus Kapitalvermögen, da eine solche Chance grundsätzlich bei jeder Kapitalbeteiligung besteht. X stand der Veräußerungsgewinn unabhängig davon zu, ob er weiterhin als Angestellter für die B-GmbH tätig wurde. Der Anstellungsvertrag des X sah keinen Anspruch auf den Erwerb der Beteiligung oder einen anteiligen Veräußerungserlös vor. Der Erwerb der Beteiligung erfolgte losgelöst vom Anstellungsverhältnis. Unerheblich ist auch das geringe Verlustrisiko des X, da dieses mit den marktüblichen Anschaffungskosten korrelierte.


  • Warum Gesellschafterlisten nicht aus dem Handelsregister gelöscht werden können

    Reicht eine GmbH ihre Gesellschafterliste ein, sollte diese zutreffend sein. Denn die Gesellschafterliste kann nicht nachträglich aus dem Handelsregister gelöscht werden – selbst wenn mit ihr versehentlich vertrauliche Unterlagen eingereicht wurden.


    Hintergrund

    Nachdem ein Gesellschafter einer GmbH verstorben war, reichte der Geschäftsführer eine neue Gesellschafterliste beim elektronischen Handelsregister ein. In dieser war die Erbengemeinschaft als Gesellschafterin aufgeführt. Zusammen mit der neuen Gesellschafterliste wurde der Erbschein übermittelt.

    Das Registergericht stellte die Gesellschafterliste und den Erbschein in den elektronischen Registerordner der GmbH ein. Dagegen wandte sich eine Erbin. Ihrer Ansicht nach handelte es sich bei dem Erbschein um ein vertrauliches Dokument, das nicht öffentlich einsehbar sein dürfte. Das Registergericht wies den Antrag zurück, da es nicht befugt war, Gesellschafterlisten aus dem Registerordner zu löschen. Denn sonst könnte sich der Rechtsverkehr kein vollständiges Bild über die Historie der Gesellschafterverhältnisse machen.


    Entscheidung

    Die Beschwerde der Erbin beim Oberlandesgericht hatte keinen Erfolg. Das Gericht entschied, dass die Löschung einer Gesellschafterliste aus dem Handelsregister oder ihre Berichtigung nicht möglich ist. Das Amtslöschungsverfahren gilt nur für Registereintragungen, jedoch nicht für reine Hinterlegungen wie im Fall der Gesellschafterliste.

    Im Verhältnis zur GmbH gelten die Personen als Gesellschafter, die in die beim Handelsregister hinterlegte Gesellschafterliste aufgenommen sind. Nur für diese Personen gilt die Legitimationswirkung und nur diese können Gesellschafterrechte ausüben. Wegen dieser großen Bedeutung müssen aktualisierte Gesellschafterlisten eingereicht werden, wenn es Änderungen bei den Gesellschaftern oder den Geschäftsanteilen gibt. Das Registergericht darf die eingereichten Gesellschafterlisten grundsätzlich nur auf formelle Fehler überprüfen. Eine Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit erfolgt nicht.

    Für die Vergangenheit ist eine Korrektur der Gesellschafterliste nicht möglich. Zum Schutz des Rechtsverkehrs bleiben die in den Registerordner aufgenommenen Gesellschafterlisten mit allen Anlagen dauerhaft hinterlegt und zwar auch, wenn sie unrichtig sind. Dabei bleibt es sogar dann, wenn mit der Gesellschafterliste versehentlich vertrauliche Informationen beim Registergericht eingereicht wurden.


  • Zur Feststellung einer Mitunternehmerschaft anhand der Gesamtumstände

    Bleibt das Mitunternehmerrisiko eines stillen Gesellschafters hinter der Rechtsstellung eines Kommanditisten zurück, kann trotzdem eine atypisch stille Gesellschaft vorliegen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Möglichkeit des stillen Gesellschafters zur Entfaltung von Mitunternehmerinitiative besonders stark ausgeprägt ist.


    Hintergrund

    X beteiligte sich als stiller Gesellschafter an der A-GmbH. Deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war A, der Vater des X. X war zu 20 % am Gewinn und Verlust beteiligt. Die Geschäftsführung der stillen Gesellschaft oblag allein A. X war neben dem familienfremden Dritten B leitender Angestellter der GmbH.

    Das Finanzamt erfasste die Einnahmen des X aus der stillen Beteiligung nicht mit dem Abgeltungsteuersatz von 25 %, sondern mit dem tariflichen Steuersatz.

    Die Klage des X vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Nach Ansicht des Gerichts bestand kein Näheverhältnis zwischen X und A i. S. v. § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG.


    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Die Aufhebung erfolgte aus verfahrensrechtlichen Gründen. Denn das Finanzgericht hätte das Klageverfahren gegen die Einkommensteuer-Bescheide aussetzen müssen, um den Abschluss der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte abzuwarten. X war nämlich möglicherweise als atypisch stiller Gesellschafter im Rahmen einer Mitunternehmerschaft beteiligt mit der Folge, dass das Finanzamt seine Einnahmen im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung hätte erfassen müssen.

    Ein Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung muss bereits dann durchgeführt werden, wenn es zweifelhaft oder nur möglich ist, dass Einkünfte vorliegen, an denen mehrere Personen beteiligt sind. Das ergibt der Zweck des Feststellungsverfahrens, eine gleiche Sachbehandlung gegenüber allen potenziell betroffenen Personen sicherzustellen. Unterbleibt in diesem Fall ein Feststellungsverfahren, liegt ein Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens vor, der auch ohne Rüge von Amts wegen zu beachten ist. Ein Feststellungsverfahren ist auch dann durchzuführen, wenn das dafür zuständige Finanzamt zugleich für die Festsetzung der Einkommensteuer aller möglicherweise an den Einkünften beteiligter Personen zuständig ist. Es kann nur unterbleiben, wenn offensichtlich ein Fall von geringer Bedeutung vorliegt.

    Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch Einnahmen aus der Beteiligung als stiller Gesellschafter, es sei denn, dass der Gesellschafter als Mitunternehmer, d.h. atypisch still Beteiligter, anzusehen ist. Mitunternehmer ist derjenige Gesellschafter, der kumulativ Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt. Beide Merkmale müssen vorliegen, können jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ein geringeres mitunternehmerisches Risiko kann durch eine besonders starke Ausprägung des Initiativrechts ausgeglichen werden und umgekehrt.

    Nach dem Gesellschaftsvertrag war X zu 20 % am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt, ohne dass betragsmäßige Obergrenzen vereinbart waren. Er war jedoch weder an den stillen Reserven noch am Geschäftswert beteiligt. Sein mitunternehmerisches Risiko war damit nur gering ausgeprägt. Denn es blieb hinter der Rechtsstellung eines Kommanditisten zurück.

    Zwar lag nach dem Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführung der stillen Gesellschaft allein bei A, während X lediglich gewisse Kontrollrechte zustanden. Jedoch war X auch leitender Angestellter und Prokurist der GmbH. Er könnte damit auch gewichtige Geschäftsführungsaufgaben mit entsprechender Unternehmerinitiative wahrgenommen haben.

    Im Rahmen des Feststellungsverfahrens ist die Frage des Bestehens einer Mitunternehmerschaft und der Mitunternehmerstellung des X zu klären. Dabei ist ggf. auch zu prüfen, ob der weitere stille Beteiligte B ebenfalls als Mitunternehmer anzusehen ist.



Juni 2021


  • Bestellung eines GmbH-Notgeschäftsführers: Welche Voraussetzungen gelten?

    Die Bestellung eines Notgeschäftsführers ist nur unter besonderen Voraussetzungen möglich. Ein solch extremer Eingriff in die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter ist insbesondere zulässig, wenn ansonsten die Gesellschaft handlungsunfähig wäre, z. B. auf Grund von Auseinandersetzungen zwischen an der GmbH beteiligten Familienstämmen.


    Hintergrund

    An einer Komplementär-GmbH ("Gesellschaft") einer KG waren ursprünglich 2 Familienstämme beteiligt. Der Vertreter eines Stammes stellte den Geschäftsführer.

    Auf Antrag des anderen Stammes wurde dem Geschäftsführer jedoch gerichtlich durch einstweilige Verfügung untersagt, seine Befugnisse als Geschäftsführer auszuüben. Denn das Gericht war der Auffassung, dass er sich über mehrere Jahre trotz wesentlicher Beteiligung des anderen Stammes als Alleininhaber der Gesellschaft gerierte und den anderen Familienstamm bewusst benachteiligte. So hatte er z. B. unzulässigerweise Entnahmen zur Zahlung von Steuern verweigert oder Streichungen aus der Gesellschafterliste der Gesellschaft vorgenommen, um den anderen Familienstamm zu benachteiligen und aus der Gesellschaft zu drängen.

    Auf Antrag dieses Stammes bestellte das zuständige Registergericht einen Notgeschäftsführer der Gesellschaft. Dagegen legte der von der einstweiligen Verfügung betroffene Geschäftsführer Beschwerde ein.


    Entscheidung

    Die Beschwerde hatte keinen Erfolg, da die Voraussetzungen einer Notgeschäftsführerbestellung vorlagen.

    Die Bestellung eines Notgeschäftsführers für eine GmbH setzt voraus, dass ein für die organschaftliche Vertretung der GmbH unentbehrlicher Geschäftsführer fehlt oder aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen an der Geschäftsführerbestellung gehindert ist.

    Überdies muss die Bestellung eines Notgeschäftsführers dringlich sein. Durch den damit verbundenen wesentlichen Eingriff in das gewährleistete Recht der Gesellschafter zur Geschäftsführerbestellung sind die Anforderungen aber eng auszulegen.

    Aufgrund der unbefristeten einstweiligen gerichtlichen Verfügung fehlte es vorliegend an einer organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft. Es ging auch nicht allein um eine Gesellschafterstreitigkeit über die Person des Geschäftsführers. Vielmehr handelte es sich um umfassende rechtliche und wirtschaftliche Auseinandersetzungen zwischen den beiden Familienstämmen unter den Gesellschaftern. Eine solche Lagerbildung ist vergleichbar mit einem Streit zwischen Gesellschaftergeschäftsführern in einer 2-Personen-GmbH mit wechselseitigen Abberufungs- und Ausschließungsbeschlüssen, und in solch einer Konstellation ist die Bestellung eines Notgeschäftsführers auch zulässig. Darüber hinaus war vorliegend die Notbestellung auch dringlich, weil die Gesellschaft stets gegenüber staatlichen Stellen auftreten und auch handelsrechtliche Pflichten erfüllen musste.


  • Wann haftet ein GmbH-Geschäftsführer für nicht abgeführte Lohnsteuer?

    Ein GmbH-Geschäftsführer muss dafür sorgen, dass die Lohnsteuer ordnungsgemäß entrichtet wird. Auch bei schwerer Erkrankung bleibt diese Pflicht des Geschäftsführers bestehen.


    Hintergrund

    Der Kläger war Geschäftsführer einer GmbH und zusammen mit einem Gesellschafter einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH. Das Finanzamt nahm beide Geschäftsführer wegen nicht ordnungsgemäßer Abführung der Lohnsteuer bei Vollauszahlung der Löhne in Haftung. Hiergegen machte der Kläger geltend, dass er im Haftungszeitraum aufgrund einer Verletzung nicht arbeitsfähig gewesen war. Außerdem oblag die finanzielle Leitung der Gesellschaft einschließlich der Überwachung der steuerlichen Pflichten nach der internen Aufgabenverteilung, dem anderen Geschäftsführer. Dies war jedoch nicht schriftlich festgehalten worden.


    Entscheidung

    Das Finanzgericht wies die Klage ab. Der Kläger war im Haftungszeitraum Geschäftsführer der GmbH. Er hatte somit als deren gesetzlicher Vertreter deren steuerliche Pflichten zu erfüllen und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern der Gesellschaft aus den Mitteln entrichtet werden, die er verwaltet. Durch die Nichtabführung der fälligen Lohnsteuer zuzüglich Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschlag hatte er seine Pflichten als Geschäftsführer der GmbH verletzt, was eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Pflichten eines GmbH-Geschäftsführers darstellt.

    Der Hinweis auf eine interne Aufgabenverteilung hinsichtlich der Geschäftsführung konnte die Haftungsinanspruchnahme nicht verhindern. Zwar kann grundsätzlich bei einer Verteilung der Geschäfte einer GmbH auf mehrere Geschäftsführer die Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH begrenzt werden. Dies erfordert aber eine vorweg getroffene eindeutige, d. h. schriftliche, Vereinbarung, welcher Geschäftsführer für welchen Bereich zuständig ist. Fehlt es an einer solchen schriftlichen Vereinbarung, hat jeder Geschäftsführer nach dem Grundsatz der Gesamtverantwortung sämtliche steuerlichen Pflichten zu erfüllen.

    Die ärztlich bescheinigte Arbeitsunfähigkeit des Klägers ließ das Finanzgericht nicht gelten. Denn selbst bei einer schweren Erkrankung bleibt der Geschäftsführer einer GmbH verpflichtet, diejenigen Personen, denen er die Erledigung der ihm als Vertreter der Gesellschaft auferlegten steuerlichen Pflichten übertragen hatte, laufend und sorgfältig zu überwachen und sich so eingehend über den Geschäftsgang zu unterrichten, dass er unter normalen Umständen mit der ordnungsgemäßen Erledigung der Geschäfts rechnen kann. Ein mangelhaftes Überwachen stellt regelmäßig eine grob fahrlässige Pflichtverletzung dar. Diese Grundsätze sind auch auf die Überwachung eines Mitgeschäftsführers anzuwenden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, konkrete Anhaltspunkte dafür gegeben waren, dass dieser nicht ausreichend für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Gesellschaft Sorge trägt.



April 2021


  • Kein Freibetrag für die GmbH vor Gründung der atypischen stillen Gesellschaft

    Nimmt eine GmbH während des Jahres eine natürliche Person als atypisch stillen Gesellschafter auf, steht der GmbH selbst der für Einzelunternehmen und Personengesellschaften geltende Freibetrag nicht zu. Er ist jedoch in dem die atypische stille Gesellschaft betreffenden Gewerbesteuermessbescheid zu berücksichtigen.

    Hintergrund

    Die GmbH nahm zum 18.12.2015 J als atypisch stillen Gesellschafter auf und beantragte die Erteilung eines Gewerbesteuer-Messbescheids. Sie wies dabei auf die Kürzung des Gewerbeertrags um den Freibetrag von 24.500 EUR für natürliche Personen und Personengesellschaften nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG hin.

    Das Finanzamt berücksichtigte mit dem Gewerbesteuer-Messbetrag für die GmbH (Zeitraum 1.1.2015 bis 17.12.2015) den Freibetrag jedoch nicht (Gewerbesteuer-Messbescheid I). In einem weiteren Bescheid legte es für die atypische stille Gesellschaft einen zeitanteiligen Gewinn für 18.12.2015 bis 31.12.2015 (14/365 = rund 1.300 EUR) zugrunde und setzte davon den Freibetrag ab (Gewerbesteuer-Messbescheid II). Das führte zur Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrags II auf 0 EUR. Der Freibetrag wirkte sich damit nur i. H. v. 1.300 EUR aus.

    Die Klage der GmbH wurde vom Finanzgericht abgewiesen.

    Entscheidung

    Die Revision vor dem Bundesfinanzhof hatte ebenfalls keinen Erfolg. Die Richter wiesen sie als unbegründet zurück. Die GmbH ist eine Kapitalgesellschaft. Der Freibetrag für natürliche Personen und Personengesellschaften steht ihr deshalb nicht zu. Der Freibetrag kann nur bei der GmbH & atypisch Still berücksichtigt werden.

    Nimmt eine GmbH einen atypisch stillen Gesellschafter auf, ist bei der dadurch entstehenden Mitunternehmerschaft objektiv oder sachlich nicht die GmbH gewerbesteuerpflichtig, sondern die Beteiligten der atypisch stillen Gesellschaft (Geschäftsinhaber und stille Gesellschafter). Das gilt unabhängig von ihrer fehlenden dinglichen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen. Der von ihnen gemeinschaftlich geführte Betrieb stellt einen selbstständigen Steuergegenstand dar. Dieser Gewerbebetrieb der atypisch stillen Gesellschaft besteht neben dem selbstständigen Gewerbebetrieb der GmbH. Deshalb muss die GmbH als Inhaberin des Unternehmens für beide Gewerbebetriebe eigenständige Gewerbesteuererklärungen abgeben.

    Der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GewStG berücksichtigt typisierend einen fiktiven Unternehmerlohn. Natürliche Personen und Personengesellschaften sollen dadurch mit Kapitalgesellschaften gleichgestellt werden, die ihren Gewinn um Geschäftsführergehälter mindern können, auch wenn diese an Gesellschafter gezahlt werden. Der Bundesfinanzhof erkennt den Abzug des Freibetrags auch bei einer GmbH & atypisch Still an. Dieser Freibetrag steht auch bei unterjähriger Begründung einer Mitunternehmerschaft in voller Höhe und nicht nur zeitanteilig zu.


  • Kein rückwirkendes Entstehen eines Übernahmegewinns bei verstorbenem Gesellschafter

    Von der steuerliche Rückwirkung, die in § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG geregelt ist, ist nur die Ermittlung des Einkommens der übertragenden Körperschaft und der Übernehmerin betroffen. Ein Übernahmegewinn entsteht nicht bei einem bereits verstorbenen Gesellschafter.

    Hintergrund

    A war mit 48 % an der GmbH beteiligt. Die weiteren 52 % hielt sein Vater V. Nachdem V am 15.9.2005 verstorben war, erhielt A durch Vermächtnis auch dessen GmbH-Anteile. Seitdem ist er Alleingesellschafter der GmbH.

    Im Juni 2006 wurde die GmbH mit dem Vermögen des A verschmolzen. Als steuerlicher Übertragungsstichtag wurde der 1.9.2005 – also ein Zeitpunkt vor dem Tod des V – bestimmt. Auf diesen Tag stellte die GmbH eine Schlussbilanz auf.

    A ermittelte für 2005 einen zur Hälfte zu versteuernden Übernahmegewinn. Den hälftigen Übernahmegewinn rechnete er entsprechend den am Übertragungsstichtag bestehenden Beteiligungsverhältnissen an der GmbH zu 52 % V und zu 48 % sich selbst zu. Das Finanzamt rechnete dagegen den gesamten hälftigen Übernahmegewinn allein A zu.

    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof entschied, dass eine erst nach dem Todestag eines früheren Gesellschafters der Kapitalgesellschaft beschlossene Verschmelzung bei dem verstorbenen Gesellschafter rückwirkend keinen Übernahmegewinn entstehen lässt.

    Das Vermögen der GmbH ist zivilrechtlich erst mit der Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister auf A übergegangen. Ertragsteuerrechtlich eröffnet § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG eine begrenzte Rückwirkung auf die handelsrechtliche Schlussbilanz (steuerlicher Übertragungsstichtag). Die Regelung betrifft nach dem Wortlaut allerdings allein die Einkommensermittlung "der übertragenden Körperschaft sowie der Übernehmerin". Im vorliegenden Fall ist die Rückwirkung somit ausschließlich in Bezug auf die GmbH und A als Übernehmer angeordnet. Frühere Gesellschafter der übertragenden Körperschaft sind nicht erwähnt. § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2002 kann daher nicht als Rechtsgrundlage für die Rückwirkung der Verschmelzung auch auf die Ermittlung des Einkommens zwischenzeitlich verstorbener Gesellschafter herangezogen werden.

    Der weitere Anteil von 52 % des Stammkapitals, der bis zum Erbfall dem V zuzurechnen war, ist ebenfalls in die Ermittlung des Übernahmeergebnisses des A einzubeziehen. Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 2 UmwStG. Danach gelten Anteile an der übertragenden Körperschaft, die am steuerlichen Übertragungsstichtag nicht zu einem Betriebsvermögen eines unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafters der übernehmenden Personengesellschaft bzw. der übernehmenden natürlichen Person gehören, für die Ermittlung des Gewinns als an diesem Stichtag in das Betriebsvermögen der Personengesellschaft bzw. der übernehmenden natürlichen Person mit den Anschaffungskosten eingelegt.

    Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Anteile an der GmbH, die bis zum Erbfall dem V zuzurechnen waren, gehörten am steuerlichen Übertragungsstichtag nicht zu einem Betriebsvermögen des unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen A.


  • Persönliche Zahlungszusage des GmbH-Geschäftsführers als Schuldbeitritt

    Sagt der GmbH-Geschäftsführer Zahlungen für Schulden der Gesellschaft zu, können diese als Schuldbeitritt ausgelegt werden. Daraus kann der Geschäftsführer von den Gesellschaftsgläubigern persönlich in Anspruch genommen werden.

    Hintergrund

    Der Beklagte war Gesellschafter und Geschäftsführer einer mittlerweile insolventen GmbH. Die GmbH schloss mit der Klägerin einen Beratungsvertrag, um u. a. durch Umstrukturierung der betrieblichen Organisation ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern. Das Honorar wurde jedoch nicht von der GmbH gezahlt. Später sagte der Beklagte zu, das offene Honorar an die Klägerin zu bezahlen. Auf Grundlage des Beratungsvertrags und der Zahlungszusage nahm die Klägerin den Beklagten persönlich auf Zahlung des Beraterhonorars in Anspruch.

    Entscheidung

    Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Beklagte persönlich zur Zahlung der Honorarrechnungen aufgrund seiner Zahlungszusage verpflichtet war.

    Empfangsbedürftige Willenserklärung sind "so auszulegen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (Empfängerhorizont)." Ob eine mehrdeutige Erklärung als Schuldbeitritt angesehen werden kann, hängt insbesondere von der Interessenlage und dem eigenen wirtschaftlichen oder rechtlichen Interesse der sich verpflichtenden Partei ab.

    Die Erklärung des Beklagten, dass er die Rechnungen zahlen wird, war als Schuldbeitritt auszulegen. Damit haftete er als Gesamtschuldner neben der GmbH. Zum einen war es sowohl dem Beklagten als auch der Klägerin bewusst, dass die GmbH die Rechnungen aus Gesellschaftsmitteln nicht begleichen konnte. Zum anderen hatte der Beklagte der GmbH zuvor ein Gesellschafterdarlehen in Millionenhöhe gewährt. Motiv des Beklagten war es, die GmbH vor der Insolvenz zu bewahren und damit seine Darlehensansprüche zu retten. Außerdem hatte der Beklagte schon in der Vergangenheit mit eigenem Bargeld u. a. Gehälter von Mitarbeitern bezahlt, um finanzielle Engpässe der GmbH überbrücken zu können. Deshalb spielte es keine Rolle, ob der Beklagte den Begriff "persönlich" im Rahmen seiner Zahlungszusage ausdrücklich verwendete.

    Die Erklärung des Schuldbeitritts bedarf grundsätzlich auch keiner besonderen Form.


  • Wenn der GmbH-Geschäftsführer seine Vertretungsmacht missbraucht

    Ein GmbH-Geschäftsführer darf keine Verträge abschließen, die die GmbH gegenüber einer anderen, von ihm kontrollierten Gesellschaft benachteiligen. Das gilt auch dann, wenn der Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist.

    Hintergrund

    Zu einer komplexen Unternehmensgruppe mit Gesellschaften im In- und Ausland gehörten auch 2 Kommanditgesellschaften in Deutschland und deren Komplementär-GmbH, im Ausland gab es eine thailändische Limited. Beherrscht wurden all diese Gesellschaften von 2 Eheleuten als Gesellschaftern.

    Im Jahr 2016 schloss die thailändische Limited mit der Beklagten, einer Kapitalgesellschaft aus Hongkong, einen Beratungsvertrag ab, nach dem die Hongkong-Gesellschaft die Geschäftsführung bei den deutschen Gesellschaften der Unternehmensgruppe übernehmen sollte. Der Direktor der Hongkong-Gesellschaft wurde zum einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Komplementär-GmbH bestellt und in das Handelsregister eingetragen. Er war von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

    Der Direktor der Hongkong-Gesellschaft erklärte für die deutschen Gesellschaften einen Schuldbeitritt zum Beratungsvertrag zwischen der thailändischen Limited und der Hongkong-Gesellschaft, ohne dies mit den Eheleuten abzustimmen. Der Schuldbeitritt wurde 2017 in einer sofort vollstreckbaren, notariellen Urkunde verbrieft.

    Nachdem der Beratungsvertrag zwischen der thailändischen Limited und der Hongkong-Gesellschaft gekündigt worden war, stellte die thailändische Limited ihre Zahlungen an die Hongkong-Gesellschaft ein. Daraufhin leitete die Hongkong-Gesellschaft aus der notariellen Urkunde aus dem Jahr 2017 die Zwangsvollstreckung gegen die deutschen Gesellschaften ein. Neben einer Kontenpfändung drohte die Zwangsversteigerung des Betriebsgrundstücks. Die deutschen Gesellschaften beantragten, die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde für unwirksam zu erklären. In der ersten Instanz hatten sie damit Erfolg, die Hongkong-Gesellschaft legte dagegen Berufung ein.

    Entscheidung

    Das Oberlandesgericht entschied, dass die Vorinstanz zu Recht von einer Unwirksamkeit der Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde ausgegangen war. Der Direktor der Hongkong-Gesellschaft hatte bei dem Schuldbeitritt seine ihm als Geschäftsführer der deutschen Komplementär-GmbH eingeräumte Vertretungsmacht missbraucht. Durch den Schuldbeitritt der deutschen Gesellschaften fügte er diesen zugunsten der von ihm kontrollierten Hongkong-Gesellschaft erhebliche wirtschaftliche Nachteile zu. Ein solches Verhalten ist sittenwidrig.

    Die Geschäftsführer vertreten die GmbH im Rechtsverkehr. Sie können u.a. von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit werden, sodass sie die GmbH bei Rechtsgeschäften mit sich persönlich und bei Rechtsgeschäften mit einer anderen, ebenfalls von ihnen vertretenen Person oder Gesellschaft vertreten können.

    Darüber hinaus sind Beschränkungen der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer im Außenverhältnis nicht möglich. Denn der Rechtsverkehr soll darauf vertrauen können, dass die GmbH von den im Handelsregister eingetragenen Personen wirksam vertreten wird. Beschränkungen der Geschäftsführerbefugnisse gelten deswegen grundsätzlich nur im Innenverhältnis zwischen GmbH und Geschäftsführer. Verstöße berühren die Wirksamkeit der abgeschlossenen Verträge also normalerweise nicht – es sei denn, es liegt ein Missbrauch der Vertretungsmacht vor. Das ist der Fall, wenn der Geschäftsführer durch die Überschreitung seiner Geschäftsführerbefugnisse die Gesellschaft bewusst schädigt und der Vertragspartner dies weiß oder sich ihm dieses Wissen zumindest hätte aufdringen müssen. Durch einen solchen Missbrauch der Vertretungsmacht kann ein Vertrag sogar unheilbar nichtig sein.

    Das Oberlandesgericht bejahte vorliegend einen Missbrauch der Vertretungsmacht. Denn der vom Geschäftsführer kontrollierten Hongkong-Gesellschaft war durch den Schuldbeitritt in der notariellen Urkunde bewusst erhebliche wirtschaftliche Vorteile zulasten der deutschen Gesellschaften entstanden. Weil der Hongkong-Gesellschaft dies bewusst war – sie wurde vom gleichen Geschäftsführer vertreten –, war der Vertrag nichtig.



März 2021


  • Ungleichbehandlung von Anteilseignern einer EU-Kapitalgesellschaft?

    Inländische Anteilseigner einer Drittstaatenkapitalgesellschaft können im Rahmen des Steuerfestsetzungsverfahrens den Nachweis führen, dass ein bestimmter Bezug als Einlagenrückgewähr zu qualifizieren ist. Ausschüttungen an inländische Gesellschafter einer EU-Kapitalgesellschaft gelten jedoch stets als Gewinnausschüttung, wenn die EU-Kapitalgesellschaft kein Feststellungsverfahren gem. § 27 Abs. 8 KStG betreibt. Der Bundesfinanzhof hat diesbezüglich keine verfassungsrechtlichen Bedenken.


    Hintergrund


    Kann eine steuerfreie Einlagenrückgewähr von einer EU-Auslandskapitalgesellschaft nur über einen Antrag beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) geltend gemacht oder kann der Nachweis wie im Fall von Drittstaatengesellschaften - auch vom Anteilseigner selbst bei der Einkommensteuer-Veranlagung erbracht werden? Strittig war auch, ob die vom Anteilseigner X im Jahr 2011 aus einer österreichischen AG bezogene Ausschüttung aufgrund einer Einlagenrückgewähr einen steuerbaren Kapitalertrag darstellt.


    Das Finanzamt jedenfalls ging von der Steuerpflicht aus. Die AG hatte trotz Aufforderung durch X beim BZSt keinen Antrag auf Feststellung gestellt, dass es sich um eine Einlagenrückgewähr handelte.


    X war der Ansicht, dass er schlechter gestellt wird als der Anteilseigner einer Drittstaatengesellschaft, der den Nachweis ohne ein gesondertes Feststellungsverfahren erbringen kann. Wenn die EU-Kapitalgesellschaft das Feststellungsverfahren nicht betreibt, müsste der Anteilseigner den Nachweis der Einlagenrückgewähr persönlich führen können.


    Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.


    Entscheidung


    Der Bundesfinanzhof folgte den Argumenten des X nicht und wies die Revision zurück. Nach Ansicht der Richter lag keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Anteilseignern einer EU-Kapitalgesellschaft gegenüber Anteilseignern einer Drittstaatenkapitalgesellschaft vor. Die Kapitalverkehrsfreiheit war ebenfalls nicht verletzt.


    Die unterschiedlichen Möglichkeiten der Anteilseigner von Drittstaatenkapitalgesellschaften und EU-Kapitalgesellschaften, eine Einlagenrückgewähr individuell im Veranlagungsverfahren nachweisen zu können, sind sachlich gerechtfertigt, da sich beide Anteilseignergruppen in einer verfahrensrechtlich nicht vergleichbaren Ausgangslage befinden. Es lag im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, den Nachweis einer Einlagenrückgewähr bei EU-Kapitalgesellschaften - wie bei Inlandskapitalgesellschaften - einem von der Kapitalgesellschaft zu betreibenden Feststellungsverfahren zuzuweisen. Hätte der Gesetzgeber wie bei Drittstaatengesellschaften nur für Anteilseigner einer EU-Kapitalgesellschaft ein vom Feststellungsverfahren losgelöstes zusätzliches Nachweisverfahren im Steuerfestsetzungsverfahren anerkannt, hätte dies gegenüber dem Anteilseigner einer Inlandskapitalgesellschaft, dem ein solcher Nachweis verwehrt ist, eine Ungleichbehandlung begründet, für die keine Rechtfertigung ersichtlich ist.


    Ob aufgrund der fehlenden individuellen Nachweismöglichkeit einer Einlagenrückgewähr für Anteilseigner von EU-Kapitalgesellschaften ein Verstoß gegen die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit vorliegen könnte, sah der Bundesfinanzhof nicht als entscheidungserheblich an. Selbst wenn man X diese Möglichkeit zubilligen würde, waren keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Ausschüttung der AG als Einlagenrückgewähr zu beurteilen sein konnte. Damit kommt es auch auf die Frage nicht an, ob X nach den Vorgaben der Kapitalverkehrsfreiheit der Nachweis einer Einlagenrückgewähr im Steuerfestsetzungsverfahren einzuräumen ist. X leitete allein aus der gewählten Behandlung der Ausschüttung als Einlagenrückgewähr nach österreichischem Recht ab, dass diese Behandlung für die Besteuerung in Deutschland zu übernehmen war. Die Beurteilung als Einlagenrückgewähr nach ausländischem Recht zwingt jedoch nach den Vorgaben der Kapitalverkehrsfreiheit nicht dazu, diese Beurteilung für die inländische Besteuerung zu übernehmen.

  • Zwangsgemeinschaft mit typisch stillem Gesellschafter und Betriebsausgabenabzug

    Der Betriebsausgabenabzug einer Gesellschaft darf nicht gekürzt werden, wenn sie sich in einer "Zwangsgemeinschaft" mit einem typisch stillen Gesellschafter befindet und sich aktiv und erkennbar aus dieser Verbindung lösen will. Ein Fremdvergleich darf in diesem Fall nicht angestellt werden.


    Hintergrund


    Ein Sohn des Firmeninhabers einer KG war in die Leitung des Unternehmens eingebunden. Ein anderer Sohn hielt seit dem Jahr 1967 eine stille Beteiligung an der Gesellschaft. Im Jahr 1978 setzte der Firmeninhaber ein Testament mit einem Vermächtnis auf, nach dem der bereits still beteiligte Sohn typisch stiller Gesellschafter der Gesellschaft werden sollte. Nach dem Tod des Firmeninhabers schloss die KG mit dem Sohn (Vermächtnisnehmer) einen Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft, um dessen erbrechtlichen Anspruch entsprechend umzusetzen. Sein Gewinnanteil betrug "ungedeckelt" 20 % des Gewinns der Geschäftsinhaberin.


    In den Jahren 2006 bis 2009 wurden ihm daraufhin Gewinnanteile ausgezahlt, die sich auf Beträge zwischen 52,23 % bis 105,53 % der Einlage beliefen. Die Gesellschaft versuchte daraufhin, die stille Beteiligung gegen Abfindungszahlung aufzulösen. Dies gelang jedoch erst, als die Verjährung des erbrechtlichen Anspruchs drohte.


    Das Finanzamt war der Auffassung, dass der Vertrag über die stille Beteiligung ein nicht fremdüblicher Vertrag zwischen nahen Angehörigen war und die Regelung über das Gewinnbezugsrecht dem Fremdvergleich nicht standhielt. Denn es war kein Recht auf ordentliche Kündigung der Beteiligung und keine Obergrenze für den Gewinnanteil vereinbart worden. Das Finanzamt deckelte deshalb den Betriebsausgabenabzug der Gesellschaft auf eine Obergrenze von 35 % des Einlagekontos.


    Entscheidung


    Nach Ansicht des Finanzgerichts durfte im vorliegenden Fall kein Fremdvergleich vorgenommen werden. Denn der Gesellschaft war die stille Beteiligung durch den Vertrag über die Beteiligung zur Regelung des Nachlasses des Firmeninhabers quasi aufgedrängt worden. Zwar hatte der Firmeninhaber die Beteiligung aufgrund eines familiären Näheverhältnisses zu seinem Sohn eingeräumt – für die Frage des unbegrenzten steuerlichen Abzugs der Zahlungen an den stillen Gesellschafter ist aber das Verhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Sohn maßgeblich. Zwischen diesen Parteien bestand ein Interessensgegensatz, insbesondere dadurch, dass sich die Gesellschaft aus der Beteiligung lösen wollte und ihr dies dann schließlich auch gelang.


    Das Finanzgericht entschied folglich, dass die vorgenommene Kürzung der Betriebsausgaben rechtswidrig war.


Februar 2021


  • Nicht erkennbare Anträge bei elektronischer Übermittlung: keine offenbare Unrichtigkeit

    Kann das Finanzamt einen Fehler in der Steuererklärung des Steuerpflichtigen nicht erkennen und sich deshalb nicht zu eigen machen, liegt keine offenbare Unrichtigkeit vor. Insbesondere handelt es sich auch nicht um einen Übernahmefehler des Finanzamts.


    Hintergrund


    Die Kläger erklärten in der elektronisch übermittelten Einkommensteuer-Erklärung für das Jahr 2013 u. a. einen vorläufig ermittelten Gewinn aus der Veräußerung eines Kommanditanteils (Beteiligung an einer GmbH & Co. KG) sowie einen Veräußerungsverlust. Das Finanzamt führte die Veranlagung 2013 erklärungsgemäß durch. Ein ermäßigter Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG wurde nicht angewandt.


    Nachdem der Feststellungsbescheid für die GmbH & Co. KG ergangen war, änderte das Finanzamt den Einkommensteuer-Bescheid 2013 zuungunsten der Kläger. Mit ihrem Einspruch verlangten die Kläger die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes. Weiterhin waren sie der Ansicht, dass der Einkommensteuer-Bescheid wegen einer offenbaren Unrichtigkeit berichtigt werden kann. Der Antrag auf Anwendung des ermäßigten Steuersatzes war bei der Erstellung der Erklärung zwar gestellt, jedoch in der Anlage G versehentlich dem Veräußerungsverlust zugeordnet worden. Dort war jedoch der Antrag nicht relevant gewesen und deshalb dem Finanzamt von der Steuersoftware nicht übermittelt worden.


    Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück.


    Entscheidung


    Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass mit der Steuererklärung kein wirksamer Antrag nach § 34 Abs. 3 EStG gestellt worden war.


    Bei der Erstellung der Steuererklärung ist zwar ein Antrag nach § 34 Abs. 3 EStG in das Steuererklärungsprogramm eingegeben worden, aber dieser Antrag ist dem Finanzamt – auch nicht in falsch zugeordneter Form – zugegangen. Weder aus dem Hauptvordruck noch aus den Kennziffern war ein Antrag erkennbar. Es lag somit auch kein Übernahmefehler des Finanzamts vor.


    Zwar ist § 129 AO auch anwendbar, wenn das Finanzamt offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt. Unrichtigkeiten auf der Seite des Steuerpflichtigen sind offenbar, wenn sie sich ohne Weiteres aus dessen Steuererklärung, deren Anlagen sowie anderen in den Akten befindlichen Unterlagen für das betreffende Veranlagungsjahr ergeben. Das war vorliegend nicht der Fall, denn weder aus dem übermittelten Hauptvordruck noch aus den dazu eingereichten Anlagen war ersichtlich, dass überhaupt ein Antrag gestellt worden war. Die elektronische Eingabemaske, aus der der Fehler erkennbar gewesen wäre, wurde dem Finanzamt nicht übermittelt.

  • Zahlung nach Eintritt der Insolvenzreife: Wann greift die D&O-Versicherung?

    Leistet der GmbH-Geschäftsführers nach Eintritt der Insolvenzreife der GmbH trotzdem Zahlungen, kann er auf Ersatz des dadurch entstandenen Schadens in Anspruch genommen werden. In der Regel muss dafür die D&O-Versicherung aufkommen, entschied der Bundesgerichtshof. Damit ist eine bislang höchst umstrittene Rechtsfrage geklärt.


    Hintergrund


    Der Geschäftsführer einer GmbH hatte trotz Insolvenzreife verschiedene Zahlungen geleistet. Der Insolvenzverwalter der GmbH verlangte Ersatz dieser Schäden nach § 64 S. 1 GmbHG. Zugunsten des Geschäftsführers war bereits mehrere Jahre vor der Insolvenz eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Unternehmensleiter von Gesellschaften mit beschränkter Haftung ("D&O-Versicherung") abgeschlossen worden. Der Geschäftsführer trat seine Ansprüche gegen die Versicherung an die GmbH ab. Die Versicherung war der Ansicht, dass die D&O-Versicherung für Ersatzansprüche nach § 64 S. 1 GmbHG nicht einstandspflichtig ist. Der Insolvenzverwalter sah dies anders.


    Entscheidung


    Der Bundesgerichtshof entschied, dass Ansprüche der GmbH gegen den Geschäftsführer auf Ersatz von Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife grundsätzlich von einer D&O-Versicherung zu ersetzen sind. Grundlage hierfür sind die "Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Unternehmensleitern und Leitenden Angestellten" (ULLA).


    Leistet ein Geschäftsführer einer GmbH nach Eintritt der Insolvenzreife, d.h. nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der GmbH, Zahlungen, die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind, ist er gegenüber der GmbH nach § 64 S. 1 GmbHG zum Ersatz dieser Zahlungen verpflichtet. Die Ersatzpflicht besteht unabhängig davon, ob bei der GmbH durch die Zahlung ein Schaden entstanden ist.


    Gerade für die betragsmäßig häufig bedeutsame Haftung des Geschäftsführers nach § 64 S. 1 GmbHG bestand in den vergangenen Jahren die Unsicherheit, ob bzw. in welchen Fällen die D&O-Versicherung ersatzpflichtig ist. Es ergingen einige Urteile von Oberlandesgerichten, die eine solche Ersatzpflicht ablehnten. Begründet wurde dies häufig damit, dass die Versicherungsbedingungen nur die Einstandspflicht für "Schadensersatzansprüche" vorsehen, der Anspruch nach § 64 S. 1 GmbHG aber ein "schadensunabhängiger Ersatzanspruch eigener Art" zugunsten der Insolvenzgläubiger ist.


    Der Bundesgerichtshof hat dieser Rechtsprechung nun eine Absage erteilt. Seines Erachtens konnten die relevanten Versicherungsbedingungen aus Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers nur so ausgelegt werden, dass versicherte "Schadensersatzansprüche" weit zu verstehen ist und deswegen auch Ersatzansprüche eigener Art wie den aus § 64 S. 1 GmbHG umfasst. Die Einbeziehung von Ansprüchen nach § 64 S. 1 GmbHG entsprach auch dem Zweck des Abschlusses einer D&O-Versicherung


Januar 2021


  • Folgen eines Rangrücktritts mit Tilgungsmöglichkeit aus sonstigem freien Vermögen

    Sieht eine Rangrücktrittserklärung die Erfüllung der Verpflichtung nicht nur aus zukünftigen Gewinnen und Einnahmen vor, sondern auch aus "sonstigem freien Vermögen", löst dies kein Passivierungsverbot aus. Das gilt selbst dann, wenn der Schuldner aufgrund einer fehlenden Geschäftstätigkeit nicht in der Lage ist, freies Vermögen zu schaffen, und eine tatsächliche Belastung voraussichtlich nicht eintreten wird.


    Hintergrund


    Die X-GmbH hatte ihre Geschäftstätigkeit seit 2006 weitgehend eingestellt und diese erst im Jahr 2017 wieder aufgenommen. Alleingesellschafterin ist die B-GmbH. Im Jahr 2007 verzichtete B gegenüber X, die bilanziell überschuldet war, auf Forderungen und gab zugleich eine Rangrücktrittserklärung ab. Danach waren die Forderungen nur aus sonst entstehenden Jahresüberschüssen, einem Liquidationsüberschuss oder aus einem die sonstigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft übersteigenden freien Vermögen zu bedienen.


    Da die X lediglich über eine geringfügige Forderung gegenüber einem Dritten verfügte und operativ nicht mehr geschäftstätig war, ging das Finanzamt davon aus, dass X durch die Forderungen der B wirtschaftlich nicht belastet war und ein Passivierungsverbot bestand.


    Das Finanzgericht gab der Klage statt.


    Entscheidung


    Schulden sind zu passivieren, wenn der Unternehmer zu einer bestimmten Leistung an einen Dritten verpflichtet ist, die vom Gläubiger erzwungen werden kann und die am Bilanzstichtag eine gegenwärtige wirtschaftliche Belastung darstellt. Keine wirtschaftliche Belastung stellt eine Verbindlichkeit dar, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr erfüllt werden muss. Für diese Annahme genügt es indes nicht, dass der Schuldner überschuldet ist. Allein die Vermögenslosigkeit des Schuldners führt nicht dazu, dass eine rechtlich bestehende Verpflichtung auszubuchen ist.


    Demnach sind die Voraussetzungen für die handelsbilanzielle Passivierung nicht entfallen. Die Forderungen der B gegenüber der X hatten am Bilanzstichtag weiterhin rechtlich Bestand. Durch die nachträgliche Vereinbarung eines Rangrücktritts wird lediglich die Rangfolge, nicht aber der Bestand der Forderung geändert. Auch die wirtschaftliche Belastung der X war am Bilanzstichtag nicht entfallen. Die Verbindlichkeit wäre nur dann auszubuchen, falls eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit gegen eine Inanspruchnahme spräche.


    Diese Voraussetzung ist bei Vermögenslosigkeit indes nicht gegeben, sodass auch im Überschuldungsfall weiterhin Fremdkapital vorliegt. Gleiches gilt für den Fall, dass – wie hier – eine Rangrücktrittsvereinbarung die Verpflichtung bestehen lässt, die Gesellschafterforderungen aus dem nach Begleichung der vorrangigen Ansprüche verbleibenden sog. freien Vermögen zu tilgen.


    Das Passivierungsverbot setzt voraus, dass sich der Anspruch des Gläubigers nur auf künftiges Vermögen des Schuldners bezieht. Unter Einnahmen oder Gewinnen sind künftige Vermögenswerte zu verstehen. Dagegen ist das Passivierungsverbot nach § 5 Abs. 2a EStG auf Rangrücktrittsvereinbarungen nicht anwendbar, wenn die Verbindlichkeit auch aus sonstigem Vermögen (sog. freien Vermögen) zu tilgen ist.


    Davon ausgehend liegt vorliegend kein Passivierungsverbot der gegenüber B bestehenden Verbindlichkeiten vor. Ein steuerliches Passivierungsverbot ist erst dann zu bejahen, wenn der Rangrücktritt in dem Sinne spezifiziert wird, dass die Verpflichtungen nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen. Die Erfüllungsfähigkeit ist für die Passivierung irrelevant.

  • GmbH: Wann kommt eine vereinfachte Gründung in Betracht?

    Soll eine GmbH im vereinfachten Verfahren gegründet werden, darf nicht vom Musterprotokoll abgewichen werden. Die Regelung zum Gründungsaufwand darf ebenfalls nicht verändert werden. Andernfalls liegt eine normale GmbH-Gründung vor.


    Hintergrund


    Die alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin gründete in der erforderlichen, notariell beurkundeten Form eine GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 EUR. Dabei verwendete sie das Musterprotokoll für die GmbH-Gründung im vereinfachten Verfahren. An einer Stelle, nämlich bei der Regelung zum Gründungsaufwand, wich sie jedoch vom Musterprotokoll ab. Eine vorgegebene Formulierung kürzte sie ab, was vom Registergericht beanstandet wurde.


    Entscheidung


    Die Beschwerde der Gesellschafterin blieb ohne Erfolg. Das Oberlandesgericht folgte der Einschätzung des Registergerichts. Durch die Streichung eines Satzteils veränderte die Gesellschafterin das Musterprotokoll der vereinfachten Gründung inhaltlich. Derartige Änderungen führen aber dazu, dass die Gründung nicht mehr als vereinfachte Gründung angesehen werden kann. Stattdessen lag eine normale Gründung vor, die alle hierfür geltenden Vorgaben erfüllen muss, z.B. die Pflicht zur Einreichung einer separaten Gesellschafterliste. Irrelevant war, dass sich im konkreten Fall die Abänderung des Musterprotokolls auf die tatsächliche Kostenverteilung zwischen Gesellschaft und Gesellschafterin nicht auswirkte, da das Stammkapital über 300 EUR lag.

  • Grundbesitzende KG: Was gilt bei mittelbarer Anteilsvereinigung?

    Für eine Anteilsvereinigung bei einer über eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft vermittelten mittelbaren Beteiligung an einer grundbesitzenden Personengesellschaft ist der Anteil am Vermögen der Personengesellschaft maßgebend, nicht die sachenrechtliche Mitberechtigung am Gesamthandsvermögen.


    Hintergrund


    An der grundbesitzenden KG waren die B-GmbH als Kommanditistin zu 95 % beteiligt, darüber hinaus die G-GmbH als Kommanditistin zu 5 % und die A-GmbH als Komplementärin ohne Beteiligung am Gesellschaftsvermögen. An der A-GmbH war mit 100 % die V-GmbH beteiligt. Die X-GmbH war mit 100 % an der B-GmbH beteiligt.


    Im Jahr 2011 verkaufte die V-GmbH ihre 100 % Anteile an der A-GmbH an die X-GmbH. Die G-GmbH verkaufte ihre 5-prozentige KG-Beteiligung an die B-GmbH.


    Somit waren an der KG ohne Beteiligung am Gesellschaftsvermögen die A-GmbH als Komplementärin und als Kommanditistin zu 100 % am Gesellschaftsvermögen die B-GmbH beteiligt.


    Die X-GmbH war sowohl an der B-GmbH als auch an der A-GmbH zu 100 % und damit mittelbar an der KG beteiligt.


    Das Finanzamt ging davon aus, dass die X-GmbH mit dem Hinzuerwerb der 5 %-Beteiligung an der KG durch die B-GmbH und durch den Erwerb der Anteile an der A-GmbH mittelbar alle Anteile an der KG erworben hatte. Damit erfüllte sie den Tatbestand der Anteilsvereinigung.


    Dem folgte das Finanzgericht.


    Entscheidung


    Bei einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft liegt ein mittelbarer Anteilserwerb vor, wenn der Anteilserwerber sowohl bei der Zwischengesellschaft als auch bei der grundbesitzenden Gesellschaft seinen Willen durchzusetzen kann. Der Anteilserwerber muss mindestens 95 % der Anteile an der Zwischengesellschaft halten und diese muss ihrerseits zu mindestens 95 % an der grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt sein. Bei dieser Quote geht das Gesetz typisierend davon aus, dass der Anteilserwerber in erheblicher Weise die rechtliche Möglichkeit hat, seinen Willen bei der grundbesitzenden Gesellschaft durchzusetzen.


    Wird die Beteiligung an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft über eine zwischengeschaltete Personengesellschaft gehalten, ist für die Frage, ob mittelbar mindestens 95 % der Anteile an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden, bei der zwischengeschalteten Personengesellschaft nicht die sachenrechtliche Mitberechtigung des erwerbenden Gesellschafters am Gesamthandsvermögen, sondern der Anteil am Vermögen der Personengesellschaft maßgebend.


    Der Anteil am Vermögen der Personengesellschaft vermittelt regelmäßig, soweit er mindestens 95 % beträgt, die Möglichkeit für den Gesellschafter, den Willen in der Personengesellschaft durchzusetzen. Diese Möglichkeit hat der Gesellschafter auch für nachgeordnete Gesellschaften, an denen die Personengesellschaft wiederum zu mindestens 95 % beteiligt ist. Die Beteiligung an diesen Gesellschaften ist unmittelbar der Personengesellschaft und mittelbar deren Gesellschafter zuzurechnen.


    Das Gleiche gilt, wenn die grundbesitzende Gesellschaft eine Personengesellschaft ist und eine Kapitalgesellschaft zwischengeschaltet ist.


    Der Gesellschafter, der am Gesellschaftskapital der zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft mindestens 95 % der Anteile innehat, kann seinen Willen in der Kapitalgesellschaft durchsetzen. Diese Möglichkeit hat er auch in der nachgeordneten grundbesitzende Personengesellschaft, an der die Kapitalgesellschaft wiederum zu mindestens 95 % beteiligt ist. Die Beteiligung an diesen grundbesitzenden Personengesellschaften ist unmittelbar der Kapitalgesellschaft und mittelbar deren Gesellschafter zuzurechnen.


    Hält der Erwerber bereits mittelbar mindestens 95 % der Anteile am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft, ist ein weiterer mittelbarer Anteilserwerb nicht mehr steuerbar.


    Im vorliegenden Fall war die X-GmbH bereits vor Abschluss des Kaufvertrags mittelbar zu 95 % an der KG beteiligt. Diese Beteiligung wurde vermittelt durch ihre 100-prozentige Beteiligung an der zwischengeschalteten B-GmbH, die ihrerseits 95 % Anteile am Vermögen der KG hielt.


    Der mittelbaren Beteiligung der X-GmbH an der KG in Höhe von mindestens 95 % steht nicht entgegen, dass vor Abschluss des Kaufvertrags die G-GmbH als weitere Kommanditistin und die A-GmbH bzw. mittelbar die V-GmbH als Komplementärin an der KG beteiligt waren. Denn für die mittelbare Beteiligung an der KG kommt es nicht auf die gesamthänderische Mitberechtigung, sondern auf den Anteil am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft an.

  • Wann liegt eine umsatzsteuerliche Organschaft vor?

    Diese Frage stellte sich auch im Fall vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg. Dieses entschied: Keine Voraussetzung für die Eingliederung einer Personengesellschaft in das Unternehmen des Organträgers ist, dass Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind. Das letzte Wort hat der Bundesfinanzhof.


    Hintergrund


    Der Kläger ist der Insolvenzverwalter der A Maschinenbau GmbH & Co. KG (KG). Gesellschafter der KG waren im Jahr 2010 die A Maschinenbau Verwaltungs-GmbH als Komplementärin ohne eigenen Kapitalanteil (Komplementär-GmbH) sowie die beiden Kommanditisten VA mit einem Kapitalanteil von 80 % und dessen Sohn SA von 20 %. Mit Beschluss zum 31.12.2011 wurde über das Vermögen der KG das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Über das Vermögen des VA wurde am 16.11.2015 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die in Liquidation befindliche KG gab am 29.12.2015 eine korrigierte Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2010 ab, in der sie keine Umsätze mehr erklärte.


    Der Kläger berief sich auf das Bestehen einer Organschaft zwischen VA als Organträger und der KG als Organgesellschaft. Das Finanzamt lehnte dies ab, da neben VA auch sein Sohn SA an der KG beteiligt war und diese deshalb nicht Organgesellschaft sein konnte. Der Annahme einer Organschaft stand auch der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen, da der Kläger sich erst Ende 2015 auf eine Organschaft berufen hatte. Das Finanzamt hatte damit keine Möglichkeit mehr, vor Ablauf der regulären Festsetzungsfrist zum 31.12.2015 VA zum Verfahren hinzuzuziehen. Die Steuerforderung konnte beim vermeintlichen Organträger nicht mehr realisiert werden.


    Entscheidung


    Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Eine GmbH & Co. KG kann – wie vorliegend – unter das Tatbestandsmerkmal "juristische Person" i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG gefasst werden. Die hier streitige finanzielle Eingliederung setzt lediglich voraus, dass der Organträger seinen Willen durch Mehrheitsbeschlüsse in der Organgesellschaft durchsetzen kann. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dürfen Personengesellschaften nur dann von der Organschaft ausgeschlossen werden, wenn dies zur Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung erforderlich und geeignet ist. Dafür bestanden hier keine Anhaltspunkte.


    Ein Verstoß gegen Treu und Glauben mit der Folge der Verwirkung lag ebenfalls nicht vor. Insbesondere kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, dass er die Geltendmachung der Organschaft bewusst hinausgezögert hatte.